piwik no script img

Deutschlands MigrationspolitikEinmal mit Profis

Die Regierung verschärft ihre Asylpolitik immer weiter und die Zustimmung für die AfD steigt. Leute, das ist doch keine gute Strategie.

Demonstration gegen Abschiebungen im Juni 2024 in Potsdam Foto: Martin Müller/imago

L ange dachte ich, Politik sei ein Geschäft von Profis. Dass ich also Überzeugungen eines Politikers nicht teilen muss, um anzuerkennen: Diese Forderung verfolgt eine politische Strategie und ist handwerklich gut, auch wenn ich nicht die Zielgruppe bin. So wie ich bei einer Schlagzeile in der Bild-Zeitung mitunter auch nicht sofort denke, dass sie moralisch verwerflich ist, sondern: Das ist eine gute Schlagzeile.

Doch meine Überzeugung, es mit Profis zu tun zu haben, schwindet. Nehmen wir etwa an, man habe kein moralisches Problem mit härterer Migrationspolitik. Sollte man nicht trotzdem ins Grübeln kommen und bei der nächsten Sitzung des Parteivorstands sagen: Leute, das ist keine gute Strategie?

In der Migrationspolitik gibt es nur eine Richtung, man kennt sie von der Band Scooter: schneller, härter, Ampel. Bezahlkarten, gemeinsames europäisches Asylsystem, Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan, Asylverfahren in Drittstaaten. Das Ergebnis: schlechte Wahlergebnisse, gute für die AfD, Geburtshilfe für das BSW, das strengere Migrationspolitik will. Man kann auch noch in andere Länder schauen, nach Großbritannien etwa, wo voraussichtlich ein Ministerpräsident abgewählt wird, der seinen Bürgern versprochen hat, Asylverfahren nach Ruanda auszulagern.

Wenn meine Kinder beim Toben mit dem Kopf gegen die Wand rennen, schreien sie. Es ist aber unwahrscheinlich, dass sie den Fehler ein weiteres Mal machen. Nennt sich Lernen durch Versuch und Irrtum. Die Ampel dagegen reagiert mit der brillanten Analyse, dass es jetzt schneller und härter gehen muss. Das ist entweder strategisch doof. Oder die Regierung handelt aus Überzeugung. Ersteres wäre erschreckend, letzteres gruselig.

Nun plant die Regierung, dass abgeschoben werden soll, wer Terror verherrlicht. Und das, so das erklärte Ziel, auch ohne Verurteilung. Dabei ist es nicht immer einfach, Terrorverherrlichung von freier Meinungsäußerung zu unterscheiden. Wenn zum Beispiel ein Hamburger Bürgermeister behauptet, bei den Protesten gegen den G20-Gipfel in seiner Stadt habe es „keine Polizeigewalt gegeben“, ist das dann noch eine unwahre Meinungsäußerung oder schon Verharmlosung von Gewalt? Wie gut, dass Olaf Scholz einen deutschen Pass hat!

Wenige Monate nach dem großen Aufstand gegen rechts, summt die Regierung das Sylt-Lied – man muss nur hinhören. Im Februar freute man sich, dass Scholz und sogar ein paar Unioner zu den Demokratiedemos kamen. Am Wochenende sind Proteste gegen den AfD-Parteitag geplant. Dort kann ich auf Vertreter demokratischer Parteien, die ausführen wollen, wovon drinnen geträumt wird, verzichten.

Die Bild bezeichnete die Migrationspolitik in dieser Woche übrigens als „ABSCHIEBE-BLA-BLA“, was eine handwerklich gute Zeile ist. Denn sie fasst kurz und knapp zusammen: All die Ankündigungen sind rechtlich schwer umsetzbar, und wenn, dann Symbolpolitik.

Wie wohltuend es wäre, würde sich Olaf Scholz hinstellen und sagen: Deutschland ist die viertgrößte Volkswirtschaft und liegt mitten in Europa. Es wird sich nicht ändern, dass viele Menschen zu uns kommen wollen. Wer Ihnen etwas anderes verspricht, der lügt. Auch Abschiebungen werden furchtbare Taten von Einzeltätern nicht verhindern.

Wir können dankbar sein, dass immer noch viele Menschen kommen wollen, wir brauchen sie dringend. Denn nur über Fachkräftezuwanderung kommen nicht genug, dafür ist unsere Sprache zu blöd, unsere Verwaltung zu langsam und viele Mitbürger leider zu rassistisch. Damit das Zusammenleben besser gelingt, brauchen wir dringend massive Investitionen in Integration, Schulen, Wohnraum.

Einen Versuch wäre es wert, oder?

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Kersten Augustin
Ressortleiter Inland
Kersten Augustin leitet das innenpolitische Ressort der taz. Geboren 1988 in Hamburg. Er studierte in Berlin, Jerusalem und Ramallah und wurde an der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München ausgebildet. 2015 wurde er Redakteur der taz.am wochenende. 2022 wurde er stellvertretender Ressortleiter der neu gegründeten wochentaz und leitete das Politikteam der Wochenzeitung. In der wochentaz schreibt er die Kolumne „Materie“. Seine Recherchen wurden mit dem Otto-Brenner-Preis, dem Langem Atem und dem Wächterpreis der Tagespresse ausgezeichnet.
Mehr zum Thema

51 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • Zu glauben, man könne allein mit harter Hand und populistischem Aktionismus bei der Migrationspolitik diversen Problemen der Gesellschaft erfolgreich entgegenwirken ist natürlich viel zu simpel, keine Frage.



    Allerdings hat man auch lange ziemlich hochmütig geglaubt, die durchaus existierenden Probleme und die dadurch in der Bevölkerung vorhanden Ängtse irgendwie aussitzen und kleinreden zu können und hat damit erst recht der AfD und dem generellen Vertrauensverlust in etablierte Parteien Vorschub geleistet.



    Und man hat damit auch die überwiegend positiven Geschichten erfolgreicher Migration im Hintergrund verschwinden lassen.



    Dass das Bespielen von Ängsten und Vorurteilen durch Populisten auch zu einem guten Teil eine gewisse Ignoranz im eigenen Lager begünstigt hat, scheint selbst nach dem Europa-Wahl Desaster noch nicht angekommen zu sein. Da schwingt bei Einigen immer noch ziemlich laut die gleiche unreflektierte Hybris mit.



    Und wenn man (zurecht) einfache Antworten auf komplexe Fragen kristisiert, dann sollte man sich diese Art und Weise selbst nicht zu eigen machen. Und dabei macht der Artikel hier in meinen Augen keine besonders gute Figur.

  • Finden Sie es denn "handwerklich gut", von der Migrationspolitik mehr Professionalität und Abwägung zu verlangen und ihr dann derart simplifizierend und oberflächlich zu begründen, warum das so und so auszusehen hätte?

    Sie schreiben, Fachkräftezuwanderung reiche nicht. Woher soll das irgendwer wissen, wenn es noch nie versucht wurde? Man könnte genau so behaupten, die größten Verfehlungen der Ampel seien die immer noch erdrückende Bürokratie und, dass Asylrecht und Flüchtlingsstatut immer noch die einzigen - und deshalb natürlich völlig überstrapazierten - "Steuermechanismen" sind, die unser Staat für Zuwanderung hat. Oder feststellen, dass die tiefe Überzeugung, Multikulti sei die optimale Integrationspolitik, die Augen davor schließt, dass nicht nur etliche veränderungsübergforderte einheimische Spießer das völlig anders sehen sondern auch nicht unerhebliche Teile der Zuwanderer in Ihren, herzallerliebst-woke "Communities" genannten, national- und religionschauvinistischen Blasen.

    Es ist schon richtig, dass untaugliche Versuche, es Rechten rechtzumachen, nicht helfen werden. Aber noch weniger nutzt es, in die umgekehrte Richtung genau so sinnfrei und banal herumzudilettieren.

  • Steter Tropfen höhlt den Stein, Wiederholung erzeugt Glauben. Immer wieder werden Geflüchtete entmenschlicht, indem sie zu einer amorphen Bedrohung für unseren Wohlstand umformuliert werden. In Artikeln, im Internet, in der Mittagspause. Zuerst glaubt es der rechte Rand, dann immer mehr Leute, die sich in der Mitte sehen. Schließlich sind die Linken dran. Die armen Kommunen müssen gerettet werden, sagt die Lüge, um sie zu kriegen. Lasst Euch keinen Bären aufbinden. Lasst Euch nicht durch Detailfragen teilen. Wir sind alle aus demselben Genpool gekrabbelt, sehnen uns nach Essen, Sicherheit und Liebe. Eine Lüge, die uns gegen die Schwächsten verhärtet, wird durch endlose Wiederholung nicht wahr.

  • Danke Herr Augustin. Das ist schon mal die richtige Richtung, geht aber nicht weit genug: Wir leben in einer weltweiten, menschengemachten Klimakatastrophe. Die Ursachen sind bekannt. Wenn wir Überleben wollen, geht das nur als eine Menschheit, die gemeinsam die Ursachen bekämpft. Nationalismus und Rassismus stammen aus der Steinzeit und sind dabei hinderlich und beschleunigen den Untergang der Menschheit. Durch die Fähigkeit zu Zusammenarbeit ist die Menschheit so groß geworden, nicht durch Kriege und Agression! Kann es denn ein wichtigeres Ziel fr die Menschheit geben, als diese existentielle Krise zu überwinden?



    Bei der EM hingegen wird ein kindischer Nationalismus gefeiert, besoffene Horden ziehen nach Deutschland und müllen Deutschland und andere Teile Europas sinnlos mit Plastikmassen zu.



    Hauptsache Vollbeschäftigung und Wirtschaftswachstum,

    • @Matt Gekachelt:

      Letztendlich ist auch der Mensch ein Tier, bei dem die "niedere" Instinkte überwiegen.



      Bei den Tieren ist Revierverhalten wichtig für das Überleben, bei den Menschen fährt es den Karren gegen die Wand.



      Denn ein weiterer, noch niedrigerer Instinkt ist die sinnlose und grenzenlose Gier, und der käme man bestenfalls mit der Genschere bei.

  • "Damit das Zusammenleben besser gelingt, brauchen wir dringend massive Investitionen in Integration, Schulen, Wohnraum. Einen Versuch wäre es wert, oder?"

    Wenn der Autor ein selbstfinanzierendes Konzept vorlegen sollte, hätten wir eine möglicherweise erfolgversprechende Diskussionsgrundlage.

    Wenn diese Integration den Steuerzahler Geld kosten sollte, dann wäre "Nein" sicherlich eine legitime Antwort auf die Abschlussfrage.

  • Die Grünen wollen mehr Migration, also sollten sie auch dafür sein, die Voraussetzungen dafür zu schaffen.

    Betrachten wir die Situation in Ba-Wü, einem sehr wohlhabenden Bundesland.

    Es gab Ende 2023 rund 53.600 Sozialwohnungen im Land. 1.300 fielen aus der Sozialbindung. Dafür kamen rund 2.600 Sozialwohnungen neu hinzu.



    528 Wohnungen gab es dagegen schon. Deren Bindung als wurde entweder verlängert oder sie wurden in solche umgewandelt.



    www.swr.de/swraktu...ieterbund-100.html



    Im Bereich der Schulen hat die Regierung nicht mal die Vorgaben des Jahres 2019 erfüllt, www.baden-wuerttem...erbedarf-bis-2030/

    Es wird schlimmer, nicht besser durch diese Politik, die die AfD erst möglich gemacht hat.

    • @Octarine:

      Sag ich doch. 70tausend werden bejubelt als Demonstranten gegen die Nazis.



      Da kann ich auch in den Wald gehen und pfeifen

      Das wird aber nichts ändern, wenn es nicht eine andere Politik gibt.



      Leider sieht es nicht danach aus.

    • @Octarine:

      Glauben Sie, die Grünen in BaWü haben noch Zugang zum Weihnachtsmann? Wenn die Grünen in BaWü tatsächlich für etwas wären, dann bekämen sie es einfach so? Also zb Sozialwohnungen oder fertig ausgebildete Lehrer:innen? Auch wenn die Voraussetzungen geschaffen sind, muss erst noch ein Bauträger bereit sein, auch Sozialwohnungen zu bauen und junge Menschen müssen frei entscheiden, ob sie Lehrer:in werden wollen.

      • @LeSti:

        Eventuell anfangen, befristete Stellen auszuschreiben. Dann müssen sich die Stelleninhaber in den Sommerferien nicht arbeitslos melden. Wäre ein erster Schritt um jungen Menschen bei ihrer freien Entscheidung zu helfen

  • "... und die Zustimmung für die AfD steigt. "

    Das geben die Zahlen zur "Sonntagsfrage" nicht her. www.wahlrecht.de/umfragen/insa.htm

    Seit Anfang des Jahres sind die Anteile der AfD um 6% gefallen.

    Von einer Analyse erwartete ich dass solch ein Abfall in den Umfragen zur Kenntnis genommen und mit analysiert wird.

    Offensichtlich werden in der Politik wohl doch solche Entscheidungen getroffen, die die AfD zurückdrängen.

    • @Rudolf Fissner:

      Ich habe die Kolumne weniger als Analyse denn als Meinungskommentar gelesen - dennoch stimme ich dem Autor hundertprozentig zu.



      Gemessen an dem, was sich die AfD schon so alles „geleistet“ hat - zuletzt im Europawahlkampf - müssen die aktuellen, immer noch guten Umfragewerte für diese Parteien überraschen/schockieren.



