SPD, Waffen und Haushaltsausschuss: Drohnen werden Wahlkampfthema

Kampfdrohnen, ja oder nein? Die SPD kann sich nicht festlegen. Damit könnte das Thema auf die Grünen zurollen.

Die graue Drohne steht auf dem Rollfeld der ILA

Die Drohne Heron TP in Berlin 2016 auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung Foto: CommonLens/imago

BERLIN taz | Eigentlich sollte jetzt alles vorbei sein. Wäre es nach Union und Teilen der SPD gegangen, hätte der Haushaltsausschuss des Bundestags am Mittwoch beschlossen, dass die Bundeswehr Waffen für ihre Drohnen bekommt. Schon letzte Woche hatte sich allerdings abgezeichnet, dass die Abstimmung vor Weihnachten nicht auf die Tagesordnung kommt.

Nun wird klar: Daraus wird auch in der restlichen Legislaturperiode nichts. Am Mittwoch sagte Carsten Schneider, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, er halte es für ausgeschlossen, eine so „maßgebliche Entscheidung in der Schlusskurve der Großen Koalition zu fällen“.

Geplant war das anders: Der Koalitionsvertrag sah vor, erst eine öffentliche Debatte zu führen und dann zu entscheiden. Eine Debatte fand inzwischen statt, sie reicht Parteichef Norbert Walter-Borjans aber nicht aus. Er forderte zuletzt, die Abstimmung auf unbestimmte Zeit zu verschieben.

In der SPD-Fraktion votierte am Dienstag eine Mehrheit für diesen Vorschlag, da bisher nur Fachkreise debattiert hätten und die breite Öffentlichkeit gespalten sei. Mehrere SPD-VerteidigungsexpertInnen hatten so vehement wie erfolglos dagegengehalten – sie argumentierten mit dem Schutz deutscher SoldatInnen im Einsatz.

Uneinige SozialdemokratInnen

Der verteidigungspolitische Sprecher und Drohnenbefürworter Fritz Felgentreu trat nach der Sitzung prompt zurück. Allerdings ist das nur eine Geste, er scheidet 2021 sowieso aus dem Bundestag aus. Seine Nachfolgerin wird Siemtje Möller, die neue starke Figur des rechten Parteiflügels. Sie ist auch neue Sprecherin des Seeheimer Kreises – und teilt Felgentreus Einschätzung.

Wo die SPD in der Frage nun steht, ist unklar. Die Vertagung bedeutet nicht, so Geschäftsführer Schneider, dass man gegen bewaffnete Drohnen sei. Dass die SPD die Entscheidung verschiebt, hat auch taktische Aspekte: Möglicherweise erben die Grünen das Thema, falls sie in Koalitionsverhandlungen 2021 der Union gegenübersitzen. Und letztere will die Drohnen unbedingt.

Die Position der Grünen ist derzeit klar: Sie sind – wie übrigens auch die Linkspartei – gegen Kampfdrohnen und halten eine Veränderung der Debatte für unnötig. „Für die fadenscheinige Begründung der SPD habe ich gar kein Verständnis. Die Debatte läuft seit Jahren und die Argumente sind ausgetauscht. Es ist von allen alles gesagt“, sagte Fraktionsvize Agnieszka Brugger der taz.

In einem eigenen Antrag fordert die Bundestagsfraktion aktuell eine Entscheidung gegen die Bewaffnung. In der Fraktion wurde dieser zwar nicht einstimmig, aber zumindest mit großer Mehrheit angenommen. Es wäre angesichts dieser Stimmungslage verwunderlich, wenn die Partei das Nein zu den Kampfdrohnen im Wahlprogramm für 2021 anders als noch 2017 nicht aufführt.

Wie würden sich die Grünen verhalten?

Und was nach der Wahl in möglichen schwarz-grünen Gesprächen passiert? Zumindest in den Jamaika-Sondierungen vor drei Jahren waren die Grünen standhaft. Als die FDP die Gespräche platzen ließ, standen die Drohnen noch als ungeklärte Frage auf dem Zettel.

Für mögliche neue Verhandlungen mit der Union sagt Brugger: „Ich kann alle in der Union nur davor warnen, zu glauben, Verhandlungen über Rüstungsexporte, Atomwaffen und Drohnen würden mit uns leichter als mit der SPD.“

Was die SPD im Wahlkampf fordern wird, ist derweil ungewiss. Das müsse, heißt es, bis Mai mit Kanzlerkandidat Scholz abgestimmt werden. Im Wahlkampf Ja zu Drohnen zu sagen, deren Anschaffung man gerade verhindert hat, dürfte die Wählerschaft aber eher verwirren.

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