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Boykotte gegen IsraelGut gemeint, aber falsch

Gastkommentar von Amit Varshizky

Künst­le­r:in­nen rufen weltweit zu Kulturboykotten gegen Israel auf. Damit schaden sie demokratischen Bewegungen eher, als sie zu unterstützen.

Protest in Madrid gegen das Vorgehen der israelischen Regierung in Gaza Foto: Pablo Blazquez Dominguez/getty images

I n den vergangenen Monaten hat der Aufruf zum kulturellen Boykott Israels eine beispiellose Dynamik entwickelt – und markiert damit ein neues Kapitel im anhaltenden Streit um die israelische Politik. Was einst als vereinzeltes Rufen begann, ist zu einer weltweiten Bewegung geworden: Tausende Schriftstellerinnen, Künstlerinnen und Kulturschaffende verweigern die Zusammenarbeit mit israelischen Institutionen, die sie als mitverantwortlich für die militärischen Aktionen im Gazastreifen betrachten.

Der Boykott betrifft Literatur, Theater, Wissenschaft, Kunst und beeinflusst weltweit Veranstaltungen und Kooperationen. Prominente Absagen und studentische Proteste haben kulturelle Räume in politische Schlachtfelder verwandelt – Ausdruck eines umfassenderen Versuchs, Israel kulturell zu isolieren und so politischen Druck aufzubauen.

Amit Varshizky

ist Historiker, Schriftsteller und Essayist, lebt in Berlin. Er schreibt regelmäßig für die israelische Tageszeitung Haaretz.

Ihren vorläufigen Höhepunkt fand die Bewegung im bislang größten literarischen Boykott der Geschichte: Über 7.000 Schriftstellerinnen, Herausgeberinnen, Verlegerinnen und Künstlerinnen – darunter Sally Rooney, Arundhati Roy, Jhumpa Lahiri und Annie Ernaux – kündigten an, alle Verbindungen zu israelischen Kulturinstitutionen zu kappen, die sie als mitschuldig an staatlicher Gewalt ansehen.

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Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.

Der Protest reicht von Einzelinitiativen wie Caryl Churchills Rückzug von einer Londoner Theaterproduktion über studentische Kampagnen, die Universitäten auf fünf Kontinenten zum Abbruch akademischer Kooperationen bewegen wollen, bis hin zu einem wachsenden Künstlerinnen-Boykott des Sónar-Festivals in Barcelona.

Kulturelle Boykotte haben selten autoritäre Regime gestürzt, aber jene isoliert, die innere Veränderung bewirken

So sehr diese Aktionen auch von echter Sorge um palästinensisches Leben und Menschenrechte motiviert sind, laufen sie Gefahr, eine komplexe Realität auf vereinfachende Parolen zu reduzieren und damit ihre eigenen Ziele zu untergraben. Der Kulturboykott stärkt illiberale, ultranationalistische Kräfte innerhalb Israels und schwächt gleichzeitig liberale Stimmen, die für Koexistenz und ein Ende des Krieges eintreten. So schadet der Boykott letztlich gerade jener palästinensischen Sache, die er zu fördern vorgibt.

Der Krieg im Gazastreifen ist eine humanitäre Katastrophe – ein Ausdruck nicht nur des moralischen und strategischen Scheiterns der derzeitigen israelischen Regierung, sondern auch der tiefen gesellschaftlichen Spaltung. Jenseits der militärischen Auseinandersetzung offenbart sich ein innerer Kampf um den Charakter des jüdischen Staates – ein Wertekonflikt, der eine unterschwellige, unbewaffnete Form des Bürgerkriegs befeuert.

Im Kern stehen sich zwei Visionen Israels gegenüber: eine liberale, säkulare Demokratie auf Basis bürgerlicher Rechte und eine ethnisch-religiöse Identität, getragen von messianischem Nationalismus. Auf der einen Seite steht die Zivilgesellschaft, entsetzt über das Ausmaß der Zerstörung, einen sofortigen Waffenstillstand und die sichere Rückkehr von 55 israelischen Geiseln fordernd. Auf der anderen Seite steht eine populistische, korruptionsbelastete Regierung, die ihre Macht durch Angst, Ressentiment und religiösen Fanatismus sichert – auch gegen den Willen eines Großteils der Bevölkerung.

Israelis wollen ein Ende des Krieges

Umfragen zeigen, dass fast zwei Drittel der Israelis ein Ende des Krieges und ein umfassendes Geiselabkommen befürworten. Doch Premierminister Benjamin Netanjahu hält den Konflikt aus persönlichem Machtkalkül am Leben, so will er seine Regierung so lange wie möglich erhalten und dadurch strafrechtliche Prozesse verzögern. Damit untergräbt er nicht nur Israels demokratische Institutionen, sondern verschärft die sozialen Spannungen im Inneren.

Der politische Kampf um ein Kriegsende ist somit Teil eines umfassenderen Ringens um Israels Demokratie. Dieses innere Ringen – mit all seinen komplexen und widersprüchlichen Dynamiken – zu verstehen, ist entscheidend für westliche Liberale, die sich für das Ende der Gewalt und eine gerechtere Zukunft beider Völker einsetzen wollen. Ohne dieses Verständnis riskieren Boykottaktionen, genau die Kräfte zu stärken, die dem Frieden im Weg stehen.

Wie in vielen westlichen Demokratien steht auch in Israel die Zivilgesellschaft unter Druck. Statt globale Solidarität zu fördern, begünstigt der Boykott jene Kräfte, die Israels westliche Bindungen kappen wollen – Gruppen, die Universalismus und Menschenrechte ablehnen. Er spielt jenen in die Hände, die westliche Kultur als dekadent verteufeln und Israels Isolation als strategisches Ziel betrachten.

Kulturschaffende sollten daher nicht die wenigen liberalen Stimmen in Israel boykottieren, sondern sie aktiv unterstützen – denn nur sie sind durch den Boykott tatsächlich bedroht. Es sind israelische Autorinnen, Filmemacherinnen, Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen, die seit Jahrzehnten für Frieden, Gewaltlosigkeit und Menschenrechte eintreten – oft gegen die eigene Regierung. Ihre Isolation bedeutet das Verstummen der letzten friedenspolitischen Stimmen des Landes.

Kulturelle Boykotte haben selten autoritäre Regime gestürzt – sie haben aber oft jene isoliert, die im Inneren am ehesten Veränderung bewirken konnten. Kultur ist der Raum, in dem Differenz, Kritik und Visionen überleben. Boykott ist kein Widerstand – sondern ein Rückzug, der die Hoffnung auf Verständigung gefährdet. Nicht die Verweigerung, sondern die Aufrechterhaltung des Dialogs schafft die Voraussetzung für gegenseitige Anerkennung und Respekt.

Nahost-Debatten

Der Israel-Palästina-Konflikt wird vor allem in linken Kreisen kontrovers diskutiert. Auch in der taz existieren dazu teils grundverschiedene Positionen. In diesem Schwerpunkt finden Sie alle Kommentare und Debattenbeiträge zum Thema „Nahost“.

Was Israelis und Palästinenserinnen heute brauchen, ist differenzierte, prinzipientreue und mutige westliche Unterstützung. Ihr Kampf ist Ausdruck einer globalen Krise: Die liberale Demokratie ist weltweit unter Beschuss. Ohne echte, internationale Solidarität der Freiheitsbefürworter droht ihr Scheitern. Es braucht ein neues Engagement – und das jenseits von Vereinfachung, jenseits von Polarisierung. Wenn Intellektuelle und Künstlerinnen diese Verantwortung nicht tragen können – wie sollen wir das dann von der Politik erwarten?

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106 Kommentare

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  • Liebe Kommune, wegen des hohen Kommentaraufkommens haben wir die Diskussion nun geschlossen. Vielen Dank für Eure Beiträge!

  • Traurig alles. In Neukölln sehe ich so viele T-Shirts und Kettenanhänger eines Palestinas in dem Juden nicht gleichberechtigt Platz haben. Wie soll durch einen palästinensischen Staat alles gut werden? Egal ob Fusionfestival, Documentaskandal, Boykottaufrufe letztes Jahr oder die Hamas Graffitis am About:Blank, diesen Sommer ist es wieder soweit. X Millionen Binnenvertriebene im Sudan spielen wiedermal keine Rolle dank dieser Konkurenz. Auch der Holocaust wird relativiert, lediglich Saudi Arabien scheint ihn dezidiert im Unterricht zu thematisieren, als hätte der III. Weg, die NPD / Heimat und die AfD längst gewonnen. Wieso sollen das Linke unterstützen?

