Aufruf von Wagenknecht und Schwarzer: Ruiniertes Lebenswerk
Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer haben ein „Manifest für den Frieden“ veröffentlicht. Sie entblößen sich damit als amoralisch.
S ie nennen es „Manifest für den Frieden“, diese beiden Frauen, und es handelt sich um exakt das Gegenteil: Es muss, aus jeder vernünftigen linken und emanzipatorischen Logik heraus, als „Manifest für die Unterwerfung“ bezeichnet werden, was die beiden Initiatorinnen Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer lanciert haben. Sich der Politik Wladimir Putins untertan machen, sagen sie mit Blick auf die militärisch gerade durch russische Militärs seit knapp einem Jahr in Verheerung gebrachte Ukraine.
Dieser Aufruf ist so empörend falsch, weil er die Angegriffenen obszön moralisch ins Unrecht stellt – und obendrein ihre westlichen Freund*innen, die Staaten der Nato etwa. Sei’s drum: Es ist nicht die erste Positionierung der beiden und ihrer Schar an Bagatellisierer*innen der Putin’schen Aggression, und ihr Wirken ist selbstverständlich durch das hohe Gut der Meinungsfreiheit gedeckt. Sie alle stellen sich offenbar den Krieg des Goliaths gegen David eher wie eine aus dem Ruder geratene Rauferei vor – da muss dann eben ein Stuhlkreis her. Das darf, das muss man als politobszön verstehen, denn nirgendwo ist Putin der Adressat, sondern jene, die der Ukraine mit Waffenlieferungen helfen wollen – zur Selbsthilfe.
Es sind trist stimmende Namen, die Wagenknecht und Schwarzer folgen: Käßmann, Sonneborn, Butterwegge, aber sie hatten in puncto „noch ganz bei Trost“ schon zuvor nicht mehr alles beisammen. Was verstört, ist vielmehr, dass alles, was an Wagenknechts Kritik an ihrer Partei noch halbwegs triftig war, nichtig gemacht wurde.
Und, gravierender noch, dass Alice Schwarzer, die ihren Neiderinnen zum Trotz ein Lebenswerk stärkster Kraft gebastelt hat, sich durch diese Interventionen als Antifeministin enthüllt: Spricht das „Manifest“ davon, „Frauen wurden vergewaltigt“, spricht es nicht über die Täter, auch nicht Putin. Man mag sich kaum vorstellen, wie beide etwa 1943 über den Aufstand im nazieingehegten Ghetto von Warschau formuliert hätten. Amoralisch sie alle, nichts anderes.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?