Umgang mit AfD im Bundestag: Die Front steht
Die AfD arbeitet im neuen Bundestag weiter an der Selbstausgrenzung. Doch auch die anderen Parteien helfen nach – mit uneleganten Tricks.
![Alexander Gauland und Alice Weidel mit beleidigtem Blick im Bundestag. Alexander Gauland und Alice Weidel mit beleidigtem Blick im Bundestag.](https://taz.de/picture/5187579/14/afd-bundestag-aemter-1.jpeg)
D er neue Bundestag ist in einem Punkt beruhigenderweise so wie der letzte: Die Front, von Linkspartei bis CSU, gegen die AfD steht. Die Rechtspopulisten arbeiten mit Verve an ihrer Selbstausgrenzung. Dass zwei Dutzend rechte Parlamentarier aus Protest gegen die Coronaregeln im Bundestag auf der Zuschauertribüne saßen und nicht im Plenum, ist eine Metapher. Die AfD betrachtet das Parlament von außen, als Bühne für Propaganda.
Alle Parteien versuchen, die AfD so fern wie möglich von demokratischer Repräsentation zu halten. Kein Alterspräsident, kein Vizebundestagspräsident. Das ist ein lauteres Motiv. Aber es hat einen Preis. Vor vier Jahren wurde die Geschäftsordnung des Bundestags geändert, um zu verhindern, dass AfD-Mann Alexander Gauland eine Stunde lang Alterspräsident sein durfte. Deshalb eröffnete nun Wolfgang Schäuble die Sitzung, nicht Gauland. Geschäftsordnungstricks aus politischer Opportunität wirken unelegant, sie haben etwas von demokratischer Selbstverletzung.
Beim Vizepräsidenten des Bundestags sieht die Sache anders aus. Es gibt zwar ein Gewohnheitsrecht aller Fraktionen auf den Posten – aber das hat Grenzen. Solange die AfD niemanden mit überzeugender demokratischer Reputation nominiert, müssen die anderen Fraktionen die Rechtskandidaten auch nicht wählen.
Die politisch zentrale Frage in Sachen AfD lautet, ob die Union bei der Abgrenzung nach rechts bleibt. In manchen Landtagen in Ostdeutschland ist die Wand zwischen Union und AfD teilweise nur aus Papier. Im Kontra zu grünem Lifestyle, Lastenrädern und Migration verbindet den rechten Flügel der Union manches mit jenen in der AfD, die keine überzeugten Rechtsextremisten sind. Im Bundestag aber würde jede Annäherung an die Rechten für die Union toxisch. Sie würde damit die Mitte räumen, die Scholz, Baerbock und Lindner besetzen. Falls die Union kein politisches Selbstmordkommando unternimmt, wird die AfD im Bundestag bleiben, was sie ist: extremistisch, schrill und ohne Aussicht, je zu Amt und Würden zu kommen.
Und sonst? Kein Präsidium des Bundestages war je so feminin: Es besteht aus fünf Frauen und einem Mann. Das zeigt, dass der zu Verknöcherung neigende Parlamentarismus lernfähig ist. Bärbel Bas, eine der ganz wenigen ParlamentarierInnen ohne Hochschulabschluss, ist nun formal die zweite Frau im Staat. Das ist ein gutes Zeichen, aber noch viel zu wenig. Der Bundestag braucht auch KünstlerInnen, Hartz-IV-EmpfängerInnen und HandwerkerInnen – und nicht noch mehr Juristinnen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen