Debatte über rot-grün-rote Koalition: Stück ohne Aufführung

Eigentlich spricht viel für ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linken. Doch auch diesmal dürfte R2G kaum Realität werden – vor allem der Außenpolitik wegen.

Die Spitzenkandidaten Dietmar Bartsch und Janine Wissler (beide Die Linke) stehen vor dem Start der Linken-Wahlkampfveranstaltungen auf dem Universitätsplatz.

Wenn Dietmar Bartsch und Janine Wissler mit der SPD reden, müssen sie ein Ja zu Nato mitbringen Foto: Danny Gohlke/dpa

Die Debatte über Rot-Grün-Rot hat etwas Kurioses. Sie ist wichtig, und seltsam unernst. Die Union hat R2G als Schreckgespenst aus der Kiste geholt. Das wirkt allerdings ziemlich in die Jahre gekommen und sieht eher mitleid- als furchterregend aus.

Wer mit AnhängerInnen eines Mitte-links-Bündnisses bei Grünen, SPD und Linkspartei redet, trifft auf keine Entschlossenen, die sich, angesichts der möglichen Mehrheit für R2G, kurz vor dem Ziel sehen. Es werden keine Strategien ausgetüftelt, wie man nach der Wahl die Macht erobert. Man ist eher resignativ als euphorisch gestimmt. Und ahnt, wie das Ganze wieder enden wird.

Dabei spricht ja viel für ein Mitte-links-Bündnis. Höhere Steuern für Reiche, eine schwungvolle Klimapolitik und ein höherer Mindestlohn sind populäre Ideen, die mit FDP oder Union kaum zu machen sind. Das ist der ernste Kern der Debatte. Eine energische ökosoziale Reformpolitik kann wohl nur R2G auf den Weg bringen.

Doch in diesem großen Bild gibt es viele kleinere Hürden. Olaf Scholz traut der Linkspartei nicht. Die wirbt jetzt zwar für ein Sofortprogramm und ein Mitte-links-Bündnis. Aber ob sie im Bund wirklich regieren oder doch lieber als ewige Opposition immer recht haben will – diese Entscheidung schiebt die Partei seit Jahren auf.

Linke und Grüne sind die Gegenpole

In der Außenpolitik verlangt Scholz nun ein Bekenntnis zu Nato und EU. Die Spitze der Linkspartei hat darauf erst mal klug geantwortet – nämlich gar nicht. Keine Partei kann sich kurz vor der Wahl von der Konkurrenz zu Bekenntnissen zwingen lassen. Ab 18.01 Uhr am 26. September sieht das allerdings anders aus. Wenn Dietmar Bartsch und Janine Wissler mit der SPD reden wollen, werden sie ein Ja zu Nato und EU mitbringen müssen. Das mag von Scholz herrisch wirken, hat aber ein rationales Kalkül: Eine Reformregierung, der bei Mindestlohn und Vermögensteuer schon genug Wind ins Gesicht blasen würde, könnte überflüssige Debatten über Westbindung und Nato nicht brauchen.

Es ist aber noch komplizierter. Denn außenpolitisch sind nicht SPD und Linke die Gegenpole. Der Graben verläuft zwischen den Grünen, die noch nicht begriffen haben, dass die Ära westlicher Interventionen vorbei ist – und der Linkspartei, die sich von ihrem Oldschool-Antiimperialismus nicht trennen kann. Die SPD ist da eher in der Mitte.

So wird es wohl wie immer. R2G bleibt das oft diskutierte, faszinierende Stück, das nie aufgeführt wird.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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