Das taz lab im Live-Ticker: Wieso Hennig-Wellsow links ist
Susanne Hennig-Wellsow spricht über ihren Weg in die Politik, Per Leo erklärt, wieso er mit Rechten trinkt. News zum digitalen taz lab.
Die Grenzen der Meinungsfreiheit
20.00 Uhr: „Soziale Medien bilden heute die fünfte Säule der Gewaltenteilung. Der gesellschaftliche und politische Diskurs ist weitestgehend in die digitalen Medien verlagert.“ Mit diesen Worten eröffnet taz-lab-Redakteurin Anastasia Tikhomirova die Podiumsdiskussion “Dissen ohne Dissens“. Zwar biete das Internet einen ganz neuen Raum für den gesellschaftlichen und politischen Diskurs.
Die kontroverse Debatte endet jedoch dort, wo Hass, Hetze und Morddrohungen die Überhand nehmen. „Das betrifft nicht nur die Betroffenen selbst, das trifft auch unsere Demokratie. Wir verlieren Menschen für die Demokratie“, sagt Ricarda Lang, stellvertretende Bundesvorsitzende der Grünen, die selbst von Hate Speech im Internet betroffen ist.
Am Anfang habe sie digitale Gewalt weggeschoben, auf die Stimmen gehört, die ihr sagten, das gehöre zum Job. „Man denkt, du bist so stark, dass kann dich nicht aus der Bahn bringen. Aber das macht doch etwas mit einem“, sagt Lang, „Digitale und analoge Gewalt lassen sich nicht trennen.
Das ist keine Parallelwelt, das ist die Realität.“ Am Ende haben viele Betroffene Angst weiterzumachen. Sie selbst habe schon vor Pressekonferenzen gestanden und überlegt: „Wie radikal formuliere ich das? Wie viel Hate Speech kann ich gerade ertragen?“
Es sei kein Zufall, dass Frauen von Hate Speech besonders betroffen sind. Digitale Gewalt gehe nicht selten von der rechten Szene aus, der starke Frauen und People of Color ein Dorn im Auge sind. Lang wisse aus ihrer Parteikarriere, dass männliche Kollegen oft allgemeiner angegriffen werden. Da heißt es zum Beispiel: „Die Grünen sind scheiße.“ Sie selbst sei vor allem mit persönlichen Angriffen konfrontiert, mit Mord- und Vergewaltigungsdrohungen.
Der Rechtswissenschaftler Jörn Reinhardt beschäftigt sich mit diesem Thema – und Lösungen. „Die Verschärfung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes ist da ein gutes Werkzeug“, sagt er. „Das besagt, dass Plattformen Inhalte nicht nur in sehr kurzer Zeit löschen, sondern auch zur Anzeige beim Bundeskriminalamt bringen müssen.“ Dann würden sie strafrechtlich verfolgt.
In der Praxis klappe das aber oft weniger gut: Wo die Grenzen der Meinungsfreiheit liegen, ist schwer zu definieren. Vielerorts ist die Polizei nicht ausreichend geschult und ausgestattet oder erkenne nicht die Bedeutung digitaler Hetze. „Ich glaube, der direkteste Angriffspunkt ist, dass wir Organisationen und Institutionen in diesem Bereich stärker unterstützen“, schlägt Ricarda Lang vor und verweist auf die vielen Nichtregierungsorganisationen, die in diesem Themenfeld aktiv sind. (tow)
Die taz auf stabiler See
19.40 Uhr: Das beste aus einem digitalen taz lab rauszuholen: Mit diesem Ziel ist das gesamte Team angetreten. Auch wenn der Blick in das Publikum – und damit die direkten Reaktionen – dieses Jahr leider ausbleibt, lassen die Kommentare und Rückmeldungen darauf schließen: Das Ziel wurde erreicht.
Ein Fazit ziehen bei „We’ll Meet Again“ die Moderator:innen Simone Schmollack und Jan Feddersen zusammen mit den Geschäftsführer:innen Aline Lüllmann, Andreas Bull und Andreas Marggraf. So ist man sich einig, dass das diesjährige taz lab zwar anstrengend – aber vor allem wahnsinnig bereichernd war. Das digitale Wechseln zwischen den Veranstaltungen hat einen größeren Einblick in verschiedene Themen und Vorträge ermöglicht.
Die Online-Veranstaltung bedeutet jedoch, dass die Pandemie noch immer nicht überstanden ist. Und dieser Extremsituation muss sich auch die taz weiterhin stellen. „Im Kosmos der taz, in dem wir uns bewegen, geht es uns ausgezeichnet. Im Marktumfeld sind wir aber noch ein sehr kleiner Teilnehmer“, sagt Andreas Bull, „Dafür sind wir sehr laut.“ Großen Nachholbedarf sieht er bei den Gehältern.
Jan Feddersen fasst die aktuelle Lage so zusammen: „Wir segeln über stabile See mit interessanten Winden, aber es könnte stürmischer werden.“ (lak)
Rakete 2000 – mal anders gut
19.30 Uhr: Gibt es etwas Schöneres als eine Lesebühne? Für viele kaum. Dennoch musste sie sich in den letzten 13 Monaten in die Liste von Dingen einreihen, die wir aktuell vermissen. Gleich hinter Fitnessstudios und Kinos, zwischen Festivals und Familientreffen. Die Lesebühne „Rakete 2000“ wirkt beim diesjährigen taz lab wie immer: radio eins-Kolumnistin und Autorin Lea Streisand und taz-lab-Redakteurin Mareike Barmeyer lesen ihre Texte aus dem gewohnten „Rakete 2000-Setting“, dem Zimmer 16.
Dabei erzählen sie von kleinen und großen Dramen ihres Alltags, von einer kaputten Waschmaschine, videotelefonierenden Schwiegereltern oder einer Busfahrt, die dank der aktuellen von Langeweile geprägten Situation zum “Event des Jahres“ wurde. (ans)
Jüdisches Leben in Deutschland und seine Sichtbarkeit
18.40 Uhr: Mit den sogenannten „Kontingentflüchtlingen“ aus der ehemaligen Sowjetunion sollte in den Neunzigern das jüdische Leben in Deutschland wieder aufblühen. Dreißig Jahre später streben mehrere Kampagnen weiter nach Normalität für jüdische Gemeinden und fordern kulturelle und religiöse Integration auch im Alltag und in der Sprache. Doch kann es so etwas wie Normalität jemals geben?
Ein Problem zeichnet sich in der Podiumsdiskussion „Hauptsache es dient der Wiedergutmachung“ mit der Soziologin Darja Klingenberg und der Studentin Avital Grinberg, moderiert von taz-Redakteurin Erica Zingher, heraus: Entweder manche Gemeinden bleiben weiter unsichtbar oder sie werden mit zu viel Nachdruck sichtbar gemacht. Und das stellt ebenfalls das Gegenteil von Normalität dar.
Klingenberg hält fest, dass Normalität in den Alltagsbegegnungen fehle und fordert: „Die deutsche Mehrheitsgesellschaft muss sich mit der Vielfalt von jüdischem Leben auseinandersetzen.“ Und Avital Grinberg, Studentin in Jerusalem und im Vorstand der „World Union of Jewish Students“ kritisiert, dass es „eine vorbildliche Form von Migration, vom Staat gewünscht“ gibt. (lij)
„Schwurbler“ gegen „Schlafschafe“
18.40 Uhr: Schon in der Geschichte haben Pandemien als Nährboden für Verschwörungstheorien, Antisemitismus, Rassismus und verschwörungsideologischen Bewegungen gedient. Mit der Corona-Pandemie verstärkt sich radikalisierte Wissenschaftsfeindlichkeit.
“Ein Drittel der Menschen in Deutschland hat die Tendenz, an Verschwörungstheorien zu glauben“, sagt die Psychologin Pia Lamberty bei der Podiumsdiskussion “Schwurbler“ gegen “Schlafschafe“. Dieser Verschwörungsglaube habe eine Identifikationsfunktion. Denn: „Menschen können sich damit über andere erheben“, sagt sie. (lij)
Neuer Streit über ferngesteuerte Waffen
18.30 Uhr: Warum haben Kampfdrohnen einen derart negatives Image? Das Problem liege im Misstrauen in die politischen Entscheider:innen und die Bundeswehr, sagt Karl-Heinz Brunner von der SPD. Im Bundestag ist er Obmann des Unterausschusses Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung.