      Aber bekanntlich ist das Glas immer entweder halb voll oder halb leer.

      • @Abdurchdiemitte:

        Dass die Umfragewerte der AfD höher sind, als sie verdient, bestreitet ja niemand. Die Frage ist nur, was man richtiger machen könnte, um das wieder zu ändern.

        Der Autor hat zwar völlig Recht, dass "Migrations-Bla-Bla" ein Volltreffer - Bild-Style - ist, aber er verkennt, was die Wähler bei der AfD hält. Das ist nicht, dass die das ideologische Original ist und die Ampel die Fälschung, sondern dass die MASSNAHMEN Fälschungen sind. Statt "im großen Stil abschieben", einer wirksame Grenzschutzpolitik oder stringenterem Umgang mit unbegründeten Asylanträgen (und deren Stellern) PASSIERT eben erstmal allenfalls Homöopathisches.

        Eine Mehrheit der Bevölkerung sieht immer noch ein, dass das an notwendigen rechts- und sozialstaatlichen Samthandschuhen liegt, mit denen man vor Ausschöpfung aller Rechtswege, unter Berücksichtigung möglicher Härtefälle etc. an das Problem herangeht. Aber eine wachsende Mehrheit sieht das als Kontrollverlust - die Bürgerlichen bekommen es nicht in den Griff - und hätte die Handschuhe eben lieber weg (oder gleich in Arbeitshandschuhe getauscht). Denen zu erklären, es GÄBE doch gar kein Problem (und die Hände bleiben sauber), wird ERST RECHT nicht helfen.

  • Ja, wir brauchen Fachkräftezuwanderung.



    Was wir auf Dauer nicht stemmen können, ist unregulierte Zuwanderung ohne Perspektive auf Arbeit oder Integration.



    Das schaffen wir nicht weder personell noch infastrukturmässig.



    Wer das nicht sieht, muss die rosarote Brille ausziehen!

    • @M. S.:

      Es wird zu oft ausgeblendet, dass auch gering qualifizierte Arbeitskräfte gebraucht werden (ich erinnere an den offenbar systemrelevanten Spargel zu Corona-Hochzeiten). Keine Angst, Deutschland war schon in der Vergangenheit kein Schlaraffenland, schon gar nicht für Asylbewerber; seit der letzten Verschärfung auf EU-Ebene noch weniger. Trump wettert ja auch immer gegen illegale Zuwanderer, weiß aber gleichzeitig ganz genau, dass die US-Wirtschaft eine nicht geringe Zahl von Illegalen für die härtesten und am schlechtesten bezahlten Jobs braucht; diese Menschen sind nun mal am leichtesten auszubeuten. Würde mich wundern, wenn das hier anders wäre. Und welcher Politiker an maßgeblicher Stelle sieht oder handelt, als trüge er eine „rosarote Brille“?

    • @M. S.:

      Es gibt in Deutschland keine unregulierte Zuwanderung. Alle denkbaren Varianten sind reguliert. Illegale Einreise und illegaler Aufenthalt sind keine Zuwanderung. Von den Varianten der Zuwanderung haben die meisten Perspektive auf Arbeit und Integration. Das scheitert aber beides an der Abschottung der Gesellschaft, langen Arbeitssperren für Flüchtlinge und Asylanten und unzureichender Förderung.

  • @JIM HAWKINS

    Ich habe eher die Vermutung, dass da entspannte Ehrlichkeit mittelfristig eher von Vorteil ist.

    Alle ahnen, dass Migration nur der Sündenbock ist. Mal Zeit, den Stier bei den Hörnern zu packen.

  • "Die Regierung verschärft ihre Asylpolitik immer weiter" - Nein - das stimmt einfach so nicht.



    Richtig ist, dass Mitglieder der Regierung zunehmend martialisch über regulatorische Asylpolitikmaßnahmen sprechen.



    Real passiert ist da bisher so gut wie nichts - die Bevölkerung erwartet von dieser Regierung dazu auch nichts.

  • "Einen Versuch wäre es wert, oder?"

    Nein, denn das geht in die vollkommen falsche Richtung. Anstatt sich ständig über ein "Mehr" Gedanken zu machen (mehr Zuwanderung, mehr Wirtschaft, mehr Wohnungen etc.) wäre es viel zielführender sich endlich konkrete Gedanken über das längst überfällige "Degrowth" Gedanken zu machen.

