Treffen der Nato-Außenminister: Waffen, Waffen, Waffen

Die Nato rüstet die Ukraine weiter auf – und scheint sich auf russischen Atomschlag vorzubereiten. Über Deeskalation wird nicht gesprochen.

Der ukrainische Verteidungsminister Rezinkov gestikuliert zwischen anderen Männern

Der ukrainische Verteidungsminister (Mitte) bei der NATO-Tagung in Brüssel Foto: Olivier Matthys/ap

BRÜSSEL taz | Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) ist es nicht gewohnt, bei Nato-Treffen im Rampenlicht zu stehen. Die erste Geige spielen dort unbestritten die USA. Erst recht, wenn es auch noch ein Treffen der 50 Mitglieder starken Ukraine-Kontaktgruppe gibt, die von den USA geführt wird.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin gab denn auch wieder den Ton an. „Unsere Entschlossenheit, die ukrainischen Verteidiger zu unterstützen, gilt für alle Jahreszeiten“, erklärte er am Mittwoch in Brüssel. Die russischen Angriffe würden mit noch mehr Waffenlieferungen beantwortet.

Doch spektakuläre neue Systeme hatte Austin nicht im Gepäck. Ganz anders Lambrecht: Sie konnte die Lieferung des deutschen Luftverteidigungssystems Iris-T SLM an die U-kraine bestätigen. Deutschland werde sich bemühen, drei weitere Systeme so schnell wie möglich bereitzustellen, sagte sie in Brüssel – und machte damit Furore.

Denn Luftverteidigung ist genau das, was die Ukraine angesichts der Raketenangriffe derzeit besonders braucht. Und Iris-T gilt als eines der modernsten Systeme der Welt. Selbst die New York Times ist voll des Lobes: Bisher verfüge nicht einmal Berlin über dieses „ultramoderne“ Gerät, das nun Kiew bei der Verteidigung hilft.

Waffen aus der Sowjetzeit

Das sei eine „wichtige Unterstützung im Kampf gegen Raketenbeschuss, gegen diesen Terror“, erklärte Lambrecht. Die Lieferung der Geräte sei ursprünglich erst für November geplant gewesen. Umso glücklicher sei sie, dass das System jetzt schon vor Ort sei.

Deutschland hat damit sogar die USA übertroffen, die erst in den nächsten Wochen zwei Exemplare ihres System Nasams liefern wollen. Sechs weitere müssen jedoch erst noch produziert werden. Nach US-Angaben erwägt Washington, in der Zwischenzeit Hawk-Systeme aus der Zeit des Kalten Krieges in die Ukraine zu schicken.

Auch alte russische Panzer und andere Waffen aus der Sowjetzeit sollen herangeschafft werden. Denn daran sind die ukrainischen Soldaten ausgebildet, damit können sie ohne langwierige Ausbildung kämpfen. Die USA klappern Alliierte und Partner rund um den Globus ab, um Nachschub aus dem Kalten Krieg zu sichern.

Die hektische Suche nach Waffen zeigt, dass die russische Eskalation des Krieges die Nato auf dem falschen Fuß erwischt hat. Ursprünglich wollten sich die Minister in Brüssel auf die Stärkung der Nato-Ostflanke und auf die nukleare Abschreckung konzentrieren. Nun ist sogar ein Nato-Sondergipfel im Video-Format für nächste Woche im Gespräch.

Konfliktlösung war kein Thema

Nato-Generalsekretär Stoltenberg erklärte, derzeit habe die Luftabwehr absolute Priorität. Es gehe um die Abwehr russischer Kurz- wie Langstreckenraketen, ballistischer Raketen, Marschflugkörper und Drohnen. Die Nato sei entschlossen, der Ukraine „so lang wie nötig“ zu helfen, betonte er.

Doch wie lange wird der Krieg noch dauern – und wie kann er enden? Antworten suchte man beim Nato-Treffen vergeblich, Konfliktlösung war nicht einmal ein Thema. Vielmehr stellt sich die Militärallianz auf eine weitere Eskalation ein: Am Donnerstag will die nukleare Planungsgruppe über die russischen Drohungen mit der Atombombe beraten. Am Mittwochabend kommt angesichts der Lage auch die UN-Generalversammlung zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen.

„Wenn Russland Atomwaffen einsetzt, wird das verschiedene Konsequenzen haben, auch beim Gebrauch kleinerer atomarer Waffen“, warnte Stoltenberg im ZDF. Details wollte er nicht nennen, doch offenbar bereitet sich die Allianz auf den Ernstfall vor. In den USA wurde sogar der Ruf nach einem Nato-Einsatz gegen die russische Armee laut.

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