FDP-Kampf für synthetische Kraftstoffe: Das Märchen von den E-Fuels
Synthetische Kraftstoffe sind nicht nur teuer, es gibt sie auch nicht ausreichend. Dass Verbrenner umweltfreundlich fahren werden, ist ein Irrglaube.
V erkehrsminister Volker Wissing hat fragwürdige Ideen. Nach wochenlangem Streit zwischen Berlin und Brüssel soll das Verbrenner-Aus in der EU am Ende auf Drängen des Bundesverkehrsministers gekippt werden. Zwar hat die EU das Verbot für Benziner und Diesel verabschiedet. Durch einen Zusatz sollen Verbrenner, die mit sogenannten synthetischen Kraftstoffen fahren, am Ende aber auch nach 2035 weiter auf den Straßen zugelassen sein. Mal eben so durch die Hintertür.
Was Wissing für sich schon vor Tagen als Erfolg verbuchte, ist aber noch längst nicht in trockenen Tüchern. Denn eine Zusatzbestimmung zu dem nun verabschiedeten Verbot durch einen, wie es etwas sperrig im Bürokratendeutsch heißt, „delegierten Rechtsakt“ durchzuwinken, steht juristisch auf ziemlich wackligen Füßen.
Wie sonst, wenn das, was eigentlich beschlossen werden soll, durch einen Rechtsakt torpediert wird, der quasi das Gegenteil in der Realität hervorbringen soll, nämlich doch weiter auf neue Benziner und Diesel zu setzen. Selbst wenn Wissings Plan am Ende gegen die von einigen EU-Abgeordneten bereits angekündigten Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof Bestand haben sollte, so bleibt doch mehr als fraglich, ob die Menge der sogenannten E-Fuels auf absehbare Zeit auch nur ansatzweise ausreichen kann.
Eine vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung veröffentlichte aktuelle Analyse zeigt, dass dies nach 2035 nicht der Fall sein wird. Die bis dahin weltweit produzierten noch geringen Mengen an E-Fuels werden vor allem für andere Verkehrsträger, wie Schiffe und Flugzeuge, benötigt werden, die sich aufgrund ihrer Größe und der Strecken, die sie zurücklegen, nicht so einfach elektrifizieren lassen. An diesem Problem wird auch der Vorschlag von Wissings Parteikollege Christian Linder nichts ändern können.
Der Finanzminister will nun E-Fuels, die in ihrer Herstellung unglaublich energieintensiv und auch teuer sind, sogar steuerlich begünstigen, um sie den Autofahrern an der Zapfsäule schmackhaft zu machen. Aus der Logik der FDP heraus klingt das ja sogar folgerichtig. Aber wenn E-Fuels eben nur in geringem Maße vorhanden sind, hilft auch die beste Vergünstigung nichts.
All die vielen Diesel und Benziner, die neu zugelassen wurden, würden am Ende dann eben doch nicht klimaneutral fahren und Autofahrende davon abhalten, sich für eine deutlich klimafreundliche Alternative zu entscheiden, die ebenfalls schon längst auf dem Markt ist: das E-Auto.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen