+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Netanjahu schlägt Trump für Friedensnobelpreis vor
Israels Ministerpräsident preist den US-Präsidenten. Beide kündigen eine Waffenruhe in Gaza an – und erneuern Pläne zur Vertreibung der Palästinenser.

Netanjahu bekräftigte seinen Nobelpreis-Vorschlag, indem er Trump ein Schreiben überreichte, das er eigenen Angaben zufolge an das Nobelpreiskomitee geschickt hatte. „Sie haben ihn verdient, und Sie sollten ihn bekommen“, sagte der israelische Regierungschef, der selbst weiter Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen führt. „Wow“, erwiderte Trump. „Gerade von Ihnen ist das sehr bedeutungsvoll.“
Wer für die Nobelpreise nominiert wurde, wird von den Nobelinstitutionen in Stockholm und Oslo traditionell 50 Jahre lang geheim gehalten. Immer wieder kommt es aber vor, dass Nominierungsberechtigte von sich aus preisgeben, wen sie als Kandidaten für einen der Preise empfehlen. Wer in diesem Jahr den Friedensnobelpreis erhält, wird am 10. Oktober bekanntgegeben.
Der US-Präsident war im Laufe der Jahre bereits mehrfach von Anhängern und Abgeordneten für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen worden. Trump macht kein Hehl daraus, wie sehr es ihn ärgert, dass er den Preis bisher noch nicht bekommen hat – etwa für seine Vermittlerrolle in Konflikten zwischen Indien und Pakistan oder Serbien und dem Kosovo oder für seinen Einsatz für die Abraham-Abkommen, durch die in seiner ersten Amtszeit mehrere arabische Staaten ihre Beziehungen zu Israel normalisiert haben.
Vorschlag für 60-tägige Feuerpause in Gaza
Bei dem Treffen zwischen Trump und Netanjahu im Weißen Haus sollte es vor allem um die zuletzt wieder verstärkten Bemühungen um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas gehen.
Trump äußerte sich am Montagabend zuversichtlich, dass die Hamas zu einer Waffenruhe im Gazastreifen bereit sei. „Sie wollen ein Treffen und sie wollen diese Waffenruhe“, sagte er zu Beginn des Essens mit Netanjahu vor Journalisten. „Ich glaube nicht, dass es eine Blockade gibt. Ich denke, dass die Dinge sehr gut vorankommen“, antwortete Trump auf die Frage, was eine Einigung verhindere.
Auf dem Tisch liegt ein Vorschlag der internationalen Vermittler für eine 60-tägige Feuerpause. Trump hatte sich am Freitag „sehr optimistisch“ geäußert, dass eine Vereinbarung zustande kommen werde. Am Sonntag sagte er, es gebe „gute Chancen“, „diese Woche“ eine Einigung zu erzielen. Am Wochenende war ein israelisches Verhandlungsteam zu indirekten Gesprächen mit der Hamas nach Katar gereist.
Trumps Sprecherin Karoline Leavitt erklärte, der US-Sondergesandte Steve Witkoff werde im Laufe der Woche zu den Verhandlungen nach Doha reisen.
Gaza-Vertreibungspläne bleiben aktuell
Trump hat die Beendigung des seit Oktober 2023 andauernden Krieges im Gazastreifen zu einer seiner außenpolitischen Prioritäten gemacht, Netanjahu hat die Vernichtung der Hamas zum Ziel der israelischen Strategie erklärt.
Die Frage von Journalisten, ob eine Zweistaatenlösung möglich sei, ließ Trump seinen israelischen Gast beantworten. Die Palästinenser sollten sich zwar selbst regieren können, die Sicherheit werde aber „immer in unseren Händen bleiben“, betonte Netanjahu. „Wir begehen keinen Selbstmord“, fügte der Regierungschef hinzu. Mit einer Zweistaatenlösung ist ein unabhängiger palästinensischer Staat gemeint, der friedlich Seite an Seite mit Israel lebt.
Israel und die USA seien „kurz davor, mehrere Länder zu finden“, die Palästinenser aufnehmen würden, die den vom Krieg verwüsteten Gazastreifen verlassen möchten, sagte Netanjahu. „Ich denke, Präsident Trump hatte eine brillante Vision. Das nennt man freie Wahl. Wenn die Menschen bleiben wollen, können sie bleiben; aber wenn sie gehen wollen, sollten sie gehen können“.
Trump hatte Anfang Februar erklärt, die USA könnten den Gazastreifen übernehmen, das kriegszerstörte Gebiet planieren, neu aufbauen und in eine „Riviera des Nahen Ostens“ verwandeln. Die mehr als zwei Millionen Palästinenser müssten dazu umgesiedelt werden. Israelische Regierungsvertreter hatten in der Vergangenheit mehrfach angekündigt, die „freiwillige“ Emigration eines bedeutenden Teils der knapp mehr als zwei Millionen Bewohner des abgeriegelten Küstenstreifens voranzutreiben.
Israel plant Auffanglager für Gaza-Bewohner
Israel Verteidigungsminister Israel Katz ordnete Medienberichten zufolge schon mal die Planung eines riesigen Auffanglagers für 600.000 vom Krieg vertriebene Palästinenser im südlichen Gaza an. Damit solle die Macht der Hamas geschwächt werden. Katz sprach demnach von einer „Humanitären Stadt“ auf den Trümmern der im Gaza-Krieg zerstörten Stadt Rafah.
Das neue Lager solle während der 60-tägigen Feuerpause entstehen, über die Israel und die Hamas derzeit in Doha indirekt verhandeln. Es solle von „internationalen Partnern“ verwaltet werden. Das israelische Militär würde das Umfeld sichern. Das Lager werde auch dazu dienen, den Emigrationsplan für die Palästinenser umzusetzen. „Denn der wird kommen“, zitierten Medien den Minister. Bislang hat sich allerdings kein einziges Land der Welt dazu bereit erklärt, eine nennenswerte Zahl an Palästinensern aus Gaza aufzunehmen.
Radikalere Kräfte in Israel, so auch einige rechtsextreme Minister der rechts-religiösen Regierung von Netanjahu, sprechen offen von Zwangsdeportationen der Gaza-Bevölkerung und von der Errichtung jüdischer Siedlungen in Gaza. Eine Zwangsumsiedlung würde laut Experten gegen das Völkerrecht verstoßen.
Israels Armee gab unterdessen am Dienstag den Tod von fünf israelischen Soldaten im Gazastreifen bekannt. Zwei der Soldaten seien im Kampf im Norden des Palästinensergebiets gefallen, hieß es in einer Erklärung. Bei demselben Vorfall seien drei weitere Soldaten getötet und zwei Soldaten schwer verletzt worden. Die Verletzten seien ins Krankenhaus gebracht und ihre Familien benachrichtigt worden, teilte die Armee weiter mit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Gesetzentwurf für neue Wehrpflicht
Pistorius legt Kriterien für Pflichteinberufung fest
Klinik verweigert Abtreibungen
Taxigeld statt Schwangerschaftsabbruch
Windkraft im Wendland
Wo sich der Widerstand dreht
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
Netanjahu schlägt Trump für Friedensnobelpreis vor
AfD gibt sich Benimmregeln
Streit über Selbstverharmlosung
Finanzloch bei der Pflegeversicherung
Desaster mit Ansage