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Letzte Generation vor GerichtAuf dem Weg in den Knast

Hamburger Amtsgericht verurteilt eine Aktivistin der Letzten Generation wegen Sachbeschädigung. Sie hatte in der Hamburger Uni Parolen gesprüht.

Gilt als Sachbeschädigung: gesprayter Protest auf der Fensterfront des Hamburger Audimax Foto: Letzte Generation

Hamburg taz | Für ihren Klimaprotest an der Hamburger Universität ist eine Aktivistin der Letzten Generation zu einer Geldstrafe von 1.500 Euro verurteilt worden. Das Amtsgericht warf Jana Mestmäcker schwerwiegende Sachbeschädigung vor, weil sie zusammen mit Mitstreitern das Audimax mit Parolen besprüht hat. Ihre Rechtsanwältin Britta Eder bedauerte, dass die Universität eine Strafanzeige gestellt hat. „Vor 20 Jahren hätte man das für den inhaltlichen Austausch benutzt“, sagte sie.

Der Strafantrag des Uni-Präsidiums bezieht sich auf einen Vorfall im Mai und Juni vergangenen Jahres. Mestmäcker hatte mit elf Mitstreitern ab Ende Mai das Audimax der Hochschule besetzt, was diese zunächst tolerierte. Vom Uni-Präsidenten Hauke Heekeren verlangten sie, er möge sich bei der Bundesregierung für einen schärferen Klimaschutz einsetzen. Schließlich verweise die Universität ja selbst auf ihre exzellente Klimaforschung und die Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit.

Heekeren teilte der taz mit, er habe am 1. Juni den Dialog mit den Besetzern gesucht. „In dem Gespräch wurden die jeweiligen Standpunkte diskutiert“, spezifizierte sein Sprecher. Weil daraus nichts folgte, intensivierten die Besetzer ihre Aktionen. „Protest muss auf eine Weise gemacht werden, dass er nicht ignoriert werden kann“, sagte Mestmäcker vor Gericht.

Aus Spraydosen und mit Wandfarbe gefüllten Feuerlöschern sprühten die Aktivisten von der Letzten Generation Losungen an die Wände und auf den Boden: „Noch zwei bis drei Jahre, um die Zukunft der Menschheit zu entscheiden“; „Was bringt Dir der Abschluss ohne Sicherheit und Perspektiven?“ sowie „Auf Wissenschaft hören“. Ein großer Teil der verwendeten Farbe, etwa Kreidespray, sei abwaschbar gewesen, sagte Mestmäcker, das Audimax während der Aktionen weiterhin zugänglich.

Kein strafbefreiender Notstand

Amtsrichter Moritz Lieb verwies demgegenüber auf die hohen Kosten, die der Uni durch das Entfernen der Graffiti entstanden seien – insgesamt 18.000 Euro. Eine derart hohe Summe sei ihm bei einer Sachbeschädigung noch nicht untergekommen und er habe keinen Grund, an der Rechnung der Uni zu zweifeln. „Das ganze Gebäude ist völlig verschmiert gewesen“, sagte der Richter. Die Farbe sollte laut Herstellerangaben Wochen bis Monate halten.

„Das politische Ziel kann ich und können viele andere nur unterstützen“, räumte Lieb ein. Auch sei das Anliegen durch das Grundgesetz abgesichert. Die Verfassung sehe aber auch Verfahren der politischen Willensbildung vor, die als Errungenschaften zu begreifen seien: öffentliche Diskussionen, Versammlungen, Wahlen, Parlament. Nötigung, Sachbeschädigung oder gar Gewalt könnten nicht hingenommen werden. „Das ist die Büchse der Pandora“, warnte der Richter.

Die Universität werde von allen Schichten der Bevölkerung finanziert. „Mir ist unwohl, wenn Kultur- und Bildungseinrichtungen mutwillig beschädigt werden“, sagte Lieb. „Das ist Geld, das anderswo fehlt.“

Mestmäcker bezweifelt, dass die regelgemäßen Formen politischen Handelns dem Thema genügen. „Ich müsste mir selber was vormachen, wenn ich dächte, dass es reichen würde, wählen zu gehen“, sagte Mestmäcker vor dem Saal. Der Letzten Generation stelle sich die Frage, wie genug Aufmerksamkeit zu erzielen sei. In ihrem Schlusswort betonte sie, dass eine Klimakatastrophe gerade den Rechtsstaat und die Demokratie bedrohen würde. Sie sehe sich vor die Alternative gestellt, aktuell eine Verurteilung durch das Gericht in Kauf zu nehmen oder eine Verurteilung durch diejenigen, die in Zukunft in einer katastrophalen Welt leben müssten. „Das Urteil, dass ich nichts getan hätte, ist das, mit dem ich nicht leben könnte“, sagte sie.

Amtsrichter Lieb wies Mestmäcker darauf hin, dass sie nach geltendem Strafrecht keine Chance habe, für ähnliche Aktionen mit der Berufung auf rechtfertigenden Notstand straffrei auszugehen. „Sie werden keine entsprechende Entscheidung bekommen“, warnte Lieb. Stattdessen drohten bei Fortsetzung ihres Handelns immer höhere Geldstrafen aufzulaufen, die sie schließlich ins Gefängnis bringen könnten. Er hoffe, dass sie sich in Zukunft ein anderes Forum suchen werde „als einen schnöden Saal des Amtsgerichts Hamburg-Mitte“, sagte Lieb.

Hoffnung auf positive Wirkung von Haft

Mestmäcker dagegen hofft, dass selbst eine Haft politische Wirkung hätte. In einem solchen Fall glaube sie durchaus, „dass es auffällt, dass hier etwas nicht normal ist“.

Die Universität hatte ihre Strafanzeige mit Sachbeschädigungen an dem denkmalgeschützten Audimax aus den 1950er Jahren begründet und damit, dass sich vier Besetzer in lebensgefährdender Weise auf dessen Vordach aufgehalten hätten, um ein Transparent zu zeigen. Einen zivilrechtlichen Anspruch auf Entschädigung hat die Universität bisher nicht geltend gemacht, behält sich das nach Angaben des Präsidiumssprechers aber vor.

Auch eine zweite Aktivistin der Letzten Generation, die an der Sachbeschädigung beteiligt gewesen war, wurde am Montag vom Hamburger Amtsgericht verurteilt. Wie Mestmäcker muss die 27-Jährige eine Geldstrafe zahlen.

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55 Kommentare

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  • Ob das Beschmieren von Gemälden, Festkleben auf den Strassen usw. etwas nutzt????



    Wir sind es doch alle, die unsere Lebensgrundlagen zerstören...



    Was mir so durch den Kopf geht dabei...



    Rund eine Million Sportboote...



    4,8 Millionen Motorräder...



    1,5 Millionen Wohnmobile/Wohnwagen...



    Diese drei Gruppen "verballern" fossile Brennstoffe nur aus Lust an der Freude..



    Dazu rund 48,5 Millionen PKW...

    Und noch ein Beispiel:



    Mai 2022: 200.000 Zuschauer bei den 24 Stunden am Nürburgring



    Mai 2022: 2.500 Demostranten in Lützerath

    11,2 Millionen "Einzelraumfeuerungsanlagen", sprich Kamin/Kachelöfen...

    40% Anteil SUV´s bei den PKW Neuzulassungen...

    WIR sind doch die Verantwortlichen!!

    Und wenn Robert mal anfängt, ein wenig Druck zu machen, geht doch ein kollektiver Aufschrei durch die Republik...

    Also mal ein paar Ideen für die LG:

    Schlauchbootblockade z.b. auf der Trave. Zwischen Lübeck und Travemünde gibt es ca. 6000 Bootsliegeplätze...genug Potential...



    Zufahrt zum Nürburgring 2023 blockieren...



    Zufahrten zu großen Campingplätzen blockieren...

    Im Grunde geht es einem Großteil der Gesellschaft doch am POPO vorbei...

  • Mal blöd gefragt, was haben die da eigentlich gesprüht?

    Muss wohl nichts weltbewegendes gewesen sein, wenn sich die öffentliche Berichterstattung dazu ausschweigt.

    Was bleibt sind zwei Buchstaben als Botschaft. Ein L und ein G. Da ham wer ja wieder was gelernt 🤓

  • Dass das Grundgesetz einen Mangel hat, wage ich nicht zu behaupten. Vielleicht ist seine Auslegung manchmal zu technizistisch, d.h. es könnten wirklich berechtigte Proteste höheren, nämlich eines um des Ganzens willen, geopfert werden. Ob Demonstrationen immer erfolgreich oder Veränderungen gebracht haben, sei dahingestellt.



    Was The last Generation veranstaltet ist doch vergleichsweise harmlos aber jedenfalls eindringlich. Ich kann mich noch daran erinnern, dass Tortenwerfen zu einer den Staat gefährdenen Aktion stilisiert wurde und als Terrorismus bezeichnet wurde.

  • ....also die eigene ausgeübte Sachbeschädigung, mit der Sachbeschädigung anderer Mitmenschen zu rechtfertigen, hat doch keine Substanz...



    Auch wenn wir die Ängste und gefühlte Machtlosigkeit der LG teilen, so gehts nicht.

  • Die grüne Bildungssenatorin Fegebank ist für die Universität Hamburg politisch verantwortlich.



    Sie sorgte nicht dafür, dass die Anzeige gegen die Letzte Generation kassiert wurde oder der Protest in konstruktive kommunikative Bahnen gelenkt wurde.



    Fegebank ist bereit, eine ganze Protestgeneration zu kriminalisieren.



    Zu Beginn der Anti-Atombewegung waren es die Mitglieder der Grünen die kriminalisiert wurden. Jetzt unternehmen sie nichts dagegen, dass Fegebank dieser Kriminalisierung zuschaut.



    Damals wäre eine solche Haltung Verrat gewesen, jetzt wird diese Haltung von Fegebank als Akt politischer Klugheit verkauft.

    Die Konsequenz muss sein, dass in Hamburg wie in Berlin eine Klimaliste den bequem gewordenen Grünen bei der Landtagswahl Konkurrenz macht.

    Auf Wahlplakaten werden die Namen der Mitglieder der Letzten Generation stehen, die für eine bessere Hamburger Klimapolitik als Klimaktivisten ins Gefängnis gingen.

  • Das Problem dieser Aktionen ist nicht ihre (vermeintliche) Radikalität, sondern ihre Infantilität. Parolen schmieren ist wirklich so 20th century. Wo ist die Imagination, ein überzeigendes Handlungsnarrativ, die Medienkompetenz, wo auch die Konsequenz und die unmittelbare Wirksamkseit? Warum nicht mal eine Scheinentführung von Konzernchefs mit faken Erpresservideos, Störaktionen, die den Aktienkurs fossiler Verbrecherkartelle ins Bodenlose abstürzen lassen, social media hacking, was weiss ich - bin nur ein alter Sack. Aber was die LG da treibt ist vorgestrig und wirkungslos, wenn auch in der Sache richtig.

  • taz: Ihre Rechtsanwältin Britta Eder bedauerte, dass die Universität eine Strafanzeige gestellt hat. „Vor 20 Jahren hätte man das für den inhaltlichen Austausch benutzt“, sagte sie. – So ist das in Deutschland 'jetzt' nun einmal. 'Andere Zeiten, andere Sitten'. Es gab in Deutschland ja sogar mal eine Zeit, da sind junge Menschen für das Verteilen von Flugblättern, in Universitäten, hingerichtet worden.

    Richter Lieb: „Die Universität werde von allen Schichten der Bevölkerung finanziert.“ – Da hat der Richter vollkommen recht; und die Bevölkerung bezahlt ja sogar schon die Schäden, die durch die Verursacher des Klimawandels verursacht werden. Im Juli 2021 zog ein heftiges Starkregengebiet über den Westen Deutschlands. Die Schäden belaufen sich auf ca. 30 Milliarden Euro; bezahlen darf das natürlich wieder der Steuerzahler. Irgendwann ist es aber nicht mehr damit getan, dass die kleinen Steuerzahler die "Zeche" für die reichen Wirtschaftsbosse übernehmen (Überschwemmungen und verbrannte Wälder), denn irgendwann schlägt der Klimawandel erbarmungslos zu und dann wird auch noch so viel Steuergeld nicht mehr "helfen" können, und das "Ablenken" mit LG-Aktivisten wird dann auch nicht mehr helfen.

    In diesem Land stimmt etwas nicht mehr, denn wenn man den Verursachern des Klimawandels den roten Teppich ausrollt und gleichzeitig Klimaschutzaktivisten kriminalisiert, dann sind wir auf einem sehr schlimmen Weg angelangt. Im September 2022 hatte die taz geschrieben: "Jetzt brennen Wälder und trotzdem ist die Erderhitzung kein Thema“. Nun ja, Bäume fackeln ja nicht nur in den Wäldern ab, auch Stadt- und Parkbäume sind in den Dürresommern der letzten Jahre verdurstet. Wer hat denn daran die Schuld? Etwa auch die "bösen" Klimaschutzaktivisten?

    Ob wir es jemals erleben werden, dass die Verursacher des Klimawandels in den Knast wandern? Sicherlich nicht, denn unsere sogenannten Volksvertreter rollen lieber weiterhin den 'roten Teppich' für die wahren Klimaterroristen aus.

  • „Ich müsste mir selber was vormachen, wenn ich dächte, dass es reichen würde, wählen zu gehen“

    Na ja, die Erkenntnis ist ja nun nicht bahnbrechend. Aber die Begründung ist schon ziemlich dünn. Niemand hat nur die Wahl zwischen Wählen gehen und massiver Sachbeschädigung. Kannst dich ja mal bei all den Menschen, die sich seit Jahren im Umwelt-, Tier- und Klimaschutz oder auf sozialer, kultureller oder kommunalpolitischer Ebene, etc. engagieren, erkundigen, welche Schlüsse die aus der Einsicht mit dem Kreuzchen ziehen. Oder Aktivisten, die es geschafft haben, Hundertausende auf die Straßen zu bringen. Im Gegensatz zu dir sicher nicht so spektakulär und nicht mit soviel Pathos, dafür aber konstruktiv. Mit einem Psychologiestudium in der Tasche sollte das auch selbst erkennbar sein.

  • "Öffentliche Diskussionen, Versammlungen, Wahlen, Parlament", haben aber fast nichts gebracht in den letzten 30 Jahren. Aus dieser Erfahrung heraus lässt sich schwerlich leugnen, dass unsere Verfassung einen Mangel hat. Ein Art "Streikrecht für Belange der jungen Generationen" könnte den vorgefundenen Mangel vielleicht beheben. Denn der Mangel beruht darauf, dass die junge Generation ihr höchst drängendes Interesse in der höchst-langsamen Politik nicht mehr rechtzeitig kommunizieren kann.



    Dieser Mangel beruht fundamental darauf dass bei der Verfassungsformulierung eine menschengemachte Ungerechtigkeit über Generationen hinweg nicht abgesehen wurde. Das Streikrecht müsste aber begrenzt sein, etwa durch Ankündigungen, begrenzte Zeiten und konkrete, im besten Fall lokal umsetzbare, Forderungen. Es könnte ein Mittel unserer Demokratie werden um die ungleichen Einflüsse von jung und alt etwas auszugleichen (vergleichbar mit dem Ausgleich zwischen Arbeit und Kapital). Oder wir kriminalisieren die Belange einer jungen Generation die einfach keine Zeit hat bis in die höchsten Parteizentralen aufzusteigen um ihre Interesse zu vertreten und die zum Teil auch keine Wählerstimme haben. Nehmen wir den jungen Menschen die Möglichkeiten sich Gehör zu verschaffen, werden sie sich nur noch mehr radikalisieren.

  • Vor 20 Jahren waren Universitäten auch Bildungsanstalten des intellektuellen Humanismus, die frei denkende Geister hervorbringen wollten, welche gelernt haben zu hinterfragen, eigene Ideen zu entwickeln um so die Zukunft zum besseren zu gestalten. Jetzt ist es eine Wissensvermittlungs-Anstalt um die Bereitstellung funktionierenden Humankapitals für die Wirtschaft zu gewährleisten, welches gelernt hat weder zu hinterfragen noch mit eigenen Ideen zu nerven und schon gar nicht aufzumucken nur wegen z.B.der Zukunft die sie erhalten wollen.

    • @Eva Kern:

      Ich möchte Ihnen da widersprechen. Ichselbst habe die Technische Universität Chemnitz einige Jahre lang besucht und kann Ihnen versichern, vor 20 Jahren war es schon genau so.



      Die von Ihnen beschriebene Idealisierung, sofern sie jemals Realität war, ist einigen extrem treuren Privatinstituten und einigen Unis im vorletzten Jahrhundert vorbehalten.



      Seit Kaisers Zeiten schon dient die Universität primär der Spezialausbildung von Fachkräften, nicht mehr der Genese von Universalgelehrten.

    • @Eva Kern:

      Vor 20 Jahren konnten Universitäten bestimmt auch noch die Pressemitteilungen des BMWK lesen.

      „Schätzungsweise 35 Milliarden Euro Schäden entstanden durch Hitze und Dürre in den Jahren 2018 und 2019. Die Folgekosten der Sturzfluten und Überschwemmungen im Juli 2021 summieren sich auf mehr als 40 Milliarden Euro. Weitere Schäden in Höhe von rund 5 Milliarden Euro wurden durch vereinzelte Sturm- und Hagelereignisse verursacht.“ [Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz – 18.07.2022]

      Aber lasst uns lieber auf die Klimaaktivisten "einprügeln", denn dann müssen wir Bürger nicht nachdenken und können unser klimaschädliches Verhalten beibehalten. Und damit wir auch ja nicht auf die Idee kommen, vielleicht doch mal nachzudenken, hat man uns ja jetzt einen Feind gegeben - den "bösen" Letzte-Generation-Klimaaktivisten. Trotz der heranrückenden Gefahr durch den Klimawandel echauffiert sich der Bürger nämlich lieber darüber, dass besorgte Klimaaktivisten Bäume und Dörfer besetzen, Straßen blockieren, alte Ölgemälde in Museen mit Kartoffelbrei verzieren oder wie im Augenblick, über die "Sachbeschädigung" an dieser sterilen Hamburger-Universität, die dadurch endlich mal einen neuen und erfrischenden "Beuys"-Anstrich zum Nachdenken bekommen hat. Joseph Beuys (1921 - 1986, Professor an der Kunstakademie Düsseldorf), wäre über diese Idee des Klimaschutz-Protestes (Kartoffelbrei) sicherlich besonders stolz auf die jungen Klimaaktivsten.

      Die Verursacher des Klimawandels wissen natürlich wie der Bürger "tickt", deshalb gibt es ja auch diese sogenannte Zeitung mit den vielen BILD'ern. Auch im 21. Jahrhundert ist es immer noch sehr einfach die Bürger an der Nase herumzuführen, denn schließlich soll die klimaschädliche CO2-Party ungebremst weitergehen. Der einzige Trost ist, dass der Klimawandel die Verursacher des Klimawandels auch nicht verschonen wird – und Richter, mit ihren Gesetzbüchern, verschont der Klimawandel auch nicht, denn der Klimawandel kennt nur Naturgesetze.

    • @Eva Kern:

      Ein Verbot, Wände zu beschmieren, ist kein Denk-, Rede- oder gar Persönlichkeitsentwicklungsverbot. Es schränkt lediglich die Möglichkeiten ein, Anderen die eigene Meinung mit dem Gemeinwohl abträglichen Mitteln aufzudrängen.

      "Der Zweck heiligt nicht die Mittel" sollte zu den ETHISCHEN Lektionen gehören, die Universitäten vermitteln - nicht umgekehrt, dass (nur) der Einsatz exzessiver Mittel einem guten Zweck die zugehörige Bedeutung verleihe. Was ist das für eine Erziehung zur Maßlosigkeit?

  • Ich glaube, die Aktionen müssen lustiger und hintergründiger werden, andererseits mehr in der Breite wirken. Lustiger, damit endlich mal jemand auf einen Strafantrag verzichtet (Sacgbeschädigung ist Antragsdelikt, § 303c StGB), mehr in der Breite, damit ich als Nicht-Autofahrer auch einmal etwas davon mitbekomme! Ich fühle mich als Radfahrer vernachlässigt. Ich schlage daher regelmäßiges Guerilla-Radeln mit mehr als 15 Leuten nach § 27 StVO vor.

    • @hedele:

      Wäre eine nette Idee. Scheitert aber leider am Unwillen der Aktivisten (siehe Interview Harry vor ein paar Tagen) längere Zeit mit dem Rad unterwegs zu sein. ;)

    • @hedele:

      "Ich schlage daher regelmäßiges Guerilla-Radeln mit mehr als 15 Leuten nach § 27 StVO vor."



      Machen wir hier in Wiesbaden regelmässig und macht auch noch Spaß. :)

  • Ein sehr bekannter und Mitbegründer der FU, sagte über die Universität, dass es ihre Aufgabe ist, die Gesellschaft über sich selbst aufzuklären, ihr ein Bewusstsein ihrer selbst zu vermitteln. Politisches Bewusstsein ist ein sehr hohes Gut, dies wusste schon Solon. Dies fehlt häufig bei den Volksvertretern. Mit einem Unschönen Wort (leider) man muss ihnen in den Arsch treten. Ich hoffe, dass dies nicht gegen die guten Sitten verstößt.

  • Die Verurteilten sind Helden !

    • @Bolzkopf:

      Ja, aber nur in ihrer Blase. Der große Rest schüttelt den Kopf.

  • Ist das der Anfang einer politischen Justiz? Welche Strafe bekommen denn die, die dieses gewaltige Klimachaos anrichten und sehr bewusst weiter fördern? Ein paar Kids in den Knast, das ist schäbig, zumindest so lange wie die Verantwortlchen nur mit einem Schulterzucken zu rechnen haben.

    • @Perkele:

      Ja genau! Bestraft endlich die Dreckschweine, die uns unseren materiellen Wohlstand und unsere Bequemlichkeit erlaubt haben. Diese unverantwortlichen Laissez-faire-Anführer, die den Pöbel haben machen lassen wie er will.

    • @Perkele:

      ...befürchtet "politische Justiz" und begründet das ausgerechnet damit, dass diese einem politischen Anliegen NICHT so viel Gewicht zumisst, dass sie das Gesetz dafür brechen würde?

      In puncto Überzeugtheit sind Sie weit vorne. Bei der Wahl der Kraftausdrücke ist aber noch Luft.

    • @Perkele:

      Nun lassen wir die Kirche mal im Dorf. Sachbeschädigung -> Strafe. Das ist Rechtsstaat.

      • @Graustufen:

        Milliarden liter Trinkwasser mit erwiesenermaßen krebserregenden Pestiziden vergiften, ganze Landstiche mittels Atommüll für die nächsten jahrmillionen zu Todesfallen machen, Atemluft mit giftigen gasen versetzen, das Klima zur unbewohnbarkeit des Planeten erhitzen - keine Sachbeschädigung.



        Was für ein "Rechtsstaat" soll denn das sein, wenn Taten die ein Massensterben verursachen werden legal sind, ein bisschen Farbe an der Wand aber als Straftat gilt?

        • @Eva Kern:

          Der Rechtsstaat KÖNNTE auch das unter Strafe stellen, was Sie da an Untaten aufzählen. Allein braucht er dafür eine demokratische Legitimation (das ist, wenn tatsächlich eine MEHRHEIT - und nicht bloß ein paar besonders Aufgeklärte - eine entsprechende Meinung hat und in Wahlen artikuliert). Aber was nicht gesetzlich mit Strafe bedroht ist, darf auch nicht bestraft werden - GANZ wichtiger rechtsstaatlicher Grundsatz.

        • @Eva Kern:

          ...ein bisschen Farbe an der Wand aber als Straftat gilt?

          Na dann. Wenn Ihr Wohnzimmer mal mit Farbe besprüht wird, werde ich Sie an Ihre weisen Worte erinnern.

      • @Graustufen:

        ...und die verdorrten Wälder und Felder? Die massiven Zerstörungen im Ahrtal? Das schmilzende Eis in der Arktis? Das Artensterben? Ist das Folklore?

        • @Perkele:

          Schön aufgesagt, ändert aber nix am Fakt der Sachbeschädigung.

        • @Perkele:

          Das ist doch in weitesten Teilen ein völlig schiefer Vergleich. Hier hat es Einzelverantwortliche für eine ganz konkrete Straftat (ist es halt laut Gesetz) erwischt. Mit den Motiven kann (sollte) man ja sympathisieren, das ist im ureigensten Interesse der meisten Menschen.

        • @Perkele:

          Für alle, die laut rufen: follow the science.



          Laut dem Attributionsbericht (ja, lesen! www.worldweatherat...1-attribution.pdf) ist die Flut im Ahrtal mit einer Wahrscheinlichkeit von 30% (1.3 gegenüber 1.0) dem Klimawandel zuzuordnen.



          Hier geht es, wie auch im neuesten Synthesis Report des IPCC um Abwägungen, nicht um die Tatsache, dass wir unbestreitbar einen Klimawandel haben.



          Die Frage - tun wir das Richtige schnell genug - ist gar nicht so einfach zu beantworten. Da darf und kann man unterschiedlicher Meinung sein, und wer sich über rechtsstaatlich erlaubten Meinungsaustausch erhebt, muss die Konsequenzen tragen.

          • @u62:

            "Die Frage - tun wir das Richtige schnell genug - ist gar nicht so einfach zu beantworten"

            Es wäre schön, wenn es so wäre.

            Wir haben längst objektive Gewissheit, das wir nicht schnell genug und nicht ausreichend handeln.

            Um zu einem anderen Schluss zu kommen, muss man den Kopf schon arg tief in den Sand stecken.

            Oder sich für einen größeren Experten halten, als alle Menschen, die auf dem Gebiet forschen, zusammengenommen.

        • 6G
          652797 (Profil gelöscht)
          @Perkele:

          Dann muss die Welt hinter Gitter. Sie und ich haben auch daran Schuld, die Fossilen Unternehmen zerstören die Welt indirekt, weil wir unseren Lebensstandard halten wollen.



          Also nicht immer auf "die Anderen" mit den Finger zeigen.

  • “ Letzte Generation vor Gericht: Auf dem Weg in den Knast“

    “Es gibt Zeiten - da ist es ehrenvoller im Knast zu sitzen!“ ~ Henry David Thoreau by heart

    • @Lowandorder:

      Mit "Ehre" wird das Klima auch nicht gerettet und schon gar nicht aus dem Gefängnis heraus, wo dann ein paar Tage darüber berichtet wird und beide Aktivistinnen dann in der Zelle schmoren.

      • 9G
        95820 (Profil gelöscht)
        @White_Chocobo:

        "und beide Aktivistinnen dann in der Zelle schmoren." - Ein ziemlich doofes Bild...

        • @95820 (Profil gelöscht):

          Nun ja, das 1.5° Ziel wird nicht erreicht werden, dann kann das schon stimmen das Bild.

      • @White_Chocobo:

        Liggers. Aber die sind so höflich -



        Das! ehna zu überlassen! Gelle.



        Hau rein Junge! Meinen Segen haste!



        Normal & masel tov

  • Ich kann ihren Frust verstehen. Ich wünsche mir auch schon seit vielen Jahren, dass es in Deutschland endlich Volksabstimmungen wie in der Schweiz gibt. Aber das "System" hat bislang jeden ernsthaften Ansatz dahin ins Leere laufen lassen.

    • @Horst Flugfeld:

      Volksabstimmungen können auch aus Sicht des Veranstalters nicht erwünschte Ergebnisse bringen. Und dann?

      • @Tom Tailor:

        Dann akzeptiert man das halt. So geht Demokratie.

      • @Tom Tailor:

        Dann muss man damit leben. Aber das wäre wenigstens Demokratie und man bräuchte kein "Demokratieförderungsgesetz".

    • @Horst Flugfeld:

      Glauben Sie wirklich, dass die Bevölkerung in einer Volksabstimmung FÜR drastische Klimaschutz-Maßnahmen votieren würde, die Einschränkungen bei Komfort/Luxus/Lebensgewohnheiten bedeuten würden? Das wird nicht passieren.

      • @gyakusou:

        Vielleicht hat die Bevölkerung aber auch ein realistischer Blick auf die Maßnahmen, ob und bis wann die zu stemmen sind. Derzeit kommen die Grünen daher, als hätten sie nur Einblick in das "Gutbürgerliche Akademiker:innen-Milieu"; an den finanziellen Möglichkeiten außerhalb dieses Milieus sowie an der Knappheit von Handwerker:innen besteht kein Interesse.

      • @gyakusou:

        Wenn man keinen Klimaschutz will, sollte man sich dann nicht wenigstens ehrlich machen und realistische Planungen für die damit erwartbare Entwicklung anstoßen? Etwa zu klären wie man mit Abermillionen von Klimaflüchtlingen umzugehen gedenkt, wie mit absehbaren Konflikten um Nahrung und Trinkwasser, wie man komplexe Liefer- und Wertschöpfungsketten in einer von ständigen Extremwettern, Resourcenkonflikten und sozialen Spannungen aufrecht erhalten will, ...

    • @Horst Flugfeld:

      Und dabei hat der Brexit gezeigt, dass das keine besonders gute Idee ist.

  • "Einen zivilrechtlichen Anspruch auf Entschädigung hat die Universität bisher nicht geltend gemacht, behält sich das nach Angaben des Präsidiumssprechers aber vor."



    Konsequent wäre, diesen Anspruch geltend zu machen und durchzusetzen.

    • @Trabantus:

      " ... die der Uni durch das Entfernen der Graffiti entstanden seien – insgesamt 18.000 Euro. ..."

      Warum tut man das nicht?



      Weil dazu der Schaden belegt werden muss.

      Und da kommt wohlmöglich raus, dass es nicht Euro sind sondern ital. Lira ...

      • @Bolzkopf:

        Gründlich lesen hilft gegen motzen.



        "Amtsrichter Moritz Lieb verwies demgegenüber auf die hohen Kosten, die der Uni durch das Entfernen der Graffiti entstanden seien – insgesamt 18.000 Euro. Eine derart hohe Summe sei ihm bei einer Sachbeschädigung noch nicht untergekommen und er habe keinen Grund, an der Rechnung der Uni zu zweifeln. „Das ganze Gebäude ist völlig verschmiert gewesen“, sagte der Richter. Die Farbe sollte laut Herstellerangaben Wochen bis Monate halten."

  • Weshalb verzichtet die Uni bisher auf die Geltendmachung des Schadenersatzes? Wie das Gericht richtigerweise ausführt muss der Steuerzahler das bezahlen.

    • @DiMa:

      Im Vergleich zu anderen Dingen, die von meinen Steuern finanziert werden, bezahle ich das gern.

      • @Jim Hawkins:

        Wird dann halt an anderen Stellen gekürzt. Glückwunsch.

      • @Jim Hawkins:

        Jau. Vor allem wennste bedenkst -



        Was ne Lokomotive kostet - wa!



        Hei is halt ne ährm Söck.

    • @DiMa:

      Nur damitse das ankreiden können! Woll