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Viele sind noch immer fassungslos: Gedenken an Malte C. am Historischen Rathaus Münster Foto: Jakob Schnetz

Queerfeindlichkeit in DeutschlandDer Hass, der bleibt

Vor einer Woche starb der trans Mann Malte C., nachdem er auf dem CSD in Münster attackiert wurde. Wie geht die Gesellschaft mit Queerfeindlichkeit um?

D er Tod von Malte C. ist in Münster für viele auch eine Woche danach noch unbegreiflich. Auf den Stufen des Historischen Rathauses stehen Sonnenblumen neben Kerzen und Karten, die in Hellblau, Rosa und Weiß gehalten sind – den Farben der trans Flagge.

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Die meisten der Botschaften auf ihnen sind politisch: „Transphobie tötet“, „Schützt uns!“ oder „Rest in power“. Viele Menschen bleiben vor der Treppe des Rathauses stehen, um über Malte C. zu sprechen. „So sinnlos“, sagt eine Person. Eine andere schweigt minutenlang und wirft schließlich eine mitgebrachte Blume zwischen die bunten Karten.

Der Rat der Stadt hat am Mittwoch eine Schweigeminute für Malte C. eingelegt. Die Tat erschüttere ihn weiter „zutiefst“, sagte Oberbürgermeister Markus Lewe, ein CDU-Politiker. „Das geht uns alle an.“

Vor zwei Wochen war Malte C. auf dem lokalen Christopher Street Day von einem Mann mit zwei Faustschlägen ins Gesicht niedergeprügelt worden, als er sich sexistische Beleidigungen des Angreifers gegen mehrere Frauen verbat. Der 25-jährige trans Mann stürzte auf den Asphalt, wurde ins künstliche Koma versetzt – und verstarb sechs Tage später im Krankenhaus. Am gleichen Tag wurde ein Tatverdächtiger gefasst: ein 20-jähriger Tschetschene und früherer Boxer, vorbestraft wegen Körperverletzung.

Ein totgeprügelter trans Mann, mitten in Deutschland – Felix Adrian Schäper kann das immer noch nicht fassen. Malte C. sei zuletzt so glücklich gewesen wie lange nicht, erzählt der Vorstand vom Verein Trans*-Inter*-Münster. Fünf Jahre habe er ihn begleitet, zuletzt habe Malte C. erfolgreich eine Brustoperation hinter sich gebracht.

Für Malte C. war es auch der erste CSD, an dem er sich oberkörperfrei zeigte – für trans Menschen hat das eine besondere Bedeutung. Stolz habe er das Banner des Vereins getragen, erzählt Schäper. Malte C. hatte viel vor, demnächst habe er in eine eigene Wohnung ziehen wollen. Nun ist der 25-Jährige gestorben.

Noch am Tag seines Todes versammelten sich mehrere Tausend Menschen in Münster zu einem Gedenken, auch in anderen Städten fanden Kundgebungen statt. Und überall wurde beklagt: Der Hass gegen queere Menschen nehme zu.

Die Bekundungen legen Leerstellen offen

Auch zahlreiche Po­li­ti­ke­r*in­nen bekundeten ihr Entsetzen. Dieses Hassverbrechen müsse „mit aller Härte verfolgt“ werden, forderte Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Familienministerin Lisa Paus (Grüne) erklärte, der Angriff zeige, dass man „noch immer für die Gleichstellung und Akzeptanz aller Menschen kämpfen“ müsse. Und auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) zeigte sich „fassungslos“. Diskriminierung und Gewalt dürften „bei uns keinen Platz haben“.

Die Bekundungen legen aber auch eine Leerstelle offen. Denn diese Anteilnahme gab es früher nicht, das Thema queerfeindlicher Hass war jahrelang kein Thema für die Bundespolitik. So befasste sich die Innenministerkonferenz erst im Dezember 2021, nach fast 70 Jahren des Bestehens, erstmals mit dem Thema queerfeindliche Gewalt. Und erst 2020 führte die Polizei in ihren Statistiken das Themenfeld „Geschlecht/sexuelle Identität“ ein, um auch transphobe Tatmotive zu erfassen. „Unbegreiflich“ sei das, sagt René Mertens vom Lesben- und Schwulenverband (LSVD). „Wir wurden mit dem Hass einfach alleingelassen.“

Und auch nach dem Tod von Malte C. geht die Gewalt weiter. Einen Tag später wird in Bremen eine trans Frau von Jugendlichen in einer Straßenbahn attackiert. Am Tag darauf greift ein Mann in Frankfurt am Main zwei junge Männer an, beleidigt sie homofeindlich und schlägt ihnen eine Flasche ins Gesicht. Auf dem CSD Dresden werden zwei junge Männer attackiert und verletzt.

„Erschütternd“ seien diese Vorfälle, sagt Sven Lehmann. Der schwule Kölner und Grüne ist seit Jahresbeginn erster Queerbeauftragter der Bundesregierung, auch er war in Dresden auf dem CSD. LSBTIQ+-Menschen könnten „nicht immer und überall frei, selbstbestimmt und ungefährdet leben“. Das hätten die brutalen Attacken der vergangenen Tage „mehr als verdeutlicht“. Allen voran der Tod von Malte C. „Dieser bewegt mich nach wie vor“, erklärt Lehmann. „Einfach zur Tagesordnung überzugehen, ist unmöglich. Diese Taten müssen Konsequenzen haben.“

Diana Häs kämpfte mit anderen für ein Mahnmal gegen Homophobie in Osnabrück Foto: Jakob Schnetz

Es sind keine Einzelfälle, die offiziellen Zahlen steigen. So zählte das Bundeskriminalamt für 2021 insgesamt 870 Straftaten wegen „sexueller Orientierung“ – ein Anstieg um 50 Prozent zum Vorjahr. Im Feld „Geschlecht/sexuelle Identität“ waren es 340 Delikte, ein Plus von 66 Prozent. Dazu kommt ein großes Dunkelfeld, wie auch das Innenministerium einräumt.

In einer EU-Umfrage von 2020, für die 140.000 LGBTIQ+-Personen in Europa interviewt wurden, gab fast die Hälfte an, sich im Alltag diskriminiert zu fühlen. Je­de:r Zehnte erklärte, schon körperliche Übergriffe erfahren zu haben – bei trans Personen war es gar je­de:r Fünfte. Und nur 14 Prozent erklärten, sie hätten die Übergriffe auch der Polizei gemeldet.

Malte C. ist kein Einzelfall

Was Malte C. passiert ist, erinnert an einen Fall aus den 90er Jahren im benachbarten Osnabrück. Am Abend des 14. September 1994 taten sich dort drei Männer zusammen, um „Schwule zu klatschen“, wie sie später sagten. Es zog sie zum Raiffeisenplatz, einem kleinen Park mit vielen Büschen, damals bekannt als Cruisingzone. Dort jagten sie zwei Männer, die in einem Auto Zuflucht suchten.

Als die Täter eine Seitenscheibe einschlugen, stellte sich der zufällig vorbeikommende Peter Hamel dazwischen. Hamel, damals 34 Jahre alt und stadtbekannter Türsteher, bezahlte seinen Mut mit seinem Leben: Einer der drei Männer schlug ihm zunächst eine Flasche über den Kopf und trat dann zwischen zehn und zwanzig Mal auf ihn ein.

Am Donnerstag dieser Woche steht Diana Häs an eben jenem Tatort. Am Morgen hat der Steinmetz zwei sandfarbene Steine in die Erde eingelassen, fast 30 Jahre nach der Tat erinnert nun ein Mahnmal daran. Es steht neben einem Baum, von den Büschen von 1994 ist nichts mehr zu sehen. Um das Mahnmal herum ist die Erde leicht angehäuft. Die eine Stele ist Peter Hamel gewidmet, darauf geht es um Homophobie im Speziellen, auf der anderen Stele wird vor gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit generell gewarnt.

Die 52-jährige Diana Häs vom Osnabrücker Verein Gay in May setzte die Idee für das Mahnmal gemeinsam mit anderen Vereinen in der Initiative Peter Hamel um. Seit über 20 Jahren wohnt sie in Osnabrück. Sie sitzt als Grüne auch im Stadtrat. Häs hofft, dass Hamels Einsatz für Zivilcourage durch das Denkmal sichtbar wird. „Vielleicht bleiben Leute stehen und erinnern sich an Peter“, sagt sie.

„Wir dürfen nicht immer nur reagieren“

Nach der Tat wurde in Osnabrück viel darüber spekuliert, ob Hamel selbst schwul war. Spielt das eine Rolle? „Für uns ist das nicht wichtig“, sagt ein anderes Mitglied der Initiative Peter Hamel, die Person in schwarzem Shirt, die sich Looney nennt, ist gerade dazugestoßen. Looney erklärt: „Wir gedenken allen möglichen Menschen, die bereit sind einzuschreiten. Dieses Mahnmal ist auch für Malte.“

Wie reagiert die queere Community auf Fälle, die sie im Mark erschüttern? Die Initiative Peter Hamel hat darauf eine mögliche Antwort – neben dem dauerhaften Gedenkort gibt es an jedem Todestag eine Mahnwache. Auch steht der Name Peter Hamel auf der Liste der möglichen Straßennamen in Osnabrück.

Rechtlich hat sich im Vergleich zu damals einiges geändert. Noch bis zum 11. Juni 1994 galt der Paragraf 175, der Sex zwischen Männern sanktionierte. Heute sind auch Konversionstherapien bei Minderjährigen verboten, trans Menschen gelten im internationalen Diagnosekatalog nicht mehr als „psychisch krank“.

Das Kondolenzbuch für Malte C. im Historischen Rathaus in Münster Foto: Jakob Schnetz

Doch für gesellschaftliche Akzeptanz braucht es noch mehr. Auch Neo Argiropoulos lässt der Fall Malte C. „absolut schockiert“ zurück. „Seit Jahrzehnten fordern wir Gleichstellung. Aber es ist immer noch so, dass wir nicht rausgehen können, ohne Gefahr zu laufen, Gewalt zu erleben“, klagt der Vorstandssprecher vom Queeren Netzwerk NRW.

Dass man immer wieder Schweigeminuten für Opfer queerfeindlicher Gewalt einlegen müsse, „das muss ein Ende haben“, sagt Argiropoulos bestimmt. Er fordert mehr Antidiskriminierungsarbeit, vor allem in Schulen und der Jugendarbeit, sowie Schutzwohnungen und Beratungsangebote für queere Menschen. „Wir dürfen nicht immer nur reagieren, sondern müssen die Gewalt vorher eindämmen.“

Ein bundesweiter Aktionsplan soll beschlossen werden

Dem schließt sich auch Kalle Hümpfner vom Bundesverband trans* an. „Der Tod von Malte hat uns erschüttert, aber nicht überrascht“, erklärt die Referent*in. „Die Gewalt gegen trans* Personen wurde lange weder genau erfasst, noch gesehen.“ Auch Hümpfner fordert mehr Schutz- und Präventionsmaßnahmen, vor allem im Internet, wo sich Hass gegen queere Menschen entlade und radikalisiere. Auch brauche es eine Strafverschärfung, wenn es zu queerfeindlichen Delikten kommt.

Der LSVD von René Mertens fordert schon seit Jahren einen bundesweiten Aktionsplan gegen Homophobie und Trans*­feind­lich­keit – mit zeitlich definierten Zielvereinbarungen und ausreichenden Geldern. Tatsächlich verschickte der Queerbeauftragte Sven Lehmann einen Entwurf solch eines Aktionsplans Ende August an die Verbände.

Damit sollen etwa ein Diskriminierungsverbot von queeren Menschen ins Grundgesetz aufgenommen, LSBTIQ+-Themen Teil der Ausbildungen von pädagogischen Fachkräften, die Förderung von Gewaltschutzprojekten und Opferbetreuungen ausgebaut oder die statistische Erfassung von Übergriffen verbessert werden. Noch dieses Jahr wolle er den Aktionsplan beschließen, versichert Lehmann.

René Mertens lobt den Aufschlag: „Der Entwurf lässt uns hoffen, dass der queerpolitische Aufbruch endlich ins Rollen kommt.“ Kalle Hümpfner schließt sich an: „Die Initiative der neuen Regierung freut uns. Aber noch sind das alles Absichtserklärungen, deren Umsetzung entscheidend wird.“ Klar sei auch: „Sven Lehmann kann nicht alles alleine machen. Das ist eine Aufgabe für die gesamte Regierung.“

Hier haben die Verbände vor allem das Innenministerium von Nancy Faeser im Blick, das einige als zu behäbig bei diesem Thema kritisieren. Nun aber macht auch Faeser einen Aufschlag: Am 20. September lädt sie zu einer Auftaktsitzung des Arbeitsgremiums „Bekämpfung homophober und transfeindlicher Gewalt“ – ein Format, das die Innenministerkonferenz schon Ende 2021 einforderte. Ex­per­t:in­nen aus Wissenschaft und Praxis sollen dort nun konkrete Handlungsempfehlungen erarbeiten.

In Bremen gibt es seit 2015 einen Aktionsplan

Wie weit der Weg in eine Gesellschaft, in der trans Menschen sicher sind, noch ist, zeigt das Beispiel Bremen. Der Stadtstaat gehört zu den ersten Bundesländern, die einen Aktionsplan zum Abbau von Homo-, Trans- und Interphobie verabschiedet haben. 2015 war dies. Im Februar vergangenen Jahres legte das Parlament nach und forderte den Senat auf, sich auf Landes- und Bundesebene dafür einzusetzen, dass das Ausmaß von Hasskriminalität gegen queere Menschen sichtbar wird und Betroffene und Zeu­g:in­nen ermutigt werden, solche Straftaten anzuzeigen. Nach Berliner Vorbild sollen queerfeindliche Angriffe veröffentlicht werden.

Trotz der Bemühungen kam es nun auch hier wieder zu transfeindlicher Gewalt. Am Samstag vor einer Woche war nach Angaben der Polizei eine 57-jährige trans Frau in Bremen in einer Straßenbahn von einer Gruppe von etwa 15 Jugendlichen zwischen 12 und 16 Jahren als „Scheiß Transe“ beleidigt worden. Einer von ihnen schlug laut Zeu­g:in­nen der trans Frau mehrfach mit beiden Fäusten ins Gesicht, sodass sie mit schweren Gesichtsverletzungen ins Krankenhaus gebracht werden musste. Als sich andere Fahrgäste einmischten, ließen die noch unbekannten Täter von ihr ab und flüchteten.

Geschockt äußerten sich Bremer Po­li­ti­ke­r:in­nen nach der Attacke. Das Selbstbild als weltoffene, liberale, tolerante Stadt hat einen Knacks bekommen. Für trans Menschen geht es um mehr. „Das hat mir die Illusion eines sicheren Orts genommen“, sagt Maike-Sophie Mittelstädt vom Vorstand des Bremer Vereins Trans Recht, der sich für die Rechte von trans Menschen einsetzt.

Klar habe sie auch vorher schon bestimmte Ecken in Bremen gemieden und sei auch selten nachts unterwegs. Aber der Angriff auf die Frau geschah am frühen Samstagabend in einer Straßenbahn zwischen Innenstadt und Buntentor, einem freundlichen Stadtteil an der Weser, auf halben Weg zum Szeneviertel. Die Linke hat hier ein Stadtteilbüro, in der Schwankhalle, einem freien Theater, gehören queere Performances zum Standardprogramm. Wie hoch auch in Bremen das Risiko ist, als trans Frau angegriffen zu werden, habe sie verdrängt, sagt die Trans-Aktivistin Mittelstädt. Dabei gehöre es zu ihrem Alltag, beleidigt und beschimpft zu werden. „Das kommt etwa einmal im Monat vor.“

Queerfeindlichkeit als Sachbeschädigung behandelt

Das sagt auch Bettina Tottleben, die eine Selbsthilfegruppe leitet. Die 39-Jährige ist 2009 aus Berlin nach Bremen gezogen. In der Hauptstadt hat sie eine ähnliche Erfahrung gemacht wie vor einer Woche die Frau in der Bremer Straßenbahn. Ein halbes Dutzend Jugendliche habe sie in der U-Bahn beleidigt und ihr dabei ebenfalls die Perücke vom Kopf gerissen. Bremen schien zwar auch ihr relativ sicher, aber auch sie wurde regelmäßig im Alltag verbal attackiert, mit dem Auto verfolgt. Vergangenes Jahr zeigte sie jemanden nach einer Morddrohung an. Von der Polizei habe sie nach der Anzeige nie wieder etwas gehört, sagt sie.

Wie Po­li­zis­t:in­nen mit Anzeigen umgehen, die einen hasskriminellen Hintergrund haben könnten, sei abhängig von ihrem Wissensstand, sagt Reiner Neumann vom Vorstand des Rat und Tat Zentrums für queeres Leben.

Bei Anzeigen auf der Wache oder am Streifenwagen würden die Be­am­t:in­nen das Geschehen bagatellisieren. 19 Anzeigen hat er seit 2015 gestellt, weil der Altbau, in dem sich Verein und Beratungsstelle befinden, beschmiert wurden, auch mit vergammelten Fleisch oder Exkrementen. Immer wertete die Polizei dies als Sachbeschädigung, als wäre es ein gewöhnliches Haus. Hinzu kamen zwei Anzeigen wegen Beleidigung. Neumann habe jedoch auch die Erfahrung gemacht, dass geschulte Po­li­zis­t:in­nen konkrete Bedrohungen sehr wohl ernst nehmen würden und schnell den Staatsschutz einschalteten, der Straftaten mit politischem Hintergrund verfolgt.

Der Hass bleibt. Am 14. September wird in Berlin der erste Todestag von Ella in Berlin begangen. Die trans Frau verbrannte sich im September 2021 selbst. Eine „Verzweiflungstat“ wegen Transfeindlichkeit, erklärte der LSVD. Ihr Grab wurde inzwischen drei Mal geschändet.

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51 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Richtig so!

  • Mir scheint es eine Angriffswelle zu sein, mit (jugendlichen) Nachahmungstätern.



    Es gibt ideologische Brandstifter, Hetzer, die diese Angriffe schüren und aus dummen Sprüchen und Provos ganz was anderes machen (lassen): Totschlag.



    Dazwischen ist viel Gruppendynamik.



    Die Hass-Kanäle aufsuchen.

  • Da hier so schön diskutiert wird, ob wir ein Problem mit Nicht-Bio-Deutschen haben oder doch eher mit Lesben, die mit dem für-unwichtig-erkären von Körper und Sozialisation Bauchschhmerzen haben: Mir scheint, das grösste Problem haben wir mit (cis?-)Männern. Ich konnte leider nur die eine allgemeine Statistik nach TäterInnen-Geschlecht aufgedröselt finden, nicht die im Artikel erwähnten Unterkategorien von Hasskeiminalität, aber:



    Von 1447 Fällen von Totschlag in 2021 wurden 95% aufgeklärt, mit 1637 männlichen und 219 weiblichen Tatverdächtigen.

    Warum wird das nicht thematisiert? Wir haben scheinbar ein Riesenproblem mit der Integration von Männern in unsere Gesellschaft.

    Quelle: www.bka.de/SharedD...ublicationFile&v=2

    • @szie:

      Wissen Sie, ob die alle Cis waren?

  • Ich finde das Beispiel Hamel sehr spannend, ebenso fühlte ich mich an Herrn Brunner in München erinnert. Dazu passt diese Passage: "Nach der Tat wurde in Osnabrück viel darüber spekuliert, ob Hamel selbst schwul war. Spielt das eine Rolle? "

    Ich finde die Frage mehr als berechtigt. Wir können Malte nicht mehr fragen, wie er es sieht, aber auch da gibt es 2 mögliche Antworten: vielleicht sollte man den Fokus wirklich darauf legen, dass er trans war - vielleicht wäre es aber auch besser, einfach festzustellen, dass er ein mutiger Mann war.....(und nicht das "trans" so hervorzuheben, als wäre er eben doch kein richtiger Mann).

    • @Dr. McSchreck:

      Gerade das "trans" hat aber wohl die ausschlaggebende Rolle gespielt. Das sollte man nicht verschweigen.

      • @resto:

        Gerade das wage ich zu bezweifeln: Es ist nicht sicher, ob der Taeter Malte überhaupt als Transmann erkannt hat. Er haette wahrscheinlich jeden angegriffen, der dazwischengegangen waere, als er zwei Lesben wuest beschimpfte. Dieses Verbrechen war wohl nicht explizit transfeindlich, sondern ganz allgemein queerfeindlich, was daran überhaupt nichts besser macht. Dieses Verbrechen hat wohl auch weniger (nicht: gar nichts) mit Religion zu tun, sondern mehr mit "toxischer Maennlichkeit", die sich von Schwulen, Lesben, selbstbewussten Frauen, "unmaennlichen" Maennern, Transvestiten, Transfrauen und -maennern, Androgynen und anderen "Uneindeutigen" bedroht und provoziert fuehlt, einfach dadurch, dass diese durch ihre blosse Existenz ein Gegenbild zum Schein von heterosexuell-maskuliner Stärke und Dominanz aufzeigen.

        • @Volker Scheunert:

          Wie ich gelesen habe, war Malte das erste Mal mit nacktem Oberkörper unterwegs. Bisher hatte sich das wegen der Brustnarben nicht getraut.

  • Viele Kommentare berufen sich darauf, dass Gewalttaten vor allem von Einwanderern und Flüchtlingen begagen werden.

