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Verbot von Schwangerschafts­abbrüchenChefarzt muss seinem Arbeitgeber gehorchen

Das Klinikum Lippstadt darf Schwangerschaftsabbrüche verbieten, urteilte das Arbeitsgericht Hamm. Nun liegt eine ausführliche Begründung dafür vor.

Der Chefarzt Joachim Volz wehrt sich gegen die Weisung des Klinikums, unter anderem mit einer Demo im August Foto: Bernd Thissen/dpa

Berlin taz | Ein Krankenhaus kann seinen Ärz­t:in­nen Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich verbieten. Das hat das Arbeitsgericht Hamm im Fall des Arztes Joachim Volz Anfang August entschieden. Jetzt liegt die Begründung der Entscheidung vor. Danach spielte das kirchliche Selbstverständnis des Klinikums nur eine Nebenrolle.

Joachim Volz arbeitet seit 2012 als leitender Arzt für Frauenheilkunde am Klinikum Lippstadt. Dort führte er zwar keine Schwangerschaftsabbrüche nach der Fristenregelung durch, aber medizinisch erforderliche und damit rechtmäßige Abtreibungen gehörten zu seinen Aufgaben.

Nachdem die evangelische Klinik mit einem katholischen Träger fusionierte, erhielt Volz Anfang des Jahres eine Dienstanweisung, wonach Schwangerschaftsabbrüche in der Klinik grundsätzlich nicht mehr durchgeführt werden dürfen – mit der Ausnahme, „dass Leib und Leben der Mutter bzw. des ungeborenen Kindes akut bedroht sind, wenn es keine medizinisch mögliche Alternative gibt, mit der das Leben des ungeborenen Kindes gerettet werden könnte.“

Diese Ausnahme ist enger als die medizinische Indikation im Strafgesetzbuch, weil sie keine Abbrüche erfasst, bei denen die „seelische Gesundheit“ der Frau gefährdet ist. Volz verwies auf Fälle, bei denen das ungeborene Kind absehbar schwerstbehindert zur Welt kommen würde.

Mediziner wehrt sich

Volz klagte gegen die Dienstanweisung, die er für „rechtswidrig und unwirksam hielt“. Aber ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht Hamm erklärte die Dienstanweisung für „rechtmäßig“.

Die Rechtmäßigkeit der Dienstanweisung ergebe sich, so die Rich­te­r:in­nen in der jetzt veröffentlichten Begründung, aus dem allgemeinen Weisungsrecht des Arbeitgebers gegenüber seinen Beschäftigten, das in Paragraf 106 der Gewerbeordnung geregelt ist. Mit diesem „Direktionsrecht“ kann der Arbeitgeber auch den „Inhalt“ der Arbeitstätigkeit näher bestimmen. Im konkreten Fall konnte das Krankenhaus bestimmen, so das Arbeitsgericht, dass bestimmte ärztliche Leistungen nicht mehr erbracht werden.

Das Arbeitsgericht erwähnte zwar, dass die Weisung dem „Selbstverständnis“ der katholischen Kirche entspricht, das verfassungsrechtlich geschützt ist. Doch letztlich kam es darauf gar nicht an. In aller Deutlichkeit schreibt das Arbeitsgericht in seinem Urteil: Auch ein Arbeitgeber, der sich nicht auf den besonderen Status der katholischen Kirche berufen kann, sei „selbstverständlich berechtigt, zu entscheiden, dass im Betrieb Schwangerschaftsabbrüche nur eingeschränkt durchgeführt werden.“

Der Mediziner Volz hatte dem Direktionsrecht der Klinik entgegengehalten, es habe eine „betriebliche Übung“ gegeben, wonach alle medizinisch indizierten Schwangerschaftsabbrüche möglich sind. Damit habe sich die Klinik rechtlich gebunden. Doch das Arbeitsgericht verneinte mit zwei Argumenten eine entsprechende betriebliche Übung.

Gericht bügelt Einwände ab

Zum einen müsse eine betriebliche Übung für den ganzen Betrieb oder eine abgrenzbare Gruppe gelten. In Lippstadt ging es aber nur um Chefarzt Volz. Außerdem müsse sich eine betriebliche Übung, so das Gericht, auf Leistungen oder Vergünstigungen beziehen, etwa auf die Zahlung von Weihnachtsgeld. Hier aber sei es um die Bestimmung der geforderten Arbeitsleistung gegangen.

Volz hatte sich zudem darauf berufen, er habe bei Amtsantritt mit dem damaligen Geschäftsführer des Klinikums besprochen, dass er nur dann in Lippstadt als Chefarzt der Gynäkologie arbeiten werde, wenn er medizinisch indizierte Schwangerschaftsabbrüche vornehmen könne. Sein Arbeitsvertrag sei entsprechend formuliert worden. Das Arbeitsgericht ließ sich auch hiervon nicht überzeugen. Zum einen habe der Artz die Absprache erst in der mündlichen Verhandlung erwähnt, was „verspätet“ gewesen sei.

Zum anderen sei das Direktionsrecht des Arbeitgebers in Volz' Arbeitsvertrag nicht eingeschränkt worden. Die Formulierung, dass die „Verantwortung bei Diagnostik und Therapie“ beim Arzt verbleibe, beziehe sich nur auf die Fälle, die zu seinen Aufgaben gehören, so das Gericht.

In einer zweiten Dienstanweisung hatte das Klinikum Anfang des Jahres auch eine Nebentätigkeitserlaubnis für Volz eingeschränkt. So dürfe er in seiner privaten Klinik im 50 Kilometer entfernten Bielefeld auch keine Schwangerschaftsabbrüche mehr durchführen. Das Arbeitsgericht hielt auch diese Weisung vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt. Hier könne sich Volz schon deshalb nicht auf eine bestehende „betriebliche Übung“ berufen, weil Volz in seiner Bielefelder Privatklinik bisher nie Schwangerschaftsabbrüche durchführte.

