Verfolgung russischer Umweltgruppen: Lebenswichtiger Protest

Wer in Russland Umweltzerstörung anprangert, wird als „ausländischer Agent“ verfolgt. Konzernen, die Atommüll und Nickel handeln, passiert nichts.

Fabrik in der Arktis.

Weltweit größter Förderer von Palladium und Nickel in Norilsk: der Konzern Nornickel Foto: Kirill Kukhmar/imago

Obwohl der Konzern Nornickel, weltweit größter Förderer von Palladium und Nickel, drei verheerende Umweltkatastrophen in der Arktis in den letzten zwei Monaten zu verantworten hat, braucht er sich keine Sorgen zu machen, so behandelt zu werden wie seine Kritiker. Denn während seit 2014 32 russische Umweltorganisationen als „ausländische Agenten“ zwangsregistriert wurden, Aktivistinnen, wie die Atomkraftgegnerin Alexandra Korolewa von „Ecodefense“ aus Angst vor strafrechtlicher Verfolgung ins Ausland fliehen mussten, braucht Nornickel derart Unbill nicht zu fürchten. Ganz zu schweigen von einer Registrierung als „ausländischer Agent“. Man gibt sich besorgt, beruhigt die Bevölkerung mit verständnisvollen Verlautbarungen, entlässt eine Handvoll Mitarbeiter, bezahlt medienwirksam Aufräumarbeiten aus der Portokasse. Und wenn sich die Aufregung gelegt hat, kann man sich wieder dem Tagesgeschäft widmen.

Das Leben könnte so schön sein, wären da nicht die Umweltschützer und Journalistinnen. Und solange es diese gibt, kann man nie sicher vor neuen Enthüllungen sein.

Als Zivilgesellschaft müssen wir unsere Solidarität mit russischen Umweltgruppen zeigen, sie vor Verfolgung, Diskriminierung und gewalttätigen Übergriffen schützen. Nicht nur, weil sie für etwas kämpfen, was auch in unserem Interesse liegt, nämlich das Überleben der Menschheit. Wir müssen das auch tun, um gewissen Wirtschaftskreisen, denen es nur um Profitmaximierung geht, etwas entgegensetzen.

Im nordrhein-westfälischen Gronau beispielsweise betreibt die Firma Urenco bis Ende 2021 einen regelrechten Shuttle-Service zur Entsorgung von deutschem Atommüll nach Russland. Der Partner auf der russischen Seite ist die russische Atomwirtschaft. Dass die auch an der Entwicklung neuer Atomwaffen arbeitet, scheint das Management von Urenco genauso wenig zu stören wie die Bedrohung, die die Zigtausende Tonnen abgereicherten Urans aus Deutschland, die teilweise unter freiem Himmel in rostenden Fässern hinter dem Ural oder in Sibirien lagern, für die Bevölkerung dort bedeuten.

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Jahrgang 1957 Ukraine-Korrespondent von taz und nd. 1980-1986 Russisch-Studium an der Universität Heidelberg. Gute Ukrainisch-Kenntnisse. Schreibt seit 1993 für die taz.

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