Privatjet auf Sylt besprüht: Haftstrafen für Letzte Generation – ohne Bewährung
Klimaaktivist:innen hatten 2023 auf Sylt mit Protest gegen Klima-Fußabdruck Superreicher für Aufsehen gesorgt. Nun sind die Urteile gefallen.
Richterin Larissa Herzog folgte damit den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Diese hatte für die zwei Mitglieder der Gruppe acht beziehungsweise fünf Monate Gefängnis ohne Bewährung gefordert.
„Die Beschädigungen an dem Flugzeug sind billigend in Kauf genommen worden“, begründete Richterin Herzog die vergleichsweise harten Strafen. Die Aktivist:innen hatten von dem zufällig ausgewählten Flugzeug eine Abdeckung entfernt und darum lief die Farbe in die Triebwerke.
Für die übrigen Aktivist:innen, die an der Aktion beteiligt waren, forderte die Staatsanwaltschaft Geldstrafen. In die Bemessung flossen teils Strafen aus früheren Verfahren ein, da fast alle Beteiligten für ähnliche Taten bereits vor Gericht gestanden hatten.
Im Sylter Fall wurde ein fünfter Angeklagter freigesprochen, weil er als Fotojournalist vor Ort gewesen und nicht an der Tat beteiligt war. Einem sechsten Angeklagten konnte nichts nachgewiesen werden.
Protest gegen Klima-Fußabdruck Superreicher
Den sechs Angeklagten wurde vorgeworfen, im Juni 2023 auf dem Sylter Inselflughafen ein Privatflugzeug mit orangener Farbe besprüht und einige Tage später auf einem Golfplatz einen Baum gepflanzt zu haben. Mit den Aktionen wollte die Gruppe auf den großen Klima-Fußabdruck der Superreichen hinweisen.
Die Anklage lautete zum einen auf Sachbeschädigung. Der Besitzer des Flugzeugs bezifferte den Schaden auf rund eine Million Euro und will auch zivilrechtlich gegen die Aktivist:innen vorgehen.
Der zweite Vorwurf: Hausfriedensbruch. Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft auch die „Störung öffentlicher Betriebe“ als weitere Tat gesehen. Diesen Punkt hatte das Gericht aber frühzeitig verworfen, da die Aktion „allenfalls geringfügige Auswirkungen auf den Betrieb des Flughafens gehabt“ habe, hieß es in einer Pressemitteilung.
Das Urteil erging nun wegen der Aktion auf dem Flugplatz. Das Verfahren um die Protestpflanzung auf dem Golfplatz wurde eingestellt, weil die dort zu erwartenden Sanktionen im Vergleich zur Besprühung des Flugzeuges nicht erheblich ins Gewicht gefallen wären.
Der Prozess fand nicht im nordfriesischen Ort Niebüll, sondern in einer Gewerbe-Immobilie in Itzehoe statt. Vor dem Eintritt mussten sich Beteiligte und Zuschauer:innen strengen Sicherheitskontrollen unterziehen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig – innerhalb einer Woche kann Berufung eingelegt werden. (mit dpa)
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Bildungsforscher über Zukunft der Kinder
„Bitte nicht länger ignorieren“