Warnung vor Versorgungslücke

Keine Rolle spielte beim Arbeitsgericht das Argument von Volz, dass die Frauen der Gegend um Lippstadt kein ausreichendes Angebot für medizinisch indizierte Schwangerschaftsabbrüche mehr finden. Zwar heißt es im Schwangerschaftskonfliktgesetz: „Die Länder stellen ein ausreichendes Angebot ambulanter und stationärer Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen und den ungehinderten Zugang zu diesen sicher.“

Das Arbeitsgericht ging aber offensichtlich davon aus, dass sich der Arzt in einem Streit mit seinem Arbeitgeber nicht auf diese Pflicht der Bundesländer berufen konnte.

Volz kann gegen das Urteil noch Berufung beim Landesarbeitsgericht Hamm einlegen.

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89 Kommentare

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  • Ist es Diskrimierung wenn das Weisungsrecht des Arbeitsgebers höher gewichtet wird als die Frau die einfach nur ihr gesetzl. Recht nachgehen möchte?

    "Diskriminierung ist die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung oder Benachteiligung einer Person oder Gruppe aufgrund bestimmter Merkmale wie Herkunft, Geschlecht, Alter, Religion, Behinderung oder sexueller Orientierung. Diese Ungleichbehandlung kann in Form von Ausgrenzung, Beschimpfungen, Verweigerung von Leistungen oder anderen Formen der Benachteiligung auftreten und zu erniedrigenden Gefühlen und negativen Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Lebenssituation führen."

  • Das ist mal wieder ein schönes Beispiel, welches die Scheinheiligkeit der Kirchen offenlegt.



    Hexenverbrennung, Kindesmissbrauch, Kreuzzüge, Ausbeutung, Betrug alles kein Problem und gesellschaftlich nicht weiter tragisch.

    Aber will eine Frau über ihren eigenen Körper bestimmen... uiuiui.. das geht ja mal gar nicht - da muss unbedingt ein Mann darüber bestimmen.

    Wie frei ist der Mensch eigentlich wirklich, wenn es um ihn selbst geht?

    Spahn setzte das BGH Urteil zum selbstbestimmten Sterben nie um, Frauen müssen gebären, ob sie wollen oder nicht, Kirche und Staat entscheiden ob und wie wir zu leben oder zu sterben haben.

    Kinder müssen geboren werden, ob sie danach überhaupt "leben" können ist egal.

    Ich finde das persönlich schlicht zum kotzen.

    Wir sind nicht frei - unsere Freiheit ist eine Illusion.

    Und nein - ich bin keine Frau.

    • @Zuuuuul:

      Uneingeschränkte Freiheit ist aber auch ein Phantasiekonstrukt der Menschen.

      Natur und Psyche können sich da schon einschränkend auswirken.

      Klar kannst aus deiner Blockhütte gehen und durch das Lager laufen wenn da grad 3 Grizzlybären rumwühlen. Aber du wirst wahrscheinlich deine Sicherheit, dein Leben, höher gewichten als dein Drang zur Freiheit.

      Im gesellschaftlichen Leben kann des einen Freiheit, des anderen Einschränkung sein.

      Es ist eine Wechselwirkung.

      Der Vater möchte das Kind, auch wenn es behindert ist. Die Mutter möchte das Kind gar nicht. Einer wird hier eingeschränkt und zumindest seelisch verletzt, damit der andere das bekommt was er will.

      Es gibt zwar die Möglichkeit das Kind zur Adoption freizugeben, aber das öffnet wieder eine andere Dose von Problemen.

      Grundsätzlich bin ich auch dafür, dass eine Frau über sich entscheiden darf im Rahmen der noch moralisch vertretbar ist. Gibt ja Gründe warum nach einer gewissen Zeit selbst in Dtl ein Abbruch nicht mehr gesetzl. legal ist.

      • @Monika Jäger:

        Ich dachte eigentlich mein Satz: "Wie frei ist der Mensch eigentlich wirklich, wenn es um ihn selbst geht?" ist deutlich und zu verstehen.



        Vielleicht hätte ich es noch deutlicher dazuschreiben "müssen", das es sich um die Freiheit zum eigenen ICH handelt?

        Über sich selbst zu bestimmen - ich für mich - niemand über mich - ich dachte das geht klar aus meiner Ausführung hervor.

        Mein Körper, mein Leben, meine Entscheidung - und nein die habe ich nicht uneingeschränkt.

        Wenn mir der Sinn danach steht, mit 3 Bären zu raufen, ist das ebenso meine Sache und Entscheidung.

        Zudem, wer entscheidet was "im Rahmen der noch moralisch vertretbar ist" gegeben ist? In der Regel Kirchen und Staat und da sind wir wieder bei der Unfreiheit die die Obrigkeit auferlegt.



        Moral wird durch Erfahrungen geprägt - wem das Leben lang die Sonne aus dem Rektum leuchtet wird nie verstehen, warum ein finaler Krebspatient um Sterbehilfe bettelt.

        • @Zuuuuul:

          Nur steckt man bei einer Schwangerschaft in der Zwickmühle, dass aus einem ICH ein WIR wird. Und da scheiden sich dann, wie man sieht, die Geister.

  • In vielen Kommentaren wird dem Arzt vorgeschlagen, einfach zu kündigen und sich eine neue Stelle zu suchen, schließlich herrscht Ärztemangel. Was die meisten übersehen: es handelt sich um einen Chefarzt, und freie Stellen für einen Chefarzt sind selten. Er könnte natürlich als "einfacher" Arzt anfangen, das wäre aber ein ziemlicher Abstieg in der Ärzte-Rangordnung, beim Gehalt und den sonstigen Nebeneinnahmen: man denke an die berühmt-berüchtigte "Chefarztbehandlung" bei Privatpatienten, inklusive der Privatpatientenabrechnung.



    Ausserdem ist der Mann mehr oder minder ortsgebunden, er hat eine Privatklinik in Bielefeld, und ob sein privates Umfeld auch mit umziehen könnte oder würde? Wieviele Krankenhäuser im weiteren Umkreis (sagen wir eine Fahrstunde) haben überhaupt eine Arzt-, Oberarzt- oder gar eine Chefarztstelle in der Gynäkologie ausgeschrieben?