Ulrike Franke vom „European Council of Foreign Relations“ stellt fest: “Die Debatte ist eigentlich nicht schwierig.“ Nukleare Teilhabe und automatisierte Waffensysteme würden uns erst in den nächsten Jahren erwarten. Deshalb sollten wir uns nicht an der Drohnendebatte aufhängen, findet sie.
Franke hob außerdem den Nutzen der Systeme hervor: “Richtig eingesetzt können bewaffnete Drohnen präziser sein als bemannte Systeme.“ Sie halte Beobachtungsdrohnen und zum Teil auch bewaffnete Drohnen zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten bei richtigem Einsatz für notwendig. (piw)
Zwischen Scholz und den Grünen könnte es passen
18.25 Uhr: „Ja!“ So lautet Olaf Scholz' (SPD) Antwort im taz lab auf die Frage von taz-Korrespondent Stefan Reinecke, ob der Bundesminister der Finanzen glaube, die Bundeskanzler:innenwahl gewinnen zu können.
Dass das Wahlprogramm der SPD sehr nah an dem der Grünen sei, sieht Scholz dabei nicht als Widerspruch. Im Gegenteil: Er wolle eine Regierung mit den Grünen bilden und somit ergebe es Sinn, dass die Parteien trotz ihrer Unterschiede viele Schnittmengen haben.
Für Scholz muss es zusammenpassen, denn der Politik stünden große Aufgaben bevor, das wurde in der Diskussion mit taz-Wirtschaftskorrespondentin Ulrike Herrmann. Dabei komme es auch darauf an, wie man diese angehe, so der Vizekanzler. „Für Windkraft sein, aber keine Windkraftwerke genehmigen ist kein gutes Konzept und das unterscheidet uns von anderen. Zumindest haben sozialdemokratisch geführte Regierungen mehr Windkraftanlagen genehmigt als grün-geführte.“ (kaj)
Saufen, aber kein Sex
18.20 Uhr: Stefan Kleies Erfahrungen mit Rechten begannen mit der Recherche für einen Artikel. “Ich war wandern mit denen, ohne je selber rechts zu sein. Und ich habe auch gesagt, ich gucke mir das nur an. Aber dann begann diese kognitive Dissonanz“, sagt der Journalist Kleie.
Bei Per Leo, dem Co-Autor von „Mit Rechten reden“ ist der Kontakt aus seiner extremen Neugierde entstanden. “Und so hab ich Streifzüge durchs rechte Milieu gemacht“, erzählt er. “Aber hast du denn wirklich mit denen gesoffen?“, hakt Moderatorin Silke Burmester nach. “Gesoffen würde ich nicht sagen, aber ja, ich habe Alkohol konsumiert mit Vertretern der Neuen Rechten.“
Bis zum Äußersten sei er nicht gegangen. “Das da wäre?“, sagt Burmester. “Sex!“, sagt Per Leo und lacht. Im Cornershop diskutieren Burmester und ihre Gäste Stefan Kleie und Per Leo ihre Erfahrungen mit Rechten, die Entmystifizierung dieser, das Innenleben von Pegida, wie man mit Rechten redet und diese dabei ordentlich ins Schwitzen bringt. (ans)
Blumen gegen Kemmerich
17.55 Uhr: Mit „Die Geste des Jahrhunderts“ ist das Gespräch von taz-Redakteur Jan Feddersen mit Susanne Hennig-Wellsow, der Bundesvorsitzenden der Linkspartei und ehemaligen Fraktionsvorsitzenden in Thüringen, überschrieben.
Gemeint ist der Moment, als Hennig-Wellsow dem FDP-Politiker Thomas Kemmerich einen Blumenstrauß vor die Füße warf, nachdem sich dieser mit AfD-Stimmen zum Thüringer Ministerpräsident hatte wählen lassen. Wie sie sich dabei gefühlt hat, wollen die Zuschauer:innen wissen. „Das war ein wildes Potpourri aus Wut, Enttäuschung, Schock, auch Verachtung“, sagt Hennig-Wellsow – ein gefühlsmäßiger Ausnahmezustand, „Alles, was ich da gefühlt habe, war sehr politisch motiviert.“
Hennig-Wellsow spricht auch über ihr Aufwachsen in der DDR, über die Wendezeit und ihren Weg in die Politik. Relativ spät, mit Mitte 20, trat sie der Partei bei. Links sei sie schon vorher gewesen, sagt Hennig-Wellsow und beschreibt einen Besuch in der Gedenkstätte Buchenwald in der 5. Klasse als einschneidendes Erlebnis: „Das hat mich dermaßen tief gegriffen, dass es meine konsequente antifaschistische Haltung bis heute prägt.“
Als Politikerin wolle sie gestalten. „Ich habe das große Glück gehabt, sechs Jahre eine Regierung zu führen und zu erfahren, dass man als Linke in einer Regierung gesellschaftliche Veränderungen erreichen kann“, sagt Hennig-Wellsow. Das sei für sie auch die Erfahrung gewesen „im tiefsten Inneren zu begreifen, was es bedeutet, Demokratie zu leben.“ (alw)
Soziologe Heinz Bude: Corona ist nur der Anfang
17.50 Uhr: “Die Corona-Pandemie ist das Beginn-Ereignis einer ganzen Extremereignis-Periode, die uns noch bevorsteht“, sagt Heinz Bude, Soziologe und Teil der Arbeitsgruppe “No Covid“. Im Gespräch mit taz-Chefredakteurin Barbara Junge seziert er die aktuell herrschende Stimmung in der Bevölkerung.
Bude sagt, es herrsche eine unterschwellige Angst, dass ein gemeinsames Leben nicht aufrechterhalten werden könne. Außerdem sprechen die beiden darüber, wie soziale Ungleichheiten durch die Pandemie verstärkt werden und wie die post-pandemische Welt aussehen könnte. (kaj)
Mit Shirts für mehr Selbstwert
17.45 Uhr: „Die Sexualisierung des weiblichen Körpers basiert auf der Zuordnung des Geschlechts. Das ist nicht biologisch begründbar, sondern sozial konstruiert“, sagt Lina Lotte Richert. Sie ist Gründerin des feministischen und fairen Fashion-Labels „nofretitty“. Mit Shirts, auf denen nackte weibliche Brüste und Nippel abgedruckt sind, wolle sie für deren Desexualisierung einstehen, sagt sie im „Cornershop“-Stream.
Wieso sie sich für den Namen „nofretitty“ entschieden hat? Sie lächelt, als sie den Wortwitz aus dem Englischen „no free titty“ und Nofretete erklärt: „Der Name bedeutet ‚Die Schöne ist gekommen.‘ Und ich finde, dass das mehr als nur passt, schließlich sind alle Frauen schön und ich will, dass sie das auch so sehen können.“ (ans)
Joschka Fischer über das neue Potential der Grünen
17.30 Uhr: „Wir Grünen haben ein Riesenglück mit diesem Duo“, sagt Grünen-Urgestein Joschka Fischer zu taz-Chefreporter Peter Unfried bei „Kann Deutschland Zukunftspolitik?“ und bezieht sich damit auf die beiden Vorsitzenden der Partei, Annalena Baerbock und Robert Habeck. Ob Baerbock als Kandidatin den Kampf ums Kanzleramt gewinnen könne? Fischer antwortet nur knapp: „Ich wünsche es mir sehr.“
Es gehe nicht darum, dass man in Zeiten der Klimakatastrophe Politik für sich selbst mache oder sich in einer Wahlnacht inszeniere und feiere, sagt Joschka Fischer. Damit verkenne man die reale Gefahr der Situation. Er betont: „Wir müssen mit dem ökologischen Umbau, dem Klimaschutz und auch mit sozialen Fragen Ernst machen.“
Der ehemalige Vizekanzler und Außenminister der Bundesrepublik warnt vor gefährlichen Entwicklungen in verschiedenen Gegenden weltweit: Die Diskussionen zwischen den USA und China um Taiwan sowie die jüngsten Entwicklungen in der Ostukraine seien höchst besorgniserregend.
