Mehr Tempo bei der Energiewende: Habecks Osterpaket
Mit einem dicken Gesetzespaket will der Klimaminister die Energiewende forcieren. Und sein Ministerium sitzt bereits an den nächsten Konzepten.
Kern der umfangreichen Änderungen ist eine wichtige Weichenstellung: Der Gesetzgeber definiert, dass die Nutzung der Erneuerbaren künftig „im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient“. Damit sollen Abwägungen bei der Planung und in Gerichtsprozessen im Zweifel für die Öko-Energien ausfallen – bei Windanlagen am Land, aber auch auf See und beim verstärkten Bau von Stromnetzen.
Zweiter wichtiger Punkt: Die Ausbauziele für Wind und Sonne im „Erneuerbaren-Energien-Gesetz“ (EEG) werden kräftig angehoben. Der Zubau von Wind an Land soll auf 10 Gigawatt pro Jahr und bei Photovoltaik auf 22 Gigawatt steigen, das wäre dreimal so viel wie derzeit. Der gesamte Stromsektor soll schon bis 2035 keine Treibhausgase mehr ausstoßen, und der Anteil des Ökostroms am Bruttostromverbrauch 2030 muss mindestens 80 Prozent betragen. In den letzten 22 Jahren hat sich dieser Anteil auf derzeit 42 Prozent gesteigert – in den nächsten nur acht Jahren soll er nach diesen neuen Regeln praktisch noch einmal verdoppelt werden.
Um das zu erreichen, haben Habecks BeamtInnen die letzten Wochen sehr viel gearbeitet. Sie drehen in ihren Vorlagen an vielen kleinen Schrauben: Solaranlagen auf Dächern, Feldern, Seen und Mooren bekommen mehr Zuschüsse, Bürgerwindparks werden bevorzugt, Kommunen verdienen mehr Geld durch Windanlagen, um die Akzeptanz zu erhöhen. Vor der Küste können auch Windgebiete ausgeschrieben werden, die bislang nicht auf Eignung untersucht wurden. Die EEG-Umlage wird abgeschafft und über Steuergelder finanziert. KundInnen bekommen mehr Rechte gegenüber ihren Energieversorgern, der Ausbau der Stromnetze wird neu geordnet und ausdrücklich auf das Ziel Klimaneutralität 2045 ausgerichtet.
Ausbau im „Tesla-Tempo“
Vor allem werden in den neuen Vorschriften die Verfahren zur Planung und Genehmigung überall gestrafft, beschleunigt und zusammengelegt. Habeck hatte dafür schon früher „Tesla-Tempo“ gefordert. Erst Anfang der Woche hatte er weitere Steine aus dem Weg geräumt: Zusammen mit Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) stellte er Änderungen im Naturschutzrecht vor, die gleichzeitig mehr Windräder und guten Vogelschutz gewährleisten sollen. Auch bei den jahrelang umstrittenen Fragen bei der Flugsicherung hatte es einen Kompromiss mit dem Verkehrsministerium gegeben. Und am Wochenende gab es auch eine Einigung über die heiß umstrittene Frage, wie Mieter und Vermieter sich die höheren Energiepreise teilen sollen.
Für das Wirtschaftsministerium ist das „Osterpaket“ erst der Anfang, die BeamtInnen können sich nicht ausruhen. In den nächsten Wochen will das Ministerium das gesetzlich geforderte „Sofortprogramm“ zum Klimaschutz vorlegen, weil im vergangenen Jahr die deutschen Klimaziele vor allem bei Gebäuden und im Verkehr gerissen wurden.
Und im Mai soll das „Sommerpaket“ folgen. In ihm werden dann die Fragen der Wärmeversorgung wie etwa das Ende von Gasheizungen ab 2024 und neue Effizienzmaßnahmen in Gebäuden in Gesetze gefasst. Vor der Sommerpause will die Ampelkoalition alle diese Pakete im Bundestag behandeln. Das wäre dann vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs nicht nur der größte, sondern auch der bislang schnellste Umbau der deutschen Energiewirtschaft.
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