Krieg in Ukraine und Russland: Verhandeln ohne Verhandlungsbasis
Kanzler Scholz will in der Ukraine „zügiger zu einem Frieden“ kommen. Russland reagiert gelangweilt und hat seine eigenen Vorstellungen von Frieden.
„Was soll denn bitte verhandelt werden?“, fragte Russlands Außenminister Sergei Lawrow am Montag nach einem Treffen des Golfkooperationsrates in Riad. In Saudi-Arabien reagierte er recht gelangweilt auf den Vorstoß des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz, „aus der Kriegssituation (in der Ukraine) doch zügiger zu einem Frieden zu kommen“, wie sich der SPD-Politiker in seinem Interview mit dem ZDF gewunden ausdrückte.
Lawrow sagte: „Wir verteidigen Menschenrechte. In der Ukraine wurden sie per Gesetz zertrampelt. Das sollten alle begreifen.“ Erst dann könne über irgendwelche „Friedenspläne“ nachgedacht werden. „Uns ging es nie um Territorien“, behauptete der 74-Jährige. Den Zynismus versteckt keiner von Russlands Offiziellen.
Der Westen tue alles, um Russland eine Niederlage auf dem Schlachtfeld zuzufügen, sagte Lawrow. Russland aber werde das nicht zulassen. Auch Russlands Präsident Wladimir Putin wiederholt immer wieder, Russland werde siegen. Gleichzeitig bringt er – ebenfalls immer wieder – „Verhandlungen“ ins Spiel, lässt dabei aber gern beiseite, was er unter „Verhandlungen“ versteht: die Kapitulation der Ukraine.
Putin verweist stets auf die sogenannten Vereinbarungen von Istanbul, auch wenn es solche Vereinbarungen nie gegeben hat. In Istanbul gab es im März 2022 Gespräche zwischen der Ukraine und Russland, doch bei strittigen Punkten waren sich die Parteien nicht einig: Bei der Verminderung der ukrainischen Streitkräfte und noch weniger bei den Sicherheitsgarantien. Neben den USA, Großbritannien, Frankreich und China hätte auch Russland ein solcher Garant werden sollen.
Das Verdrehte als Faktum
Es kam zu keiner Unterschrift, auch wenn Moskau das Dokument gern als „fertig ausgearbeitet“ verkauft und meint, die Briten hätten die Ukrainer dazu gedrängt, es nicht zu unterschreiben. Ohnehin ist davon auszugehen, dass sich westliche Staaten kaum auf solche Garantien eingelassen hätten, weil sie nicht mit eigenen Streitkräften für die Ukraine in der Ukraine kämpfen wollen.
Für Moskau aber haben die „Vereinbarungen von Istanbul“ bei jedem Gespräch über mögliche Verhandlungen regelrecht Bestand. Es ist die übliche russische Taktik, so lange über etwas Verdrehtes zu sprechen, bis das Verdrehte als Faktum wahrgenommen wird.
Derweil heißt es in Russland: „Der Sieg wird unser sein.“ Der Satz ist längst zu einem Mantra geworden, das russische Politiker*innen, Propagandist*innen und auch Passant*innen auf der Straße immer wieder sagen, wenn sie meinen, es sei nun wirklich alles gesagt worden. Der russische „Sieg“, das macht der Kreml immer wieder deutlich, bedeutet russische Kontrolle über die Ukraine, die Zerstörung der Ukraine als Staat.
Russland hält die Ukraine für einen Vasallenstaat der Amerikaner, und so will Russland nicht mit Kyjiw sprechen, sondern eben mit den „Herren der Nazis“, wie es Moskau voller Verachtung ausdrückt: mit Washington.
„Das Land, das den kollektiven Westen dirigiert“
„Wir hören unterschiedliche Aussagen aus europäischen Ländern, aber nichts aus den USA, dem Land, das diesen Prozess steuert, das den kollektiven Westen dirigiert“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag in Moskau.
Der frühere Verteidigungsminister und jetzige Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates, Sergei Schoigu, meinte, Verhandlungen mit der Ukraine seien „indiskutabel, bis wir die Ukraine von unserem Territorium vertrieben haben“. Damit spielte er auf die ukrainische Kontrolle in Teilen der russischen Region Kursk an. In den sozialen Netzwerken hieß es derweil: „Fahrt zur Hölle mit euren Friedensplänen!“
Leser*innenkommentare
Käptn Blaubär
Moderator*in
Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.
Black & White
Im Gespräch bleiben muss das erste Ziel sein!
Ideen austauschen und gemeinsam kreative Ideen ausloten als Vorstufe von ernsthaften Verhandlungen.
Ideen, wie Russland vom Frieden profitieren könnte, ohne das ukrainisches Land zu russischem Land wird. Dauerhaft kann dieser Konflikt nur gelöst werden, in dem Russland eingebunden wird, als Partner und nicht als Gegner. Das zu dem Zuckerbrot auch die Peitsche gehört sollte klar sein. Man sollte aber nicht nur auf militärische Mittel setzen. Dann könnte sich der Krieg noch sehr lange hinziehen.
Manfred Peter
@Black & White Dauerhaft kann dieser Konflikt nur gelöst werden wenn Russland besiegt und von der Last seiner Atomwaffen befreit wird.
Winnetaz
@Black & White Was soll denn bitte verhandelt werden?, fragt Lawrow... Vielleicht mag er mal bei der AfD oder bei BSW nachfragen. Die wollen auch verhandeln.
TheBox
@Black & White Russland war vor der Invasion umfassend und sanktionsfrei in den internationalen Warenaustausch eingebunden und hat davon reichlich profitiert. Putin hat das im imperialistischen Wahn ohne Zögern geopfert. Was soll man ihm noch anbieten als den Status quo ante?
Black & White
@TheBox Der Status quo ante reicht nicht.
Der Machtbereich von Russland bröckelt immer mehr und mehr und ist nicht mehr aufzuhalten. Die Ostblockländer haben sich schon größtenteils für den Westen entschieden. Dazu kommt Erhöhung der militärischen Bedrohung, da jetzt viele Pufferzonen wegfallen. (Die USA mochten das ja auch nicht, Stichwort: Kuba).
Eine wirkliche sicherheitspolitische Partnerschaft mit Russland sollte das Ziel sein. Vielleicht wird sogar irgendwann Russland Mitglied in der Nato. Ok, wenn überhaupt dann wahrscheinlich eher assoziiertes Mitglied. Miteinander, statt gegeneinander.
Die Alternative: Krieg führen bis Russland das Geld oder die Soldaten ausgehen. Die pure Finanz- und Militärmacht der USA könnte das wahrscheinlich alleine. Dauert natürlich etwas. Nur nicht übertreiben, sonst könnte Putin vielleicht in seiner Bedrängnis seine Atom-Raketen einsetzen. "Schöne" Alternative.
Carsten S.
@Black & White Sicherheitspolitische Partnerschaft?
So etwas funktioniert nicht mit einem Verbrecher Regime.
München 1938
Budapest 1994 (nicht mit Verbrechern geschlossen, aber von Verbrechern gebrochen
Minsk
Weitere Beispiele gefällig?
Ein dauerhafter Friede mit Russland wird ähnlich ausfallen wie der Frieden mit Deutschland 1945.
Ich wünsche mir auch etwas anderes...
Machiavelli
@Black & White "Eine wirkliche sicherheitspolitische Partnerschaft mit Russland sollte das Ziel sein" Es gab den NATO-Russland Rat, viele Verträge Vereinbarungen und Kooperationen aber das Kernproblem löst das für Putin nicht. Die Demokratie und das Wohlstandsversprechen das die EU vor seiner Haustüre bietet stellt eine Existenzielle Gefahr für sein Regime da.
Russland unter Putin hat keine Angst das die NATO Russland angreift, warum sollte sie? Und vorallem mit was?
Sie fallen hier in die no-true-scotsman fallacy, es gab Handel, es gab, Partnerschaft das hat alles nicht geholfen. Zu meinen mehr davon würde den magischen Trick bringen ist naiv.