Fischer sagt, für Deutschland gehe es vor allem wieder um mehr Investitionen in Europa. Es gelte nun, neue Standards zu setzen, auch um gegenüber aufsteigenden Großmächten wie China wettbewerbsfähig und – als Europa – ein Machtfaktor zu bleiben. (sir)
Angela Richter über das Image von Whistleblowern
17.25 Uhr: Wie kann das Verhalten der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit Whistleblowern wie Julian Assange der Edward Snowden bewertet werden? Darüber reflektiert die Veranstaltung “Solidarität mit Whistleblowern“, geführt von Michael Sontheimer, Mitglied der taz Panter Stiftung, mit Angela Richter.
Die Regisseurin hat Julian Assange bei einem Interview in der ecuadorianischen Botschaft in London kennengelernt. Sie sagt: “Er entspricht überhaupt nicht dem Bild des narzisstischen Egomanen, das die Presse von ihm zeichnet.“
“Man hat den Scheinwerfer von den durch ihn aufgedeckten Kriegsverbrechen stattdessen auf seine Person gerichtet“, sagt Richter. Die Heuchelei westlicher Mächte werde deutlich, wenn man die Behandlung von Snowden und Assange mit dem aktuellen Fall Navalny vergleiche. (piw)
Was heißt eigentlich „Verzicht“?
17.20 Uhr: Jann-Luca Künßberg wendet sich der „Ästhetik der Askese“ zu und diskutiert darüber mit Ulf Poschardt, dem Chefredakteur der „Welt“ und dem Umweltökonomen Niko Paech. Am Anfang wird die Frage in den Raum geworfen, ob Verzicht nicht der Genussfähigkeit gleich gesetzt werden kann, und stellt die Zuschauer:innen so vor ein Gedankenexperiment.
Verzicht sei eine bürgerliche Tugend, betont Poschardt, eine Form des Bewusstseins im Konsum, die er als wichtig ansieht. Denn „die vornehmste Form des Konsums ist der Verzicht“, sagt er. Paech hingegen lehnt den Begriff des Verzichts grundsätzlich ab: „Der Begriff ist so unnötig“. Er sieht es kritisch, „sich das Recht herauszunehmen, andere sollten es tun“. Das führe dazu, dass eine ökologische Grundlage verloren gehe. (roz)
Das bietet das Internet abseits der Tech-Giganten
17.10 Uhr: “Unsere Gegenwart besteht aus privatisierten Märkten“, sagt der Soziologe Philipp Staab im Talk über digitalen Kapitalismus, „Und unsere Welt wird dominiert von den bekannten Tech-Giganten.“ Sich diesen zu entziehen, ist schwer: “Es ist nicht immer eine freie Entscheidung von Menschen, welche Firmen sie unterstützen“, sagt Carina Lüschen, Doktorandin der Kunst- und Bildwissenschaften und DJ. „Außerdem gibt es finanzielle und bildungspolitische Unterschiede. Diese Aspekte werden oft nicht bedacht.“
Taz-lab-Redakteurin Shayna Bhalla will mehr zu Perspektiven und Schwierigkeiten wissen. Ela Kagel, Digitalstrategin und Geschäftsführerin von Supermarkt Berlin, eines Community-Hubs für Digitale Kultur und Alternative Ökonomien, sagt zur Zukunft des kommerziellen Internets: “Da gibt es viele Meilensteine, die noch vor uns liegen.“ (kaj)
Bagatellisiert postkoloniale Theorie die Shoah?
16.50 Uhr: In der Diskussion um eine mögliche Verharmlosung des Holocausts durch postkoloniale Theorie sagt Steffen Klävers bei „Decolonize Auschwitz: Wider und Für“: „Das sind Aufrechnungen, die stets moralisch argumentieren und darum sollte es nicht gehen.“
Der Forscher zeichnet im 'Cornershop’-Stream mit taz-lab-Kurator Jan Feddersen die Entwicklung des modernen Antisemitismus nach und verdeutlicht so die Unterschiedlichkeit von Rassismus bzw. Kolonialismus und Antisemitismus. „Das Problem ist: Der allgemeine Rassismusbegriff kann den spezifischen Charakter des Antisemitismus nicht erfassen“, sagt Klävers. (jom)
Umweltaktivismus in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion
16.40 Uhr: Umweltaktivismus ist in ehemaligen Ländern der Sowjetunion ein schwieriges Thema. Aktivist:innen werden regelmäßig von Regierungen unter Druck gesetzt. Alexandra Koroleva, Vorsitzende von „Ecodefense“, einer der ältesten russischen Umweltschutzorganisationen, berichtet mit der Umweltaktivistin Farida Sharifullina im Talk „Fridays for Future ist Zukunftsmusik“ von der aktuellen Situation und bisherigen umweltpolitischen Erfolgen. Moderiert und übersetzt wird die auf Russisch abgehaltene Veranstaltung von den taz-lab-Redakteur:innen Tigran Petrosyan und Anastasia Tikhomirova.
„Wie soll in einem Land wie Russland eine Fridays for Future-Bewegung entstehen, wenn die Regierung nicht davor zurückschreckt, sich gegen die eigene Bevölkerung zu stellen und Demonstrationen unter massiver staatlicher Gewaltanwendung aufzulösen“ sagt Alexsandra Koroleva und verweist auf mehr als 11.000 Festnahmen bei den Protesten im Januar gegen die Inhaftierung Nawalnys. „In einem so repressiven Land gibt es größere Probleme als das Klima.“
Sharifullina wünscht sich mehr Aufmerksamkeit von europäischer und speziell deutscher Seite: Themen wie Klimawandel und -aktivismus bräuchten vor allem in Ländern wie Usbekistan mehr Sichtbarkeit durch die Presse. (rom)
Ein Kampf gegen dramatische Umstände
16.35 Uhr: Die Lage für geflüchtete Menschen an den europäischen Außengrenzen ist schlimmer denn je. Karolina, die für die kroatische Organisation 'Are You Syrious’ arbeitet, spricht mit taz-Redakteur Christian Jakob über illegale Pushbacks in Osteuropa. An der kroatischen Küste seien Misshandlung und Gewalt gegen Flüchtende an der Tagesordnung. “Das sind undokumentierte, gewaltsame Praktiken, die auch heute passieren.“
Die Investigativjournalistin Sally Hayden berichtet von unerträglichen Zuständen in libyschen Lagern. Seit 2017 unterstützt die EU die libysche Küstenwache, um Menschen abzuhalten, das Mittelmeer zu überqueren. Und Erik Marquardt, Mitglied des Europäischen Parlaments für die Grünen, stellt fest: “Ich glaube, dass die Asylpolitik die Verbindung zum Gesetz verloren hat.“
Ereignisse werden seitens der EU verleugnet, ironischerweise werde zugleich versucht, diese zu legalisieren, sagt Marquardt. Sein Fazit: “Wir haben jeden Grund, weiterzukämpfen und die Gesellschaft zu informieren, um ihre Meinung zu ändern.“ (piw)
Hitzige Diskussion über Wachstum
16.30 Uhr: In der Sache geeint, in der Umsetzung getrennt: Unter dem Titel „Wachstum oder kein Wachstum?“ diskutieren die Politökonomin Maja Göpel und der langjährige Chef der Heinrich-Böll-Stiftung Ralf Fücks mit Peter Unfried von der taz über die Zukunftsfrage der Gesellschaft.
Fücks plädiert für dynamisches Wirtschaften und die Entkopplung von Wachstum und Ressourcenverbrauch. Er nimmt dabei eine internationale Perspektive ein: „Es kommt nicht allein auf Europa an. Die großen Wachstumsschübe werden in Asien und Afrika kommen“, sagt er. Maja Göpel will Wohlstand anders definieren und kritisiert den Hang zum Wachstum: „Dynamik darf nicht nur eine Richtung und beschleunigen bedeuten.“ Sie wünscht sich fundamentale gesellschaftliche Reformen. (lak)
Wo Widerstand gegen Rechtspopulist*innen funktioniert
15.30 Uhr: Rechtspopulistische Parteien haben in der jüngsten Vergangenheit im europäischen Raum eine Phase des Aufschwungs erlebt – doch mit dem Erfolg von rechts macht sich auch Widerstand bemerkbar: Die drei Journalist*innen des Recherchenetzwerks „Europe’s Far Right“ Annalisa Camilli, Nina Horaczek und Márton Gergely erzählen von der Situation aus ihren jeweiligen Berichtsländern Italien, Österreich und Ungarn. Horaczek betont die gesunkenen Wählerzahlen der österreichischen FPÖ bis zu Beginn der Pandemie: „Seitdem hat ihr der Widerstand gegen die Corona-Maßnahmen sehr geholfen.“
Doch was helfe dagegen, dass sich eine rechte Partei immer stärker etabliert, will taz-Redakteur Christian Jakob, Moderator des Gesprächs, wissen. Horaczek antwortet: „Aus politikwissenschaftlicher Sicht betrachtet, würde ich sagen, dass die Stärke der FPÖ auch die Schwäche der anderen Parteien ist.“ (rom)
Hassbotschaften aus der Anonymität
15.30 Uhr: Das Internet und die Öffentlichkeit: Nie war es einfacher, mal eben Millionen Menschen zu erreichen. Und nie war es einfacher, unter dem Mantel der Anonymität Hassbotschaften und Gewaltverherrlichungen zu verbreiten. Doch digitale Gewalt werde nur sporadisch verfolgt. Und wer dagegen vorgeht, ist nicht ausreichend geschützt. Meron Mendel, der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, hat das erlebt. „Es kann doch nicht sein, dass wir Rechtsradikale nicht anzeigen können, ohne dass unsere Privatadresse online gestellt wird.“
Die Gewalt verfolgt Betroffene nicht nur körperlich, sondern auch emotional. “Ich musste mein Privatleben sehr umstellen, damit ich auf solche Angriffe besser vorbereitet bin“, sagt Mendel. Das habe ihn viele schlaflose Nächte gekostet. „Ich kriege bis heute noch Briefe mit Hassbotschaften.“
Die Politologin Ferda Ataman fordert daher härtere Konsequenzen für Hassredner*innen. „Maßnahmen müssen gemeinsam mit Betroffenen erarbeitet und deren Wirksamkeit ausgewertet werden.“ Außerdem brauche es mehr Telefon-Hotlines zur Unterstützung der Opfer rechter Gewalt. Sie findet, das Strafrecht müsse grundlegend überarbeitet und an das Internet angepasst werden.
Dafür möchte Ataman Plattformbetreiber stärker in die Pflicht nehmen. Es könne nicht sein, dass Politiker*innen mundtot gemacht werden: “Fehlen diese Stimmen, verlieren wir den Kampf gegen Faschismus. Es ist essentiell und die Demokratie lebt davon, dass Menschen ihre Standpunkte äußern.“ (tow)
Diskrepanz der Prozentpunkte
15.20 Uhr: Anna Lehmann lotet im Talk mit Janine Wissler, der Co-Vorsitzenden der Linkspartei, differenziert aus, wo die Partei in Deutschland steht und warum sie seit vielen Jahren bei sieben bis acht Prozent stagniert. Und das, obwohl es scheint, als gäbe es für die Themen der Linken eine breitere gesellschaftliche Mehrheit.
Auf Lehmanns Frage, ob den Linken seit einiger Zeit ein wirklicher „Gebrauchswert“ fehle, antwortet Wissler: Sie beobachte eine starke Resignation, eine Art Schockstarre in der Bevölkerung. Die Rückmeldungen seien häufig von Unglaube geprägt: „Ihr habt ja eigentlich recht, aber könnt doch auch nichts ändern!“ (sir)
Vergessene Geschichte und unpassende Begrifflichkeiten
15.10 Uhr: Versöhnung – ein Begriff der gerade in der deutschen Geschichte eine schwierige Tradition hat. Was Versöhnung heißt, dem nähert sich taz-Redakteur Jan Feddersen mit der Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann und dem Soziologen Natan Sznaider an. Der stellt gleich zu Beginn in Frage, ob der Begriff „Versöhnung“, der im Privaten eine große Rolle spielt, überhaupt in die Politik passt.
Er entstamme der Zivilgesellschaft, bedeute im Politischen aber etwas komplett anderes, sagt Sznaider. „Nach dem 2. Weltkrieg wurde nicht vergeben, es wurde vergessen“, sagt Aleida Assmann, „Das neue Europa wurde auf dem Vergessen begründet.“
Das habe schon damit angefangen, dass verschiedene Nationen in der Lage waren, ihre Geschichte hinter sich zu lassen: „Die Verbrechen Stalins wurden vergessen, dass es ein Vichy-Frankreich gab wurde vergessen“, sagt sie. (daz)
Wir als digitale Bühne
15.00 Uhr: Der Perfomerin Mira Kandathil gelingt in aufrührender Weise, die Zuschauer*innen im „Cornershop“ mit Kunstfiguren durch eine Theaterperformance zu führen. „Kunstfiguren transformieren mich“, sagt Kandathil.
Ihr Vortrag „Poetik und Politik“ ist selbst eine Performance, und zwar von einer Kunstfigur, wie taz-lab-Redakteurin Mareike Barmeyer folgerichtig vermutet. Kandathil sagt: „Wir sind selbst unsere Bühne, weil unsere Körper schon die Bühne sind.“ (jom)
Erinnerungen wecken
15.00 Uhr: Der Künstler Miro Kaygalak und taz-Redakteurin Nina Apin sprechen bei „Unwanted Memories“ über die Kraft der Kunst für die historische Erinnerung. In seiner Installation „Dual-Use“ in Berliner U-Bahn-Höfen, hat Kaygalak 2019 die Werbeflächen genutzt und Äpfel abgebildet.
Der Apel sei einerseits Konsumgut, mit den Namen getöteter Menschen im Irakkrieg versehen, auch ein Erinnerungsträger. Das dort eingesetzte Giftgas habe nach Äpfeln gerochen. „Erinnerungen brauchen Trigger“, sagt Kaygalak, „und Duftstoffe sind besondere Trigger“.
Mit der Installation „Dem Deutschen Volke“, die er in einen Baseballschläger eingraviert hat, macht Kaygalak vielschichtig auf die Inanspruchnahme rechter politischer Bewegungen der ganzen Gesellschaft aufmerksam. Sein „Herzensprojekt“ sei die Uhr „1915-20:15. Sie erinnert an den Genozid der Türken an den Armeniern am 24. April 1915, jeden Tag in einer einzigen Minute. So soll die Erinnerung stärker im Alltag verankert und die Zeiteingebundenheit des Menschen symbolisiert werden. „Das Asthetische ist allein die Intervention in das Zählwerk“, sagt Kaygalak. (jol)
Für eine Abkehr von der Opferbezeichnung
14.30 Uhr: „Ich halte überhaupt nichts von der Konstituierung von Opfergruppen“, sagt die Ethnologin Susanne Schröter in der Podiumsdiskussion „Vielfalt gestalten“.
Sozialwissenschaftlerin Naika Foroutan antwortet ihr: „Wenn man Menschen als Opfer bezeichnet, delegitimiert man im Grunde die Beschwerden.“ Zur Rolle des politischen Islams in Deutschland äußert sich Schröter vehement: „Das sind Akteure, deren Aktivitäten unserem Grundgesetz zuwiderlaufen“. (jom)
Schulsystem als Katalysator für verharrende Strukturen
14.20 Uhr: Im „Salon“-Stream widmen sich der Soziologe Aladin El-Mafaalani und die Journalistin Melisa Erkurt im Gespräch mit Volkan Ağar von der taz einem wichtigen Streitthema der Pandemie: „Aber die Schulen!“. Dabei diskutieren sie, inwiefern unser Bildungssystem selbst als ein Katalysator für gesellschaftliche Ungleichheiten wirken kann.
Melisa Erkurt, Autorin und selbst ehemalige Lehrerin, sagt: „Schulen können soziale Ungleichheit verstärken.“ Im Gespräch warnt El-Mafaalani, „wenn die epidemiologische Krise zu Ende ist, fängt die Bildungskrise erst richtig an“. (daz)
Annalena Baerbock im Gespräch
14.00 Uhr: „Wir sind der Underdog, wir fordern die Union heraus. Wir sind überzeugt, es müssen sich Dinge fundamental ändern“, sagt Annalena Baerbock, Vorsitzende und Kanzlerinkandidatin der Grünen, selbstbewusst im taz lab-Gespräch. Und lässt sich auch nicht aus der Ruhe bringen, als Moderator Ulrich Schulte, Leiter des Parlamentsbüros der taz, immer wieder nachbohrt, ob sie sich das Amt zutraut, ob ihre fehlende Regierungserfahrung kein Manko sei.
1400 Menschen schauen zu, chatten ungehalten, fordern Inhalte, statt Personalien. Nach einer halben Stunde geht dieser Wunsch in Erfüllung: Dann dreht sich die Diskussion um das 1,5-Grad-Ziel, umweltschädliche Subventionen, um die Erbschaftssteuer.
Baerbock präsentiert sich ambitioniert, aber auch als Realpolitikerin, die die Möglichkeiten, Schwierigkeiten und den Ausgleich der Interessen im Blick hat. Was ihre erste Amtshandlung als Kanzlerin wäre, will Schulte zum Abschluss wissen. „Ein Klimaschutz-Sofortprogramm auf den Weg bringen“, sagt Baerbock. Das nehme die Bundesregierung dann mit zum Klimagipfel 2021 in Glasgow. (alw)
Ostdeutschland in Bewegung
14.00 Uhr: Bei „Ostdeutschland in Bewegung“ spricht die Journalistin Julia Lorenz mit der Autorin Manja Präkels und Tobias Burdukat, Gründer des Dorfs der Jugend, über die Hin- und Wegzugsdynamiken in Ostdeutschland seit den Neunzigerjahren – und das, vor dem Kontext der politischen Entwicklung nach rechts. „Ich habe schon versucht, mit Leuten was dagegen aufzubauen“, sagt Manja Präkels. Aber aus Perspektivlosigkeit sei sie doch gegangen.
Burdukat ist einer von jenen, die geblieben sind, in Sachsen. Er hatte eine kleine Utopie: „Es war immer mein Traum hier in Grimma eine besetzte Zeckenbude zu haben, Konzerte zu machen und politische Veranstaltungen zu organisieren,“ sagt er.
„Inzwischen kommen die Leute endlich zurück“, sagt Präkels. Bring den Leuten die Welt. Man dürfe jedoch nicht naiv sein. „Es gibt Gegenden, da würde ich meinen schwarzen Freund nicht mit hinbringen“, sagt sie. Es bleibt ein ambivalentes Bild, an das sich Aufbruchshoffnungen heften: “Wir sind hier diverser als der Blick aus dem Westen annimmt“, sagt Präkels. Für die Zukunft wünscht sich Burdukat Erkenntnisgewinn: „Der Osten braucht ein weltoffeneres Weltbild und dafür müssen in der Zivilgesellschaft Beteiligungsprozesse etabliert werden.“ (jol)
Noch fehlt eine richtige Opposition im Iran
13.40 Uhr: „Der iranische Staatspräsident Rohani ist ein Wasserträger des Revolutionsführers Ali Chamenei“, sagt Bahman Nirumand, Germanist, Iranist und Autor, in der großen Diskussionsrunde „Islamische Paradoxien“ mit dem Politikwissenschaftler Michael Lüders, der Künstlerin Parastou Forouhar und der Autorin Charlotte Wiedemann.
Im Talk, moderiert von taz-Redakteur Jannis Hagmann, sagt Wiedemann: „Die iranische Bevölkerung weiß, dass die Hauptschuldigen für die Misere im eigenen Land sitzen“. Es mangele jedoch innerhalb der Bevölkerung an Einigkeit, um eine organisierte Opposition aufzubauen. (rom)
Abseits der Zwänge
13.35 Uhr: „Die Freuden der Unverfügbarkeit“ – Unter diesem poetischen Titel tauschen sich der Soziologe Hartmut Rosa und der Umweltökonom Niko Paech darüber aus, wie wir unseren Lebensstil ändern könnten. Und taz-Redakteurin Edith Kresta fragt, warum von dieser Änderung bisher so wenig zu sehen ist.
Rosa fordert ein Recht auf Unverfügbarkeit. Dies könne ein Lösungsansatz sein, um von „Selbstoptimierungszwang und Wachstumsdogmen“ wegzukommen. Auf eine Publikumsfrage stellt Rosa klar: „Mir geht es nicht um Reduktion, wir müssen weg von diesem blinden und perversen Zwang.“ Dabei seien Avantgardisten wichtig, sagt Niko Paech. Er kenne keinen demokratischen Wandel, der nicht von solchen ausgegangen sei. (daz)
Schulen in der Coronapandemie
13.20 Uhr: Kurzfristig umplanen, den Unterricht im Hybridmodell doppelt vorbereiten – in der Pandemie sind Lehrkräfte stark gefordert und viele Schüler*innen fühlen sich hilflos. Dass in der aktuellen Krisensituation nicht alles schlecht ist, stellen die Schulleiter Christof Haering und Hannes Ludwig in der Diskussion „Muss man erst schreien, bis was passiert?“ mit Anna Lehmann, der Leiterin des taz-Inlandsressorts, heraus. Vielmehr könne die Krise auch eine Chance sein.
“Was ich nicht gedacht hätte: Dass unsere Schüler so diszipliniert wären, sich dafür zu bedanken, dass sie zum Unterricht kommen dürfen“, sagt Ludwig. Sein Kollege Haering pflichtet ihm bei: “Und wenn wir da auch etwas Gutes draus machen, dann war die Krise eine Chance. Der Corona-Jahrgang sollte uns in Erinnerung bleiben als einer, der viel allein lernen musste.“ Um verpassten Stoff wieder aufzuholen, brauche es nun aber konsequentes Handeln und Planungssicherheit. (tow)
Luisa Neubauer im Gespräch
13.10 Uhr: In der Coronapandemie sei die Klimakrise ins Hintertreffen geraten. Das kritisiert Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer von Fridays For Future. Im Gespräch mit taz-Redakteur Peter Unfried erklärt sie, was es ihrer Meinung nach für eine nachhaltige Klimapolitik braucht.
„Klimapolitik schön an die Wand fahren, das macht man nicht allein, sondern als gesammelte Mannschaft. Und es gibt in der CDU niemanden der sagt, wir müssen was anders machen“, sagt Luisa Neubauer. Kann sich Neubauer vorstellen Klimapolitik parlamentarisch voranzutreiben? Die Aktivistin sagt: „In dem Moment, in dem ich merke, dass ich in der Umsetzung nützlicher bin als in der Bewegung, kann ich mir das vorstellen.“ (chg)
“Hannibal Reloaded“
13.00 Uhr: Taz-Redakteur Sebastian Erb erzählt bei “Hannibal Reloaded“, wie er mit einem Rechercheteam seit 2017 schrittweise ein Netzwerk von rechtsextremen Preppern aufgedeckt hat. Das Netzwerk geführt von André S, genannt Hannibal, wurde von Geheimdiensten zunächst als harmlos eingestuft.
„Es stellt sich die Frage“, sagt Erb, „wie ein Geheimdienst ein Netzwerk beurteilen kann, wenn es eine große Nähe gibt.“ Erst im Zuge breiterer Recherchen, auch durch andere Medien, haben sich zunehmend Verbindungen zur Polizei und Bundeswehr herausgestellt.
Es sei jedoch „juristisch schwierig, sich mit dem Prozess zu beschäftigen“, sagt Erb. 2020 hat der Militärische Abschirmdienst der Bundeswehr dann zugegeben, dass ein solches Netzwerk bestehe. taz-lab-Redakteurin Luisa Faust moderiert den Vortrag und anschließende Fragen aus dem Publikum. (jol)
Veganismus, Nachhaltigkeit und Marketing
12.55 Uhr: „Das Thema Vegan-Sein war in Deutschland lange Zeit sehr radikalisiert“, sagt Jan Bredack, der Gründer von Veganz. „Das musste ich auch spüren, als mein Auto angezündet wurde.“ Langfristig habe es jedoch funktioniert und die Diskussion sei mittlerweile sachlicher und breiter. Sachlich bleibt es auch bei „Veganer:innen sind die besseren Menschen“ im „Salon“-Stream mit dem Ernährungswissenschaftler Malte Rubach, moderiert von Nisa Eren.
„Veränderungen wie der Klimawandel können schnell Produktionsweisen über den Haufen werfen. Es werden noch viele unbekannte Größen kommen“, sagt Malte Rubach, der Ernährungsexperte. Umso wichtiger sei daher, dass es viel Auswahl in den Regalen gibt. (tat)
Respekt und Respektlosigkeit
12.45 Uhr: Gianni Jovanovic leitet den Gedankenaustausch über „Respekt. Was sonst?“ mit seiner außergewöhnlicher Lebensgeschichte, geprägt durch sein Aufwachsen als Roma, ein. Robert Habeck fässt es so zusammen: „Du bist also eine ganz schöne Krawallschachtel“. Jovanovic betont im Gespräch über Respekt und Respektlosigkeit vor allem Nächstenliebe, Glaube und Akzeptanz gegenüber anderen Lebensrealitäten. Das macht auch Interviewer und taz-lab-Kurator Jan Feddersen sichtlich emotional.
„Der Grat zwischen ‚faszinieren‘ und ‚verachten‘ ist ganz klein“, sagt Jovanovic. Der Comedian und Gründer der Initiative „Queer Roma“ ist eine der wichtigsten Stimmen gegen Rassismus und jede Diskriminierung, gegen rechts sowieso. Am Schluss wendet er sich an die Öffentlichkeit: „Wenn ihr uns nicht zuhört, dann werden wir uns Gehör verschaffen.“ (roz)
Zukunft von Kunst und Kultur
12.50 Uhr Uhr: Die Clubkultur in Berlin: Am Existenzminimum. „Es ist ein Kippmoment. Bisher ist niemand aus der Kurve getragen worden“, sagt Katharin Ahrend von der Berliner Clubcommission. Doch wie soll es weitergehen? Das diskutiert sie, der Künstler Thomas Lehnen und Kultursenator Klaus Lederer mit taz-Kulturredakteur Ulrich Gutmair.
„Es gibt keine Perspektiven und das belastet psychisch und langfristig in der Kulturszene,“ sagt Thomas Lehnen, Künstler und ehemaliger Vorstand der Clubcommission. „Manchmal kommen die Hilfen, manchmal kommen sie aber nicht. Die Planungssicherheit fehlt absolut.“ (eb)
Pandemie als Notbremse der Konsumgesellschaften
12.30 Uhr: „Kinder und Jugendliche sind die größten Verlierer der Pandemie“, sagt der Soziologe Harald Welzer. Im taz-talk mit Moderatorin Silke Burmester unter dem Titel „Wir changen nicht, wir werden gechanged“ geht es daher um die Situation der Jüngeren.
Etwa in der Schule: Obwohl es gute Konzepte für alternative Unterrichtsformen unter Pandemie-Bedingungen gebe, beharre die Kultusministerkonferenz auf Präsenzunterricht. „Etwas Dümmeres gibt es überhaupt nicht, keinerlei Flexibilität, und das Ganze geht auf dem Rücken der Kinder und der Schulen“, sagt Welzer.
Harald Welzer wird grundsätzlich: Unser Jahrhundert werde „konsumiert von den vorangegangenen Generationen“, die Probleme würden den Jüngeren „vor die Füße geschmissen.“ Diese Generationenungerechtigkeit würde in der Pandemie noch einmal wie unter einem Brennglas deutlich. (alw)
Westbalkan: Vielstimmige Schönheit
12.20 Uhr: „Wir wissen, was für uns am besten ist. Wir wollen einfach gehört werden“, sagt Gresa Hasa im Talk über feministischen Aktivismus und die Rolle der Europäischen Union im Westbalkan. Die albanische Journalistin unterstreicht Gemeinsamkeiten in Bezug auf aktivistische Kämpfe und in der gegenwärtigen Pandemie. Aber: Die EU solle nicht bevormunden.
Die Künstlerin Klelija Zhivkovikj aus Nordmazedonien bekräftigt außerdem kulturelle Verbindungen: “Stimmen sollten gehört werden, auch wegen ihrer Schönheit.“ (jof)
Eine sorgende Gesellschaft wäre wünschenswert
12.15 Uhr: Was es bedeutet, obdachlos zu sein und zwar abseits von Klischees, das zeigen taz-Redakteur Andreas Rüttenauer und die Teilnehmer:innen des Talks „Nachbarn ohne Obdach“. „Ich will mit Mythos aufräumen, dass Menschen freiwillig obdachlos wären, das ist absoluter Bullshit“, sagt Dirk Dymarski von der Selbstvertretung wohnungsloser Menschen.
Empfohlener externer Inhalt
Der Autor und Lehrer Markus Ostermair macht klar: „Vielen Obdachlosen fällt es schwer Hilfe anzunehmen, sie wollen Selbstwirksamkeit erfahren.“ Er sieht den Staat bei der Existenzsicherung in der Verantwortung. Der Sozialpädagoge Markus Kraft hingegen findet, dass Hilfe nicht allein Aufgabe des Staates sei. Er wünscht sich „eine sorgende Gesellschaft, die sensibel gegenüber Menschen ist, die sie umgibt.“ (aln)
Ist die Polizei reformierbar?
11.55 Uhr: Die Black-Lives-Matter-Proteste in den USA haben hierzulande eine Diskussion über strukturelle Probleme im Polizeiapparat und über das Strafsystem entfacht. „Die Probleme sind so massiv, dass die Idee aus den USA, eine Abschaffung der Polizei, als angebracht erscheint“, sagt Daniel Loick. Der Philosoph und Sozialwissenschaftler hält das für möglich.
Der Polizeiwissenschaftler Rafael Behr hält die Idee hingegen für intellektuell, pragmatisch sei eine Reform des Systems. Die Aktivistin Simin Jawabreh sieht die Polizei „auf einem kolonialen Unterbau“ und fordert, polizeilichen Institutionen die Finanzierung zu entziehen. Einig sind sich bei „Achtung, Polizei“, moderiert von taz-Redakteur Konrad Litschko, alle darüber, das eine Transformation der Polizei notwendig ist.
„Es wäre schön, wenn das eine akademische Diskussion wäre“, sagt Loick über eine mögliche Abschaffung der Polizei zu Rafael Behr. Der hält gegen: „Die Polizei ist eine zivile Organisation in der Gesellschaft, sie integriert gesellschaftliche Interessen und sie ist reformierbar.“ (aln)
Gesunde Erde – Gesunde Menschen!
11.50 Uhr: „Wenn wir Menschen immer so schlau sind, warum zerstören wir dann unser Zuhause? Das ist für mich die größte Frage unserer Zeit“, sagt Eckart von Hirschhausen. Unter dem Titel „Verzichtest du schon?“ spricht Shayna Bhalla mit dem Autor und Mediziner zu einer emotionaleren Klimakommunikation.Eckart von Hirschhausen fordert: „Wir müssen die Klimakommunikation viel emotionaler machen!“(jom)
Das Ziel des Wirtschaftens
11.50 Uhr: Er hat das Modell der „Gemeinwohlökonomie“ entwickelt, in dem das Wohl von Mensch und Umwelt zum obersten Ziel des Wirtschaftens werden soll. Der österreichische Publizist Christian Felber diskutiert im „Salon“ mit Ulrike Herrmann darüber, wie es mit der Idee weitergehen kann.
„Mit der Gemeinwohlökonomie soll die Erfolgsmessung weg von Renditen und dem Bruttoinlandsprodukt auf komplett andere Ziele gelenkt werden“, sagt Felber. Das können zu Beispiel eine 20-Stunden-Woche, mehr Zeit für demokratische Engagements und Pflegearbeit sein. „Märkte sollen dadurch eine geringere Rolle spielen,“ sagt er. (tat)
Immer noch zu wenige Frauen in Machtpositionen
11.30 Uhr: “Gesetzgebung wird anders, wenn andere Lebensrealitäten mitgedacht werden“, sagt Kristina Lunz, Mitgründerin des „Centre for Feminist Foreign Policy“. Daher plädiert sie in der Diskussion mit taz-Redakteurin Patricia Hecht für mehr Frauen in Machtpositionen. Feministische Außenpolitik? “Mit Annalena Baerbock besteht auf jeden Fall Hoffnung“, sagt Lunz zur Kanzlerkandidatin der Grünen. (jof)
Grüne für alle, alle für Grün
11.00 Uhr: Es geht um alles: Sind die Grünen mehrheitsfähig? Robert Habeck, Parteivorsitzender von Bündnis 90/ Die Grünen, erzählt im Gespräch mit taz-Redakteur Peter Unfried, wie die Partei die Weichen Richtung Bundestagswahl stellt. Das Thema: sozial-ökonomische Transformation – und wie wichtig die gesellschaftliche Mitte dafür ist.
„Die Wirtschaft soll prosperieren. Aber nur zu sagen, wir machen Gewinne, hat sich als falsch erwiesen“, sagt Habeck im Gespräch mit Peter Unfried. „Wir müssen die Gerechtigkeitsfrage noch einmal neu stellen, sonst wird man die brennenden politischen Fragen nicht lösen und die Mehrheit nicht erreichen können“, sagt er. Ein Wink Richtung Bundestagswahl? Robert Habeck gibt sich heute analytisch: „Eine Gesellschaft, die ihre Mitte nicht mehr hat, ist eine taumelnde Gesellschaft. Das sieht man an den USA unter Trump.“ (chg)
Igor Levit spielt die „Mondscheinsonate“
10.55 Uhr: Wie man ihn kennt und liebt: Mit der Mondscheinsonate steigt Igor Levit in die Veranstaltung „The People United Will Never Be Defeated“ ein. In Zeiten des Lockdowns ist er mit seinen bis heute 52 Hauskonzerten zu einem Sinnbild für Zusammenhalt geworden.
„Man erzählt uns von Total-Shutdowns, aber es gibt gar keine“, sagt Levit im Gespräch mit Vincent Bruckmann, taz-lab-Redakteur. Den Frust der Branche könne der Pianist gut verstehen: „Die Pandemie wird in die Länge gezogen und dadurch werden Menschen in Gefahr gebracht. Das führt dazu, dass die Kunst- und Kulturwelt gerade stirbt.“ (tow)
Ausblick auf Thüringens vorgezogene Wahl im September
10.55 Uhr: „Die Normalisierung von Nazi-Rhetorik in unseren Landtagen macht mir Sorge“, sagt Katja Wolf, Oberbürgermeisterin von Eisenach. Mit Pascal Beucker von der taz und Hendrik Knop, dem grünen Ortschaftsbürgermeister im Landkreis Gotha, spricht sie über das Thüringer Regierungsgeflecht und den Umgang mit Rechts.
Katja Wolf sagt: „Herauszufinden, mit wem es sich noch lohnt zu reden und mit wem nicht – das ist die Herausforderung und ein Spagat.“ Hendrik Knop ist überzeugt: „Wenn man mit Menschen agiert, kann man sie auch gewinnen.“
„Die Vorstellung, dass SPD und Grüne hinter AfD und NPD bleiben, das gibt mir Magengeschwüre“, sagt Wolf über Thüringen, wo im September vorgezogene Neuwahlen anstehen. Und sie stellt eine These auf: „Politischen Anstand gibt es nicht mehr, wenn es um Machtfragen geht.“ (aln)
Abkehren von normierter Zweigeschlechtlichkeit
10.50 Uhr: „Die Unterscheidung nach Intimbausatz ist überholt,“ sagt Felicia Ewert. Die Diskussion „Open for Debate? Transphobie, Biologismen und normierte Zweigeschlechtlichkeit“ im Cornershop des taz lab, moderiert von taz-lab-Redakteur Raoul Spada, wird schnell zum Schlagabtausch zwischen der Autorion Ewert und Till Randolf Amelung, ebenfalls Autor. Für Amelung verschärfe die Definition „non-binary“ existierende Geschlechterrollen und sei somit „nicht hilfreich“.
Ewerts Reaktion: „Willst du non-binary Personen ihr Existenzrecht absprechen?“ Inwiefern non-binary Personen für den äußeren Betrachter Weiblichkeit oder Männlichkeit repräsentierten, sei für deren Ablehnung einer Geschlechtszuweisung hinfällig. (lag)
Taiwans Digitalministerin fordert demokratische Technologie
10.45 Uhr: Mit Audrey Tang, der Digitalministerin in Taiwan, und Janka Oertel, Sinologin und Politikwissenschaftlerin, spricht taz-Wirtschaftsredakteur Felix Lee bei „Chinas digitaler Aufstieg“ über die Chancen und Risiken der Entwicklung des Reichs. „In Taiwan haben wir eine sehr gut ausgebaute Künstliche Intelligenz. Wir glauben, dass es eine demokratische Technologie sein soll, keine autoritäre“, sagt Tang mit Blick nach China.
Die Menschen, die am meisten mit Künstlicher Intelligenz in Berührung kommen, sollen sie verändern und mitbestimmen können, sagt Audrey Tang. „Wir sehen KI als Ermächtigung der Demokratisierung. Und nicht andersherum.“
„Wir machen uns kleiner als notwendig. Auch in Europa haben wir Möglichkeiten und Potenzial“, sagt Janka Oertel über technische Entwicklungen, „Wir brauchen gute Partnerschaften, zum Beispiel mit Taiwan.“ Nur zuzuschauen, wie sich China entwickelt, das reiche nicht. (tat)
Medien sollen Belarus weiter im Fokus halten
10.35 Uhr: Der demokratische Aufbruch in Belarus ist weiblich, daher gibt es auch ein rein weibliches Panel zur Situation: Barbara Oertel, Osteuroparedakteurin der taz, und taz-lab-Redakteurin Anastasia Tikhomirova reden mit den Journalistinnen Olga Deksnis und Janka Belarus sowie der Philosophin Tatiana Shchyttsova. Anders als 2020 würden die Proteste nun eher vereinzelt aufflammen und wieder erlöschen.
“Wer nicht für den Präsidenten Alexander Lukaschenko ist, spürt die Repressionen in vollen Zügen“, sagt Olga Deksnis. “Viele, die ausgewandert sind, haben nicht mehr vor, zurückzukommen.“ Belarus habe sich nachhaltig verändert, sagt Tatiana Shchyttsova: “Das Wort Revolution zu verwenden, ist gerechtfertigt.“ Die Reaktion in Europa enttäusche sie. “Wir sehen einen Kontrast zwischen geäußertem Pathos und tatsächlichen Taten.“ Ihre Bitte an Journalist:innen: “Behaltet Belarus im Fokus.“ (jof)
Grün für alle, alle für Grün?
10.30 Uhr: Im taz-Haus diskutiert Co-Parteivorsitzender Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) mit taz-Chefreporter Peter Unfried. (kla)
Langer Weg zur Abrüstung
10.00 Uhr: Wie ein Dialog zwischen Nato und Russland und eine Abrüstung gelingen kann, das diskutiert Ellen Ueberschär, Vorständin der Heinrich-Böll-Stiftung, mit Matthias Höhn in „Freund-Feind, Ost-West“. Er ist sicherheitspolitischer Specher der Linksfraktion.
