Mögliche Steuerfreiheit für E-Fuels: Lex Porsche
Finanzminister Christian Lindner will die umstrittenen E-Fuels praktisch steuerfrei stellen. Das wäre Klientelpolitik vom Feinsten.
N ach Kindergrundsicherung und mehr Bürgergeld sah Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) unlängst keinen Spielraum mehr für neue Sozialreformen in dieser Legislaturperiode. Wegen der Schuldenbremse seien keine weiteren Sprünge möglich. Oder doch? Es ist schon ungeheuerlich, dass Bundesklientelminister Lindner nur wenige Tage später und pünktlich zum Beginn der Automesse IAA kundtut, die umstrittenen E-Fuels quasi komplett steuerfrei stellen zu wollen. Mit Synthetikkraftstoff betriebene Fahrzeuge sollten von der Kraftfahrzeugsteuer befreit werden, klimaneutrale E-Fuels selber mit möglichst wenig Steuern belegt – und sogar komplett von der Mehrwertsteuer befreit werden.
Das ging Ihnen zu holterdiepolter? Dann denken Sie bitte kurz darüber nach, wer diese E-Fuels künftig benötigen könnte: Es war Porsche-Chef Oliver Blume, der geprahlt hatte, er sei von Lindner während der Ampelkoalitionsverhandlungen „beinahe stündlich“ per SMS zu den E-Fuels informiert worden. Dann hatte die FDP in Person von Verkehrsminister Volker Wissing mit ihrem Rumgezögere mehr als die halbe EU gegen sich aufgebracht, als sie dem Ende des Verbrennermotors 2035 nur zustimmen wollte, wenn es die leidigen E-Fuels weiter geben kann. Technologieoffenheit heißt das im FDP-Sprech.
Für den Rest der Branche spielen die Luxuskraftstoffe bei seinen Planungen derzeit kaum eine Rolle: 5 Euro soll ein Liter etwa kosten. E-Autos benötigen weniger ein Fünftel des Stroms, der für die Herstellung des grünen Sprits nötig ist. Der ist also nicht massentauglich. Deshalb sind die geplanten Steuergeschenke eine Lex Porsche für begüterte Hardcore-Fans (wie Lindner selbst), die auch in der postfossilen Ära Gas geben wollen.
Sie sind aber, und hier endet das Liberalen-Bashing und die Ampelkritik beginnt, Koalitionsräson: E-Fuels sollen nämlich durch Lindners Pläne mit anderen emissionsarmen Mobilitätsformen gleichgestellt werden (obwohl auf den E-Strom weiter Mehrwertsteuer bezahlt wird) – und das haben SPD und Grüne sogar bereits abgesegnet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Wissenschaftlerin über Ossis und Wessis
„Im Osten gibt es falsche Erwartungen an die Demokratie“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!