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Grüner über Waffenlieferungen an Ukraine„Es braucht Friedensgespräche“

Winfried Hermann ist Verkehrsminister in Baden-Württemberg, die Waffenlieferungen an die Ukraine sieht er kritisch. Damit ist er bei den Grünen ziemlich allein.

Selten auf Linie: Winfried Hermann gemeinsam mit der Publizistin und Ex-Grünen Jutta Ditfurth auf einer Anti-Zensus-Demo 1987 Foto: ap
Benno Stieber
Interview von Benno Stieber

taz: Herr Hermann, seit Beginn des Ukrainekriegs haben Sie immer wieder kritische Anmerkungen zur Militarisierung der Politik gemacht. Jetzt haben Sie einen überparteilichen Aufruf gestartet. Sind Sie der letzte Pazifist in Ihrer Partei?

Winfried Hermann: Das glaube ich nicht. Seit Beginn des Ukrainekriegs wurde ich immer wieder von Grünen-nahen Friedensbewegten angesprochen, warum sich kein Grüner von Rang und Namen zur Eskalationsgefahr von Waffenlieferungen äußert oder wenigstens darüber diskutiert. Von Leuten, die konservativer sind, habe ich sehr positive Rückmeldungen bekommen. Sie teilten meine Sorge vor Eskalation. Aus meiner Partei habe ich dagegen nach meiner ersten Wortmeldung in der Zeitung Kontext ziemlich Gegenwind bekommen.

Arnulf Hettrich/imago
Im Interview: Winfried Hermann

72, seit 2011 Verkehrsminister in Baden-Württemberg, davor seit 1998 als Abgeordneter für die Grünen im Bundestag. Beständiger Kritiker des Bahnhofsprojekts Stuttgart 21. Grünen-Mitglied seit 1982. Am Samstag kündigte er an, bei den nächsten Landtagswahlen 2026 nicht noch mal zu kandidieren.

taz: Winfried Kretschmann, in dessen Kabinett Sie als Verkehrsminister sitzen, ist ganz anderer Meinung als Sie. Er sagt, mit Pazifismus könne man keinen Staat machen, das könne nur eine individuelle Einstellung sein. Hat er recht?

Hermann: Ja, das ist zuerst eine individuelle Haltung. Und doch gibt es Staaten, die friedensorientierte Politik machen oder beispielsweise die Schweiz, die auf Neutralität setzt und seit Jahrhunderten keinen Krieg geführt hat. Trotzdem sehe ich ein, dass die Haltung eines Bundeskanzlers nicht per se pazifistisch sein kann – das könnte er nur für sich persönlich sein. Dennoch kann man auch in dieser Funktion eine andere Politik machen, die auf Verhandlungen und Diplomatie setzt und nicht vor allem auf Waffen. Wenn man sagt, ein Aggressor versteht nur eine militärische Antwort, ist man in einer militärischen Logik gefangen. Das widerspricht dem Friedensgebot im Grundgesetz: zu versuchen, Frieden zu machen. Nichts anderes heißt Pazifismus. Das wäre eine wertebasierte Außenpolitik.

taz: Kennen Sie einen Weg, wie der Krieg friedlich beendet werden kann, den die Bundesregierung nicht kennt?

Hermann: Ich will nicht als Besserwisser auftreten, ich habe ja viel weniger Informationen als die Politiker in der Regierung und im Bundestag. Meine Mitstreiterinnen und Mitstreiter und ich wollen dazu beitragen, dass in dieser Republik vernünftig über Krieg und Frieden, Militär und Wege zum Frieden diskutiert wird. Wir dürfen mehr Diplomatie wagen.

taz: Sie haben sich mit Veteranen der Friedensbewegung zusammengetan. Braucht es nicht neuere Antworten als die, die im Kalten Krieg gegolten haben?

Hermann: Natürlich, alles andere wäre borniert. Es ist jedoch nicht angemessen, dass man alle Einsichten, die man damals gewonnen hat, heute für falsch erklärt. Es gibt erstaunliche Parallelen: Die Friedensbewegung galt als naiv, sie wollte den Rüstungswettlauf stoppen, in Sorge um einen atomaren Krieg. Auch damals hat die Nato ihre Aufrüstung mit Cruise Missiles mit einer „Raketenlücke“ begründet. Anders als heute gab es große Debatten, Demonstrationen und Diskussionen im Bundestag – und am Ende eine Friedensbewegung. Die Stationierung neuer amerikanischer Raketen wird heute fast kritiklos hingenommen, als „Tagesschau“-Meldung.

taz: Sind Sie gegen die Raketen?

Hermann: Ja. Es muss andere Lösungswege geben. Ich bin kein Putin-Versteher, kann aber nachvollziehen, dass Raketen, die auf Russland gerichtet sind, dort als Bedrohung gedeutet werden. Wer Friedenspolitik macht, muss die Interessen der anderen Seite verstehen, nicht rechtfertigen.

taz: Vielleicht heißt Putin verstehen, zu begreifen, dass er nur Stärke versteht.

Hermann: So denken alle Konfliktparteien. Und das ist ja zunächst eine Behauptung, die nicht stimmen muss.

taz: Was lässt Sie daran zweifeln?

Hermann: Der Beleg des Erfolgs militärischer Mittel steht aus: Die Aufrüstungslogik hat den Krieg leider nicht beendet, im Gegenteil. Wenn man den blutigen Stellungskrieg sieht, muss man doch die Strategie reflektieren. Die richtige Überzeugung, dass Putin im Unrecht ist, bringt auf dem Schlachtfeld nichts. Aber versetzen wir uns in die andere Seite: Während wir im Kalten Krieg den Weltfrieden durch den Warschauer Pakt gefährdet gesehen haben, galt das auf der Gegenseite für die Nato. In der Sowjetunion hat man die USA in Vietnam und anderswo Kriege führen sehen. Die Sowjetunion und später Russland hat die Gegenseite oft militärisch unterstützt und auch Kriege geführt, beispielsweise in Afghanistan oder Tschetschenien. Nach dem Kalten Krieg gab es aber Annäherungsansätze. Allerdings endete die Nato nicht, wie in Aussicht gestellt, an der polnischen Grenze. Und in der Folgezeit sind die Rüstungskontrollverträge von beiden Seiten unterlaufen und nicht verlängert worden. Jede Seite warf der anderen vor, die Verträge gebrochen zu haben.

taz: Was wollen Sie damit sagen?