“Es gibt manchmal Sanktionen die muss man 40 Jahre lang durchhalten“, betont Ellen Ueberschär. Die Chefredakteurin der taz Ulrike Winkelmann moderiert dieses Gespräch mit Matthias Höhn. Der ist der Meinung, dass es vor allem mehr Initiative brauche: “Wir sind bei der atomaren Frage eigentlich auf dem Rückwärtsweg“, sagt er. (jof)
Bundesländer müssen Fläche für Windräder stellen
9.55 Uhr: „Wind- und Solarenergie sind Primärenergien der Zukunft“, sagt Patrick Graichen, Direktor der Agora Energiewende. Der Energieexperte stellt in der Diskussion „Die grüne Null“ mit Matthias Miersch (SPD) und Bernhard Pötter von der taz fünf Strategien zur Klimaneutralität bis 2050 vor. Eine seiner Forderungen: „Baut dreimal so viel Wind-und Solarenergie pro Jahr“. Matthias Miersch, der Vizechef der SPD-Fraktion gibt dabei zu bedenken: „Die Mehrheit des Bundestages ist aktuell gegen den Ausbau erneuerbarer Energien“.
Woran es hakt: „Unter anderem an AfD und FDP“, sagt Miersch. „Der Markt baut kein Windrad, ich brauche daher Bundesländer, die die Fläche stellen“, fügt Graichen hinzu. Das Wichtigste sei, gleich nach der Bundestagswahl ein Programm auf den Tisch zu legen und damit den Hebel umzulegen. (aln)
Mit Worten und Taten gegen das Stigma
9.45 Uhr: „Du musst die Gedanken einfach aus dem Kopf bekommen. Reiß dich doch zusammen. Du bist nicht krank“ – das sind nur einige Phrasen, die der Reporter Martin Gommel und die Sängerin Marie-Luise Gunst während ihrer Krankheit getroffen haben. Bei „Raus aus der Dunkelheit! Mit und über Depressionen sprechen“ wird die Gefahr solcher Sätze thematisiert.
„Wie viel Prävention kommt eigentlich an?“, wirft Peter Zwanzger in den Raum. „Auf abstrakter Ebene regiert Offenheit, auf persönlicher Ebene aber sehen sich Betroffene mit Stigmatisierung, Unverständnis und Hilflosigkeit konfrontiert“, sagt Zwanzger, Chefarzt im Bereich Allgemeinpsychiatrie.
Die Runde, moderiert von der taz-lab-Redakteurin Klaudia Lagozinski, ist sich einig: Ein Teil der Lösung könne nur eine authentische und offene Kommunikation über Depression sein. Das kann mit einem Fach „Seelische Gesundheit“ anfangen. Und Betroffene aus der Berufswelt herauszufiltern, das sei eine vertane Chance. (lag)
Genossenschaft erbt Anteile und erhält Zuspruch
9.50 Uhr: Generationenprojekt taz: Wie die Zukunft der Tageszeitung und der Genossenschaft aussehen kann, diskutieren Konny Gellenbeck, Malene Gürgen und Hermann-Josef Tenhagen bei „Erben und Vererben“ im „Mainstream“ mit Martin Kaul.
„Leute sind bereit, ihre Genossenschaftsanteile an die taz zu vererben. Denn die taz ist eine Lebensbegleiterin für sie“, sagt Konny Gellenbeck aus dem Vorstand der taz Panter Stiftung. Hermann-Josef Tenhagen, Aufsichtsrat der taz Genossenschaft, sagt: „Das Geld, das in der Genossenschaft steckt, ist politisches Engagement. Und dieses Geld unsterblich zu machen – das ist für viele Menschen das wichtigste Motiv beim Vererben.“ (chg)
Physiker über immer intelligentere künstliche Intelligenz
9.50 Uhr: „Künstliche Intelligenz kann Gesichtsprofile und Videos mit passender Stimme und Mimik erstellen“, sagt Wolfgang Ertel. „So können wir Menschen alles sagen lassen. Wir haben keine Chance zu erkennen, ob die Menschen real sind.“
Der Leiter des Instituts für Künstliche Intelligenz der Hochschule Ravensburg-Weingarten spricht mit Ulrike Herrmann von der taz über das Potenzial von KI und mögliche Zukunftsszenarien. „Die Frage ist, wann die Roboter schlauer sein werden als wir“, sagt er. „Bei uns Menschen nimmt die Intelligenz nicht mehr zu, während sie bei Computern exponentiell steigt.
Der Physiker warnt: „Es kann zu einem Cyberkrieg kommen. Die Technik wird in den nächsten Kriegen im Einsatz sein. Wir Bürger müssen darüber diskutieren können, ob wir das wollen.“ (tat)
Gianni Jovanovic sieht Identität als Prozess
9.30 Uhr: „Im besten Fall ist Identität selbst ein Prozess des Wandels, den wir jeden Tag vorantreiben.“, sagt Gianni Jovanovic in der zweiten Begrüßungsrede zum taz lab. Der Comedian und Gründer von „Queer Roma“ ruft dazu auf, die eigene Sprache, Gefühle und das Wertesystem zu überprüfen. (toh)
Aminata Touré fordert Veränderung
8.45 Uhr: „Ich glaube an Veränderung, aber nicht daran, dass es ein Automatismus in der Zeitgeschichte ist“, sagt Aminata Touré, Vizepräsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landtages für die Grünen, in ihrem Grußwort zum taz lab 2021. Jede und jeder Einzelne müsse Teil dieser Veränderung sein.
Aminata Touré zitiert in ihrem Appell den großen afroamerikanischen Schriftsteller James Baldwin. Der hat gesagt: „Ihr habt mir immer gesagt, es braucht Zeit… Wie viel Zeit braucht ihr für euren Fortschritt?“ Denn Geduld zu haben, das sei oft eine Ausrede, um Wandel zu verhindern, sagt Touré. (toh)
Herzlich willkommen!
8.00 Uhr: Der Morgen in Berlin vor dem taz Haus an der Friedrichstraße 21: sonnig, kühl und taz lab-angemessen. So ist es ja immer: Am Tag, an dem der taz Kongress stattfindet, schämen, ginge dies, Regen und Wolken vorbeizukommen. Der Tag kann beginnen, über Nacht sind noch sehr viele Mails eingetrudelt: Tickets, bitte! Ja, gleich, kriegen wir hin. Das taz Haus wird ein brummeliger taz lab-Bienenstock, die ersten sind schon da, aus der taz Kantine und der taz lab-Orga. Herzlich willkommen! (jaf)
Vor dem taz lab ist nach dem taz lab
7.30 Uhr: Während Berlin noch schläft, gehen im taz-Haus und an den Home-Office-Arbeitsplätzen der taz lab-Redakteur*innen die Vorbereitungen in die allerletzte Runde. Seit 6 Uhr wird gecheckt, gebrieft und vor Ort auf Covid-19 getestet, damit in einer Stunde Jan Feddersen, Simone Schmollack und Martin Kaul gemeinsam mit Aminata Touré und Gianni Jovanovic mit “Hereinspaziert!“ den ersten digitalen Kongress der taz feierlich eröffnen können. (kla)
Den Live-Ticker mit Inhalt versorgen die taz-Blogger*innen Tobias Hausdorf (toh), Christina Gutsmiedl (chg), Alena Weil (alw), Larena Klöckner (lak), Tobias Westphal (tow), Elisa Busch (elb), Lynn Schmickler (lys), Simon Rösler (sir), Ronja Zemmrich (roz), Jonas Frankenreiter (jof), Robin Mateus (rom), Pia Wieners (piw), Alina Nitsche (aln), Johanna Losacker (jol), Lisa-Marie Jordan (lij), Tamara Teuber (tat), David Zauner (daz), Karolina Justus (kaj), Laura Gramm (lag), Johannes Müller (jom), Sarah Vojta (sav) und Anouk Melina Schlung (ans).
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