Machiavelli
@Black & White Sie gehen von einem rationalen Putin aus, der das beste für sein Land will. Das ist aber nicht Putin wie wir ihn erleben. Das ignoriert seinen Imperialismus, seine Korruption und sein Streben nach Weltmacht. Er will nicht gleichberechtiger Partner sein sondern Herrscher über alles was er beansprucht.
Black & White
@Machiavelli Letztlich geht es darum, dass man durch den zweigleisigen Ansatz (mit militärischen Mitteln als auch mit friedlichen Gesprächen) die Möglichkeit erhöht wird, schneller zum dauerhaften Frieden zu kommen.
Putin wird sich für eine friedliche Lösung entscheiden, wenn er sie für sich selbst (und auch Russland) für positiv hält. Für ihn wird es wichtig sein, sein Gesicht nicht zu verlieren.
Sein Streben nach Weltmacht hat sich gewandelt zum Streben zur Begrenzung des Machtverlustes von Russland. Obwohl ich Putin für größtenteils rational empfinde, kann ich mir gut vorstellen, dass z.B. verletzter Stolz auch ein Grund war, um auf Minsk 2 zu "reagieren". Und die USA / Nato haben ihm zu deutlich gezeigt, dass seine Macht immer mehr schwindet. Vielleicht auch deshalb diese Kurzschluss-Reaktion.
Deshalb ist die Einbindung von Russland für die Zukunft so wichtig. Isoliert ist er, wie wir gesehen haben, ein unkalkulierbarer, noch gefährlicher Faktor.
Carsten S.
@Black & White Putin ist für mich nicht rational, sondern eiskalt und Gefühl los. Schade, dass es immer noch Menschen gibt, die so etwas mit Intelligenz verwechseln.
Wenn Putin es für zweckmässig hält, im Bundestag auf deutsch eine Rede zu halten, um sich einzuschleusen, tut er das.
Wenn er es für zweckmässig hält, ein Nachbarland mit Krieg und Mord und Totschlag zu überziehen, tut er das auch.
Er ordnet alles, aber auch wirklich alles, seinen kranken Allmachtsphantasien unter. Für Ratio und für Menschlichkeit ist da kein Platz.
Abdurchdiemitte
@Machiavelli Auch das Streben nach Weltmacht kann rationalen Motiven entspringen und Rationalität sollte auch nicht mit Moral verwechselt werden.
Mir erscheint ein Wladimir Putin immer noch rationaler als beispielsweise ein Donald Trump zu sein. Wenigstens ist ersterer in der Lage zu erkennen, wann er aufgeben muss, dass Weiterkämpfen aussichtslos ist … er weiß ganz genau, dass er seinen Krieg jetzt noch nicht verloren hat, dass für ihn dabei immer noch was herausspringen kann.
Machiavelli
@Abdurchdiemitte Wenn man das BIP von Italien hat und 140 Millionen Einwohner die nur noch wenig Kinder kriegen und in der Peripherie Unruhe nur mit Geld und massivem kräfteeinsatz unterdrückt werden kann, wenn das Wirtschaftsmodel auf Ressourcen Export basiert dann ist von Weltmacht Status träumen irrational. Russland spielt in einer Liga mit Frankreich, Deutschland nicht USA oder China. Man stelle sich vor Italien würde versuchen das römische Reich wieder aufzubauen. Ähnlich absurd.
O.F.
@Abdurchdiemitte Mir scheint es auch einigermaßen übertrieben, Russland (nicht: Putin - das Personaliseren mag der emotionalen Mobilmachung dienen, verkennt aber, wie staatliche Machtapparate funktionieren) strebt nicht nach Weltherrschaft, sondern nach der Sicherung eines unmittelbaren Einflussbereiches - dafür allerdings, und damit haben Sie Recht, gibt es durchaus rationale Motive (die den Angriff nicht legitimer machen, aber dem Deutungsmuster, dass es sich dabei um Putins persönlichen Wahn handelt, zuwiderlaufen). Der gegenwärtige Unwille, über diese nachzudenken, statt in eine spielfilmhafte Endkampfrhetorik zu verfallen, macht es natürlich unmöglich, zu verstehen, wie es zu diesem Krieg gekommen ist und wie eine Friedenslösung aussehen könnte. Die auch so kritische Öffentlichkeit folgt im Moment noch einer Stammtisch-Epistomologie, die Lautstärke für ein Argument hält. Das ist bedauerlich und wird uns - nicht nur in diesem Fall - noch auf die Füsse fallen.