Hermann: Ich will mit Fehlern des Westens keinesfalls den Angriffskrieg Russlands rechtfertigen. Aber es ist fatal, dass die Abrüstungs- und Friedenspolitik in den 2000er Jahren nicht weiterverfolgt wurde. Stattdessen wurde aufgerüstet. Die USA geben heute ein Vielfaches für Militär aus wie Russland.

taz: Man hat sich 2014 mit der Kriegsbereitschaft Russlands schon mal geirrt. Würden Sie Polen und den Balten guten Gewissens sagen, sie müssen sich keine Sorge machen?

Hermann: Nein. Auch als Pazifist bin ich überzeugt, dass es gerechtfertigt ist, dass sich die Ukraine verteidigt. Ebenso ist es richtig, dass die baltischen Staaten Vorkehrungen treffen. Ich glaube sogar, dass es trotz aller Kritik an Nato und den USA wichtig ist, dass diese Länder in der Nato sind. Ich verstehe, dass Finnland und Schweden beigetreten sind. Aber das hat einen Effekt: Rund um Russland gibt es nur noch die Nato. Ein Militärbündnis kann Friedenspolitik nicht ersetzen.

taz: Sie sagen auch, dass man Putin nicht mit dem russischen Volk gleichsetzen darf. Haben Sie mal versucht, Kontakt mit diesem anderen Russland aufzunehmen?

Hermann: Nein, dazu sind wir zu klein. Aber ich bin der Meinung, dass es fatal ist, dass wir seit dem Krieg alle zivilgesellschaftlichen Kontakte, Städtepartnerschaften und Forschungsgemeinschaften aufkündigen und boykottieren. Wie soll dann noch die andere Sicht der Dinge nach Russland gelangen? Aber auch die einfachen Soldaten, die gezwungen oder von Ideologie verblendet im Krieg fallen, können uns doch nicht egal sein.

taz: Die Frage ist doch, warum es den Russen egal ist.

Hermann: Den Ehefrauen und Kindern ist das nicht egal. Man muss wissen: Das Trauma des Zweiten Weltkriegs, der brutale Überfall durch die Deutschen, ist im kollektiven Gedächtnis der Bevölkerung sehr präsent. Dazu gehört, dass man zur Verteidigung des Vaterlands auch bereit zum Sterben sein muss. Das nutzt Putin in seiner Propaganda.

taz: Müssten Friedensverhandlungen nicht von der Ukraine ausgehen?

Hermann: Die politische Führung der Ukraine sieht keinen anderen Weg, als das Land militärisch zu verteidigen und Russland zu besiegen. Verhandlungen gelten als Kapitulation. Ob diese Position in der Bevölkerung noch lange mitgetragen wird, weiß ich nicht. Als Pazifist habe ich eine andere Sicht. Es braucht die Bereitschaft für eine Verhandlungslösung, von beiden Seiten! Ich persönlich würde unsere Demokratie mit allen zivilen Mitteln verteidigen. Aber ich wäre nicht bereit, für den Kampf um zerstörtes Territorium – und sei es ein Stück unseres Landes – zu sterben.

taz: Und für Demokratie und Freiheit – Werte, für die viele im Zweiten Weltkrieg gestorben sind?

Hermann: Der militärische Kampf der Alliierten im Zweiten Weltkrieg zur Beendigung der Nazi-Gräuel, das ist das Standardargument, mit dem wir Pazifisten konfrontiert werden.

taz: Ist es falsch?

Hermann: Dieser historische Vergleich hinkt meistens, aber grundsätzlich gilt: Wenn alle politischen Mittel zum Frieden verpasst werden, wenn schon viele tot sind und alles zerstört ist, dann ist ein gewaltfreier Ausweg schwierig.

Was wäre dann jetzt zu tun?

Hermann: Es braucht neutrale Moderatoren, Verhandlerinnen oder Verhandler, die einen Waffenstillstand beziehungsweise Bedingungen dazu vorschlagen, ohne damit Russlands Geländegewinne anzuerkennen. Die derzeitige Kriegsgrenze und ein Waffenstillstand müssten mit einem UNO-Blauhelm-Mandat gesichert werden.

taz: Da müsste Russland zustimmen.

Hermann: Ja, aber auch die Ukraine und USA. Es braucht Initiativen zu Verhandlungen.

taz: Um den Krieg abzukürzen, würde Ihr Parteifreund Anton Hofreiter gerne möglichst viele Waffen liefern, damit die Ukraine gewinnt.

Hermann: Immer mehr Waffen haben bisher nicht zum Erfolg, sondern zur Aufrüstung der anderen Seite und zu mehr Gewalt geführt. Es besteht das Risiko einer atomaren Eskalation. Es braucht Friedensgespräche! Aus meiner Sicht könnten die UNO und die Brics-Staaten vermitteln. Deutschland ist dafür nicht geeignet.

taz: Kritisieren Sie, dass wir auf der Seite der Ukraine stehen?

Hermann: Nein, aber zur Vermittlung braucht es neutrale Akteure.

taz: In Ihrem Aufruf heißt es, man müsse in einer Demokratie diese Positionen vertreten dürfen. Das hörte man auch auf Querdenker-Demonstrationen. Wer hindert Sie daran, Ihre Positionen zu vertreten?

Hermann: Mit den Querdenkern haben wir nichts gemein. Aber als ich mich vor eineinhalb Jahren das erste Mal öffentlich kritisch geäußert habe, bin ich auch von Parteifreunden heftig kritisiert worden. Obwohl ich damals schon gesagt habe, dass Putin ein Imperialist ist, der Krieg gegen das Völkerrecht verstößt, galt ich als Putin-Versteher und als einer, der die eigene Verteidigungsfähigkeit schwächt. So wird man in eine blinde Solidarität gedrängt, die ich für gefährlich halte.

taz: Wie sehr haben Sie sich von Ihrer Partei entfremdet?

Hermann: Nicht so sehr von der Partei. Seit dem Parteitag in Rostock 2001, als die Partei mit großer Mehrheit für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan gestimmt hat, weiß ich, dass ich in der Minderheit bin. Es ist trotz aller Kritik nicht mein Interesse, die Grünen zu spalten – unsere Initiative ist überparteilich.

taz: Was wollen Sie erreichen?

