Russische Atomraketen in Belarus: Auftrumpfen aus Schwäche

Russlands Ankündigung, Atomwaffen in Belarus zu stationieren, ist nur eine Drohgebärde. Man kann das gar als Zeichen der Schwäche deuten.

Eine Rakete steigt von einem Feld auf

Man kann die Atomwaffen in Belarus auch als Zeichen der russischen Schwäche deuten Foto: dpa

Putins Ankündigung, russische Atomwaffen in Belarus zu stationieren, ist geostrategisch von geringer Bedeutung. Sie ändert weder an der Kriegsdynamik in der Ukraine noch an der atomaren Bedrohung von Nato-Staaten durch Russland viel.

Mit Atomraketen könnte Russland die Ukraine auch jetzt schon beschießen; und Belarus ist zwar ein direkter Nato-Nachbar an der polnischen Ostgrenze, aber die russischen Atomraketen in der Exklave Kaliningrad stehen noch viel tiefer innerhalb des Nato-Gebiets. Insofern ist die Belarus-Ankündigung eine der üblichen Putin-Drohgebärden, die nur auf den ersten Blick Angst machen muss.

Außenpolitisch hingegen wäre ein russisches Atomarsenal in Belarus von erheblicher Tragweite. 1994, wenige Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion, hatten sich Belarus und die Ukraine im Budapester Memorandum verpflichtet, ihre Atomwaffenarsenale aus sowjetischer Zeit an Russland zu übergeben, im Gegenzug für die russische Anerkennung ihrer Souveränität und ihrer Außengrenzen, mit den USA und Großbritannien als Garantiemächten.

Mit seinen Kriegen gegen die Ukraine seit 2014 hat Russland bereits die Anerkennung aufgehoben. Nun wird in Belarus der atomwaffenfreie Status endgültig begraben – der nächste Baustein in Putins Plan einer Rückkehr zur sowjetischen Raumordnung in Europa. Moskaus Wunschvorstellung ist klar: Belarus und die Ukraine existieren entweder als Vasallenstaaten – oder sie existieren überhaupt nicht.

Krampfhaftes Festhalten an Belarus

Man kann das aber auch als Zeichen der Schwäche deuten: Russland hält umso krampfhafter an Belarus fest, je mehr es sich darauf einstellt, den Krieg in der Ukraine zu verlieren. Aus der befürchteten russischen Winteroffensive wurde nichts außer ein starrsinniges Festbeißen an Bachmut.

Eine ukrainische Gegenoffensive naht, gestützt auf der frischen westlichen Aufrüstung. Schon gibt es Berichte von russischen Evakuierungen aus der Krim. Und nun baut Russland Belarus zur atomaren Festung aus und will sich dort einigeln. Bis zum 1. Juli sollen die Atomraketendepots in Belarus fertig sein. Vielleicht, weil zugleich die Ukraine frei sein wird?

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