    • @Offebacher:

      Dann muss er sich eben entscheiden Geld oder Gewissen. Wenn für ihn ersteres wichtiger ist, dann sagt das auch etwas aus.

      • @ZTUC:

        Man sollte aber auch dazu erwähnen das er auch in seiner jetzigen Position noch einigen Frauen wichtige Hilfe leistet.

  • Dass ich meinem Arbeitgeber Folge leisten muss, musste ich bitter lernen.

    Ich hatte meinen Job bei Vapiano vor rund 13 Jahren gekündigt, nachdem mein Chef mir mit dem Argument: wo anders hungern Kinder, dazu nötigen wollte, die verschimmelte Bolognese in den Verkauf zu bringen. Da ich das nicht mit meinem Gewissen vereinbaren kann, schmiss ich hin.

    Laut dem Arbeitsamt, welches mich damals für drei Monate sperrte, bin ich als Arbeitnehmerin verpflichtet verdorbene Lebensmittel in den Umlauf zu bringen, wenn ich dazu die Anweisung erhalte.

    Ebensolches Arbeitsamt empfahl mir dann auch, um mein Studium zu finanzieren, einfach ein Kind zu bekommen, dann wäre meine Wohnung zumindest bezahlt…

  • Manche mögen das für "aufgeben" halten, aber ich bin immer noch der Meinung das man in solchen Situationen am besten kündigt.



    Bei Ärzten, besonders Fachärzten herrscht ganz klar ein Arbeitnehmer Markt. Die sind absolute Mangelware.



    Kündigt er ist es nicht unwahrscheinlich das die Klinik so schnell keinen anderen findet und die entsprechende Leistung/en nicht mehr anbieten kann.



    Dann kriegen die Probleme, weniger Einnahmen, möglicherweise Vertragsverletzungen falls die festgelegt haben die Leistung anbieten zu müssen usw.



    Das ganze würde ich zum Problem des Arbeitgebers (also der Kirche) machen, und mich selbst gar nicht damit gross befassen.



    Der Arzt sitzt am längeren hebel, er muss ihn nur umlegen.

  • Das Urteil: Folge des Patriarchates in Kirche, Justiz, Politik und Medizin. Die damit verbundende massive gesellschaftliche Verlogenheit beim Thema Abtreibung - auch im Fall Frauke Brosius-Gersdorf - schreit nach einem aufklärerischen Theaterstück. Vielleicht hilft die taz ein wenig?

  • Ärgerlich ist die Undifferenziertheit der Berichterstattung. Geht es um Abbrüche in den ersten 12 Wochen p.m. ambulant , um klinische Abbrüche bis 14.SSW p.m. oder spätere. Da die sog.genetische Indikation gerade auf Betreiben der „ Krüppelinitiativen“ und anderer abgeschafft wurde, um deutlich zu machen, dass auch Feten mit Behinderung ein Recht auf Leben haben, geht es meistens um diese Fälle , also Kinder mit Behinderung. Der Abbruch dieser Schwangerschaften wird heute mit psychischer Belastung der Mutter begründet( psychisch = psychiatrisch = medizinisch). Auch Anthroposophen haben bei dieser psychischen Argumentation bedenken, z.B. bei M.Down und nehmen ein Ethikkomitee zu Hilfe, welches auch mal einen Abbruch ablehnt. Ein Arbeitgeber hat ein Recht darauf , seinem Angestellten eine Nebentätigkeit zu verbieten , wenn dadurch z.B. die Haupttätigkeit gefährdet ist. Vielleicht kann sogar ein gefährliches Hobby untersagt werden. Nach dem Gutachten der „ Fast-Verfassungsrichterin“ kann ein Schwangerschaftsabbruch durchaus unterschiedlich gesehen werden. Bei der Diskussion darf ein Katholik oder ein Anthroposoph durchaus unterscheiden, ob ein Kind mit Tris21 „ zumutbar“ ist.

    • @Dr.med. Heinz de Moll:

      Am Ende kann die Mutter das Kind auch nicht annehmen wenn sie meint, dass es ihr auferzwungen wurde.

  • Und ich dachte immer unter Leben besteht aus einer körperliche und seelische/mentale Komponent. wenn aber das wort "leben" im Gesetz nicht ausreicht.... vlt wird es mal zeit nochmal GG1 durchzulesen. scheint nicht mehr im kopf der menschen zu sein. das Krankenhäuser kranke ablehnen können einfach nur weil sie Bock drauf haben, war auch mal anders gedacht. aber ey... der freie markt regelt das schon. leben die halt ein scheiss leben, hauptsache der typ der meine kirchensteuer bekommt sagt danke.

    • @Loreen Ipsum:

      Schwangerschaft als Krankheit. Haben Sie dazu Literaturempfehlungen?

      • @Alex Roe:

        Die Bibel.

        • @Yes:

          Können Sie da genauer werden. Ich finde da nichts zu, allerdings bin ich als Agnostiker auch nicht so bibelfest.

          • @ZTUC:

            Mein Verhältnis zur Bibel ist auch eher jungfräulich. Am besten nehmen Sie sich das Buch und lesen es einfach von vorne bis hinten genau durch.