Hermann: Ich will, dass wir rational über Wege zum Frieden diskutieren und die Annahmen der militärischen Logik hinterfragen. Es ist Zeit für einen Strategiewechsel. Wollen wir uns wirklich von Putin in eine militärische Logik des 19. Jahrhunderts zwängen lassen, obwohl wir wissen, dass uns das auf lange Sicht davon abhält, die sozialen und ökologischen Probleme auf diesem Planeten zu lösen?

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63 Kommentare

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  • "Die politische Führung der Ukraine sieht keinen anderen Weg, als das Land militärisch zu verteidigen und Russland zu besiegen. Verhandlungen gelten als Kapitulation."



    Wäre ja mal wirklich zu hinterfragen, ob Hunderttausende Ukrainer bereit sind für die Rückeroberung von Donbass und Krim zu sterben oder verstümmelt zu werden.



    Ich sehe mir die Mobilisierungsbemühungen Kiews und die "Abstimmung mit den Füßen" an und behaupte: Da sind nicht genug für zu haben.



    Wie bewertet die geneigte kampferprobte Leserschaft denn dieses Dilemma?

    • @Nansen:

      Für Gott und/oder Vaterland zu sterben ist halt nicht mehr so en vogue wie in vergangenen Jahrhunderten - deshalb müssen Zustimmung zur Verteidigung/nicht Aufgabe und tatsächliches Einstehen mit dem eignen Leben für diese Zustimmung nicht mehr Hand in Hand gehen.



      Ich würde die Bereitschaft in der Bevölkerung daran messen wie sehr sich die Bevölkerung für die Verteidigung des Landes einbringt - und was da bezüglich Mitarbeit in Hilfsorganisationen etc und Zusammenhalt innerhalb der Bevölkerung in der Ukraine abgeht, steht da schon noch eine große Mehrheit hinter dem vorgegebenen Ziel aus der Politik.

  • Gut, dass die Friedensbewegung zu Wort kommt. Nachrüstung immer mehr Waffen, besonders in der Auseinandersetzung mit Russland.



    Wer sagt, dass Abschreckung mit Raketen als Prinzip immer funktioniert und es nicht zu einem Atomkrieg aus Versehen kommt? Kaum einer.



    Als die Atomreaktoren in Tschernobyl und Fukushima in die Luft flogen war das für beteiligten Techniker und Politiker ein Ding der Unmöglichkeit.

  • Laut Untertitel ist Herr Herrmann mit seiner Position ziemlich allein.



    Das mag für die Mitglieder der Partei der Grünen gelten.



    Die sind allerdings nicht wahlentscheidend.



    Von Nouripour war schon nach der Europawahl nur zu hören, dass die Anderen, in dem Fall die Koalitionspartner, am schlechten Abschneiden der Grünen Schuld sind.



    Es könnte allerdings auch sein, dass die Grünen durch die eine oder andere eigene Entscheidung WählerInnen verlieren...

  • Ich versuche es auch mal mit gewichtigen Worten, do richtig scholzig: Es ist an der Zeit, die Bemühungen zu verstärken, einen Weg zu finden, die Schwerkraft aufzuheben.

    • @Bussard:

      Aber nur, weil die Spd in Brandenburg demnächst gewaltig auf die Nase fällt. Und doch egal, das viele Lebewesen ohne Schwerkraft nicht überlebensfähig sind.

  • Die Friedensbewegung war noch nie sauber. Mit der einen Hand den Ölzweig schwenken, mit der anderen für Waffen für El Salvador sammeln. Die Entschuldigung an Helmut Schmidt steht immer noch aus. Ganz besonders ekelhaft ist dann der Günter-Grass-Pazifismus: Wenn sowieso alle Soldaten Mörder sind, müssen wir über meine Waffen-SS-Mitgliedschaft glücklicherweise nicht mehr reden.

  • Mit Putin verhandeln?



    Aber ja doch!



    Dafür gibt es sogar einen passenden Ort:



    den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag.



    Ja, richtig gehört: Der Weg zum Frieden führt über Den Haag.

  • "Während wir im Kalten Krieg den Weltfrieden durch den Warschauer Pakt gefährdet gesehen haben, galt das auf der Gegenseite für die Nato". Nein, für die "Friedensbewegung" ging die Gefahr für den Weltfrieden schon immer von der NATO aus. Da hat sich sein Denken wirklich nicht geändert.

  • Lieber Herr Herrmann,

    all das, was Sie über Lösungen außerhalb der "militärischen Logik" sagen, wurde im Angesicht von Putins imperialistischem Gebaren und der Besetzung ukrainischen Bodens schon beherzigt und umgesetzt - und zwar von 2014 bis 2022. Das Ergebnis ist bekannt.

    Wie kann man sich angesichts eines so spektakulären Scheiterns noch mokieren, der "Beleg des Erfolgs" militärischer Mittel stehe aus? Die Ukraine gibt es noch. DAS ist ein Erfolg militärischer Mittel, den weiteres Appeasement genau NICHT gebracht hätte!

    Heute müssen wir mit Jemandem umspringen, der so lange die "militärische Logik" zum Leitbild seines Handelns macht, bis er auf militärischem Wege nur den eigenen Untergang erreichen kann. Denn da sind wir - nicht im Kalten Krieg, wo es galt, das Jucken im Abzugsfinger mit einer Mischung aus Gesprächsbereitschaft und Abschreckung zu besänftigen. Heute steht da Einer, der den Abzug längst betätigt hat, immer weiter draufhält und, seit sein Überfall NICHT den erhofften Handstreichsieg gebracht hat, in der Überzeugung lebt, dass die Ukraine und ihre Unterstützer um Frieden bitten werden, dessen Bedingungen ER dann diktieren kann.

    Wie wollen Sie DARAN vorbei??

    • @Normalo:

      Das ist in doppelter Hinsicht falsch: Zum einen ist ihr Blick auf die Phase 2014 bis 2022 (eigentlich müsste man von einer Phase 2007 bis 2022 sprechen) unterkomplex: die diplomatischen Bemühungen in dieser Zeit waren eher auf Schadensbegrenzung angelegt, nicht auf eine grundsätzlichere Lösung der zugrundeliegenden Konflikte, wahrend Teile des Westens – darunter auch die USA – auf eine durchaus konfrontative Politik gesetzt haben. Zum anderen ist es geradezu zynisch, angesichts der Zerstörungen in der Ukraine von einem „Erfolg“ zu sprechen – ein schneller Kollaps (oder das Israel vermittelte Abkommen) hätte viel, viel weniger Opfer gekostet (oder eben). Die Ukraine wird jetzt eben langsam zerstört – und über den für den Westen keineswegs positiven diplomatischen Nachhall haben wir hier noch gar nicht gesprochen. Ein Erfolg ist das nur, wenn man russische Verluste als einzigen Maßstab anlegt.

