Streit um E-Fuels: Die Praxis wird es zeigen
Verbrenner verbieten oder E-Fuels subventionieren? Die Antwort auf diesen Pseudo-Streit müsste lauten: Warum soll die Politik das überhaupt regeln?
B isweilen hilft es, einfach mal die Praktiker zu fragen. Die Firma Stihl, bekannt durch ihre Kettensägen, rechnete jüngst vor: Ein Waldarbeiter bräuchte 60 Kilogramm schwere Akkupakete, um fünf Liter Sprit zu ersetzen. Speziell in unwegsamem Gelände ist das keine sinnvolle Option.
Waldarbeiter brauchen also entweder Biokraftstoffe oder E-Fuels, wenn sie in Zukunft ohne fossile Treibstoffe auskommen wollen. Allein dieses Beispiel zeigt schon: Wer die allumfassende Energiewende will, tut gut daran, E-Fuels nicht pauschal zu verteufeln, mit ins Kalkül zu ziehen – schlicht, weil die Energiedichte von Flüssigkeiten ungeschlagen ist.
Klar, in der aktuellen Debatte um synthetische Kraftstoffe, die unter Einsatz erneuerbaren Stroms erzeugt werden, geht es nicht um Arbeitsgeräte, sondern primär um Autos und die Frage, ob der Verbrennungsmotor im Pkw eine Zukunft hat. Beantworten wir diese Frage einfach mit der Gegenfrage: Warum sollte darüber die Politik entscheiden? Wenn die Befürworter*innen von E-Fuels vorrechnen, diese ermöglichten eine wirtschaftlich attraktive Mobilität, dann ließe sich entgegnen: Nur zu, dann produziert eben welche. Und wenn die Gegner*innen der E-Fuels warnen, diese würden exorbitant teuer, könnte die Antwort lauten: Schön, dann hat sich das Thema im Pkw ja von ganz alleine erledigt.
Doch so sachlich wird leider nicht diskutiert. Stattdessen ist die Debatte um E-Fuels zum Musterbeispiel geworden für lähmende Auseinandersetzungen ohne wirklichen Erkenntnisgewinn, aber mit viel Profilierungspotenzial für Politik, politisierende Wissenschaftler*innen und NGOs. Wie wäre es denn mit einem Kompromiss: Wir verbieten keine Verbrennungsmotoren, fördern aber auch keine E-Fuels. Mit einer satten, stetig steigenden CO2-Bepreisung würde der fossile Sprit aus dem Markt gedrängt. Damit wäre die Politik dann raus aus dem Thema, alles Weitere sollen findige Ingenieur*innen und Menschen mit Unternehmergeist regeln.
Am Ende wird man synthetische Kraftstoffe übrigens aus einem schlichten Grund akzeptieren müssen: Wenn Deutschland die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien so stark ausbaut, wie die Regierung es derzeit plant, dann werden wir immer öfter Stunden erleben, in denen wir nicht wissen, wohin mit dem ganzen Wind- oder Solarstrom. Dann werden wir froh sein, wenn es noch kreative Köpfe im Land gibt, die bereit sind, den überschüssigen Strom zum Nulltarif oder zu gar negativen Börsenpreisen abzunehmen, um ihn zu nutzen. Selbst wenn dann mit lausigem Wirkungsgrad E-Fuels draus entstehen, ist das allemal besser, als die Windkraftanlagen abzuregeln.
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