  • Danke für den Artikel👍



    Als Unterzeichner der Petition dürfte klar sein wie ich inhaltlich dazu stehe, trotzdem lässt der ganze Fall mich recht ratlos zurück

    Denn grundsätzlich stellt sich ja auch juristisch die Frage, ob und wie weit es medizinische Beschränkung durch den Arbeitgeber in anderen Fragen geben dürfte, nehmen wir mal den hypothetischen Fall des Verbots von Beschneidungen bei 1jährigen durch einen humanistischen Träger❗

    Ich könnte zb gute Gründe dafür nennen, warum dies sinnvoll sein könnte, insofern stellte sich da die Frage, inwieweit eine humanistische Ausrichtung des Arbeitgebers dazu für entsprechend angestellte Ärzte auch bindend sein müsste🤔

    mE ist es daher juristisch kein einfach zu beurteilender Fall

    Allerdings kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, dass dem Arzt in seiner eigenen Praxis, die er ja wohl unabhängig von seiner Anstellung im Krankenhaus betreibt, die Kirche ihn irgendwie rein reden kann und dies sogar das Gericht bejaht❗

    Da ich dazu nicht die jur. Hintergründe kenne, habe ich da nur den Verdacht des Machtmißbrauchs, vielleicht ähnlich wie die kath.Kirche in das Privatleben ihrer Angestellten bzgl Ehe & sex. Ausrichtung rein pfuscht❓❗

    • @ Orab:

      Danke für das Beispiel mit der Beschneidung, wo die Grünen komplett versagt haben. Die Kirche o a können reinreden, wenn der Arzt angestellt ist. Jeder Arbeitgeber: in darf das, z.B. auch wenn der:die Angestellte eine Nebentätigkeit beim Konkurrenten annehmen möchte.

  • Die Formulierung "...dass Leib und Leben der Mutter bzw. des ungeborenen Kindes akut bedroht sind..." findet sich so oder so ähnlich in den von selbsternannten "Lebensschützern" formulierten Gesetzen in USA/Polen. Diese mangelnde Rechtssicherheit für Ärzte ist von diesen beabsichtigt und der Tod der Mütter (s. Fälle in USA/Polen) ist ihnen scheißegal.

    Hier wird es über das Arbeitsrecht ermöglicht, dieses "Lebensschützer"-Mindset auch in Deutschland durchzusetzen. Auch das es möglich ist, die Nebentätigkeitserlaubnis entsprechend zu beschränken geht m.E. zu weit.

    Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sog. "Lebenschützer", Faschisten und ihre Steigbügelhalter in der CxU mittels Social-Media-Hetz- und Hass-Kampagnen etc. Krankenhäuser versuchen zu zwingen ähnliche Dienstanweisungen zu erlassen. Anschläge auf Kiniken und Ärzte sind dann auch nicht mehr weit, siehe USA...

    Versorgungslücken führen zu toten Frauen.

    • @Holger Kaempf:

      Nun übertreiben Sie mal nicht. Die Formulierung findet sich sinngemäß auch im deutschen Recht (§ 218a StGB) und die Regelung gilt ebenso für den hier klagenden Arzt, der nach Nr. 4 der "Dienstanweisung Gynäkologie" der beklagten Klinik den Eingriff vornehmen darf, wenn „Leib und Leben der Mutter bzw. des ungeborenen Kindes akut bedroht sind“. Rechtsunsicherheiten entstehen da eigentlich nicht. Ich finde aber, dass es eine besonders schusselige Formulierung ist, weil man die Bedrohung für den Leib und das Leben des Kindes durch eine Abtreibung beim besten Willen nicht eindämmen kann, sondern vielmehr geradewegs realisiert.

      Falls Interesse an dem Urteil besteht, Sie können es hier nachlesen:



      nrwe.justiz.nrw.de...teil_20250808.html

      • @Yes:

        Nach § 218a Abs. 2 StGB ist eine Abtreibung ausdrücklich erlaubt, wenn die Fortsetzung der Schwangerschaft für die Frau eine schwerwiegende Gefahr für Leben oder Gesundheit bedeutet und nicht erst, wenn das Leben der Frau akut bedroht ist.



        Fälle, in denen die Kirche NICHT abtreiben lassen will, sind z.B., wenn der Fötus so missgebildet ist, dass er nach der Geburt nicht lebensfähig ist oder auch bei einer Schwangerschaft nach Vergewaltigung. Im zweiten Fall wird die Frau quasi ein zweites Mal vergewaltigt und erleidet massivstes seelisches Trauma, wenn man ihr das Recht zur körperlichen Selbstbestimmung nimmt. Im ersten Fall zwingt man eine Frau, sich über Monate emotional damit auseinanderzusetzen, dass sie das Wesen, das in ihrem Bauch heranwächst, nur tot in Armen halten wird, nach dem äußerst schmerzhaften und nicht ungefährlichen Prozess der Geburt.



        Es wäre schön, wenn die Kirche sich mehr um die Kinder bemühen würde, die bereits auf der Welt sind. Anfangen könnte sie vielleicht mit einer konsequenten Aufarbeitung ihrer Missbrauchsfälle.

        • @Parabel:

          Die Schwangere wird nicht gezwungen, das Kind auszutragen, nur weil man den Eingriff nicht in dieser Klinik vornimmt. Der Arzt beruft sich auch gar nicht auf die Rechte der Patientinnen, sondern auf seine Rechte als Arbeitnehmer und Arzt. Dem steht das Direktionsrecht seiner Arbeitgeberin gegenüber, das ebenfalls eine Art des Selbstbestimmungsrechts ist.

  • Wenn Leib und Leben der Mutter oder des Kindes bedroht sind, darf abgetrieben werden. Wenn die seelische Gesundheit der Mutter gefährdet ist, darf nicht abgetrieben werden. Wenn eine Frau also nach einer Vergewaltigung schwanger ist - darf sie dann abtreiben?



    Es ist schon interessant, dass eine Institution, die sich um das Seelenleben der Menschen kümmern will, eine Gefährdung der seelischen Gesundheit nicht anerkennen will.



    Möglicherweise fehlt es der katholischen Kirche an "Seele"!

    • @Il_Leopardo:

      Ja, § 218a Absatz 3

      "Die Voraussetzungen des Absatzes 2 gelten bei einem Schwangerschaftsabbruch, der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommen wird, auch als erfüllt, wenn nach ärztlicher Erkenntnis an der Schwangeren eine rechtswidrige Tat nach den §§ 176 bis 178 des Strafgesetzbuches begangen worden ist, dringende Gründe für die Annahme sprechen, daß die Schwangerschaft auf der Tat beruht, und seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind."

      • @ZTUC:

        Vielen Dank für die Aufklärung. Jetzt würde ich gerne wissen, ob die katholische Kirche in solch einem Fall einer Abtreibung zustimmt.

