US-Haushalt ohne Ukraine-Hilfen: Dammbruch der Rechten
Der US-Nothaushalt ohne Gelder für die Ukraine ist ein Dammbruch. Wer Wert auf Menschenwürde legt, muss alles in den Sieg gegen Russland investieren.
N och haben die USA ihre militärische Unterstützung der Ukraine nicht eingestellt. Aber die US-Republikaner haben am Wochenende ihre Billigung eines Nothaushalts für die USA von der Streichung neuer Hilfsgelder für die Ukraine abhängig gemacht. Damit ließen sie durchblicken, was im Fall ihres Wahlsiegs 2024 droht: Das Fallenlassen der Ukraine samt all ihren Menschen, die sich seit anderthalb Jahren todesmutig gegen Putins Angriffskrieg stemmen, und freie Hand für die Putin-Faschisten, die von der Unterwerfung Europas träumen.
Für die Ukraine fehlen jetzt kurzfristig 24 Milliarden US-Dollar, die Präsident Joe Biden im Kongress beantragt hatte, um die Ukraine hinsichtlich Luftabwehr, Aufklärung und Munition winterfest zu machen. Gleichzeitig plant Russland Berichten zufolge für kommendes Jahr eine Aufstockung seines Militäretats um rund 45 Milliarden auf 111 Milliarden Dollar, um seinen festgefahrenen Krieg gegen die Ukraine wieder zu verstärken.
Die Militärhilfe des Westens an Kyjiw unter Führung Washingtons und Londons verhinderte bislang die Vernichtung der Ukraine. Sollte Donald Trump oder ein anderer Überzeugungstäter der US-Rechten im November 2024 die Wahlen gewinnen und im Januar 2025 ins Weiße Haus einziehen, würden sich die USA aus dieser Führungsrolle zurückziehen. Ob dann noch viel Hilfe für die Ukraine übrig bliebe, lässt sich bezweifeln. Führungsstärke zugunsten der Menschlichkeit ist in Europa Mangelware.
Rechtsextreme Rhetorik wird salonfähig
Rechtsextremisten, die Putin als Gesinnungsgenossen feiern, sind europaweit im Aufschwung. Ihre Rhetorik macht es in vielen europäischen Ländern salonfähig, Bombenopfer in der Ukraine oder Fluchtopfer im Mittelmeer vom eigenen Wahrnehmungshorizont fernzuhalten. Mitgefühl mit diesen Mitmenschen ist für sie Landesverrat, und dieser Vorwurf breitet sich allmählich in die Mitte der Gesellschaft aus.
Wie lange noch, dass Friedrich Merz auch Ukrainern den Arztbesuch in Deutschland missgönnt oder Elon Musk Flüchtlingsrettern das Internet abschaltet? Die Festung Europa kann gut damit leben, wenn anderswo ganze Völker verrecken. Hauptsache, sie kommen nicht hierher und wollen nichts von „uns“. Das ist die Mentalität, die unter US-Rechten jetzt politisch wirksam wird.
Das Votum am Samstag für einen US-Übergangshaushalt ohne Ukraine war Washingtons Einstieg in den Ausstieg aus einer humanen Weltordnung. Man kann ihn rückgängig machen. Aber es ist ein Dammbruch, auf den weitere folgen dürften. Wer in der Ukraine weiterleben will und wem an Menschenwürde etwas liegt, muss jetzt alles in den Sieg gegen Russland investieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind