Kampf um Kanzleramt: Er wird weichen müssen
So wie es derzeit aussieht, wird Friedrich Merz nicht Bundeskanzler. Unser Autor hat ein gar nicht mal so unwahrscheinliches Szenario durchgespielt.
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Nach der Bundestagswahl wird die CDU/CSU zwar die stärkste Fraktion im Bundestag stellen, doch den damit verbundenen Regierungsauftrag kann Kanzlerkandidat Friedrich Merz nicht erfüllen. Er wird daher weichen müssen.
Eine schwarz-rote oder schwarz-grüne Koalition will Merz nur anführen, wenn die Koalitionspartner seine Forderungen zur Migrationspolitik mitumsetzen. „Kompromisse sind zu diesen Themen nicht mehr möglich“, sagte Merz im Januar. Allerdings verstoßen zum Beispiel die von Merz geforderten Zurückweisungen aller Asylsuchenden an der Grenze gegen EU-Recht. SPD und Grüne haben daher diese Forderung bisher abgelehnt und werden sie auch künftig ablehnen – schon weil sie klug genug sind, sich nicht mit der Justiz anzulegen.
Merz wird auch keine Koalition mit der AfD eingehen und sich von ihr nicht zum Kanzler wählen lassen. Seine entsprechenden Beteuerungen glaubt zwar niemand mehr nach dem gebrochenen Versprechen, mit der AfD keine Anträge durchzusetzen. Aber die CDU ist noch nicht skrupellos genug für einen erneuten Wortbruch. Auch Merz, der sich selbst für verlässlich und geradlinig hält, würde wohl nicht so weit gehen.
Selbst wenn die FDP wieder in den Bundestag kommt, ist sie zu schwach, um Merz zur Mehrheit zu verhelfen. Merz kann also keine Regierung bilden – nicht einmal eine Minderheitsregierung, denn auch dafür müsste er erst einmal gewählt werden. Olaf Scholz bliebe also Kanzler, Robert Habeck bliebe Vizekanzler. Rot/Grün/Wissing würde weiter alle Ministerien kontrollieren. Die Gesetzgebung würde – wie seit dem Ampel-Aus – mit wechselnden Mehrheiten erfolgen, oder eben gar nicht.
Der CDU/CSU und allen dort, die Minister:innen werden wollen, würde das nicht gefallen. Wenn man eine Wahl gewinnt, will man auch regieren. Deshalb muss die Union im April oder im Mai einen neuen potenziellen Kanzler präsentieren, der bereit ist, auf illegale Manöver zu verzichten und in der Lage ist, mit SPD oder Grünen Kompromisse zu schließen. Zum Beispiel Hendrik Wüst, der NRW-Ministerpräsident.
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