      • @O.F.:

        Ah, Sie wissen also auch - wie Frau Wagenknecht - besser, was die Ukrainer wollen und brauchen, als diese selbst? Das können Sie ja meinen, aber kommen Sie mir dann bitte nicht mit "zynisch"!

        Und nein, das zugrundeliegende Problem war 2007, 2014 und 2021, dass Herr Putin ein massives Problem damit hat, dass Russland - und damit sein persönlicher Anspruch auf souveräne Machtausübung - GRENZEN hat, die die Ukraine (und das Baltikum und auch Polen oder Finnland) nicht umfassen. Es steht ihm damals wie heute nicht zu, vom Rest der Welt zu erwarten, dass er dieses Problem für ihn löst. Zumal, selbst wenn er das versuchte, Putin ohnehin im Zweifel den Hals nicht vollkriegte. Das ist genau die Lektion, die es aus der zweiten Hälfte der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zu lernen gibt: Die Souveränität der Nachbarn eines autokratisches Machtmenschen sollte im Interesse ALLER konsequent verteidigt werden.

        Und zur Souveränität gehört auch, sich einem Verteidigungsbündnis anzuschließen, wenn der Autokrat nebenan ständig den Hegemon raushängen lässt. Sie wollten noch MEHR Appeasement, nachdem Putin 2014 die rote Linie übertreten und sich die Krim geschnappt hat? Im Ernst??

      • @O.F.:

        Den Gerüchten über das von Israel angeblich verhandelte Abkommen hat sogar der Verhandler aus Israel widersprochen - hält sich leider immer noch.

  • Herr Hermann, wie auch BSW und AFD haben einfach keine konkrete Lösung "Es braucht mehr Diplomatie"...

    Ja, der Krieg wird früher oder später mit diplomatischen Mitteln beendet werden. Von der militärischen Unterstützung hängt allerdings ab, ob zum Guten für die Ukraine, oder ob wir die Ukraine (oder Teile) dazu verurteilen unter russischer Herrschaft zu leben/sterben.



    Als Pazifist sollte Herr Hermann einmal überdenken, was die Vergewaltigungen und Ermordung die u.A. in Butscha stattgefunden haben für die Ukrainer bedeuten würden.

    Ebenfalls unterschlägt er komplett, dass Russland schon längst Raketen auf uns gerichtet hat. Sollen wir das komplett ignorieren? Ist das vertretbar?Durch amerikanische Raketen wird zumindest ein Gleichgewicht wieder hergestellt das Putin eher dazu bringen wird mit Diplomatie statt militärischer Gewalt zu agieren.

  • "Allerdings endete die Nato nicht, wie in Aussicht gestellt, an der polnischen Grenze. "

    Das wurde jetzt WO in Aussicht gestellt? In der "NATO-Russland-Grundakte" steht nichts davon.

    www.swr.de/swrkult...terung-zu-102.html

    • @Tom Tailor:

      Man könnte hierzu noch das Budapester Memorandum erwähnen, das der Ukraine ausdrücklich die Wahl zubilligt, in die NATO einzutreten oder nicht.

  • Die Friedensbewegung in den 80ern war naiv. Der NATO-Doppelbeschluss wurde umgesetzt und der beschworene Weltuntergang kam nicht, stattdessen wurden Abrüstungsverhandlungen aufgenommen und die UdSSR hat sich ohne Krieg aufgelöst.



    Dannach hat sich die Friedensbewehung durchegsetzt. Arsenale wurden aufgelöst, Truppenstärken reduziert, Ausgaben gekürzt. Und jetzt haben wir wieder Krieg und Völkermord in Europa.

  • Der größte realpolitische Erfolg des Pazifismus war und ist die Hofgartendemo gegen den Doppelbeschluss. Ansonsten bleibt man wie auch Hr. Hermann im Konjunktiv stecken. Wenn doch alle sich mal an einen Tisch setzen würden, dann könnte...



    Tun sie aber nicht!!



    Auch ich will, wie alle anderen Menschen, die ihre fünf Sinne beieinander haben, keinen Krieg am eigenen Leib erleben.



    Damit könnte man es bewenden lassen, wenn die Welt eine andere wäre (Konjunktiv).



    Herr Hermann mag den Vergleich mit der Geschichte nicht, aber sie kann soweit als Matrix dienen, dass nachvollziehbar wird, warum auf A B folgt und nicht C.



    Hätten (hättehätte) die Westmächte F und GB zwischen 1936 und 1939 nicht quasi demonstrativ auf die Friedenskarte gesetzt, sondern D Grenzen aufgezeigt, wären sie nach 1.9.39 ihren Vertragsverpflichtungen nachgekommen und hätten nicht weiter versucht, ihren Bevölkerungen die bittere Wahrheit des Krieges und Sterbens zu ersparen, bis es zu spät war...



    Herr Hermann, Frau Weigel, Frau Wagenknecht und die anderen sollen uns Zweiflern konkret aufzeigen, wie eine diplomatische Lösung aussehen könnte, die die Ukraine nicht als Objekt, sondern als souveränes Subjekt behandelt.

  • Warum wird bei der Stationierung von Cruise Missiles eigentlich nie erwähnt das es Putin war der schon vor über einem Jahrzehnt IskanderM-Raketen im Baltikum stationiert hat?

  • 1. Russland hat angefangen und die Ukraine muss sich verteidigen.



    2. Wir unterstützen sie dabei.



    3. Der Krieg bewegt sich wenig, es sterben Menschen und es wird sehr viel Treibhausgas erzeugt.



    4. Ein Krieg endet entweder militärisch (einer gewinnt. Und auch dann müsste der Sieg in Verhandlungen geregelt werden) oder politisch, mit Verhandlungen). Einen militärischen Sieger sehe ich so schnell nicht. Verhandlungen kann und sollte es immer geben.



    5. Verhandlungen müssen geheim sein. Ich hoffe, es wird verhandelt.



    6. Wir, also Deutschland, sind da nicht die Richtigen. Wir haben wenig Option, dazu beizutragen, und keine, die in Zeitungen breitgetreten werden kann.



    7. wir LeserInnen wissen weder etwas über militärische Fragen noch über den Stand politischer Fragen.



    8. Deutschland gibt viel Geld für fossiles Militär aus, was an anderer Stelle fehlt. Das ist politisch und muss politisch besprochen werden. Hier finde ich die reinen Zahlen sehr fragwürdig, wonach Europa ein mehrfaches ausgibt gegenüber Russland.



    9. Die Stationierung von Raketen ist sowohl militärisch als auch politisch. Die politische Diskussion ist überfällig.

    • @JKPotsdam:

      Sie müssen gar kein Militärexperte sein. Die Grundrechenarten reichen völlig. Russland hat das BIP Italiens. Es ist undenkbar, dass Russland diesen Krieg durchhält, wenn der Westen dagegenhält. Wenn der Westen allerdings auf die "Pazifisten" hört, und die Ukraine schmählich im Stich lässt, dann hat Putin tatsächlich wieder eine Chance, aber nur dann.

  • Die Schweiz ist ein schlechtes Beispiel, da ihr Geschäftsmodell parasitär ist und durch ihre geografische Lage erst möglich wird.

    • @schnarchnase:

      Zudem ist die Schweiz bis an die Zähne bewaffnet und ausschließlich von Nachbarn umgeben, die niemals auf die Idee kommen würden, die Schweiz zu überfallen. Sogar Hitler, der die Wehrmacht sonst überall reingeschickt hat, ist nicht in die Schweiz einmarschiert.

    • @schnarchnase:

      Mal ganz abgesehen davon, dass sich die Schweizer Garde bis heute der Beliebtheit in fremdländischen Diensten erfeut.

  • Nur ganz kurz: die Schweiz , gemeint sind wohl die Menschen dort oder die Regierung (?) waren und sind nicht pazifistisch; nahezu jeder ein eine Waffe zuhause. Und die "Wirtschaft" der Schweiz besteht zu 50 % aus Gewinnen, die auch in Kriegen gemacht werden; das ist was? Schamlos? Vielleicht - jedenfalls nicht pazifistisch, wenn man den Gewinn von Kriegen und Terror einkassiert, aber keinen eigenen "Schaden" davon hat.

  • Vor einer genauen Benennung dessen, was verhandelt werden soll, drückt sich Herrmann: "Entnazifizierung" der ukrainischen Regierung? Abtretung und Okkupation von Territorium? NATO-Beitritt ? Auf der einen Seite versteht Hermann die Aufrüstung der Baltischen Staaten und den Nato- Beittitt Schwedens und Finnlands, auf der anderen Seite beklagt er dann wieder die allgemeine militärische Logik des Westens gegenüber Putins Imperialismus und Faschismus.



    "Wenn alle politischen Mittel zum Frieden verpasst werden, wenn schon viele tot sind und alles zerstört ist, dann ist ein gewaltfreier Ausweg schwierig."...also, nachdem durch einen imperialistischen Angriffskrieg viele tot sind und alles zerstört ist, erst dann sollte ein Pazifist sich wehren? Eine absurde Einstellung, die mit der Realität der Opfer vor Ort nichts zu tun hat.



    Was die Kapitulation eines Landes bedeuten kann, zeigt Frankreich im 2.WK : ein faschistisches Vichy- Regime, deutsche Besatzung, zehntausendfache Deportationen in die KZs, Massaker an der Zivilbevölkerung, Zerstörung der Gesellschaftsordnung. Wer diese Folgen ausklammert, argumentiert unehrlich. Putin steht stellvertretend für eine faschistische Weltordnung.

    • @Rinaldo:

      Das scheint mir eine böswillige Auslegung des Gesagten: was Hermann hier fordert, ist eigentlich nicht einmal spezifisch pazifistisch, sondern eigentliche pure Realpolitik – nämlich die Suche nach politischen Lösungen bevor die Situation militärisch eskaliert. Und auch wenn das die gar nicht so Kalten Krieger unserer Zeit nicht gerne hören: hier gab es Versäumnisse auch auf westlicher Seite. Solche Fragen kann man allerdings nicht mehr realistisch diskutieren, wenn man reflexartig den 2. Weltkrieg und Nazi-Deutschland als Deutungsschema verwendet (der unterreflektierte Faschismus-Begriff macht das nicht leichter) – denn damit schließt man jeden Kompromiss von vornherein aus und setzt die Zeile unmöglich hoch (eine Niederlage wie die Deutschlands ist im Falle der Atommacht Russland schlichtweg unrealistisch).

    • @Rinaldo:

      Ja, wenn es konkret wird wirs herumlaviert und mit Worthüslen um sich geworfen. Auch die Passage zum Sieg über Nazi-Deutschland der Alliierten ist bezeichnend!

    • @Rinaldo:

      Was das Ausbleiben einer rechtzeitigen Kapitulation bedeutet, unterschlagen Sie freilich.



      In Deutschland bedeutete dies in WK1 Millionen von toten und schwerverletzten Männer.



      In WK2 kam noch die völlige Zerstörung fast aller Großstädte dazu.

      Wenn ich mir dagegen Frankreich heute im Vergleich zu Deutschland ansehe, kann ich nicht erkennen, warum die Kapitulation vor einem militärisch Überlegenen Gegner mittel- und langfristig nachteilig die schlechtere Lösung gewesen sein soll.

      • @hsqmyp:

        "...mittel- und langfristig nachteilig die schlechtere Lösung gewesen sein soll."

        Geschrieben wie ein wahrer geistiger Erbe Gottlieb Biedermanns!

        TIPP: Schauen Sie vielleicht mal nicht nur auf die schönen, unzerstörten Innenstädte Frankreichs sondern auch in die Folterkeller von SD und Gestapo, auf die Bahnhöfe, wo die Rampen für die Sondertransporte standen, in die Boudoirs, wo sich Französinnen an Besatzer verkaufen mussten und versetzen sich dann noch - für's Gefühlige - bei den erhebenden Bildern von Wehrmachtstriumphzügen über die Champs Elysées in die Haut einstmals stolzer Franzosen, die das anschauen mussten. Von so Petitessen wie dem Verlust von Demokratie, Meinungs- und Pressefreiheit wollen wir mal nicht reden...

        Und in Frankreich war - dank der entschlossensten "kriegstreiberischen Einmischung" aller Zeiten durch "übergriffige" Westmächte - der Spuk wenigstens nach fünf Jahren vorbei. Wenn sich bei uns die Putin-Appeaser durchsetzen sollten, würde man den Ukrainern derartige Hilfe wohl kaum guten Gewissens in Aussicht stellen können (und den Balten im nächsten Schritt auch nicht wirklich).

        • @Normalo:

          Danke

      • @hsqmyp:

        Das könnten ihnen die französisichen Juden beantworten. Kapituliert die Ukraine wird ihre Sprache, ihre Identität ausgelöscht. Russland wird zehntausende Menschen umbringen und verschleppen und die Ukrainer dürfen dann das Kanonenfutter für russlands nächsten Krieg stellen, so wie die Donbass Bewohner jetzt verheizt wurden.

      • @hsqmyp:

        Russland ist gar nicht militärisch überlegen. Butscha ist die schlechtere Lösung

  • Herrmann ist auch hier ein kluger Mensch. Wir brauchen ja auch das Friedensziel, die Erkenntnisse der Friedensforschung und das Zurückschrecken vor Dämonisierung von Völkern.

    Und doch will ich einhaken: Russland hat zwischen Murmansk, Wladiwostok und dem Kaukaus auf drei Seiten _keine direkte Bedrohung, selbst wenn man die NATO als solche zählte (warum sollte die aber?). Putins Revisionismus in Europa ist ungleich den 1980ern dort.

    Es kommt auf die Metapher an. Ich sehe den nächsten Vergleich 1938, wo man die Tschechoslowakei besser herausgepaukt hätte.

  • Keine Waffenlieferungen heißt, die Ukraine wird vernichtet.

    Natürlich muss auch Diplomatie versucht werden, aber das interessiert Putin (derzeit?) nicht, daher muss das Land erstmal verteidigt werden, bis es soweit ist.

    Traurig, dass überhaupt über mehr als den Rückzug der Russen verhandelt werden soll. Russland hat der Ukraine nichts reinzureden.

    Neutralität? Die gibt es nicht. Neutralität hilft immer den Aggressoren, niemals den Opfern.

  • Sehr schön, vielen Dank ❗



    Mensch muss (noch) nicht Pazifist sein, um die Meinung von Minister Hermann zu teilen. Auch der deutschlandweit bekannte Autor, Jurist, Journalist und Publizist Heribert Prantl hat seine interessanten Ansichten diesbezüglich zu Papier gebracht. Auch dies ist ein Ergebnis einer fruchtbaren intellektuellen Auseinandersetzung vor einem bekannterweise gediegenen Bildungshintergrund mit "weitsichtiger" Perspektive.



    /



    www.ndr.de/kultur/...otz,prantl180.html

  • Es tut sich endlich wenigstens ein bisschen etwas in Richtung diplomatischer Lösung, so wie es eigentlich auch in diesem Konflikt von Anfang an hätte sein sollen.



    Auch dieser Krieg wird nicht auf dem Schalchtfeld entschieden, sondern am Tisch.

  • Huch, die Schweiz ist jetzt also pazifistisch. Bis an die Zähne bewaffnet mit allgemeiner Wehrpflicht... aber mit solchen Details halten sich die Traumtänzer der alten Friedensbewegung nicht auf. Neutralität mit Pazifismus zu verwechseln isf aber schon eine Nummer. Ich habe früher selber gegen den Golfkrieg demonstriert - vielleicht war die Situation damals eine Andere. Im Kontext von Putins Raubkrieg ist das Geeiere von Herrmann und seinen Mitpazifist:innen peinlich. Putin könnte den Krieg sofort beenden, indem er den Rückzug anordnet. Der lacht sich über die Friedensbewegung tot.

    • @CarlaPhilippa:

      Si vis pacem, para bellum.



      Diese Weisheit ist nun wirklich keine neue.



      Sehr wohl kann man bis an die Zähne bewaffnet pazifistisch sein.



      Frieden durch überlegene Feuerkraft ist eben auch ein Frieden.



      In der durch und durch Korrupten Ukraine wurde dieser Aspekt leider viel zu lange vergessen.



      Auch hierzulande wacht man erst langsam wieder auf.

    • @CarlaPhilippa:

      Sie haben es falsch gelesen. In dem Artikel heißt es die Schweiz ist neutral, nicht pazifistisch.

  • Pazifisten müssen sich in diesem Land wieder rechtfertigen. 2 von uns angezettelte Weltkriege mit abermillionen Toten (darunter 20 Mio Russen) reichen nicht mehr als Begründung für Diplomatie und militärische Zurückhaltung. Auch die eindeutige defensive Ausrichtung unseres Grundgesetzes wird ignoriert.

    Ich finde es ausgesprochen ermüdend, das es so wenig Interviews gibt, die offen Lösungswege aus dem Krieg diskutieren.

    IdR klopft man die Gesprächspartner auf bellizistische Eckpunkte ab und bringt sie so permanent in die Defensive.

    Ich bin andererseits positiv überrascht darüber, das es bei den Grünen noch Politiker gibt, die sich eine Welt jenseits von Panzerhaubitzen und Siegesfantasien vorstellen können.

    Wenn man sich jedoch so haarsträubende Aussagen wie die von Hrn Kretschmann vergegenwärtigt ahnt man, wie isoliert Hr Hermann in seiner eigenen Partei ist.



    Zum Glück gibt es für ihn ja politische Alternativen.

    Insofern bin ich für das Interview sehr dankbar!

    • @hsqmyp:

      Einseitiger Pazifismus kann nicht der Weg sein.

    • @hsqmyp:

      "Ich finde es ausgesprochen ermüdend, das es so wenig Interviews gibt, die offen Lösungswege aus dem Krieg diskutieren."

      Ich auch. Stattdessen kommen immer wieder diese in luftleerer Ideologie schwebenden "Man muss doch VERHANDELN!"-Meiner zu Wort. Die wissen zwar ganz genau, was von dem, was Putin bislang davon abghehalten hat, die Ukraine brutal zu unterwerfen, Alles nicht sein dürfte, müssen aber ein ums andere Mal bekennen, nicht den leisesten Hauch des blassen Schimmers einer vagen Idee zu haben, WORÜBER man denn realistisch mit Putin verhandeln könnte.

      Ich kann Sie SO gut verstehen, wenn Ihnen das auch auf die Nerven geht... ;-)

    • @hsqmyp:

      Es waren nicht „20 Millionen Russen“, sondern 27 Millionen Menschen aus der Sowjetunion. Im Vergleich zur Ukraine und Belarus kam das heutige Russland relativ glimpflich davon. Dort sind nämlich „nur“ etwas mehr als 10% der Menschen gestorben. In der Ukraine waren es fast 30%, in Belarus mehr als 1/3.

      Die Ukraine bestand für Deutschland genauso aus „Untermenschen“ wie Russland. Man muss sich nur mal durchlesen, was die Top-Nazis so von sich gegeben haben.

      In gewisser Weise scheint sich daran aber auch nicht zu 100% etwas geändert zu haben. Sonst würde man nicht hunderttausende Ukrainer:innen fùr die eigene Verteidigung sterben lassen.

    • @hsqmyp:

      Pazifisten müssen sich nicht "rechtfertigen". Sie sind aber - wie jeder in einer öffentlichen Debatte - für ihre Positionen begründungspflichtig. Und wie man eine Friedensordnung in Europa erreichen möchte (an der ja Pazifisten wie Nicht-Pazifisten gleichermaßen ein Interesse haben), ohne in - ja derzeit nicht einmal ansatzweise absehbaren - Verhandlungen grundlegende Prinzipien der bisherigen Friedensordnung (Unverletzbarkeit der Grenzen, friedliche Konfliktlösung) aufzugeben, zudem mit einer Gegenseite, die sich keinen Deut um geltende Verträge schert: Dafür hätte ich schon gerne eine Begründung

  • Was ist die Meinung von Dieter Bohlen zu der Ukraine-Krise. Offenbar ist jetzt jeder Geostratege.

  • Ein Ende der Phrase „Es braucht“ ist notwendig.

  • Das ist unser größtes Problem. Wir ecchauffieren uns. Sprechen von einem Despoten der die Ukraine überfallen hat. Aber wir haben den Arxxx nicht in der Hose dann die Chose durchzuziehen. Helmlieferungen, halbherzige Unterstützung und monatelange Diskussionen was wir wann liefern und ob und was die Ukrainer damit machen dürfen...

    Was wir aber immer dabei vergessen: Wir sind die im warmen Wohnzimmer. Mit intakten Fenstern und einer Vollversorgung die die Diskussion durchaus erleichtern. Kinder leben voller Angst, Kliniken werden bewusst zerstört, Infrastruktur wie Strom und Wasser gekappt und Menschen sterben. Für uns! Was seit Ihr scheinheilig!

  • Was wir nicht brauchen, ist Kollaboration mit dem russischen Imperialismus. Militärische Mittel wirken nicht? Militärische Mittel wirken immer, zuletzt 1918 und 1945. Der Vorschlag, Putins Raub mit Blauhelmtruppen zu sichern, ist nicht nur jenseits jeder Realität, weil es dafür weder Truppensteller noch eine Mehrheit im Sicherheitsrat gibt, sondern auch ein Abgrund an moralischer Verkommenheit. GULAG-Frieden.

  • "Allerdings endete die Nato nicht, wie in Aussicht gestellt, an der polnischen Grenze"



    In welchem Vertrag steht das?



    "Ich will mit Fehlern des Westens keinesfalls den Angriffskrieg Russlands rechtfertigen"



    "Die USA geben heute ein Vielfaches für Militär aus wie Russland"



    Aber die Schuld liegt schon bei den USA, der Nato? Wieso hat Russland dann ein nicht Nato-Land angegriffen?



    "Ich verstehe, dass Finnland und Schweden beigetreten sind. Aber das hat einen Effekt: Rund um Russland gibt es nur noch die Nato"



    Die Neutralität dieser Länder fand nur ein Ende, weil sie sich von RU bedroht fühlen, und doch ist RU wieder das Opfer.



    "Aber auch die einfachen Soldaten, die gezwungen oder von Ideologie verblendet im Krieg fallen, können uns doch nicht egal sein."



    Eingezogene sind meist "hinter der Front" die Anderen sind wegen Geld und Ideologie dort und mit ehrlich gesagt vollkommen egal.



    "Das Trauma des Zweiten Weltkriegs, der brutale Überfall durch die Deutschen, ist im kollektiven Gedächtnis der Bevölkerung sehr präsent"



    Das fehlte ja noch. Die Deutschen sind Schuld an RU Verteidigungskriegen.

  • "In Ihrem Aufruf heißt es, man müsse in einer Demokratie diese Positionen vertreten dürfen. Das hörte man auch auf Querdenker-Demonstrationen."

    Also bitte, das ist doch unverschämt. Wenn man jedem, der eine abweichende Position zur sog. "herrschenden Meinung" veröffentlicht, eine Nähe zu Verschwörungstheoretikern und Verfassungsfeinden unterstellt, landet man schnell in totalitären Strukturen.

    • @Agarack:

      Genau diesem Ihrem Argument würde jeder AfDler sofort zustimmen. Das nennt man dann wohl "Teufelskreis".

  • Herr Herrmann scheint mir doch ein paar bekannte Punkte wiederzugeben, deren offensichtliche Lücken durch die "Pazifisten" ignoriert werden:



    "Wenn man sagt, ein Aggressor versteht nur eine militärische Antwort, ist man in einer militärischen Logik gefangen."



    "Die Aufrüstungslogik hat den Krieg leider nicht beendet, im Gegenteil"



    etc: wie sieht nun sein Vorschlag aus, mit Putin umzugehen? Blauhelme (welche nur mit Putins Wohlwollen kommen) würden die Grenze der facto zementieren und Russlands Geländegewinne sichern.



    "Ich will nicht als Besserwisser auftreten, ich habe ja viel weniger Informationen"



    Achso. Schade aber auch, ich würde mich über das Kriegsende freuen.



    "Die Friedensbewegung galt als naiv, sie wollte den Rüstungswettlauf stoppen, in Sorge um einen atomaren Krieg"



    Im Gegensatz zur Friedensbewegung hat die Gegenseitige Abschreckung tatsächlich die Eskalation verhindert.



    "Ich bin kein Putin-Versteher, kann aber nachvollziehen, dass Raketen, die auf Russland gerichtet sind, dort als Bedrohung gedeutet werden"



    Ich kann nicht verstehen, wie man die Lügen des Aggressors glauben kann. Russland hat neue Raketen zur EU stationiert [...] und droht mit dem Erstschlag.

  • "Immer mehr Waffen haben bisher nicht zum Erfolg, sondern zur Aufrüstung der anderen Seite und zu mehr Gewalt geführt."

    Ja, die Mär von der sogenannten "Eskalationsspirale". Hätte der Westen die Ukraine nicht unterstützt, gäbe es heute keine souveräne Ukraine mehr. Dann könnten wir heute "in Frieden" darüber räsonnieren, was man hätte tun können, um das zu verhindern. Es gibt nicht den allergeringsten Hinweis darauf, dass Putin irgendetwas anderes gemacht hätte. Warum sollte er sein Kriegsziel aufgeben, nur weil der Westen die Hände in den Schoß legt.

    Hermann mag noch so sehr das Gegenteil beteuern, aber im Grunde steckt er friedenspolitisch immer noch in den 80er Jahren. Was er und andere, die ähnlich denken, aber mit schöner Regelmäßigkeit übersehen: Die SU war damals prinzipiell an der Aufrechterhaltung des Status quo interessiert. Genau das will Putin nicht. Anders als Breschnew & Co. hat er die Schwelle zum Krieg seit 2014 mehrfach überschritten - ein fundamentaler Unterschied. Und wie man eine Friedensordnung wiederherstellen soll mit jemandem, der alles kaputtgeschlagen hat, was seit den 1970er Jahren verhandelt worden ist, sagt uns leider auch Herr Hermann nicht.

  • Nach über zweieinhalb Jahren kann man sich die Eskalationsgefahr ansehen. Die Erkenntis ist: Es gibt keine Gefahr dass Putin den Krieg in Richtung NATO eskalsiert. Sie ist eine Erfindung der russischen Propaganda die sich in den Köpfen vieler im Westen festgesetzt hat. Die Ukraine hat sich in Sachen militärischer Abrüstung sehr bemüht und es 2014 bereuen müssen, auch weil sie vom Westen noch immer zu wenig und zu zögerlich Unterstützung bekommt.

    Was es braucht ist Neustart der russischen Poltik ohne Putin und seine Oligarchen, einen zweiten Versuch eine gesunde Demokratie im post-sowjetischen Russland aufzubauen. Nur mit dieser sollten wir in Zukunft handeln. Nur mit dieser wird es ein friedliches Europa geben.

     

    Kommentar gekürzt, bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    Die Moderation

    • @Thomas Koll:

      "Es gibt keine Gefahr dass Putin den Krieg in Richtung NATO eskalsiert."



      Das ist jetzt natürlich auch ein wenig optimistisch gedacht. Die Gefahr gibt es durchaus. Nämlich dann, wenn Putin glaubt, damit durchkommen zu können. Zum Beispiel wenn er den Eindruck gewinnt, dass ein Angriff auf z. B. Estland nicht in eine harte



      Antwort münden wird.

    • @Thomas Koll:

      Genau diese Meinungen führen zur Eskalation. Es ist so als würde jemand der ständig mit 300 über die Autobahn fährt sagen: "Siehst du, bisher ist nichts passiert!..."

    • @Thomas Koll:

      Du meine Güte. Wie wäre es, wenn Sie ihre kriegerische Rhetorik materialisieren und sich freiwillig an die Front melden? Nein? Nicht? Das wäre aber ein notwendiger Teil Ihrer "Lösung".

      Russland hat fast genauso viele Atomwaffen wie die USA. Es wird schon deshalb nie und nimmer so eine Niederlage wie Deutschland erfahren. Eher wird die Welt mitgerissen.

      Und ein postsowjetisches Russland nach des Westens Gusto aufzubauen hat ja schon einmal perfekt geklappt (Das ist Ironie.) und am Ende genau dahin geführt, wo wir jetzt stehen.

    • @Thomas Koll:

      Es gibt aber auch keine Chance, daß die Ukraine diesen Krieg mit eigenen Soldaten noch gewinnt.

      Und nun sie Schlaumeier?

    • @Thomas Koll:

      Ich frage mich, woher Sie das alles wissen (wollen).

      Militärexperten haben wiederholt festgestellt, dass die Eskalationshoheit bei Russland liegt. Daher ist Ihrer Aussage, dass es keine Gefahr einer weiteren Eskalation, ob nuklear oder nicht nuklear gibt, reines Wunschdenken und keine Erfindung russischer Propaganda. Was meinen Sie wie die Amerikaner reagieren würden, wenn eine russische Rakete Richtung Washington fliegt? Warum soll Russland bei einer ukrainischen Taurus Richtung Moskau anderes reagieren?

      Zweites wird, ebenfalls nach Meinung von hochrangigen Militärs dieser Krieg nicht nur durch verfügbare Waffensysteme sondern auch durch die Anzahl verfügbarer Soldaten entschieden. Daraus wird abgeleitet, dass die Ukraine wahrscheinlich den Krieg militärisch nicht gewinnen kann. Die Entwicklung auf dem Schlachtfeld scheint diese Meinung zu bestätigen. Alle uns als Gamechanger verkauften Waffen (Leo, F16 etc.) haben kaum etwas bewirkt.

    • @Thomas Koll:

      "Putins Russland muss eine Niederlage erfahren wie sie Deutschland erfahren hat. "

      Ich stimme Ihnen vollkommen zu, dass dieses eine dauerhafte Lösungsmöglichkeit wäre, Jedoch ist das Problem wie bei vielen Vorschlägen zum Krieg in der Ukraine, dass sie vollkommen unrealistisch ist.

      Putin hat kein Interesse daran sich besiegen zu lassen. Spätestens im Herbst 22 ist das ja auch den entscheidenden Verantwortungsträgern im Westen bewusst geworden. Es ist kein Zufall, dass die Ukraine nur soviel erhält, dass sie nicht verliert und nicht so viel bekommt, dass sie eine Chance auf einen Sieg hat.

  • „ Aber ich wäre nicht bereit, für den Kampf um zerstörtes Territorium – und sei es ein Stück unseres Landes – zu sterben.“

    Das interessiert den Aggressor leider nicht. Der Aggressor wird bei fehlender Gegenwehr so viele Menschen töten wie möglich.

    Und der Vergleich zum 2. Weltkrieg hinkt viel weniger als hier dargestellt. Für Freiheit und Demokratie sind Millionen Menschen gestorben, aber sie haben sie in weiten Teilen der beteiligten Staaten erhalten oder wiederhergestellt.

    Nur Stalins Diktatur war zu monströs, schon im 2. Weltkrieg wurden die ungeliebten asiatischen Russen verheizt.

    Der Pazifist, der mit seinen Kindern und Kindeskindern vom Aggressor ermordet wird bereitet dem Aggressor den Weg.

    Militärische Stärke und parallel dazu Verhandlungen, nur so kann so ein Konflikt gelöst werden.