Schalamow
@O.F. "Der gegenwärtige Unwille, über diese nachzudenken, ..."
Es gibt keine rationalen Motive, sieht man mal davon ab, dass Putin bereits die Existenz einer demokratischen Ukraine als Bedrohung seine Alleinherrschaft ansieht. Sie versuchen hier schon wieder, wie im Wagenknecht-Lager ja nichts Neues, das Narrativ von den vermeintlich verletzten russischen Sicherheitsinteressen unterzubringen. Dass das russische Regime bis heute einen "Systemwechsel" in Kiew als Kriegsziel nennt, gerät in dieser Lesart regelmäßig zur Bagatelle, ebenso wie die beständige Propaganda über das angebliche "Brudervolk" der Ukrainer.
Dass der Westen nicht bereit ist, über die russische Variante einer "Heim-Ins-Reich-Politik" "nachzudenken": erwarten Sie das allen Ernstes?
Abdurchdiemitte
@Schalamow Ist es nicht sehr rational, eine demokratisch verfasste benachbarte Ukraine als Bedrohung der eigenen autokratischen Ambitionen aufzufassen?
Da sehe ich im übrigen überhaupt keinen Dissens zwischen Ihrer Argumentation und der @O.F.‘s. Ich kann in keinem von @O.F.‘s Posts zum Thema auch nur irgendeine Rechtfertigung oder gar Zustimmung zu Putins System in Russland erkennen.
Ich selbst schrieb, dass ich den aggressiven Charakter des russischen Imperialismus durchaus erkenne, jedoch der Meinung bin, dass er sich (in einer multipolaren Welt, anders als in der einstigen Bipolarität des Kalten Krieges) mit dem Streben nach regionale Vorherrschaft begnügen muss … für den grossrussischen Imperialismus noch bitter genug, weil ihm in der Ukraine nicht einmal DAS gelingt.
Bestätigt sehe ich mich in dieser Einschätzung übrigens durch den Post von @Machiavelli weiter oben, der die ökonomischen Grenzen und Schwächen Russlands deutlich aufzeigt.
O.F.
@Schalamow Natürlich gibt es rationale Motive (ob die auch moralisch oder einfach nur legal sind, steht auf einem anderen Blatt); der Konflikt um die Ukraine ist seit fast 20 Jahren schrittweise eskaliert und wird vermutlich in Geschichtsbüchern des nächsten Jahrhunderts als Musterbeispiel einer verfehlten Krisendiplomatie auftauchen - und zwar einer verfehlten Diplomatie beider Seiten. Dass auch politische Entscheidungsträger im Westen nicht mehr jenseits einer platten Spielfilm-Logik über Weltpolitik nachdenken wollen, ist zweifellos wahr - aber genau das ist auch Teil des Problems. Einfache Erklärungen ändern nichts an einer komplexen Wirklichkeit.
Schalamow
@O.F. Nun, ich weiß nach wie vor nicht, welche rationalen Motiven das sein sollen, über die man hätte vernünftigerweise auch verhandeln können. Der Konflikt ist ja auch nicht irgendwie eskaliert. Ihre Formulierung suggeriert eine Art schicksalshafter Verstrickung, die man mit diplomatischen Geschick hätte bereinigen können. Hier sind aber nicht nur Positionen aufeinandergestoßen sind, die schlicht nicht verhandelbar sind, sondern Sie ignorieren systematisch die imperialen Bestrebungen Russlands. Seit rund zwanzig Jahren ist es das erkennbare Ziel, die Ukraine nach dem Muster Tschetscheniens in eine Art Satrapenstaat umzuwandeln. Ein Land mit eingeschränkter Souveränität und einer Regierung von Moskaus Gnaden. Das entsprach und entspricht weder den Wünschen der Ukrainer noch hat der Westen ein Mandat, darüber einfach zu verfügen. Mit der Nichtaufnahme in die Nato ist er Russland ja schon weit entgegengekommen, aber das reichte Putin zu keinem Zeitpunkt. Dieser hat ja seinerseits nie auch nur die geringste Veranlassung gesehen, zu seinen unmittelbaren westlichen Nachbarn ein besseres Verhältnis aufzubauen.