  • Das betrifft doch nicht nur Deutschland. In vielen europäischen Ländern findet ein Rechtsruck statt. Das sind einfach Begleiterscheinungen eines Übergangs in eine neue Epoche. Gab es übrigens in der Moderne schon häufiger. Erinnert sei an die späten siebziger, der Übergang von der sozialen Epoche a la Brandt oder Carter hin zum neoliberalen geprägten von Thatcher oder Reagan, mündete auch damals in einen neuen Neokonservatismus mit ähnlichen Zügen wie heute. Daher:

    Viel Rauch um nichts. Das Abendland wird nicht von Flüchtlingen überrannt und die Prioritäten welche die Bevölkerung setzt können sich ähnlich schnell ändern wie das Wetter. Heute Migration, morgen Inflation etc. und die Politik sollte ihre Felder bestellen Klima, Bildung, Infrastruktur, Wohnen.. anstatt sich in "Schmuddeldebatten" über Abschiebungen, Ausgrenzung usw. gegenseitig an Inkompetenz zu überbieten.

    Taugt alles für Bild bla bla. Für mehr auch nicht.



    Wir leben hier in der Breite immer noch auf einem Weltspitzenniveau wovon 80% der Weltbevölkerung nur träumen können!

  • "Wie wohltuend es wäre, würde sich Olaf Scholz hinstellen und sagen: Deutschland ist die viertgrößte Volkswirtschaft und liegt mitten in Europa. Es wird sich nicht ändern, dass viele Menschen zu uns kommen wollen. Wer Ihnen etwas anderes verspricht, der lügt. Auch Abschiebungen werden furchtbare Taten von Einzeltätern nicht verhindern."

    Na gut, die SPD hat nicht mehr viel zu verlieren, also könnte sie das wohl versuchen.

    Das Ergebnis wäre aber wohl eine Atomisierung der Partei.

    • @Jim Hawkins:

      Zeigt aber auch, dass Deutschland nicht bereit für Menschenrechte ist.



      Die Atomisierung einer Partei kommt durch Wähler und Parteimitgliedern zustande.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Sicher sind die Menschenrechte gewahrt!



        Jede/r der politisch verfolgt ist, bekommt weiterhin Asyl.



        Wer keinen Anspruch darauf hat, muss gehen und gar nicht erst nach D kommen.

        • @M. S.:

          Nur, dass es Ermessenssache ist, ob eine Verfolgung anerkannt und Asyl gewährt wird oder nicht. Da kann man dann auch mit Absicht blind für Fakten sein, wenn man kein Asyl gewähren möchte.

  • Weder Abschiebungen noch zusätzliche massive Investitionen in die Betreuung sind „die Lösung“. Es braucht ein klares Konzept jenseits der nicht nachhaltigen Vorstellungen von „Zäunen“ oder „freier Zugang“.

    • @1Pythagoras:

      Wer fordert denn eigentlich „freien Zugang“? Das Ideal der Linken ist Freizügigkeit innerhalb der EU, individuelles Asylrecht für politisch Verfolgte, zeitweiliges Bleiberecht für Kriegsflüchtige, sowie Zuwanderung in Ausbildung (zeitweilig) oder Arbeit (auch dauerhaft), letzteres nach dem kanadischen Modell (also zahlenmäßig begrenzt), außerdem die Möglichkeit zum „Spurwechsel“, also Aufnahme von Arbeit, wenn sich zeigt, dass eine Rückkehr in die Herkunftsländer in einem realistischen, zumutbaren Zeitfenster nicht möglich ist.



      Das Gegenmodell ist: Alle müssen raus, die keinen verschärften Ariernachweis liefern können und wenn wir keinen „Drittstaat“ finden, der diese Menschen in Lager stecken will, finden wir eine andere (End-) „Lösung“. Und die Konferenzen, auf denen das diskutiert wird, besuchten auch Politiker:innen der C*U. Das ist schon härter als Biedermanns Garten- „Zäune“.



      Es braucht klare Ansagen an Rechtsextreme und Fürsprecher:innen mit Rückgrat für das klare, oben beschriebene Konzept.

  • Dass Zuwanderung gar kein Problem wäre, wenn man genug in Integration, Schulen und Wohnraum investiert, geht ein Stück weit an der Realität vorbei.

    Wo sollen denn die Zehntausenden zusätzlichen Lehrer auf die Schnelle herkommen? Zusätzlicher Wohnraum? Es wird stattdessen immer weniger gebaut und eine Trendwende ist nicht in Sicht.

    Auch in 5 Jahren wird die Migration (in der derzeitigen Form) Deutschland überfordern.

  • " Die Regierung verschärft ihre Asylpolitik immer weiter und die Zustimmung für die AfD steigt. Leute, das ist doch keine gute Strategie."

    Die Zustimmung für die AfD steigt, weil die Verschärfungen der Asypolitik reine Papiertiger sind und eine veränderte Sicherheitslage aufgrund mittlerweile fast täglicher Meldungen über Gewaltverbrechen aus dem Millieu von Schutzsuchenden wohl mittlerweile nicht mehr weg zu diskutieren ist.

  • "Auch Abschiebungen werden furchtbare Taten von Einzeltätern nicht verhindern."

    Meiner Meinung nach kann damit aber zumindest die Wiederholung solcher Taten durch ebendiesen Menschen verhindert werden, sofern die Person mit einem lebenslangen Einreiseverbot, idealerweise europaweit, belegt wird.

    Mir ist es ein besonderes Anliegen, die Anzahl der Sexualstraftäter verringern zu können.

  • "Wir können dankbar sein, dass immer noch viele Menschen kommen wollen, wir brauchen sie dringend. Denn nur über Fachkräftezuwanderung kommen nicht genug, dafür ist unsere Sprache zu blöd, unsere Verwaltung zu langsam und viele Mitbürger leider zu rassistisch. Damit das Zusammenleben besser gelingt, brauchen wir dringend massive Investitionen in Integration, Schulen, Wohnraum."

    Das unsere Sprache blöd seie, die meisten Mitbürger zu rassistisch ist natürlich absurd ! Deutsch war und ist die Sprache großer Philosophen, Psychoanalytiker , Wissenschaftler, großer Schriftsteller und ist eine wunderbar wandelbare Sprache. In Frankreich oder Spanien könnte ich mir so eine Bemerkung nicht vorstellen.

    Rassismus gibt es auch unter und von Migranten.

    Der Bildungsnotstand , der Mangel an Wohnraum und Integration ist auch der ungesteuerten Migration zuzuschreiben:



    Schulklassen in denen kaum ein Kind deutsch spricht, "Wir haben Platz", den wir eben nicht haben und Integrationsverweigerung und die Bildung von Parallelgesellschaften.

    "Leute, das ist doch keine gute Strategie."

    Eine gute Strategie wäre eine gesteuerte Einwanderung, siehe Australien, Kanada, Neuseeland.

    • @Barthelmes Peter:

      Ich bin skeptisch, wenn auf den angeblich größeren Patriotismus anderswo verwiesen wird. Wenn es (auch) deutsche Dichter und Denker gab und gibt - schön. Was die geleistet haben, ist aber nicht mein Verdienst. Irgendwie ist dieses „stolz auf alles Mögliche“ eher Ausdruck von mangelndem Selbstbewusstsein, auch was reißen zu können.

  • Frage: Ist das Thema Migration jetzt für Wahlentscheidungen relevant oder nicht? Frau Esken, TAZ Kommentatoren, viele Linke.... sehen das oft nicht so.



    Wenn das so wäre können wir ja gut oder schlecht integrieren... alles wurst, die Wahlen werden nicht beeinflusst.



    Dass dem nicht so ist, lese ich hier im Artikel. Sehe ich auch so.



    Wenn wir jetzt noch Facharbeiterzuzug und Armutsmigration auseinanderhalten kommen wir weiter.



    Übrigens: Gestern eine Venezolanische Röntgenärztin kennengelernt. Macht jetzt Kinderbetreuung, weil sie grob geschätzt 2 Jahre warten wird müssen bis Ihre Approbation anerkannt wird. Wenn überhaupt. Manchmal glaub ich echt: Wir hier in DE, wir sind zu doof für letztlich alles.

  • Es sind z.T. niedere menschliche Instinkte, die durch Rechte und Konservative angesprochen werden. Dagegen gibt es "Schutzbalken", die wir kennen, z.B. Kultur und Transparenz. Was mir hier im vorliegenden Artikel zu kurz kommt, aber natürlich inzident angesprochen wird, ist warum wir vor den Konservativen und (angeblich) Liberalen genau so Angst, wie vor Abschiebung und den Rechten haben sollten. Auch unter den (anderen) Demokraten sind Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit und eine gleichberechtigte Teilhabe am gemeinsam erreichten wirtschaftlichen Erfolg, auch "Hartzer" treffen wirtschaftliche Entscheidungen!, leider verhandelbar. Es droht die Entrechtung und Entmöglichung von Menschen nicht allein von Rechts und Demokraten, sondern von unregulierten oder zu gering regulierten Interessen, die sich zB bei Reichen einzeln verantwortet, oder in Gruppen zB durch Konzerne verantwortet einen Weg suchen.

  • Ich fürchte ja, dass es perfider abläuft: Wenn SPD und Grüne Politik für die eigene Kernwählerschaft machen, schimpfen Union, FDP und Springer-Presse über deren „Ideologie“, wenn sie rechtslastige Politik machen, über handwerkliche Fehler und „Bla-Bla“. Das Ziel dahinter: Die Politik insgesamt so weit nach rechts zu schieben, wie es die Gesellschaft (und Karlsruhe) gerade eben noch mitmacht, und die SPD und die Grünen auf ihre Rolle als Nischenparteien und Juniorpartner vorzubereiten.



    Die einzige Gefahr dabei: Wenn die FDP (und andere?) rausfliegt und die Rechtsextremen zu stark werden, reicht es irgendwann nicht einmal mehr für Kenia+BSW. Deutschland folgt dann Italien und vielleicht bald Frankreich auf dem Weg in die rechtsextreme Herrschaft. Aber das kommt davon, wenn man aus der Geschichte nichts lernen will.

    • @Zangler:

      Nun ja, die „rechtsextreme Herrschaft“ ist ja in Italien noch vergleichsweise moderat ausgefallen, das dürfte kaum noch wirklich abschrecken…

  • "In der Migrationspolitik gibt es nur eine Richtung, (...) schneller, härter, Ampel. (...) Das Ergebnis: schlechte Wahlergebnisse"



    Weil es bis dato leere Versprechen geblieben sind. Weder ist der Zuwanderungsdruck gesunken noch die Abschiebungen spürbar gestiegen. Ganz egal ob das möglich oder realistisch ist. Was man verspricht muss man halten - eher dumm zu versprechen, was eh nicht umgesetzt werden kann.



    Insofern bin ich 100% bei Ihnen: "Die Bild bezeichnete die Migrationspolitik (...) als „ABSCHIEBE-BLA-BLA“, was eine handwerklich gute Zeile ist."



    ---



    "Damit das Zusammenleben besser gelingt, brauchen wir dringend massive Investitionen in Integration, Schulen, Wohnraum. Einen Versuch wäre es wert, oder?"



    Jein 🤷‍♂️



    Also JA dem Herzen nach, NEIN wenn ich meinen Kopf benutze. Denn es gilt das gleiche wie oben: keine Versprechungen machen die man nicht halten kann.



    Deutschland kann nicht zack-zack Wohnungen/Schulen/Integration, weil: Bürokratie, Arbeitskräftemangel, Studium dauert Jahre (Lehramt, Sozialarbeiter).



    Die CDU redet öfter vom Einwanderungsstopp und Obergrenzen, beides ist moralisch falsch, orientiert sich aber nüchtern betrachtet am leistbaren IST-Zustand Deutschlands.

  • Die Maßnahmen der Ampel veranlassen den Wähler die Ampel nicht zu wählen , sondern die AFD, welche ähnliche Maßnahmen fordert, allerdings härter und schneller? Finde den Logikfehler.

  • Ein vernünftiges Wort in dunkler Zeit.

    Dass die CDU diesen Scheiss mitmacht verstehe ich: das ist noch Strategie -- Hauptgegner, wir erinnern uns, sind die Grünen, und denen muss man halt beikommen.

    Zur Not halt mit Hilfe der AfD. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass sich die Konservativen der Ultrarechten bedienen. Bewährtes Modell. Konservative stehen auf Bewährtes.

    Dass die SPD mitmacht -- mnjah. Nicht verständlich für mich, aber die alte Tante macht ja so einiges mit.

    Die FDP? Je illegaler Migrant*innen sind, desto mehr lassen sie mit sich machen. Das senkt deren Preis auf dem Arbeitsmarkt. Angebot und Nachfrage. WIN-WIN$$$!

    Aber dass die Grünen mitmachen? Todestrieb? Thanatos?

    Die einzigen, die derzeit in dieser Frage Mumm in den Knochen zeigen sind die Linkspartei.

    • @tomás zerolo:

      Und wieder wird in einem taz-Artikel zwischen der Zuwanderung von Fachkräften und der sog. Armutsmigration nicht differenziert. Einzugestehen, dass es hier einen Unterschied gibt, wäre sicherlich mal ein erster Schritt Richtung Ehrlichkeit, auch von linker Seite.

    • @tomás zerolo:

      Mumm? Die Linkspartei? Die fantasieren einfach nur über "No border" und vergewissern sich der Zustimmung ihrer städtischen, bewegunsorientierten Mitglieder. Wo das bei den Wählern hinführt, war letztlich sehr gut zu beobachten.

  • Ob nun Ampel oder CDU , es ändert sich seit Jahren nichts daran das ich bei meiner Arbeit ( Inobhutnhahme von UMAS, unbegleitete Minderjährige Ausländer ) zu 80 Prozent der Dienstzeit mit 16 jugendlichen Tag und Nacht alleine arbeite. Wie soll ich unter diesen Arbeitsvorrausetzungen den Startschuss einer gelingenden Integration liefern ?

    • @Mr Ambivalent:

      Meine Hochachtung vor Ihrem Engagement. Ich unterstütze eine



      7 köpfige Flüchtlings-Familie als



      Nachbarschaftshilfe bei Überwindung bürokratischen Hürden,



      die ein Umzug von einem Bundesland in ein anderes verursacht.



      Ich fürchte, ein weiterhin hoher



      Zustrom von Migranten überfordert



      an vielen Stellen das System der



      Unterstützung und Integration und das



      ist keine Frage der finanziellen Mittel.

      • @Hubertus Behr:

        Eine Frage der finanziellen Mittel ist es an erster Stelle immer! Darüber sollten wir uns alle im klaren sein und nichts gegenseitig vormachen!

        • @Hannah Remark:

          Wenn man mehr Geld ausgibt, bekommt man etwas mehr Leistung, aber viel mehr Inflation. Der jeweils N+1ste Mitarbeiter kostet auch 1% mehr als der Nte.



          Je mehr Leute man braucht, desto mehr schlägt der Fachkräftemangel zu.

    • @Mr Ambivalent:

      Das hört sich nach einer notgedrungenen administrativen Verwahrung der UMAS an. Die gesellschaftliche Intention nach Integration ist mit diesem Mitteleinsatz tatsächlich nicht zu erkennen. Die Schuldenbremse muss ja auch eingehalten werden und die stärkere Besteuerung von Vermögenden ist nicht machbar mit der FDP/AfD/CDU/CSU bzw. den Mehrheitsverhältnissen im Land und Bundesrat. Passen Sie gut auf sich auf, dass Sie nicht verheizt werden!

  • Ich bezweifle, dass Deutschland es schafft, genug in Integration, Schulen, und Wohnraum zu investieren. Ob das überhaupt möglich ist, denn das ist nicht nur eine Frage von Geld sondern auch anderer Ressourcen wie Personal.

    • @gyakusou:

      An erster Stelle steht immer das Geld, wenn keins da, dann können sie auch niemanden einstellen oder entsprechend qualifizieren.

  • An der starken unregulierten Migration hat sich doch kaum etwas geändert.



    Eine große Mehrheit sieht das als erhebliches Problem und erwartet Lösungen von der Politik. Nicht nur AfD-Wähler. Da braucht es natürlich auch einen langen Atem.

    Sich jetzt zu sagen: na gut, einige Maßnahmen, die noch nicht mal wirken konnten, haben jetzt doch nicht dazu geführt, dass die AfD gleich wieder verschwindet, dann machen wir eben wieder die Migrationspolitik, die die Afd erst hat stark werden lassen, ist ja absurd.

    Das größte Geschenk, das die politische Mitte der AfD machen könnte, wäre genau, was der Autor vorschlägt, nämlich die Ansage: "Wir versuchen jetzt gar nicht mehr, die Zahlen runterzukriegen, dafür stecken wir gewaltige Geldmengen in die Bewältigung der Migration.". Viel Glück damit...

    • @LordNibbler:

      Das war nicht die Schlussfolgerung aua dem Artikel. Investitionen in Wohnen, Bildung etc. sind an sich nötig, für die Bevölkerung in Deutschland insgesamt, und werden seit Jahrzehnten verschleppt/blockiert. Über die Zeit mit verschiedenen Begründungen, aktuell mit dem Scheinargument, dass es für alle reichen würde, wenn die Migration nicht wäre.

      Die Zahlen von Menschen auf der Flucht steigen. In Deutschland/EU wird es mit den "Maßnahmen" vielleicht irgendwann. ein paar weniger Einwander:innen geben die weniger Rechte und Chnacen haben. Der Fachkräftemangel wird nicht behoben, der Investitionsstau auch nicht. Außerhalb von Europa werden immer mehr Menschen in Lagern leben, ohne Perspektive. In Europa wird viel Geld dafür ausgegeben, sie draußen zu halten...

      Viel Glück damit.

  • Vielen Dank. Ihr Artikel spricht mir aus der Seele!