    Gegen Krieg zu sein ist völlig ok, aber wenn das Ziel die Befreiung der Geiseln und ein Ende der Hamas sind, was soll es da zu diskutieren geben. Erinnert sich keiner mehr an das Gedenken des "Bombenholocausts" sächsischer Faschos am 13. Februar jährlich in Dresden? Die Hamas hätte Leute wie uns 2007 doch genauso erschossen, überlegt mal, wie tief 12 Jahre NS Herrschaft in unserer Bevölkerung stecken. Wieso spielen Kriege wie im Yemen, Lybien, Sudan keine Rolle mehr?

  • Ich sehe auch mehr Sinn darin, die progressiven Kräfte in Israel - auch und gerade in der dortigen Kulturszene - zu unterstützen, indem man ihnen eine Plattform bietet, anstatt die Reichweite ihrer Forderungen durch einen Boykott einzuschränken. Derartige Rundumschläge propalästinensischer Aktivisten hierzulande sind mir zutiefst suspekt.

    Aus welchen Gründen und zu welchen Bedingungen zwei Drittel der Bevölkerung Israels einen Frieden wünschen, steht auf einem anderen Blatt. An dieser Stelle erscheint mir der Artikel auch ein wenig widersprüchlich, heißt es doch fast im selben Atemzug, dass die liberalen Stimmen eine Minderheit innerhalb der israelischen Gesellschaft darstellen und enorm unter Druck stehen.

  • Bei Südafrika waren es wohl auch die Business-Interessen und der zerfallende Vorwand, man bekämpfe ja den Kommunismus.



    Paul Simons Graceland dürfte dem ANC sogar geholfen haben, siehe das Homeless-Video.

    Bei Israel ist Besatzung unstrittig falsch und völkerrechtswidrig - wer bei Siedlern auftritt, ist entsprechend närrisch. Und auf freien Zutritt für Palästinensers auch aus den besetzten Gebieten zum Konzert kann mensch ja mal drängen. Aber ein Universalboykott überzeugt mich noch nicht.



    Beginnen wir mit Business und Militär - Waffen gehören auch gerade in die Ukraine, nicht an einen Angreiferstaat.

  • Warum sollte man Kunst und Kultur boykottieren?



    Ist das eine Stellschraube die eine Regierung beeinflusst?



    Künstler heißen nicht ohne Grund "Freigeister" - warum werden diese für die Regierung bestraft?



    Gerade die Kunst ist doch oft ein Gegenpol zur Regierung weil diese eben frei ist - politische Kunst mal ausgenommen, es soll aber pauschal boykottiert werden.



    Das ist schlicht aggressiv gegen das Land und dessen Bevölkerung, nicht dessen Regierung.



    Genauso wie Kultur zu boykottieren.



    Was soll das bringen außer ein schwingendes Verständnis für ein Land.



    Das Problem sind Militär und Wirtschaft. Das sind die Stellschrauben eines sinnvollen Boykottes.



    Finde ich.

  • Ich wundere mich, was damals gesagt wurde, als Südafrika wegen dem Apartheid boykottieren wurde: "das ist anti-Weisser Rassismus"

  • Ich finde es bemerkenswert, dass Boykott immer nur in Richtung Israel propagiert wird. Bei anderen Staaten ist man weniger streng. Von Boykottaufrufen z.B. gegen chinesische Künstler ist mir nichts bekannt. Und schon gar nicht habe ich mitbekommen, dass Greta & Co. ihre chinesischen Smartphones weggeschmissen hätten. Es muss also etwas geben, was Israel in den Augen der Boykotteure besonders unsympathisch macht. Ob es die Juden sind?

    • @Jochen Laun:

      Das nennt man Whataboutismus. Und vor China würde ich persönlich die USA sehen. Z.B. Anzahl angefangener Kriege bzw. Bomben auf fremde Länder.

    • @Jochen Laun:

      Haben Sie die Boykottaufrufe echt nicht mitbekommen? Thema Uiguren und dort produzierte Waren (VW)?

      Auch bei Israel klar den Boykott für die illegalen Siedlungen, nicht fürs Gesamte.



      Dass man an den so lautstark selbstbezeichneten Posten der Demokratie/ des Westens entsprechende Ansprüche stellt, ist nicht nachvollziehbar? Wenn er gerade derart abdreht?

    • @Jochen Laun:

      Vielleicht ist es einfach erfolgversprechender, Israel anstatt echte Terrorregime zu kritisieren, weil der israelische Staat so organisiert ist, dass das möglich ist und es n derGesellschaft Menschen gibt, die Kritik überhaupt erreichen kann.



      Hier kann man mal mit Hilfe der sozialen Medien seinen Einfluss ausüben.

    • @Jochen Laun:

      Juden sind die perfekte Projektionsfläche.

      Die Milch ist sauer, der Jude ist schuld.

      "Kulturschaffende" mögen so etwas. Da sind sie in direktem Kontakt mit ihrem Unterbewusstsein. So simpel! Unbewusst natürlich.

      Israel wird zur wohlfeilen Ablenkung von Elend und Frustrationen in der Künstlerwelt: "Die Ablehnung Israels ist das stärkste Aphrodisiakum der Muslime", sagte der marokkanische König Hassan II.

      Das lässt sich 1 zu 1 auch auf die "Kulturschaffenden" übertragen.

      • @shantivanille:

        Marokko sollte die Westsahara schleunigst räumen, bei Besatzung das Gleiche in Prophetennachkommens-Grün.

        PS: Alles schlicht mit "Antisemitismus" zu erklären wäre dann wessen Mittelchen?

    • @Jochen Laun:

      Ja, es sind die Juden. Deswegen nehme ich Israelkritik großteils als Antisemitismus im Deckmantel wahr. Siehe auch belltower.news

  • Zunächst mal ist Amit Varshizky in den Argumenten zuzustimmen, mit denen er sich gegen einen Kulturboykott Israels ausspricht. Und es tut gut, dass in dem Kontext der Begriff Antisemitismus einmal NICHT fällt, denn mit Judenhass haben derlei Überlegungen von Künstlern und Intellektuellen nichts zu tun, mögen ihre Begründungen für einen Boykott auch sonst noch so falsch sein.



    Etwas Sand in Getriebe der einhellig positiven Bewertung der israelischen Demokratie muss ich hier dennoch schütten: wenn Varshizky - anhand von Stimmungsbildern/Meinungsumfragen innerhalb des israelischen Gesellschaft - postuliert, eine Mehrheit der Bevölkerung (etwa zwei Drittel) stehe noch hinter der demokratisch-säkularen Staatsidee, muss das.doch differenziert betrachtet und relativiert werden.



    Israelis genau dieses säkularen. Spektrums gehen eben nicht auf die Straße, wenn es um eine Zwei-Staaten-Lösung geht, gegen die Apartheid-Verhältnisse in den Westbanks, gegen die Beendigung von Besatzung und Siedlungspolitik - es scheint auch in der (parlamentarischen) Opposition nur Konsens darüber zu bestehen, Netanyahu zu Fall zu bringen, aber NICHT, wie es NACH der Zeit nach dem Krieg weitergehen soll.

    • @Abdurchdiemitte:

      Ich bin mir sicher, es gibt viele Gedanken zu dem Thema, wie es nach einer Regierung Netanyahu, insbesondere nach einer Regierungsbeteiligung von Rechtsradikalen in einer Regierung weitergehen kann. Diese Gedanken gibt es schon lange, man muss nicht bei Null anfangen.



      Es muss sich allerdings zuerst einmal eine Mehrheit bilden, die mit Vernunft an die Lösung der Probleme geht und gegen die aggressiven Anfeindungen eines Teils der israelischen Bevölkerung bestehen kann.



      Die Boykottaufrufe betrachte ich auch als Ausdruck eines Gefühls der Hilflosigkeit und dem Bedürfnis, irgendetwas zu tun, um die Gewalt zu beenden. Auch der jetzigen Regierung dürfte klar sein, dass man irgendwann aufhören und wieder miteinander reden muss.



      Wer soll denn da aber bitte mit wem reden? Wer kann vermitteln und helfen? Wem würden beide Seiten vertrauen?

      • @Georg Groeg:

        Wenn jetzt schon militante Siedlernationalisten in WJL mit Gewalt gegen IDF-Stützpunkte vorgehen - und wegen der Brisanz dessen sogar das Sicherheitskabinett einberufen wird -, sollte es den israelischen Streitkräften dann auch nicht schwer fallen, gegen gewalttätige Siedler vorzugehen so wie die mehrheitlich unbewaffnete palästinensische Bevölkerung.



        Letztlich - bei Umsetzung einer Zwei-Staaten-Lösung - sähe sich eine wie auch immer politisch aufgestellte israelische Regierung sogar gezwungen, notfalls auch gewaltsam gegen 700.000 bewaffnete Siedler vorzugehen, wenn ein Vertrag vorsehen sollte, dass palästinensische Gebiet von ihnen geräumt werden müssten.



        Können Sie sich DAS Szenario vorstellen? Nein, ich auch nicht.



        Ich würde behaupten, niemand in der israelischen Opposition (und nur wenige in der Zivilgesellschaft) hat einen Plan B für die Zeit, wenn Netanyahu und seine rechtsextremistischen Verbündeten abgewirtschaftet haben - eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als wenn säkular-liberale israelische Politiker einen anderen Kurs gegenüber den Palästinensern fahren als den restriktiven der jetzigen rechtsgerichteten Regierung.

  • Psst! .. hier ist das Sandmännchen ... 😴

    Bloß nicht gegen Kriegsverbrechern aktiv werden .



    Das schadet nur.

    • @Rudolf Fissner:

      Welche Kriegsverbrechen haben israelische Künstler begangen?

      • @Das B:

        Vor Allem:



        Welche Kriegsverbrechen haben ALLE israelischen Künstler begangen? Verallgemeinerungen sind generell schei...

      • @Das B:

        Sie hatten es eigentlich verstanden, vermute ich.

        Ich halte andere Wege als ein Popkonzert weniger für wohl zielführender, doch wenn das Popsänger anders sehen und Menschen wieder aufrütteln möchten, dann eben so.

  • Ach ja, diese sog. "Kulturschaffenden".

    Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der böseste BDS-Aktivist, die eifrigste Antisemitin im ganzen Land?

    Schauen wir uns diese Szene zumindest doch mal ein bisschen an:

    taz: "Vom Pogrom zur „Poetic Justice“



    taz.de/Abwege-des-...er-Kunst/!5971023/

    Wenn den Leuten nichts Kreatives mehr einfällt, a bissel Antisemitismus geht immer.

    Die Szene wird viel zu hoch subventioniert.

  • "Im Kern stehen sich zwei Visionen Israels gegenüber: eine liberale, säkulare Demokratie auf Basis bürgerlicher Rechte und eine ethnisch-religiöse Identität, getragen von messianischem Nationalismus."



    In der Geschichte des Konflikts war der liberale, säkulare Zionismus den Palästinensern gegenüber nicht weniger feindlich als der messianisch-religiöse.

    • @Francesco:

      Das stimmt schlichtweg nicht: Der liberale-säkulare Zionismus hatte und hat immer eine starke linke und versöhnliche Linie (z.B. die sozialistische Kibbuzbewegung), ist traditionell auf Ausgleich und Frieden mit den Palästinensern bedacht…und das seit Herzl, dieser hat in Altneuland bereits die muslimischen Araber als Brüder bezeichnet und von einem gleichberechtigten Zusammenleben geschwärmt.

      • @Saile:

        Martin Buber und später Hannah Arendt - beide nicht als ausgewiesene Antizionisten bekannt (Buber schon mal überhaupt nicht) - haben schon sehr früh auf die „blinden Flecken“ des Zionismus verwiesen - nämlich vor den Gefahren, falls es nicht zu einem friedlichen Ausgleich mit der arabischen Bevölkerung Palästinas kommen sollte.



        Außerdem waren Jabotinsky und seine Anhänger - wenn auch in der Minderzahl - von Anfang an mit auf dem Plan, um eine multiethnische Lösung der Palästinafrage mit Gewalt zu hintertreiben.

  • Ein Aspekt, der oft nicht beachtet wird: Es gibt unter Künstlern viel Konkurrenz. Viele Künstler krebsen am Existenzminimum herum. Da ist man natürlich anfällig für Gruppendruck: "Wie... Du willst diesen offenen Brief nicht unterschreiben?" "Aber alle anderen protestieren auch gegen den Genozid... wie, du meinst das wäre gar keiner???!" Und zack, geht das Netzwerk flöten, man gehört nicht mehr zur In-Group, wird nicht mehr zu Events eingeladen.



    Da ist die Versuchung, sich dem Mainstream anzuschließen (und den setzt inzwischen BDS), vor allem, weil aus irgendwelchen Gründen dieser Mainstream noch immer als "Avantgarde" verkauft wird.



    Und möglicherweise spielt auch eine Rolle, dass natürlich Plätze frei werden, wenn israelische Künstler "ausfallen".



    Darüber wird nicht gerne gesprochen, ist aber so.

    • @Puck:

      Das sind doch hanebüchene Verschwörungstheorien. Um gegen nationalistischen Rechtsextremismus in der israelischen Regierung und Kriegsverbrechen im Gaza zu sein braucht es wie beim 7. August nur ein wenig Grips im Kopf und Empathie.

      Die Opposition dagegen weltweit hat nicht die BDS organisiert. Die taucht in der Berichterstattung gar nicht auf. Das ist auf dem tödlichen Mist Netanjahus und seiner rechtsextremen Minister gewachsen.

      • @Rudolf Fissner:

        Das es in der unter Künstlern, wie bei anderen auch, so etwas wie Gruppenzwang bzw. Gruppendruck gibt ist eine Verschwörungstheorie?

        • @Blechgesicht:

          Natürlich ist es das. Das ist sogar eine der dümmsten Verschwörungstheorien von der ich gehört habe. Künstler sind keine Nazi-Schulklassen, wo es Klassenkeile bei abweichenden Meinungen gibt,

      • @Rudolf Fissner:

        Es bleibt die Frage was die israelischen Künstler für Bibi können.



        Es bleibt Verwunderung die Kriegsverbrechen der israelischen Regierung mit "Kultur" gleich zu setzen.



        Wenn es den "Aktivisten" hier um dieses Thema ginge, warum wird dann Kultur und Kunst - zwei Aspekte die zum Verständnis unter Ländern mehr beigetragen haben als jeder Politiker - boykottiert statt Wirtschaft und Militär? Also zumindest dazu aufgerufen.

        • @Das B:

          "Es bleibt die Frage was die israelischen Künstler für Bibi können."

          Genauso wenig wie viele russische Bürger, die nichts für Putins mörderische Eskapaden können aber trotzdem unter dem Boykott leiden müssen.

          Wirtschaftsboykotte und Militärboykotte kann man nicht aus der Zivilgesellschaft heraus effektiv betreiben.

  • " ... ein Ausdruck nicht nur des moralischen und strategischen Scheiterns ..."



    Was in Gaza passiert hat schon seit 1967 nichts mit Moral zu tun. Die Besatzung ist eine fortwährende Völkerrechtsverletzung. Was seit Oktober 2023 geschieht, ist der Versuch das "Palästinenserproblem" final zu lösen. Tod oder Vertreibung.

    Bevor man die liberale Demokratie in Israel retten kann, müsste Israel eine liberale Demokratie werden. Stichworte: Nationalstaatsgesetz, das alle Nichtjuden zu Bürgern zweiter Klasse macht.



    Nur religiöse Trauungen, was zu Eheverboten führt.

    • @ecox lucius:

      In der aktuellen Titanic könnten Sie in der sehr sehr sehr guten Kolumne der immer sehr sehr sehr guten Stefan Gärtner lesen:



      "...Die Staatsgründung die auf dem Teilungsplan der Vereinten Nationen beruhte, hatten die arabischen Nachbarn nämlich nicht mit dem gemeinsamen Aufbau eines Palästinenserstaates beantwortet, den es jetzt in vierter Generation geben könnte, sondern mit Panzem und zwar ist umstritten, inwieweit der folgende Krieg zur Vertreibung palästinensischer Bevölkerung beigetragen hat, aber dass das eine mit dem anderen zu tun hatte, wird nur ausschließen wollen, wer es ausschließen will.



      ...



      Sollte aber eines Tages nicht Israel, sondern Palästina von der Landkarte verschwunden sein, dann weil der Klügere, bei Strafe seines Untergangs, nicht hat nachgeben können, und der Dümmere, es tut mir leid, nicht klüger war."



      S.20/21

    • @ecox lucius:

      Man kann im Ausland zivil heiraten. Das wird dann in Israel anerkannt. Das ganze ist übrigens ein Relikt aus der osmanischen Zeit und hat nichts damit zu tun, dass Israel sich als jüdischen Staat begreift.

  • Ein auf den ersten Blick stringenter Kommentar - und doch scheint er erneut nur die sattsam bekannten 'Grabenkämpfe' zu befeuert (wie ein zweiter Blick zeigt, wenn man sich die 'Beiträge' vornimmt). Warum ist das so?

    Erst wird ein intellektueller, internationaler Boykott gegen "israelische Instutionen" beklagt - ohne zu sagen, wo sie sich befinden: in Israel oder im Ausland (oder sowohl als auch)? Und ohne zu sagen, ob sie staatlich gelenkt sind oder nicht (oder teils teils?).



    Dass "studentische Proteste kulturelle Räume [aber doch nicht Räume jener israelischen Institute!] in politische Schlachtfelder" verwandelt haben, gehört nicht hierher [Thema Boykott] und heizt nur die Debatte unnötig auf.

    Dann auf einmal scheint es um Institute in Israel selbst zu gehen. Sie seien aber durch den [internationalen] Boykott "tatsächlich bedroht" - wie das jedoch funktioniert, behält der Autor für sich. Das Narrativ, dass so von außen die westliche Bindung (?) gekappt werde zugunsten der Bestrebungen derer, die Israel isolieren wollen, wird überhaupt nicht durch Belege unterfüttert - und wird so zu einer Verschwörungslegende.

    So kommen wir nicht weiter.

  • "So sehr diese Aktionen auch von echter Sorge um palästinensisches Leben und Menschenrechte motiviert sind,"

    Genau das bezweifel ich.

    "So schadet der Boykott letztlich gerade jener palästinensischen Sache, die er zu fördern vorgibt."

    Eben, es wird nur vorgegeben, so getan als ob. Die "palästinensche Sache" soll gar nicht gefördert werden. Die tatsächlichen Menschen sind doch den weltweit verteilten Kulturschaffenden, die fleißig boykottieren, weitgehend egal. Die sitzen in Paris, London, Berlin, Barcelona, New York in ihren klimatisierten Schreibstuben, Ateliers, Seminarräumen und Büros und verschwenden nicht eine Minute Gedanken daran, wie der "palästinenschen Sache" am besten geholfen wäre. Sonst kämen sie zu demselben Schluss wie der Autor.

    Was könnte sie sonst antreiben?

    • @BrendanB:

      Wie wäre es denn damit, die „palästinensische Sache“ und den Austausch mit israelischen Kulturschaffenden, Wissenschaftlern und Intellektuellen einmal NICHT zu vermischen, um daraus Boykottforderungen abzuleiten?



      Also, ich mag ja zu den schärfsten Kritikern der israelischen Kriegsverbrechen in Gaza gehören, die Forderung nach Ausschluss israelischer Künstler käme mir niemals übr die Lippen (nicht bloß wegen der historischen Konnotation zur Nazi-Zeit).



      Gerade in schwierigen Zeiten, wo die deutsch-israelische Freundschaft auf einen harten Prüfstand steht, halte ich solche Kontakte für unverzichtbar (wie es auch möglich sein sollte, die palästinensische Perspektive dabei nicht auszugrenzen).



      Ich betone aber, dass ich demgegenüber Sanktionen oder das Aussetzen von Rüstungsexporten auf zwischenstaatlicher Ebene noch wieder anders bewerte als solche Kultur- und Wissenschaftsaustausche. Auf der multilateralen Ebene sehe ich dringenden Handlungsbedarf, um a) Israels Regierung in die Schranken zu weisen und b) langfristig einen neuen Verhandlungsprozess zu initiieren - aber auch dafür wäre es gut, das Tischtuch mit Israel nicht ganz zu zerreißen.

  • Boykotte sind ein probates Mittel um gegen Kriegsverbrechen am laufenden Band zu protestieren.

    Sich den Rechtsextremen der rechts-religiösen Fraktion HaTzionut HaDatit (deutsch: „Der religiöse Zionismus“, de.wikipedia.org/wiki/HaTzionut_HaDatit ), die es bis in die jetzige Regierung geschafft haben in den Weg zu stellen ist ebenso wenig antisemitisch.

    Ob Boykotte gegen die momentane nationalistische rechtsextreme Regierung ein wirksames Mittel sind ist sicherlich diskussionswürdig, es ist aber wohlfeil das zu kritisieren wenn mann keine Alternativen aufzeigen kann.

    • @Rudolf Fissner:

      Also die Hamas ohne wenn und aber als Terrororganisation zu bezeichnen, wäre schon mal ein Anfang. Greta, Rima Hassan, Zohran Mamdani zuzujubeln, dürfte sich dann von ganz alleine verbieten. Albanese müsste für ihre Terror-Freundlichkeit von ihrem Posten abberufen und Butler ebenso kritisiert werden.

      Das wäre schon mal ein Anfang.

      Diese Alternativen gefallen vielen jedoch nicht, weil sie dann nicht mehr ihrem hemmungslosen Antisemtismus frönen können.

      Stattdessen werden israelische Künstler von Festivals ausgeladen, weil sie ihr Flugticket vom israelischen Staat gesponsort bekommen, weil sie es sich sonst gar nicht leisten könnten, aufzutreten.

      Das nenne ich mal eine reife Leistung in Sachen Zivilcourage.

      • @BrendanB:

        Um Rechtsextrem, Kriegsverbrecher und Nationalisten als solche zu bezeichnen und ist es nicht notwendig erst zu bekräftigen dass dieErde rund ist.

        Es ist bezeichnend, dass bei dem Verweis auf tödlichen Rechtsextremismus mit Antisemitismus argumentiert wird. Es zeigt sehr schön wo die politischen Gräben liegen, wenn Kritik an Nationalisten und Rechtsextreme delegitimiert wird und wie Sie als "hemmungslosen Antisemtismus frönen" bezeichne wird.

        • @Rudolf Fissner:

          Argumentativ knapp daneben. Aber dennoch daneben.

          Die aufgezeigten Alternativen gefallen Ihnen nicht. Ok ist halt so. Daraus bleibt dann aber nur eine Schlussfolgerung zu ziehen. Ist halt auch so.

  • Antizionismus ist in vielen "künstlerischen" und "politaktivistischen" Kreisen Teil des "kulturellen Codes". Ab einer gewissen Menge ist es cool, dabei zu sein, ab einem weiteren Punkt, ist es gefährlich, eine abweichende Meinung zu haben.



    " ... studentische Proteste haben kulturelle Räume in politische Schlachtfelder verwandelt ..." : auch in ganz reale. An bestimmten Unis sagen Sie lieber nicht ihre differenzierte Meinung zu Israel und seiner Kriegsführung, wenn Ihnen ihr Leib und ihr soziales Leben lieb sind. "Proisraelische" Veranstaltungen können nur unter Polizeischutz stattfinden.



    Es gibt abgesehen davon nicht "wenige liberale Stimmen" in Israel. Jenseits der üblichen, überall hofierten "Autorinnen, Filmemacherinnen, Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen" gibt es auch die normalen Israelis - jüdisch wie muslimisch - die einfach wollen, dass der Krieg vorbei ist, die (wenigen noch lebenden) Geiseln frei sind und sie in Sicherheit leben können. Im Idealfall an der Seite der Palästinenser, aber das Friedenslager in Israel ist nicht nur wegen inneren, sondern auch wegen äußern Faktoren so geschrumpft. Leider kommen diese "Durchschnittsmenschen" auch in der taz selten zu Wort.

    • @Kai Ayadi:

      Im Idealfall an der Seite der Palästinenser? Was soll das denn heißen?

  • Guter Artikel. Es sind eben gerade die Künstler/innen, die - meist - gegen das Autoritäre stehen. Man kann und sollte Künstler und Kulturinstitutionen dann boykottieren, wenn sie sich den Autoritären unterordnen, aber auch nur dann.

  • Die Taz sollte sich solidarischer mit israelischen Künstlern zeigen. Mehr Artikel dazu! Können sich diese Künstler noch sicher fühlen? Hier liegt offensichtlich Antisemitismus vor, hinter dem Deckmantel einer "Kritik" an der rechtmäßigen, notwendigen Selbstverteidigung Israels. Der Genozid am 7. 10. war diesen "Propalestinensichen" Aktivisten wohl noch nicht genug. Sie wollen, dass sich Israel nun selbst der Auslöschung preisgibt. In jedem Fall muss mehr über das Schicksal israelischer Künstler gesprochen werden.

    • @Schleicher:

      "Der Genozid am 7. 10. war diesen "Propalestinensichen" Aktivisten wohl noch nicht genug."

      Sie haben absolut nicht realisiert was für Tötungsorgien im Gaza abliefen und gerade anstehen.

      Es gibt akut keine Bedrohung Israels mehr. Das Atomgedöns Irans wurde von der USA endgültig in Grund und Boden gestampft. Die Hisbollah und die Hamas sind militärisch nicht mehr existent. Und die direkten Nachbarstaaten haben Friedensverträge mit Israel.

      Und im Gaza bekommt Israel die Hilfslieferung nicht gebacken. "Beim Gang zum Bäcker" muss die Bevölkerung Angst haben von der IDF abgeschossen zu werden.

      • @Rudolf Fissner:

        Stimme zu.

      • @Rudolf Fissner:

        Herr Fissner, Sie behaupten: "Es gibt akut keine Bedrohung Israels mehr. Das Atomgedöns Irans wurde von der USA endgültig in Grund und Boden gestampft. Die Hisbollah und die Hamas sind militärisch nicht mehr existent. Und die direkten Nachbarstaaten haben Friedensverträge mit Israel. [Syrien? Libanon?]" Und doch wurde jeder Schritt Israels in diese Richtung schärfstens kritisiert. Das ringt mir dann schon eine gewisse Anerkennung ab.

      • @Rudolf Fissner:

        Die Geiseln halten sich selbst in Gaza gefangen? Oder ist das die "palästinensche Zivilbevölkerung"? Vielleicht bleiben sie aus Solidarität mit den Palästinensern in Gaza?

        Die wenigen Proteste gegen die Hamas in Gaza werden von wem brutal und mit Mord niedergeschlagen?

        Mit wem verhandeln eigentlich die Unterhändler?

    • @Schleicher:

      Ein wunderbares Beispiel israelischer Künstler und Humors finden Sie bei der israelischen Satireshow "Eretz Nehederet" von der die Heute Show noch so einges abgucken könnte.

      "Welcome to Columbia Untisemity"



      www.youtube.com/watch?v=rbfccVBo9tE

      Und natürlich ist dieser ganze Boykott-Aktivismus nichts anders als das übliche BDS-Zeugs: Kauft nicht bei Juden 2.0!

      Dass Spanien ganz vorne mit dabei ist, verwundert nicht.

      Spanien war im Mittelalter das Hard-Core-Zentrum von europäischem Judenhass. Franco & Co. waren voll mit dabei und die guten Kumpels der Nazis.

      Hat Spanien auch nur ein bisschen sein antisemitisches kollektives Unterbewusstsein gecheckt. Sehr schade, dass noch nicht mal Linke das reflektiert haben.

      www.bpb.de/themen/...tismus-in-spanien/

      • @shantivanille:

        Sie ziehen - völlig themafremd und in unverantwortlicher Weise - über 'Spanien als die Wiege des europäischen Judenhasses' her (meinen aber vermutlich Sánchez' klare Haltung gegen Netanjahu).



        Ich habe das pbp-Pamphlet gelesen und schäme mich wegen der dort quasi "regierungsamtlich" betriebenen üblen und pauschalen Hetze gegen 'die' Spanier. Ich gestehe gern, dass ich so etwas in 2025 nicht mehr für möglich gehalten hätte.



        Juden lebten vom 8. bis 15. Jahrhundert in Spanien, das sie 'Sefardies' nannten, mit Musulmanen und Christen friedlich zusammen (nachlesbar in Wikipedia: Jüdische Kultur in al-Andalus), bevor sie nach Nordafrika und in andere Mittelmeerländer aus machtpolitischen Gründen vertrieben wurden. Zu Pogromen kam es in Mittel- und Nordeuropa. Wenn Sie schon Ihr Heil bei (abstrusen) völkerpsychologischen Theorien ('Fortleben des Hasses') suchen: Spanier haben viel mehr Juden und Araber unter ihren Vorfahren als andere Europäer.

        • @Auweiowei:

          Zu dem 'pbp-Pamphlet': Dort werden durch den Verfasser Alejandro Baer (gebürtiger Argentinier) in harmlosem Erzählton 'Antisemitismen' dargeboten: zum Beispiel, dass (vor ein paar Jahren) irgendein spanischer Abgeordneter im Parlament gesagt hat, es gehe ja zu wie auf einem "Judenmarkt". Dies sei ein Beispiel für den latenten Anisemitismus 'der' Spanier. Und 300 junge Neonazis haben einmal in Madrid demonstriert! Die Methode des Prof. Baer ist ungefähr so albern wie die unserer Regierungsberater bzw. Experten von R.I.A.S.

          Die angesprochene 'Völkerpsychologie' geht im Wesentlichen zurück auf C.G. Jungs Theorie von den vererbbaren 'Archetypen', wie sie auch in (rassistischen) Teilen der 'Märchentheorie' immer noch herumgeistert.

          Bei meinem Verweis auf Wikipedia habe ich in der Eile ein wichtiges Wort unterschlagen: Jüdische Kultur im islamischen (!) al-Andalus.



          Dazu ergänzend bitte bei Wikipedia den Artikel zu Maimonides nachlesen, dem sefardischen Philosophen und Arzt von europäischem Rang im 12. Jh - vertrieben durch Christen.

          Spanien heute (Sánchez...) fordert die Zweistaatenlösung, das Ende des Tötens in Gaza - und ist deshalb aktuell 'Zielscheibe' der Netanyahu-Anhänger.

      • @shantivanille:

        Und dann noch die Linke in Spamien mit Franco in einen Topf werfen. Wussten Sie, dass Jabotinsky ein Fan von Mussolini war? Wussten Sie, dass es einen jüdischen Boykott gegen Nazi-Deutschland gab?

        • @Francesco:

          Der Text des Links der Bundeszentrale für politische BIldung ist sehr aufschlussreich:

          Ich zitiere für dich "Blindheit gegenüber dem Antisemitismus in der spanischen Politik (...)

          Und drittens verweist die Reaktion auf ein ganz typisches Kennzeichen des Antisemitismus in Spanien: die Weigerung, ihn einzugestehen (...) Die Linke, die Antisemitismus als ein Problem der Vergangenheit betrachtet, leidet unter einer besonderen Form der Kurzsichtigkeit: Sie verbindet Antisemitismus ausschließlich mit dem Nationalsozialismus, der Franco-Diktatur und deren nationalistischen und religiösen Erscheinungsformen."

          • @Cumita:

            Und gleich im nächsten Satz steht, dass 'die' Linke, weil sie den 'Antizionismus' nicht eigens kritisiert, sich somit des 'Antisemitismus' schuldig mache. Abgesehen davon, dass der Streit der Zionisten und Antizionisten von Haus aus ein innerjüdischer Streit ist (zwischen Befürwortern und Gegnern des Festhaltens an der These vom 'gelobten Land' - "und morgen in Jerusalem" -seit dem 19. Jh), würde ich so etwas "highly sophisticated" nennen. Und genau in diesem Aspekt gleicht Prof. Baers Methode derjenigen des R.I.A.S.

      • @shantivanille:

        Das ist keone Satire, das ist Hetze.

      • @shantivanille:

        Tschuldigung, mein Beitrag war natürlich sarkastisch. Wollte eigentlich nur testen, ob die Moderation so einseitig arbeitet, wie vermutet. Distanziere mich.



        Ist natürlich unschön, dass die Kulturszene so zerrissen wird. Aber es ist auch höchst peinlich als israelischer Künstler (oder als Taz) dieses Problem so hoch zu hängen, während im Westjordanland Menschen gejagt werden, weil sie Palästinenser sind oder in Gaza Massaker an hungernden Palästinensern verübt werden. Jeder ist sicher im Vergleich zu Palästinensern in Palästina.

        • @Schleicher:

          Das mit der erwarteten Selbstauslöschung Israels trifft es ganz gut. Das ist weder Satire noch sonst wie überzeichnet. Das ist das, was erwartet wird.

  • Ich finde da ist etwas dran, auch wenn es sehr schwierig ist, ich fände ja, dass die Woman Wage Peace , die ja auch Vivian Silver verloren mutiger sein sollten, es sollte eine globale Frauen Streik Welle die patriachal-theokratische antidemokratisch Internationale , die sich in ihren Feindbildern einig sind : Frauenrechte und LGBTI Rechte, und damit Universalismus ..Das wäre wichtig, es sind mit den Iranischen Kräften leider stets auch autoritäre Geheimdienste mit im Spiel, die nicht wirklich solidarisch sind, sondern verdeckt agieren, aber spürbar antifeministisch. Natürlich ist mit Feminismus nicht Hillary Clinton gemeint, aber auch im Westen gab es seit den 80gern internationalistischen Feminismus, das bestreiten diese Kräfte, um zu spalten. Auch die Anti Apartheit in Süd Afrika Bewegung hat einerseits den strengen Boykott verfolgt, aber auch prominente Ausnahmen wie Paul Simon haben das unterlaufen und der Bewegung doch genutzt und nicht geschadet. Auf Palästina Solidemos hört mensch zu selten Yin Yian Azadi, weil es begründetes Misstrauen zwischen Iran nahen Kräften und der Kurdischen Revolution gibt. Einheitsfront ist nicht immer revolutionär, die Diversität ist es aber !

  • Das klingt sehr einleuchtend. Heute wichtiger den je: differenzieren, differenzieren, differenzieren. Sich mit den progressiven und demokratischen Bewegungen solidarisieren. Intellektuelle und Künstler:innen haben eine enorme analytische, verbindende und therapeutische Kraft, diese Kanäle sind immer eine Chance, die Gewalt zu beenden und die Gesellschaft von innen her zu verändern. Wobei es ein langer Weg werden wird. Isolation aller israelischen Kulturschaffenden ist in meinen Augen ein wütendes hilfloses Türen zu schlagen um den inneren Druck im Land zu befördern. Aber was dann? Mich würde z.B. eine ausführlichere Stellungnahme zum Boykott von Annie Ernaux interessieren.

    Ich fühle selbst Wut und Ohnmacht. Die Hilflosigkeit zehrt an den Kräften. Alle Türen zu schließen ist aber das Gegenteil von Solidarität. Wir lassen dann beide Bevölkerungsgruppen im Stich und wenden uns ab.

  • So einen differenzierten Beitrag kriegt man selten zu lesen.

    Ich mag kluge Leute. Mehr davon!

    • @shantivanille:

      Der Autor hat schon vorher einige kluge Dinge geschrieben, zB: www.haaretz.com/wo...-af82-f9fdb95a0000

      Die Haaretz ist sowieso eine interessante Publikation, da hier die liberale, humanistische und linke Seite Israels zu Wort kommt...

      Auch sein Buch "The Metaphysics of Race: Science and Faith in the Nazi Worldview" scheint sehr interessant zu sein ... steht jetzt auf meiner "to read" Liste!

  • Grundsätzlich stimme ich dem Artikel voll zu, wundere mich aber darüber, warum sowas hinsichtlich Russland hier nicht zu lesen ist.



    Natürlich sind die Konflikte in ihren Ursachen nicht vergleichbar, hinsichtlich der Sinnhaftigkeit des kulturellen Boykotts würde mich aber sehr interessieren, weshalb das hier geschriebene nicht auch für Russland gelten soll.

    • @sirhc:

      Diejenigen die Israel boykottieren wollen, haben eher kein Problem mit Russland...

    • @sirhc:

      Weil russische Kultur entweder regimetreu ist, oder aber brutal verfolgt und unterdrückt wird. Mir ist ncht bekannt, dass regimekritische Künstler hier im Westen boycottiert werden.

      Russland ist eine brutal agierende Autokratie, während in Israel (noch) das Recht der freien Meinungsäußerung gilt und Regierungen gewählt und abgewählt werden können.

    • @sirhc:

      Weil es gegen Russen keine derartige einflussreiche Boykottbewegung gibt.

  • Ich bezweifele, dass das gut gemeint ist. Die Leut schwimmen im Fahrwasser des akutellen woken Zeitgeistes, dessen wisschenschaftliche Basis der Postkolonialismus ist. Danach ist am Unheil der Welt der westliche Norden schuld, die ehemaligen und auch noch aktuellen Kolonialmächte. Diese Schule ist antisemitisch.



    Zum bösen Finanzkapitalismus ist nun noch Kolonialimus dazugekommen. Schon als Inbegriff des Finanzkapitalismus stand der Jude, der Staat Israel steht heute für den aktuellen Kolonialismus im Nahen Osten. Damit projiziert am den Selbsthass wieder mal auf 'den Juden', also die ganz alte Geschichte. So wie das Übel Finanzkapitalimus überwunden werden muss, so auch der Postkolonialis, also Isreal. Damit wird, klar, dass Israel weg muss und Iran wie auch die arabischen Terrorregime als Widerstandskämpfer des globalen Südens im Kampfe gegen den Norden gelesen werden. Um diesen heißen Brei schreibt auch dieser taz-Artikel wieder herum.

    • @fleischsalat:

      Danke. Das sehe ich auch so. Diese Boykottaufrufe sind alles andere als gut gemeint. Sie sind böse gemeint, Teil der antisemitischen BDS-Bewegung und tragen bei zum Kampf für eine schlechtere Welt.

    • @fleischsalat:

      Danke, anschließe mich.



      Zusätzlich dazu stimme ich auch der Meinung von Forist F.Tee (s.u.) zu, der die Frage stellt, warum nicht schon viel früher (und zwar vor dem 7.10.23) von denselben Leuten gegen den jahrelangen Beschuss israelischer Zivilisten durch die Hamas protestiert wurde.



      Ich habe den Eindruck, hier werden gerade (nett ausgedrückt) antiisraelische Schleusen noch weiter geöffnet, die durch die fortgesetzten Aktionen des IDF ihre Nahrung beziehen, deren verquere Logik man aber bereits kurz nach dem Hamas-Massaker überall schon vernehmen konnte. Will sagen: Hier geht es nicht um die Rechte der Araber, sondern darum, dass Existenzrecht des Staates Israel (zunächst) indirekt in Frage zu stellen.



      Ich hätte darüber hinaus gern die Quellen für die Meinung in der israelischen Bevölkerung gelesen. Noch vor ein paar Wochen sah das ganz anders aus (große Mehrheit für die Umsiedlung der Araber aus dem Gazastreifen). Darauf wurde sich auch hier im Forum bezogen.

  • Danke für diesen Artikel. Wie kann man nur so verstrahlt sein, um Künstler zu boykottieren, die Netanjahu kritisieren? Na gut, ich weiß es. Antisemitismus.

    • @Müller Christian:

      Ich denke nicht, dass du es weißt....jedem Künstler der an diesem Boykott beteiligt ist pauschal Antisemitismus vorzuwerfen ist genau so Falsch und Blödsinnig wie der Boykott selbst

      • @PartyChampignons:

        Man muss kein (bekennender) Antisemit sein um antisemitisch zu handeln.



        Man muss antisemitisch sein um Kunst, Kultur und Wissenschaftlichen Austausch mit Israel PAUSCHAL zu boykottieren. Easy as it is.



        Jeden*r gesunden Erwachsenen ist zuzutrauen sich Gedanken zu machen bevor man handelt.



        Wer sich an sowas (weiterhin, Fehler macht schließlich auch Jeder) beteiligt ist Antisemit.



        Das zu leugnen ändert lediglich die Einschätzung Außenstehender über das persönliche Konsequenzbewusstsein.

      • @PartyChampignons:

        Warum?

      • @PartyChampignons:

        Genau, Antisemiten sind immer nur die anderen, man selbst ist halt nur.... mit geschwommen. Wie damals. Ist schon witzig, wenn Sie eine Gruppe, die ein Pauschalurteil fällt, vor Pauschalisierung in Schutz nehmen wollen.

        • @Müller Christian:

          Toleranz ist der Verdacht, dass der andrer recht haben könnte. Und Verdacht kommt von denken.

        • @Müller Christian:

          Sie scheinen gerade diesen Boykott und Nazi-Deutschlands Maßnahmen zu vergleichen.



          Ehrlich gesagt finde ich so ein Haltung schon reichlich bedenklich, verharmlost es doch was Faschisten und Antisemiten früher gemacht haben und wieder machen wollen.



          Wie auch die Unterstützer dieses Boykotts sollten Sie mal etwas reflektieren, um nicht selbst zum Antisemiten zu werden. Denn derart unpassende Gleichtstellungen gehen in die Richtung verzerrter Tatsachen des Holocaust.

          • @Rahl:

            Kauft nicht bei Juden als Reaktion auf den genozidalen Angriffskrieg gegen Israel zu skandieren, weckt nun mal ungute Erinnerungen. Sich einfach nicht antisemitisch äußern würde helfen.

          • @Rahl:

            Nein, möchte ich nicht. Und das wissen Sie auch. Es geht einfach darum, wie der Boykott gestaltet ist. Beispiel: Ein Israeli ist gegen Netanjahu und gegen die Krieg im Gazastreifen. Und gegen die Siedlungen. Er ist Künstler oder Wissenschaftler. Und nun soll er ausgegrenzt und boykottiert werden. Und warum? Was ist der Grund? Weil er das Pech hat Jude oder Israeli zu sein? Wer hier kein Antisemitismus sieht, der will es auch nicht. Und begrüßt es vielleicht auch?

            • @Müller Christian:

              Vielleicht mal andersrum:



              Was hat denn das bisherige Vorgehen/Reden/"Gesprächskanäle offen halten" etc. gebracht?

              Nichts, außer dass die Situation immer schlimmer wurde!



              Da ist doch logisch, dass irgendwann schärfere Maßnahmen gefordert werden.

              Und was Sie komplett außer Acht lassen: wo genau ist denn die Kritik der israelischen Liberalen an Besatzung, Verwaltungshaft, Folterknäste nur für Palästinenser, etc? Außer von der Haaretz kommt da kaum was, auch nicht aus der Opposition.

              • @Barnie:

                Wie hier schon gesagt wurde: mit Ihrer Einstellung trifft man jeden Juden. Und das scheint gewollt, da es damit ja den Richtigen trifft. Zwangsläufig. Das ist Antisemitismus.

  • Gut gemeint (von den meisten), aber gefährlich, weil diese Art anti-israelischen boykotte ganz schnell antisemitisch ausgenutzt werden. Wer das nicht weiß, ist naiv ...

  • " Der Krieg im Gazastreifen ist eine humanitäre Katastrophe ..."



    Echt jetzt? Nein, dieser Krieg ist eine Aneinanderreihung von Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung im GAZA-Streifen. Jeder, der gegen diesen Krieg und die verantwortliche Regierung seine Stimme erhebt, verdient meine Hochachtung. Mit Selbstverteidigung gegen die zutiefst verabscheuungswürdigen HAMAS-Mörderbanden hat das schon lange nichts mehr zu tun.

    • @Trabantus:

      "...dieser Krieg ist eine Aneinanderreihung von Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung im GAZA-Streifen. Jeder, der gegen diesen Krieg und die verantwortliche Regierung seine Stimme erhebt, verdient meine Hochachtung. Mit Selbstverteidigung gegen die zutiefst verabscheuungswürdigen HAMAS-Mörderbanden hat das schon lange nichts mehr zu tun."



      Oder kurz gesagt, es ist eine humanitäre Katastrophe.

      • @Rahl:

        Ne, da hat er schon recht. Es ist die Sprache des Verschleierns. Das ganze Unrecht und Leid ist Menschen-gemacht. Die Verwendung des Begriffs Katastrophe riecht nach Ablenkung, weil man mit Katastrophen etwas nicht Beeinflussbares, von außerhalb Hineingetragenes bezeichnet (Naturkatastrophen usw)

      • @Rahl:

        Das ist Krieg immer. Kaum einer weckt so viel derartige Emotionen wie der Krieg gegen Israel.

  • Gut gemeint (von den meisten) und gefährlich, weil diese art anti-israelischen boykotte nachweislich so schnell antisemitisch ausgenutzt werden und ausarten. Wer das nicht weiß ist naiv!

  • Gerade im Kulturbereich werden sich mehr kritische Stimmen gegen das Vorgehen der isr. Regierung finden, da stimme ich zu.

    Wirtschaftlich ist das eine andere Geschichte; ich boykottiere schon seit Kriegsbeginn alle Konzerne bzw. deren Marken, die Israel direkt oder indirekt unterstützen.

  • Ich frage mich immer, wo die ganzen Hamas-Versteher denn waren, als die Hamas (und ihre anderen Freunde rund um Israel) Israel beinahe tagtäglich mit Raketen beschossen und Selbstmordattentate verübt haben. Die Hamas hat als erklärtes Ziel Israel zu vernichten, und wurde in Gaza als Regierung gewählt und hat ihre Macht durchs ausschalten der Konkurrenten zementiert.

    NIEMAND von den ganzen jetzt protestierenden Gutmenschen hat damals demonstriert ober überhaupt in den letzten Jahren irgendwas negatives zur Hamas oder Gaza gesagt! Diese moralische Janusköpfigkeit ist einfach nur ekelhaft!

    • @F. Tee:

      Ok. Durchaus berechtigte Frage: gab es Boykott gegen palästinensische Künstler?



      Aber Vorsicht: Diese Art Gegenfrage rutscht schnell in whataboutism ab

    • @F. Tee:

      "Ich frage mich immer, wo die ganzen Hamas-Versteher denn waren, als die Hamas (und ihre anderen Freunde rund um Israel) Israel beinahe tagtäglich mit Raketen beschossen und Selbstmordattentate verübt haben."



      Das ist einfach zu beantworten, die waren damals keine Hamas-Versteher und sind es jetzt auch nicht. Man kann sowohl brutalen Terror von Terrororganisationen ablehnen, als auch brutalen Terror der von Regierungen und deren Militär ausgeht. Das kann man sogar gleichzeitig machen. Glauben Sie mir, ich kann es nämlich auch.

      • @Rahl:

        "Das kann man sogar gleichzeitig machen."

        Gleichzeitig geschieht das schon mal gar nicht. Und beim Terror gegen Israel haben die Empörten wohl gerade zur Seite geschaut. Oder auf dem Klo gesessen. Was weiß ich.

        Nur ihre "deutliche Ablehnung" des genozidalen, djihadistischen Terrors der Klerikalfaschistischen gegen Israel habe ich nicht gehört. Keine Demos, Unibesetzungen, keinen pauschalen Boykott, keine empörten Stellungnahmen, Leserkommentare o.ä.

    • @F. Tee:

      "Ich frage mich immer, wo die ganzen Hamas-Versteher denn waren, als die Hamas (und ihre anderen Freunde rund um Israel) Israel beinahe tagtäglich mit Raketen beschossen und Selbstmordattentate verübt haben."



      Auch damals hat die IDF überproportional Gewalt gegen palästinensische Zivilisten verübt.

      • @Francesco:

        In Gaza im Libanon? Aus Gaza begann die Hamas gleich nach Israels Abzug mit dem Raketenbeschuss und Terror gegen Israel und dem Terror gegen die eigene Zivilbevölkerung. Aus dem Libanon hat die Hisbollah nahezu täglich Israel mit Raketen attackiert, bevor Israel dem einen Riegel vorgeschoben hat.

        Ihre Empörung ist etwas heuchlerisch.

    • @F. Tee:

      Man kann doch gleichzeitig gegen die Hamas und gegen Netanyahu sein?



      Es ist klar, dass die Hamas weg muss, wegen der gewählten Mittel des Widerstands ... nicht zuletzt des Massakers am 7 Oktober 2023. Die Hamas ist eine furchtbare, terroristische Organisation.

      Aber es ist auch klar, das Netanyahu und Konsorten Kriegsverbrechen begehen, tatsächlich Genozid. Und nicht zuletzt durch die illegale Besiedlung des Westjordanlands ständig und immer heftiger Völkerrecht bricht.

      Dies MUSS kritisiert werden, und Antisemitismus sollte da nicht als Totschlagargument misbraucht werden.



      Antisemitismus (also "Judenhass") muss bekämpft werden. Aber wie faschistisch und terroristisch muss die Israelische Regierung noch werden?



      Wenn irgendwann über 100.000, 150.000, 200.000 oder mehr Palästinenser getötet wurden und der Gaza Streifen und das Westjordanland frei von Palästinensern sind, ist dann Kritik an der Israelischen Regierung noch immer Antisemitismus ?



      Anders gefragt: wie weit muss man (=Netanyahu ) gehen, bis dass man das Unrecht wahrnimmt und entsprechend handelt?

      • @Whying_Dutchman:

        Sie stellen genau DIE richtige Frage, die von den handelnden Akteuren - und ihren Unterstützern - partout nicht wahrgenommen werden will.

  • Ich stand der Meinung des Autors nach dem ersten Absatz negativ gegenüber, am Ende des Artikels war ich aber überzeugt.

    EIn kultureller Boykott bringt nicht nur nichts, sondern verhindert tatsächlich, dass man mittels "Kultur" eine humanistische Denke unterstützt. Kunst hat zumeist einen"liberalen" Charakter...

    Bei möglicherweise über 80.000 systematisch Ermordeten im Gaza Streifen (Quelle: Nature, www.nature.com/art...41586-025-02009-8) ist es aber klar, dass man Israel unter Druck setzen muss, auch und gerade durch Boykotte.

    Der grausame und widerliche Überfall der Hamas am 7 Oktober 2023 rechtfertigt sicherlich nicht den Terror, den die ganz normale Bevälkerung im Gaza Streifen (und nicht zu vergessen: das Westjordanland) täglich erleben muss.

    Und ich gehe nicht davon aus, dass Netanyahu freiwillig und ohne Druck mit dem Genozid aufhören wird.