Abdurchdiemitte
@O.F. Oh ja, Sie haben in dem Punkt natürlich recht … es führt nicht weiter, ständig zu personalisieren, wo es um die Analyse von Strukuren gehen sollte. „Putin“ steht da für mich jedoch als Synonym für russischen Imperialismus. Ein Imperialismus, der tatsächlich eher nach regionaler Machtsicherung als nach Weltherrschaft strebt - das macht es für Russlands direkte Nachbarn freilich nicht besser, erklärt aber gut das Abflauen der „Kriegsbegeisterung“, je weiter man vom Geschehen entfernt ist. (In einem früheren Post habe ich mal auf z.T. sehr unterschiedliche geopolitische Motive der Ukraine-Unterstützer verwiesen … bisher sind innerhalb der NATO diese sich entgegenstehenden Interessenlagen noch ganz gut überspielt worden.)
Ein anderes, geradezu klassisches Beispiel für solche Personalisierungen ist übrigens jetzt wieder die Berichterstattung über den US-Wahlkampf … da ist selbst die taz nicht davor gefeit, auf „Gala“-Niveau zu verfallen. Und als Forist steigt man doch nur allzu gerne darauf ein.😉 Klatsch&Tratsch eben.
Welche Zeitschriften lesen Sie denn so im Wartezimmer Ihres Arztes?
O.F.
@Abdurchdiemitte Der Punkt mit den unterschiedlichen Interessen innerhalb des Unterstützerlagers ist wichtig und wird auch zu wenig diskutiert - auch deutsche Außenpolitik ist nicht einfach nur eine private Marotte des gegenwärtigen Bundeskanzlers - aber auf dem Niveau wird leider allzu oft diskutiert.
Arrogant wie ich bin setze ich mich immer mit einem wohlgewählten Reclam-Heft ins Wartezimmer. Das darf auch als politisches Statement verstanden werden. In vielerlei Hinsicht.
Rudi Hamm
Ich fürchte wir haben hier ein Afghanistan2, also Jahrzehnte einen sinnlosen Krieg ohne Gewinner, aber mit vielen Toten und Verletzten und Billionen an verbranntem Geld und Schäden. Eies steht für mich jetzt schon fest, es wird keine Gewinner geben.
Schalamow
@Rudi Hamm Wieso ist der Krieg sinnlos?
Die Aussage stellt Angreifer und Angegriffenen auf eine Stufe. Der Ukraine geht es darum, ihre Staatlichkeit zu erhalten und die Einverleibung in Putins Reich zu verhindern. Das ist ihr bisher gelungen und genau darin sehe ich auch den Sinn ihres Verteidigungskrieges.
Alexander Schulz
@Schalamow Das ist doch Blödsinn! Niemand stellt Agressor und Täter auf eine Stufe! Wenn aber ein Ende vermutlich ein Ergebniss rauskommen wird was man so oder ähnlich auch ohne viele Opfer und Schäden hätte haben können stellt sich die Frage nachdem Sinn.
Aus gesinnungspolitischer Sicht ist ein Verteidigungskrieg, egal wie lange und wieviele Opfer er kostet, natürlich immer sinnvoll! Aber unter verantwortungspolitischer Betrachtungsweise sieht es anders aus.
Sie und Herr Hamm, oder ich und Sie setzen in der Betrachtungsweise unterschiedliche Schwerpunkte, was ja legitim ist.
Pawelko
@Alexander Schulz Dann sind Sie bestimmt auch der Meinung, dass man die Ukraine endlich ernsthaft unterstützen muss damit diese sich gegen den Aggressor zur wehr setzen kann...die bisherigen Waffenlieferungen werden als "große Unterstützung" medial verkauft, stellen aber nur einen Bruchteil des Potentials der Nato da.
Oder gehören Sie zu denen, die sagen dass Russland ja eh gewinnt wegen Atommacht, riesen Heer usw...dann bitte, wo ziehen wir die Grenze? Wenn Ihnen die Ukraine egal ist (sollen diese doch unter Putin sterben wie in Butscha), dann vielleicht bei Moldawien? Nein, auch egal? Polen? Geben wir die neuen Bundesländer wieder an Russland zurück?
Sie merken, Russland darf nicht gewinnen und die Ukraine darf einfach kein Territorium abtreten. Denn wenn mit Gewalt wieder Grenzen verschoben werden, dann werden wieder alle diese Patentlösung anstreben.
Appeasment hat 2014 nur zu einem Krieg geführt, und trotzdem scheint niemand daraus zu lernen.
Alexander Schulz
@Pawelko Sie haben Recht, dass Russland nicht gewinnen darf! Die Unterstützung für die Ukraine war bisher gigantisch, aber trotzdem reicht das natürlich nicht für einen Sieg der Ukraine. Das die Ukraine immer nur so viel bekommt, dass sie nicht verliert ist kein Zufall. Die wichtigsten westlichen Politiker vertreten die These, dass das Risiko einer nuklearen Eskalation oder eines zusammenbrechens von Russland zu groß ist. Ein Zusammenbruch von Russland würde ähnlich wie ein Zusammenbruch der UDSSR zu vielen Kriegen führen.
Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass die USA nach den Wahlen ihr Engagement intensivieren werden. Es gibt auch keinen Grund anzunehmen, dass Europa eine Politik gegen die USA betreiben würden.
Für mich ist jeder Zivilist der unnötigerweise stirbt zu viel. Warum plädiere ich wohl für eine Verantwortungspolitische Sichtweise und nicht für eine gesinnungspolitische Sichtweise?
Alexander Schulz
@Rudi Hamm Ja, es sieht leider nach einem Afghanistan 2.0 mit Ansage aus. Und auf einmal war alles ganz plötzlich zu Ende - aber ein unrühmliches Ende vor dem viele Stimmen schon lange gewarnt haben. Es gibt leider wirklich viele Parallelen zu dem Krieg in der Ukraine.
MontyTonty
@Alexander Schulz Ich denke es hat wirklich gar nichts mit afghan zu tun. In afghan haben westliche truppen gegen einheimische gekämpft, während in der ukraine einheimische gegen russische truppen kämpfen.
Dem westen wurde der krieg zu blöd und er hat sich nach jahren zurückgezogen und die afghanen haben gesiegt.
Ich hege so meine zweifel dass Russland so denkt, somal ukraine ein nachbarland ist während afghan. Am ende der welt westlich gesehen.
Schalamow
Damit ist auch klargestellt, dass die vor wenigen Tagen erst verkündete angebliche Verhandlungsbereitschaft natürlich nie so gemeint war, wie es Putins Lautsprecher im Westen gerne hätten. www.berliner-zeitu...agdelen-li.2251687
Leider ist abzusehen, dass auch diese - ich weiß mittlerweile nicht mehr wievielte - Verlautbarung russischer Kriegsziele, die sich in keiner Nuance von den vorhergehenden unterscheidet, nichts an dem in Dauerpenetranz vorgetragenen Mantra von Wagenknecht, Chrupalla & Co. ändern wird.
Genauswenig wie das xfach wiederholte Ammenmärchen von den angeblich fast unterschriftsreifen Istanbulern Verhandlungsresultaten, das ja auch hier im Forum immer wieder zum Besten gegeben wird.
Alexander Schulz
@Schalamow Sie müssen vorsichtig bei der Propaganda aus Moskau sein. Da wird viel erzählt.
Putin hat auch bei der letzten Pressekonferenz noch gesagt, dass er bereit wäre auf Grundlage der Istanbuler Verhandlungen zu verhandeln. Ich denke, aber nicht, dass das passieren wird. Aber natürlich sollte man versuchen ihn beim Wort zu nehmen! Wie Masala gestern nochmal feststellte ging es in den Istanbuler Verhandlungen um die Gebiete Krim, luhansk und Donezk. Die Forderungen aus Moskau sind aber inzwischen gestiegen.
