Wahlsieg der Union: Kann Merz auch Antifa?
Der nächste Kanzler heißt Friedrich Merz. Nach Hasstiraden gegen links muss ausgerechnet er den weiteren Aufstieg der AfD verhindern.
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F riedrich Merz kann mit dem Ergebnis der Union in jedem Fall zufrieden sein. Der Auftrag zur Regierungsbildung ist ihm nicht mehr zu nehmen. Ob dazu eine oder doch zwei weitere Parteien nötig sind, stand zur Stunde noch dahin. Dass Merz nicht mit der AfD zusammengehen würde, hat er glaubhaft versprochen. Alle anderen denkbaren Koalitionspartner kann er ab sofort damit erpressen, sie wollten doch hoffentlich verhindern, dass er mit rechts außen kooperieren müsse – wie er es Ende Januar im Bundestag schon erprobt hat.
Das betrifft zuallererst die SPD. Zwar versuchte Olaf Scholz seit der gemeinsamen Anti-Asyl-Abstimmung von Union und AfD, diesen Vertrauensbruch auszuschlachten. Viel stärker aber war sein Signal, dass die SPD mitmachen würde, was auch immer Merz vorschwebt: Asyl-Beschränkungen – wollten wir eh. Bürgergeld-Kürzungen dito.
Insofern hat die SPD sich ihr bis vor kurzer Zeit noch unvorstellbar schlechtes Ergebnis redlich erwirtschaftet. Wer sollte eine Kanzlerpartei wählen, die weder zu den Liberalisierungen noch zur Sozialpolitik stehen mag, die sie immerhin erreicht hat, sondern sich in einen niemals gewinnbaren Härte-Contest begibt?
Mit ein paar Abstrichen gilt das auch für die Grünen. Die Stimmen derer, die finden, dass es gegen jedwede Merz-Regierung sozialökologischen Widerstand braucht, haben sich konsequenterweise bei der Linkspartei versammelt.
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Doch so weitreichend die Verschiebungen für jede einzelne Partei sind – ihre Bedeutung verschwindet hinter der alles überragenden Aufgabe der kommenden Regierung: Dem Aufstieg der autoritären Rechten und der Feinde der liberalen Demokratie etwas entgegenzusetzen.
Bis zu Donald Trumps Amtsantritt bedeutete das vor allem zu verhindern, dass die AfD bis zur nächsten Bundestagswahl noch stärker wird. Das allein ist schon Herausforderung genug. Denn die AfD profitiert vom zentralen Dilemma der Republik: Je enger die demokratischen Parteien sich gegen die Rechtsextremen zusammenschließen, desto mehr bestärken sie die „Wir gegen das Establishment“-Pose der AfD.
Die Aufgaben sind klar – erste Maßnahmen auch
Seitdem Trump sich Putins Ansichten zu eigen macht und das Nato-Sicherheitsversprechen aufkündigt, ist die Herausforderung noch viel größer: Es gilt, europäische Bündnisse zu schmieden, um den drohenden Ausfall der USA zu kompensieren, und Mittel dafür aus dem Bundeshaushalt zu schöpfen.
Wenn Merz und Scholz in den vergangenen Wochen so dicht zusammengearbeitet haben, wie es aussah, haben sie vielleicht auch schon verabredet, was am Tag nach der Wahl passieren muss: Sondervermögen definieren, Schuldenbremsenreform vorbereiten, europäische Schuldenregeln lockern.
Die liberale Demokratie ist von innen und außen bedroht, die Gefahr trägt faschistische Züge. Jede kommende Koalition muss ein antifaschistisches Bündnis sein. Friedrich Merz, der noch am Tag vor der Wahl nichts Besseres zu tun hatte, als gegen „links“ zu pöbeln, wirkte zuletzt nicht so, als hätte er die Prioritäten schon zurechtgerückt.
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