Debatte um Panzerlieferungen: Keine Denkverbote

Erst Kampfpanzer, dann Kampfflugzeuge? Wer diese Frage stellt, steht unter Verdacht, die Ukraine zu verraten. Risiken zu bedenken, ist aber nie falsch.

Panzer walzt über einen Acker

Leopard 2 – diesen Kampfpanzer wünscht sich die Ukraine zu ihrer Verteidigung Foto: Sven Eckelkamp/imago

Während der Bundeskanzler noch mit der ukrainischen Forderung nach dem deutschen Kampfpanzer Leopard 2 ringt, ist James Stavridis schon weiter. Westliche Staaten sollten der Ukraine für ihren Kampf gegen Russland auch Kampfflugzeuge liefern, fordert der Ex-Nato-Oberbefehlshaber. Er denke, dass die Ukraine auch Kampfflugzeuge brauche. Auch wenn sich die Aufmerksamkeit derzeit auf die Bodenaktivitäten richte, gebe es „ja auch noch einen Kampf, der sich im Himmel über der Ukraine entwickelt“. Und da, so der ehemalige US-Admiral, sei Putin nun einmal erfolgreicher, als er das auf dem Boden bislang war. Die Forderung kommt genau zu dem Zeitpunkt, an dem die Lieferung westlicher Kampfpanzer, der Challenger 2 aus Großbritannien, der Abrams aus den USA und eben der Leopard 2 aus deutscher Herstellung kaum mehr in Frage steht. Ist es da legitim zu fragen: Wo hört das auf?

Spricht man diese Frage aus, gerät man zügigst in den Verdacht, die Ukraine zu verraten: „Willst du warten, bis die Russen vor Kyjiw stehen?“, ist eine der Reaktionen, die dann folgen. Nicht nur im Privaten ist die Diskussion zutiefst polarisiert, der gleiche Mechanismus vollzieht sich auch auf Regierungebene. Jedes Zögern, jeder Verweis auf gemeinsame Absprachen der westlichen Alliierten vonseiten der Bundesregierung gilt als Zeichen der mangelnden Unterstützung, gerade in einem Augenblick, in dem der Vorteil auf dem Schlachtfeld eher bei der russischen Armee zu liegen scheint.

So steht Deutschland seit bald einem Jahr unter dem Dauerverdacht, zu wenig Militärhilfe für die Ukraine zu leisten. Dabei sieht die Bilanz der deutschen Waffenhilfe deutlich besser aus als etwa die Frankreichs. Nach den USA ist Deutschland – neben ­Großbritannien – hier wichtigster Unterstützer.

Selbst im Krieg ist es nicht gut, Denkverbote aufzustellen. Auch wenn sie nicht ausgesprochen wird, bewegt, abseits von der öffentlich geäußerten Furcht vor einer weiteren Eskalation durch Putin, doch noch eine andere Sorge die Regierungschefs im westlichen Bündnis: Was macht die Ukraine mit all dem Gerät? Kommt der Zeitpunkt, an dem die ukrainische Armee mit westlichem Gerät, mit dem Leopard 2 etwa, russisches Gebiet angreift? Wie sehr vertrauen wir der Regierung Selenski und ihren Generälen? Und kommt doch noch der Punkt, an dem der Luftraum über der Ukraine geschützt werden muss?

Letzteres könnte den ohnehin wackelig gezimmerten Rahmen der Nato-Nicht-Kriegsbeteiligung sehr strapazieren. Der Ukraine an militärischer Unterstützung zu geben, was machbar und sinnvoll ist, ist richtig. Jegliche Diskussion über Bedenken und mögliche Risiken zu unterbinden ist falsch.

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taz-Chefredakteurin, Initiatorin der taz-Klima-Offensive und des taz Klimahubs. Ehemals US-Korrespondentin des Tagesspiegel in Washington.

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