Diskussion um Straßenumbenennungen: Kultursenator hält an Marx fest

Kultursenator Klaus Lederer im Parlament: Antisemitische Äußerungen des Autors von „Das Kapital“ sollen kein Grund für Bahnhof-Umbenennung sein.

Dicht an dicht stehen Fahrzeuge auf dem Strausberger Platz an der Abzweigung zur Karl-Marx-Allee

Könnte man ja auch umbenennen: die Karl-Marx-Allee, hier Höhe Strausberger Platz Foto: picture alliance/Paul Zinken/dpa-Zentralbild/dpa

BERLIN taz | Kultursenator Klaus Lederer (Linkspartei) hat in der Diskussion um Straßenumbenennungen eine Grenze gezogen. Bei Kolonialverbrechern, Nazis oder Stalinisten „ist ein Umbenennen eine logische Konsequenz“, sagte Lederer in der Fragestunde der Abgeordnetenhaussitzung am Donnerstag.

Anders ist das für ihn bei „ambivalenten Persönlichkeiten“ der Geschichte. Konkreter Anlass war eine vom CDU-Abgeordneten Robbin Juhnke zitierte Forderung aus der jüdischen Gemeinde, den U-Bahnhof Karl-Marx-Straße wegen antisemitischer Äußerungen von Marx umzubenennen.

Marx und viele andere Persönlichkeiten seien ambivalent zu bewerten, sagte Lederer, der wegen solcher Äußerungen nicht das komplette Werk des Autors von „Das Kapital“ abwerten mochte. Das sei allerdings seine persönliche Meinung, im Senat sei die Frage noch nicht besprochen.

Lederer sagte sinngemäß, man solle bei Menschen, die vor mehreren Jahrhunderten gelebt haben, keine moderne demokratische Gesinnung erwarten. „Ich bin kein Freund vom Bilderstürmen“, sagte Lederer. Im Fall von Karl Marx „wäre eine Umbenennung Geschichtstilgung“. Als ähnliches Beispiel nannte er den Fall des Königsberger Philosophen Immanuel Kant, der sich ebenfalls rassistisch äußerte.

Brandschutz sei keine politische Frage, hat Innensenator Andreas Geisel (SPD) zum Streit um angeblich vom Bezirksamt gestoppte Nachverfolgung von Brandschutzmängeln in der Rigaer Straße 94 gesagt. Er wies zugleich harte Worte aus der Opposition zurück: „Dass das Bezirksamt nicht auf dem Boden des Grundgesetzes steht, sehe ich nicht so.“

Obdachlose in Berlin können seit Donnerstag wieder in Notunterkünften der Berliner Kältehilfe schlafen. Das hat Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linkspartei) angekündigt. Zunächst stünden rund 500 Notübernachtungsplätze bereit. In den kommenden Wochen soll sich die Kapazität schrittweise auf bis zu 1.000 Plätze erweitern. (sta)

Die lange vorrangig auf Straßen im Afrikanischen Viertel und die U-Bahnstation Mohrenstraße beschränkte Debatte hat sich inzwischen auf bislang positiv bewerte Persönlichkeiten ausgeweitet.

Die taz berichtete jüngst über eine Initiative, die eine Umbenennung der Martin-Luther-Straße fordert. Der Kirchenreformator habe „in seiner Zeit für ausgebeutete Menschen, Minderheiten und Frauen eine sehr negative Rolle gespielt und – wo immer es ging – Öl ins Feuer der Auseinandersetzungen gegossen und bitterbösen Hass gesät“. Das schreibt die Initiative in einem Papier, das der taz vorliegt.

Benannt ist die Gruppe nach einer Wittenbergerin, die Luther auf dem Straßenschild ersetzen soll: „Prista-Frühbottin-Straßen-Team“. Sie wurde 1540 als „Hexe“ verbrannt – Luther, der mit seinem Teufels- und Hexenglauben fest im Mittelalter verwurzelt war, habe diese Hinrichtung befürwortet, heißt es in dem Papier.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.