Streit um Verbrennungsmotoren-Verbot: Bundesregierung und EU einigen sich

Das Ringen ist beendet: Auch nach 2035 werden Neuwagen mit Verbrennungsmotor zugelassen. Bedingung: In den Tank darf nur klimaneutraler Kraftstoff.

Auspuff eines Autos mit Verbrennungsmotor

Und hinten raus kommt eine Einigung, die den Herstellern von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor noch mehr Luft verschafft Foto: dpa/Christoph Schmidt

BRÜSSEL/BERLIN dpa/afp/rtr | Die Bundesregierung hat sich im Streit um die Zukunft von Autos mit Verbrennungsmotor mit der EU-Kommission geeinigt. Das teilten Verkehrsminister Volker Wissing und EU-Kommissionsvize Frans Timmermans am Samstag mit. Die Einigung sei gestern am späten Abend erfolgt, so Wissing.

Timmermans schrieb auf Twitter: „Wir haben mit Deutschland eine Einigung über die künftige Verwendung von E-Fuels in Autos erzielt.“ Man werde jetzt daran arbeiten, dass die Verordnung über CO2-Standards für Autos so schnell wie möglich verabschiedet werde.

Wissing erklärte in Berlin: „In sehr detaillierten und konstruktiven Verhandlungen ist es uns gelungen, im Rahmen der Regulierung zu den Flottengrenzwerten das Element der Technologieneutralität sicherzustellen.“ „Damit ist der Weg frei, dass Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die ausschließlich CO2-neutrale Kraftstoffe tanken, auch nach 2035 neu zugelassen werden können“, so Wissing weiter. Hierzu seien „konkrete Verfahrensschritte und ein konkreter Zeitplan verbindlich fixiert“ worden. Dies solle bis Herbst 2024 abgeschlossen werden. Wissing betonte, damit sei Technologieoffenheit in einem wichtigen Punkt sichergestellt worden.

Europaparlament und EU-Staaten hatten sich bereits im Oktober darauf geeinigt, dass in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Die deutsche Regierung stellte aber die Forderung auf, dass auch danach noch Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden können, die E-Fuels tanken – also klimaneutrale künstliche Kraftstoffe, die mit Ökostrom erzeugt werden. Eine für Anfang März vorgesehene Bestätigung der Einigung durch die EU-Staaten wurde daher von Deutschland zunächst verhindert. Seitdem verhandelten Bundesverkehrsministerium und EU-Kommission über einen Kompromiss.

Die Hängepartie gefährdete auch erhebliche Teile des EU-Klimaschutzprogramms „Fit for 55“, da die einzelnen Elemente Verbindungen haben. In Brüssel sorgte das deutsche Vorgehen für erhebliche Verärgerung. Noch am Donnerstag sprach etwa der lettische Ministerpräsident Krisjanis Karins am Rande des EU-Gipfels vor laufenden Kameras von einem „sehr, sehr schwierigen Zeichen für die Zukunft“. Es sei verwunderlich, dass eine Regierung sich plötzlich anders entscheide, nachdem eine Vereinbarung bereits getroffen worden sei.

Karins warnte: „Die gesamte Architektur der Entscheidungsfindung würde auseinanderfallen, wenn wir das alle tun würden.“ Hinter vorgehaltener Hand äußerten sich Diplomaten in Brüssel deutlicher. Sie werfen Deutschland einen Vertrauensbruch vor.

Tatsächlich hatte in der Zwischenzeit weitere Staaten ihre Bedenken geäußert. So sprach sich auch Italien für eine Zulassung von Biosprit-Autos aus.

E-Fuels werden bislang kaum produziert und gelten als knapp, teuer und ineffizient. Daher sollen sie nach dem Willen der EU-Kommission vor allem für den Schiffs- oder Flugverkehr reserviert werden, der nicht direkt mit Strom betrieben werden kann. Einer Studie des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) reicht die 2035 erwartete Produktionsmenge nicht aus, um allein den Bedarf in diesen Bereichen zu decken. Für Pkw bliebe dann ohnehin nichts übrig, selbst wenn alle erhofften Produktionskapazitäten ausgeschöpft werden könnten.

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