  • Wurde hier das Weisungsrecht des Arbeitgebers ins Verhältnis gesetzt zu dem Versorgungsauftrag der Klinik (so sie denn einen hat) ? Möglicherweise wäre das Ziel, nämlich die in D gesetzlich möglichen Schwangerschaftsabbrüche in verorgungsrechtlich zugelassenen Kliniken zu ermöglichen, eben nicht über das Arbeitsrecht erreichbar, sondern über die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Tätigkeit von Kliniken innerhalb der krakenkassenfinanzierten und kassenärztlichen Versorgung. Das ist'n Fall für das Querschnittsgebiet Medizinrecht. Hmpff.

    • @ja wirklich?:

      Das ist eine Sache zwischen denen, die diesen Versorgungsauftrag formulieren (Staat) und dem Träger, nicht aber zwischen Arzt und Träger.

    • @ja wirklich?:

      Da Schwangerschaftsabbrüche nach geltendem Recht weiterhin grundsätzlich verboten sind (sie bleiben nur unter bestimmten Umständen unbestraft), kann es dafür aktuell keinen Versorgungsauftrag geben.

    • @ja wirklich?:

      ".. sondern über die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Tätigkeit von Kliniken innerhalb der krakenkassenfinanzierten und kassenärztlichen Versorgung"

      Den Gedanken hatte ich auch und sehe da das Defizit, das die christlichen Kirchen in Deutschland nach wie vor einen herausgehobenen Sonderstatus besitzen, der es in diesem politischen Umfeld erschwert solche Regelungen zu implementieren.

      mE müssten Krankenhäuser dazu verpflichtet werden, entsprechende Schwangerschaftsabbrüche anzubieten um das entwürdigende Suchen dazu zu unterbinden (ohne Zwang Abtreibungen durchzuführen bei einzelnen Ärzten)

      Voraussetzung dazu wäre natürlich aber erstmal die Änderung von §218,bzw dessen Abschaffung, was aber politisch nicht in Sicht ist, ganz im Gegenteil, befinden wir uns in einer wohl historischen Phase der Gegenaufklärung und der Verstärkung von autoritären & kapitalistischen sozialdarwinistischen Tendenzen👎

      Dem entgegen müsste mE auch in Deutschland erstmal der Gottes Bezug aus den Verfassungen und entsprechenden Präambeln entfernt werden und die Privilegierung und Förderung von Religion jeder Art beendet werden❗

      Jeder ist frei zu "Glauben" was er will,aber ohne staatliche Förderung

  • Viel interessanter ist eigentlich die Frage, ob ein Arbeitgeber einen Arzt dazu zwingen darf, eine Abtreibung durchzuführen. Wobei die Antwort zumindest solange, wie eine Abtreibung formell eine Straftat ist, klar ist.

    • @Suryo:

      Nein, da Gewissenfreiheit hier genauso greift, wie beim Kriegsdienst.

    • @Suryo:

      Die Frage ist in Paragraph 12 Schwangerschaftskonfliktgesetz eindeutig geregelt: Niemand ist verpflichtet, an einem Schwangerschaftsabbruch mitzuwirken, es sei denn, die Mitwirkung ist erforderlich, um die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung der Frau abzuwenden.

    • @Suryo:

      Nein, noch interessanter ist, wie manche durch verknöchertes Auslegen der Gesetze zeigen, wes Geistes Kind sie sind.

  • Niemand muss für Organisationen arbeiten, für die Ideologie wichtiger ist, als medizinische Notwendigkeiten.

    • @Kaboom:

      Niemand muss für irgendeine Organisation arbeiten. Wir haben freie Berufswahl und Vertragsfreiheit.

    • @Kaboom:

      Wenn ein Schwangerschaftsabbruch medizinisch notwendig ist, wird er weiter durchgeführt. Es geht ja explizit um die, bei denen diese Notwendigkeit nicht gegeben ist.

      • @ZTUC:

        Wenn der Artikel in inhaltlich korrekt ist, ist Ihre Behauptung falsch.

    • @Kaboom:

      Also, ich denke mal Ärzte werden ja gesucht, ich würde den Laden einfach verlassen und wo anders anfangen. Ich persönlich bin schon lange ausgetreten, wenn keiner mehr für die Kirche arbeitet, hat sich das Problem dann auch erledigt.

  • Das Problem lässt sich relativ leicht lösen. Einfach nicht mehr für kirchliche Arbeitgeber arbeiten. Kein Problem bei dem jetzigen Fachkräftemangel.

    • @Aymen:

      Für den Arzt ist damit das Problem gelöst. Für Frauen, die abtreiben wollen, ist wieder ein Ort weggefallen, wo sie sichere medizinische Hilfe finden.

      • @Kolyma:

        Warum, der Arzt kündigt und bietet Schwangerschaftsabbrüche anderweitig an, zum Beispiel in der eigenen Praxis.

  • Solange wir das Übel nicht bei der Wurzel packen und den kirchlichen Trägern für einen marginalen Kostenbeitrag nahezu die volle Kontrolle über die von ihnen nach dem Subsidaritätsprinzip betriebenen Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten oder Krankenhäusern zubilligen, wird es weiterhin derartige absurden Prozesse geben.



    Es muss endlich Schluss sein mit den Sonderrechten; das Vereinsrecht sollte hier genügen.

    • @Flix:

      Artikel nicht gelesen? Die Begründung ist das Direktionsrecht des Arbeitgebers, nicht der Träger kath. Kirche. Warum das Direktionsrecht in diesem Fall auch für die Nebentätigkeit gilt hat Cerberus unten geschrieben.

      • @Nachtsonne:

        Der AG ist hier aber nun mal ein katholisches Krankenhaus. Deren Position zu Schwangerschaftsabbrüchen ist eindeutig. Außerdem wurde das Verbot erst nach Übernahme der Klinik ausgesprochen. Dass dies in der Urteilsbegründung keine Rolle spielt, heißt eben nicht, dass es nicht ursächlich ist.

    • @Flix:

      Dann wäre die Lösung ja ganz einfach: Die Länder und Kommunen kümmern sich selbst (scheint ja einfach zu sein, wenn der Kostenbeitrag eh nur "marginal" ist). Warum wird das nicht gemacht? Weil die Kommunen und Länder dazu schlicht nicht fähig sind. Allein in meiner Kommune wurden in den letzten zwei Jahren zig KITAS in die Hände von kirchlichen Trägern gegeben, einfach weil die öffentliche Hand bezgl. dieser überfordert war. Man muss das nicht mögen, aber ohne kirchliche Träger würde in weiten Teilen Deutschlands das caritative System zusammenbrechen. Ach so, und bezüglich "Vereinsrecht": Das Kirchenasyl würde dann natürlich ebenfalls wegfallen, ein Recht der Kirche, welches auch von vielen Anhängern der TAZ im Zweifelsfall aber gerne verteidigt wird...

      • @MarsiFuckinMoto:

        Für Kindergärten unter kirchlicher Trägerschaft zahlt weiterhin der Staat. Das ist mal ein Deal, nicht?

        • @Kaboom:

          Der Staat zahlt also den vollen Satz und die Kirchen zahlen NICHTS dazu? Wollen Sie bezüglich der Aussage vielleicht gerne eine Wette annehmen? Und nochmal, selbst WENN es so wäre (was es nicht ist): WARUM geben dann so viele KITAS ihre Trägerschaft in kirchliche Hände? Wenn man damit soviel Geld verdienen kann, warum macht sich dann nicht der Staat oder ein privater Dienstleister "die Taschen voll", so wie es Ihrer Meinung nach ja scheinbar die Kirche macht? Fragen über Fragen...

          • @MarsiFuckinMoto:

            Dochdoch, so ungefähr 5% der laufenden Kosten wird von den Kirchen getragen. Aber niedlich, dass Sie versuchen, mir Dinge in die Tastatur zu legen, die ich nicht geschrieben habe.

          • @MarsiFuckinMoto:

            Nein tatsächlich zahlen Kirchen Zb. in Kitas 5 - 30 % der Kosten selbst. Zwar aus Kirchensteuer, aber niemand wird gezwungen Mitglied einer Kirche zu sein.

            www.kirchensteuer-...rung-einrichtungen

          • @MarsiFuckinMoto:

            Fragen über Fragen?

            Die sind schon beantwortet.

            Der Staat hat Eigenbetriebe, die Kindergärten betreiben.

            Zudem gibt es rein private Kindergärten.

            Da gründet ein Privatmensch seine Kindertagesstätte und verdient damit sein Geld.

            Es ist nicht ganz einfach, alle Auflagen zu erfüllen, aber machbar.

            In Berlin existieren erstaunlich viele dieser privaten Kindergärten.

            Dass man damit nun wirklich reich wird, bezweifle ich.

    • @Flix:

      Artikel nicht gelesen?

      "In aller Deutlichkeit schreibt das Arbeitsgericht in seinem Urteil: Auch ein Arbeitgeber, der sich nicht auf den besonderen Status der katholischen Kirche berufen kann, sei „selbstverständlich berechtigt, zu entscheiden, dass im Betrieb Schwangerschaftsabbrüche nur eingeschränkt durchgeführt werden.“"

      Dass es hier gerade ein katholisches Haus betrifft ist natürlich kein Zufall. Aber der konservative Rollback, der gerade an vielen Orten zu beobachten ist, ist wohl ein bedauernswerter Reflex.

      Bleibt zu hoffen, dass man sich künftig nicht zwischen piefigem Konservatismus und kategorisch-kreischendem Woke-Aktivismus wird entscheiden müssen, sondern es einen ausgewogenen Mittelweg geben wird.

      • @Metallkopf:

        Naja, was heißt Rollback?

        Es gibt tatsächlich Ärzte, die gar nicht katholisch sind und es dennoch nicht mit ihrem Gewisen vereinbaren können, eine Abtreibung vorzunehmen. Soll man die dazu zwingen dürfen?

    • @Flix:

      Nun, die kirchliche Selbstbestimmung hatte hier wohl keine große Rolle gespielt:



      „Danach spielte das kirchliche Selbstverständnis des Klinikums nur eine Nebenrolle.“



      Wenn man sich die Haushalte der Bistümer ansieht ist der Kostenbeitrag auch nicht marginal.

    • @Flix:

      Haben Sie es überlesen?

      "Auch ein Arbeitgeber, der sich nicht auf den besonderen Status der katholischen Kirche berufen kann, sei „selbstverständlich berechtigt, zu entscheiden, dass im Betrieb Schwangerschaftsabbrüche nur eingeschränkt durchgeführt werden.“

      Hier geht es also nur um das Weisungsrecht, dass jedem Arbeitgeber zusteht.

  • Wenn sich immer mehr Krankenhausleitungen dazu entschließen würden, Schwangerschaftsabbrüche zu verbieten, gäbe es letztlich für die betroffenen Frauen gar keine Möglichkeit mehr ihren Rechtsanspruch nach Paragraph 218 umsetzen zu können. Das heißt ja dann in der Konsequenz, dass Dienstherren ein Gesetz vollkommen aushebeln können.



    Ich sehe da dringenden Handlungsbedarf im Arbeitsrecht.

    • @chat cat:

      Es gibt doch gar keinen Rechtsanspruch auf eine Abtreibung.

      Im Gegenteil, das deutsche Recht definiert sie immer noch als Straftat.

      • @Suryo:

        Nicht ganz:



        Das deutsche Recht definiert sie zivilrechtlich (wobei das nicht im BGB steht, sondern sich direkt aus dem GG ergibt) als grundrechtswidrig, wobei der Grundrechtskonflikt in einer EINZELFALLABWÄGUNG aber zu Gunsten der Schwangeren ausgehen kann.

        Weil es aber immer eine Einzelfallabwegung sein muss, darf der Gesetzgeber nicht durch die Worte „nicht rechtswidrig“ das Ergebnis dieser Abwegung per Gesetzesdefinition vorwegnehmen.