    Meiner Meinung nach steht am Ende des aktuellen Israelischen Weges eine Vetreibung der Palästinenser aus dem Gaza Streifen und Westjordanland ... und vorher noch mehr Tod und Terror.

    Wir können alle unseren Beitrag leisten, dies zu verhindern. U.a. durch Boykotte!

    • @Whying_Dutchman:

      "Bei möglicherweise über 80.000 systematisch Ermordeten im Gaza Streifen..."



      Mit Differenzierungen halten Sie sich ja nicht auf, und korrektes Zitieren ist anscheinend auch nicht so Ihr Ding: Der Artikel spricht von 84.000 Toten ("fatalities"), von "Ermordeten" ist darin allerdings nicht die Rede (besserer Link: doi.org/10.1038/d41586-025-02009-8), das ist allein Ihre freie Zugabe.



      Zweifellos sind unter den Toten zahlreiche und viel zu viele Zivilisten. Da allerdings bis 2023 die Zahl der Hamas-Kämpfer auf 35.-80.000 geschätzt wurde (lt. Wiki), dürfte auch der Anteil der von diesen getöteten so unbeträchtlich nicht sein.

      • @Schalamow:

        Wo wir schon beim zitieren sind...35-80.000? Die Amerikaner haben immer von 20-40.000 gesprochen.



        www.cfr.org/expert...-still-pose-israel



        Die englische Wikipedia spricht auch nur von 10-17.000 Militanten und erwähnt das einige Quellen auch von den 20-40.000 sprechen. Zudem wird gesagt, das die IDF vor dem Krieg die Zahl auf 30.000 schätzte. www.timesofisrael....red-from-hospital/

    • @Whying_Dutchman:

      Ganz bestimmt! Durch das Boykottieren liberaler Israelis (andere treffen Sie nämlich mit ihren Aktionen nicht!), wird sich die Netanjahu Administration mit Ihren rechtsradikalen Mitgliedern sicherlich von ihrem Kurs abbringen lassen. Ganz zu schweigen von den israelischen Wählern, die dann sicherlich ihre Stimme auf Ausgleich bedachten Parteien geben werden. Glauben Sie daran eigentlich selber? Oder wollen Sie doch nur das gute Gefühl haben "einen Beitrag (zu) leisten"?

      • @Egil:

        Aber bedeutet das nicht, dass JEGLICHER Boykot (= Sanktionen) nicht funktionieren würde? Also zB gegen Russland?



        Geht es hier um das Versagen der Mittel oder um den Adressaten des Boykots (hier: Israel).

        Wenn man ein Land, welche Völkerrecht bricht nicht sanktioniert, ob staatlich oder persönlich (= selbst), welche Mittel bleiben?

        Aus Sicht der Völkergemeinschaft vielleicht militärische Mittel, zB einen UN Einsatz, um den Genozid im Gaza Streifen bzw Westjordanland zu unterbinden.



        Ging ja auch in Ex-Jugoslavien (leider mehr schlecht als recht, siehe Srebrenica). Aber dazu wird es natürlich nicht kommen.



        Leider!

        Man könnte aber klein anfangen: beim Einsatz von UN Beobachtern würden eventuell nicht mehr so viele Palästinenser beim Anstehen für Nahrungsmittel der GHF getötet werden (mehr als 500 Tote bisher).



        Die "moralischte " Armee der Welt würde wahrscheinlich moralischer agieren, wenn sie beobachtet wird?

        Ansonsten bleiben uns "Thoughts and Prayers" ... welche anscheinend in den USA gegen Amoklauf hilft. Warum nicht auch gegen Genozid???!

  • Ein kultureller Boykott wäre gar nicht notwendig, wenn gerade die westlichen Demokratien von Anfang an Völkerrecht konsequent umgesetzt hätten, oder es spätestens jetzt tun würden. Es gibt inzwischen zwei IGH Gutachten welche die aktuelle Rechtslage wiedergeben und genau aufzeigen was getan werden muss um Recht umzusetzen. Wegen dem Siedlungsbau hätte es schon vor Jahrzehnten Sanktionen geben müssen und das nicht gegen einzelne Siedler/ Siedlergruppen, sondern gegen die Regierung, die den geplant hat, deren Bau finanziell und pol. unterstützt hat. Wir hätten heute keine 700.000 israelischen Siedler illegal in den OPT, wenn es von Anfang an Konsequenzen für diesen Völkerrechtsbruch gegeben hätte. Alle diese Boykottaufrufe jetzt sind auch ein Ausdruck dieses pol. Versagens des Westens, was diesen Konflikt sogar noch angefeuert hat und worüber keine Reflexion stattfindet.



    Ich denke es ist auch nicht so, dass sich in Israel nur die Zivilgesellschaft und die Regierung gegenübersteht- ein beträchtlicher Teil der Gesellschaft unterstützt die Regierung auch Menschen aus der Kultur. Und die Mehrheit möchte ein Ende des Krieges wegen den Geiseln, nicht der massiven Zerstörung in Gaza.

    • @Momo Bar:

      "Und die Mehrheit möchte ein Ende des Krieges wegen den Geiseln, nicht der massiven Zerstörung in Gaza"

      Schon eine krasse Aussage. Es ist so, als würde ich sagen "Die Mehrheit der Pro-Palästina-Bewegung" will Juden tot sehen und nicht Palästinenser frei. Und dafür würde ich sogar noch mehr Beispiele finden als Sie für Ihre These. Baklava nach dem 7. Oktober auf Berliner Straßen, Vergewaltiger der Hamas werden Widerstandskämpfer genannt von vielen Kulturschaffenden, ermordete Juden weltweit und einfach am deutlichsten, dass niemanden die Ukraine interessiert, keinen hat auch Assad interessiert als dieser Giftgas eingesetzt hat. Aber sobald es gegen Juden geht, da stehen alle auf einmal Spalier um ihre "Solidarität" zu bekunden. Von links bis rechts wird dann From The R.t.t.S. skandiert, Häuser mit Davidsternen oder Dreiecken gekennzeichnet wie in der NS Zeit und alles unter dem Deckmantel der "Israelkritik". Die Bewertung der moralischen Beweggründe von Israelis für diese oder jene Emtscheidung anzuzweifeln, aus dieser Bewegung, finde ich mehr als befremdlich.

    • @Momo Bar:

      Die Mehrheit der Menschen in Israel möchte ein Kriegsende auch deshalb, weil sie nicht mehr für "Netanjahu" und auch nicht seine rechtsextremen Koalitionspartner sterben wollen.



      Es sind über 800 israelische Soldat*innen umgekommen. Bei den jüngsten Angriffen des Iran über 30 Zivilist*innen.



      Ich finde es nachvollziehbar, dass man in Israel erstmal daran denkt. Aber auch die palästinensichen Opfer sind vielen jüdischen wie muslimischen Israelis in der Mehrheit nicht egal.

      • @Kai Ayadi:

        s2jnews.com/82-of-...aaretz-poll-shows/



        Und in dem Artikel, der ja einige sehr bedenkliche Umfrageergebnisse einer bekannte israelische Medienagentur (durch Haaretz nur veröffentlicht) enthält, wird auch eine Umfrage des israelischen Senders Channel 13 zitiert: "the majority of Israelis, 53%, oppose humanitarian aid into Gaza, knowing the situation is dire with thousands of children at risk of starvation". Man kann vermutlich mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass unter den übrigen 47%, die rund 20% arabischer Israelis sind. Und ich hatte mit meinem letzten Absatz auch nur auf die Aussagen des Autors Bezug genommen v.a. eben den einen Satz den er dazu sagt, da ich ihn für nicht korrekt empfand und die Umfragewerte in den letzten Monaten die Aussage auch nicht unterstützen.

  • Wo sind die Boykotte von China wegen seiner Unterdrückung der Demokratie in Hongkong und seiner genozidalen Unterdrückung der Uighuren, bzw. ganz generell wegen seines per se unterdrückerischen Systems?

    Ach nee, da wollen wir im Dialog bleiben, Aufträge bekommen und gehen höchstens mal in eine Ausstellung von Ai Wei Wei.

    Und den „Wandel“ Saudi-Arabiens begleiten wir ebenfalls ganz gerne künstlerisch:



    news.artnet.com/ar...know-2604500?amp=1

    • @Suryo:

      Mal abgesehen vom klassischen Whataboutism, ziemlich dünnes Brett, ist ja gerade die Verringerung der wirtschaftlichen Abhängigkeit von China (vulgo: Boykott) erklärtes Ziel vom DE und EU.