Meiner Meinung nach wird es Zeit für eine realistische Bestandsaufnahme, auch wenn ich mir natürlich eine Fortsetzung der Istanbuler Verhandlungen wünschen würde.
www.ardmediathek.d...ItYTUyMzE3YmIyYWNh
Sonnenhaus
Tja mit dem Olaf als Generaloberst ist nicht einmal ein Krieg zu gewinnen. Da haben die Russen schon lange die richtige Einschätzung. Solange die zögernde Haltung von Olaf Bestand hat wird die Ukraine den Angriff der Russen nicht mehr lange verteidigen gleichwohl nicht siegen können. Momentan hilft der Landgewinn russischen Gebietes durch die Ukraine mehr Druck gegenüber den Russen aufzubauen. Mindestens besteht, sollte es jemals zu Verhandlungen kommen, eine Verhandlungsmasse Land gegen Land. Das wird auch die Strategie der Einnahme von Kursk sein.
Ich wünsche der Ukraine, dass die militärische Unterstützung kurzfristig, hoffentlich nach der US-Wahl endlich ein siegreiches Potential bekommt. Andernfalls wird es spätestens nach dem kommenden Winter wohl ein schlechtes Ende mit der Ukraine und damit für den Westen haben. Dann heisst es trotz neuen Waffengesetzen in unserem Land noch schnell eine Sonderbestellung aufgeben und seine eigene Freiheit zu verteidigen. Denn auf die Regierung und die Verwaltung wird kein Verlass sein, wie die zurückliegenden Monate zeigen.
Abdurchdiemitte
@Sonnenhaus Genau so ließe sich argumentieren, dass das Kursker Momentum JETZT genutzt werden müsste, um in Verhandlungen zu gehen, so lange die Ukrainer nicht wieder vollständig aus der russischen Grenzregion zurückgedrängt worden sind. Wie es aussieht, setzt Moskau jetzt - nach Überwindung der ersten Schockstarre nach der ukrainischen Bodenoffensive - alles daran, dieses Ziel mit Macht militärisch umzusetzen. Die Befürchtungen, der Ukraine fehlen die Ressourcen, das Gebiet langfristig halten zu können, werden sich möglicherweise bestätigen.
Dann ist das ukrainische „Faustpfand“ alsbald verbrannt und die Kreml-Herren können wieder zu ihren Bedingungen pokern … und das wissen die auch.
Der von der Ukraine intensivierte Luftkrieg (Drohnen gegen Moskau) bzw. das Hineintragen de Krieges auf russischen Boden wird nur den Effekt haben, dass sich die russische Bevölkerung noch enger an ihre Herren bindet. Das müssten wir Deutschen doch eigentlich allzu gut aus unserer eigenen Geschichte kennen.
Alexander Schulz
@Abdurchdiemitte Ich stimme Ihnen vollkommen zu! Das Problem ist leider, dass vielfach eine gesinnungspolitische vorherrscht. Wer jedoch gesinnungspolitisch argumentiert, kann sich eigentlich nur mit einem berechtigten ukrainischen Sieg anfreunden, egal ob das realistisch ist oder nicht. Und wer diese Sichtweise nicht teilt muss ein Feind der Ukraine bzw ein Putinsympatisant sein. Ich kann die Argumentation durchaus nachvollziehen, aber sie wird nicht auf dem Weg zu einem Frieden helfen, sondern ist eher kontraproduktiv.
Abdurchdiemitte
@Alexander Schulz Ja, die Einschätzung, dass die Ukraine den Krieg nicht gewinnen kann, ist etwas gänzlich anderes als der Wunsch, dass die Ukraine den Krieg verliere … einige unserer lieben Mitforisten ist der Unterschied nicht so klar, wie es scheint.
Ruediger
Scholz führt die Russen vor. Das bringt auf kurze Sicht keinen Frieden, aber es ist trotzdem richtig znd gewchickt gemacht, immer wieder zu zeigen, wir sind es nicht, die eine diplomatische Lösung verhindern, wie immer wieder von rechts und links behauptet wird. Es sind die Russen, die keinen Frieden wollen.