        Er hat jedoch in §218a Abs.. Abtreibungen nach einer Beratung und Bedenkensfrist, die diese Abwegung sicherstellen sollen, von dem Straftatbestand des §218 ausdr. ausgenommen.



        Das geht also über eine bloße Straffreiheit, wie es derzeit beim Besitz geringer Mengen Drogen zum Eigenbedarf z.B. der Fall ist deutlich hinaus.

        Es ist bei Einhalten der Bed. keine Straftat, aber auch nicht erlaubt.



        (So wie Ehebruch auch heute noch laut BGB verboten ist, aber keine Straftat mehr ist und auch sonst kaum noch Folgen drohen)

      • @Suryo:

        Sie haben von der jur. Definition gesehen recht. Ich hätte "Straffreiheit unter bestimmten Voraussetzungen" schreiben sollen. Aber ich bleibe dabei: Frauen sollte die Möglichkeit eines Abbruchs im gesetzlichen Rahmen flächendeckend erhalten bleiben. Bei weiterer Übernahme katholischer Träger bzw. entsprechenden Dienstanweisungen wuerde diese Möglichkeit immer mehr eingeschränkt.

        • @chat cat:

          Ärzte, die unbedingt Schwangerschaftsabbrüche vornehmen wollen, steht es frei eigene Praxen dafür zu eröffnen und ihre bisherigen Job zu kündigen. Selbst Krankenhäuser dürfen ohne die Kirchen betrieben werden.

        • @chat cat:

          Naja, wenn mal drüber nachdenkt: es gibt sehr viele medizinische Eingriffe, die zumindest gerade bei Kassenpatienten eben nicht schnell und flächendeckend verfügbar sind. Ich kenne jemanden, der eine super private Versicherung hat und sich von der jetzt eine OP in Sydney bezahlen lässt, weil dort ein Chirurg tätig ist, der als bester Experte der Welt auf einem bestimmten Gebiet gilt. Flug und Aufenthalt muss er selbst zahlen, aber die Kosten für die OP übernimmt die KV.



          Für die, denen all das verwehrt ist, besteht ein höheres Risiko, am gleichen Gesundheitsproblem zu sterben…

          • @Suryo:

            Dass die Versorgungslage der gesetzlich Versicherten schlechter ist als bei Privatpatienten ist allgemein bekannt. Ich finde, dass auch hier Handlungsbedarf besteht. Das ist aber rechtlich ein anderes Gebiet. In diesem Artikel hier geht es um das Weisungsrecht eines Arbeitgebers.

  • ich finde es nicht ok, Frauen dazu zu zwingen, ein Ungeborenes auszutragen, wenn klar ist, dass das Kind nach der Geburt nur wenige Stunden leben wird.



    Warum lässt man nicht bei allen Krankheiten einfach Gott entscheiden? Warum haben wir überhaupt Ärzte und Krankenkassen?

  • Ich verstehe auch mit dieser Erklärung nicht, wie der Arbeitgeber mir Anweisungen für die Durchführung einer insgesamt genehmigten Nebentätigkeit geben kann.



    Das Klinikum könnte Volz die Privatpraxis insgesamt verbieten. Aber was er innerhalb der Praxis macht, ist doch dann seine eigene unternehmerische Entscheidung.



    Ganz unabhängig von der Brisanz des Themas, fehlt mir hier die Begründung, warum die Klinik die Tätigkeit in der Praxis einschränken darf.



    Auch das hier beschriebene Argument: Der Absatz im Vertrag, der die Abbrüche regelt, wurde vom Angestellten zu spät erwähnt. - Was jetzt? Steht es im Vertrag oder nicht? Was drin steht, war allen Beteiligten bekannt, warum reicht das nicht?

    • @Herma Huhn:

      Tangiert eine Nebentätigkeit die Interessen des Arbeitgebers, darf dieser die Nebenrätigkeit untersagen oder mit Auflagen versehen.

      Eine Beauflagung ist das mildere Mittel.

      Das ist die Rechtslage.

      Sie gilt auch, wenn die Nebentätigkeit selbstständig ausgeübt wird.

      • @rero:

        Korrekt. Protest dagegen gibt es nur , wenn es um Schwangerschaftsabbrüche geht. Jeder Arbeitnehmer muss Erlaubnis zu Nebentätigkeiten einholen.

    • @Herma Huhn:

      Ein Prozess vor dem Arbeitsgericht ist in Deutschland ein Parteiprozess. D.h. das Gericht forscht nicht selbständig nach Tatsachen, es wird nur verhandelt, was die Parteien rechtzeitig in den Prozess eingebracht haben (Dispositionsmaxime). Rechtzeitig bedeutet hier: in der Klageschrift. Werden in der mündlichen Verhandlung plötzlich neue Tatsachen vorgebracht, muss das Gericht diese ablehnen. Schließlich muss sich auch das Gericht bei vielen Detailfragen zuerst kundig machen - was im Verlauf einer mündlichen Verhandlung nicht mehr ohne weiteres möglich ist und auch der Gegenseite soll nicht zugemutet werden, so plötzlich und unvorbereitet vor neue Tatsachen gestellt zu werden. Dies fällt unter unfair trial und ist somit unzulässig.



      Von daher ist es egal, was im Vertrag steht. Es wurde in der Klageschrift nicht zum Beweis erhoben, also fällt es im Verfahren raus.

    • @Herma Huhn:

      Das Arbeitsgericht ermittelt den Sachverhalt nicht von Amts wegen. Wer nicht oder nicht so früh wie möglich vorträgt, wird mit seinem Verteidigungsmittel nicht gehört.

  • Stellt sich jetzt die Frage, ob ER in seiner privaten Klinik keine Abbrüche mehr durchführen darf, oder gar keiner. Dann könnte er einen anderen Arzt einstellen/finden, der in seiner Klinik Abbrüche durchführt. Oder er teilt die Praxis mit jemandem, der dann die Abbrüche macht. Dann wäre es nicht mehr SEINE Klinik, sondern die von Volz, Kunz & Co., und dann müsste das ja gehen. Aber vielleicht verbäte ihm das katholische Krankenhaus dann die Nebentätigkeit. Naja, in so einem Fall würde ICH kündigen, weil man wohl von einem zerrütteten Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber ausgehen kann.

  • „Aus dem allgemeinen Weisungsrecht des Arbeitgebers gegenüber seinen Beschäftigten, das in Paragraf 106 der Gewerbeordnung geregelt ist“, folgt, dass all das Schwärmen von GewerkschaftsfunktionärInnen über innerbetriebliche Demokratie noch größerer Kokolores ist, als die allgemeine Belobigung der Sozialpartnerschaft, die bei Gelegenheit sicher zum Appell führt, die ArbeitnehmerInnen mögen Lohnverzicht, Kurzarbeit und Sozialplänen zustimmen. Die frohe Botschaft ist: Die schon freien ArbeiterInnen (Karl Marx) können durch Freisetzung noch freier werden. Niederes Volk, sei dankbar, ruft die Elite der Republik: „Mehr Liberalismus geht nicht.“

    Immerhin haben die Freigestellten bei jeder Wahl die Wahl, die zu wählen, die die Bedingungen für betriebswirtschaftliche Wirken wieder auf Erfolgskursringen, damit ihre doppelte Freiheit vielleicht wieder ein vorübergehendes Ende findet.

    Was das alles mit dem Geist demokratischer Mitbestimmung zu tun haben soll, wissen nur Patriarchen und Matriarchen der Orthdoxie bürgerlicher Herrschaft und ihre VasallInnen. Linke sollten sich vor Liberalismus und falsch verstandener Demokratie hüten.

  • Mein Arbeitgeber hat mich auch angewiesen, mich in Zukunft auf bestimmte Tätigkeiten zu konzentrieren und dafür andere nicht mehr zu erledigen. Im Arbeitsleben vollkommen normale Vorgänge.

    • @ZTUC:

      Ich weiß ja nicht, was Sie arbeiten, aber dass die Arbeit eines Gynäkologen zur gesundheitlichen Grundversorgung von immerhin 50% der Bevölkerung beiträgt, ist ja wohl unbestritten. Und da es leider schon immer ungewollte Schwangerschaften gab und geben wird, ist das Tätigkeitsverbot ein elementarer Eingriff in diese Grundversorgung. Es hat eine riesige Tragweite. Schwangerschaftsabbrüche haben immer stattgefunden und werden immer stattfinden, so traurig es ist. Die Frage ist nur, wie viel Leid man den Frauen zusätzlich aufbürden will. Und die Klinik in Lippstadt scheißt offensichtlich auf Frauen, ebenso wie das Gericht. Eine Schande!

      • @Katrina:

        Wir haben keine Planwirtschaft. Man kann einen Betrieb nicht anweisen, ein bestimmtes Produkt herzustellen oder eine bestimmte Dienstleistung anzubieten. Es gibt sicher auch andere Bereiche, welches dieses Krankenhaus nicht abdeckt. Wie im Artikel zu lesen ist, dafür ist nicht das Krankenhaus sondern das jeweilige Land zuständig.

      • @Katrina:

        Hier geht es ja noch nicht einmal um ungewollte Schwangerschaften. Sondern um gewollte, die tragisch schiefgehen.

        • @Silber Silberigel:

          Auch das stimmt nicht. Bei entsprechender Notlage kann weiterhin eine Abtreibung vorgenommen werden.

  • Ich verstehe immer noch nicht, warum der Hauptarbeitgeber seine private Nebentätigkeit einschränken darf, obwohl es sich um seine eigene Praxis handelt. Das ergibt gar keinen Sinn.

    • @ImInternet:

      Der Arzt ist der Gleiche

      • @Dr.med. Heinz de Moll:

        Und? Mein Arbeitgeber hat nur genau dann darüber zu entscheiden, was ich tue oder lasse, während ich für ihn arbeite. Auch wenn ich danach immernoch ich bin.

        • @pumble:

          Nein, eine Nebentätigkeit muss gegebenenfalls den Arbeitgeber gemeldet werden und er kann diese sehr wohl unter Umständen untersagen.

        • @pumble:

          Das entspricht nicht der Rechtslage. Vorsicht.

  • Wenns in den nächsten instanzen dann auch nix bringt, verliert das klinikum hoffentlich ein oder einige Ärzte. Aber ich bin mir sicher, die finden Ersatz bei der aktuellen Arbeitsmarktsituation.

  • Das Urteil und die Begründung sind insgesamt wenig überraschend. Es geht in der Sache halt nicht um "Schwangerschaftsabbrüche" sondern ums Arbeitsrecht.

    • @DiMa:

      Es geht um die Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung, auch wenn das Gericht das geflissentlich ignoriert.

      • @pumble:

        Nein, ignoriert das Gericht nicht. Aber dafür sind Dritte (die Länder) zuständig.

      • @pumble:

        Diese Frage ist in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren ohne Bedeutung.

  • Wie immer werden hier die unterschiedlichen Rechtsgüter gegeneinander abgewogen und da kann man unterschiedlicher Auffassung sein.

    Und weil das halt nicht einfach ist gibt es den Instanzenweg.

  • Ich halte die Begründung für extrem dünn. Weisungsrecht hin oder her. Warum darf ein Krankenhaus, das ja immerhin der elementaren Daseinsfürsorge der Bürger zu dienen hat, einfach ohne einen guten Grund eine Behandlung versagen? Es gibt in der Klinik sowohl die Mittel als auch das qualifiziertes und williges Personal um Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Und trotzdem werden Frauen von der Klinik von dieser medizinischen Behandlung abgeschnitten. Das widerspricht doch völlig dem Daseinszweck einer Klinik.

    • @pumble:

      Was der "Daseinszweck einer Klinik" ist und was nicht ist in einem Arbeitsgerichtsprozess doch vollkommen belanglos. Es geht um die Auslegung des Arbeitsvertrages und das Weisungsrecht des Arbeitgebers.