    Aber Gewalt ist nur die letzte Eskalationsstufe der Transfeindlichkeit. Wenn ich bei einem Job-Interview von einem Bio-Deutschen nicht genommen werde oder ich in einem Laden nicht bedient werde, weil ich sichtbar trans bin, ist das genau so transfeindlich.

    Diskriminierung ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, was scheinbar eine Leute hier in den Kommentare nicht wahr haben wollen.

    • @Miri N:

      Im Laden nicht bedient zu werden oder wenn ein Arbeitgeber keine Trans-Person einstellen will, dann ist das doch eine ganz andere Dimension als wenn man Ihnen mit der Faust mehrfach ins Gesicht schlägt, sie ohnmächtig rücklings auf den Hinterkopf aufschlagen, ins Koma fallen und kurze Zeit später versterben! Sie verharmlosen diese grausame Gewalt extrem, und das ärgert mich sehr. Sie behaupten: "...ist das genauso transfeindlich..." Wollen Sie als nächstes auch noch den Holocaust relativieren?!

      • @Chrischi:

        Volle Zustimmung

    • @Miri N:

      Nein, Mord ist sicher nicht das selbe, wie eine Stellenabsage! Bei Ihnen stimmt etwas gravierendes nicht.

    • @Miri N:

      Sagt ja niemand, dass Diskriminierung kein gesamtgesellschaftliches Problem wäre.

      Ist halt aber für die Betroffenen doch ein Unterschied, nur schräg angeguckt oder doch zusammengeschlagen zu werden. Und wenn eine bestimmte Gruppe überproportional auffällig ist, ist das erwähnenswert.

      • @gyakusou:

        Aber der Unterschied ist nicht so groß, wie gedacht. Gerade trans Menschen waren schon vor der Transition " falsch" unterwegs ( nicht vermeidbar) , bekommen während/ nach der Transition suggeriert, wieder falsch zu sein ( durch Toleranz/Akzeptanz vermeidbar). Und das zwischenmenschliche Klima tut sein Übriges. Das schreibt sich tief in jede Empfindungswelt ein, es geht jegliches Sicherheitsgefühl verloren.Es gibt Menschen, die reagieren mit Trotz, manche reagieren mit Rückzug. Wenn man das Gefühl hat, jederzeit umgebracht werden zu können, ohne dass jemand helfen würde bzw dass Menschen danebenstehen und Beifall klatschen, ist ein schräger Blick, eine dumme Bemerkung schon eine große Sache.

      • @gyakusou:

        Diejenigen die schräg gucken sind oft die Wegbereiter für ein Klima welches solche Taten zur Folge hat.

        • @Andreas J:

          Aber nur, wenn zwischen den einen und den anderen ein "Wir" existiert.

          Für einen 20jährigen Tschenen, der mit 12 Jahren erst nach Deutschland kam, ist der NAZI-Opa kein Wegbereiter oder klimabestimmend.

          Der interessiert ihn schlicht nicht.

          Es hilft nicht weiter, alle mit allen irgendwie gleichzusetzen.

          Will man was ändern, muss man genauer hinsehen.

          • @rero:

            Es geht aber nicht um Nazis oder Klima. Beim Thema Männlichkeit oder der Rolle der Frau ist gerade bei Konservativen bis Rechten ganz schnell das "wir" da. Und bei Quer poltert das ganze Weltbild bei solchen Leuten endgültig durcheinander. Damit haben sogar einige Menschen die sich für Links halten Probleme.

      • @gyakusou:

        Vorher habe ich ein Radio-Interview mit Michelle Friedmann gehört und muss sagen: Nein, es gibt keinen Unterschied.

        Da hat Friedmann es mit einem Neuankömmling in einem Klassenzimmer beschrieben: Da sei dieses neue Kind, und weil sich bereits eine Gruppe gebildet hat unter den Schülern, ist dieses neue Kind für alle fremd. Anstelle, dass die Kinder sich freuen, mustern die Kinder den Neuankömmling. Das bereits kann als Diskriminierung interpretiert werden. "Schräg anschauen" und "verprügeln", um wieder zu diesem Fall zurückzukommen, alles diskriminierende Motive.

        Und Friedmann weiß, wovon er spricht. Er musste sein ganzes Leben lang, weil er der jüdischen Konfession angehört, diesen Musterungen, dieses Fremdsein und diesen Erniedrigungen ertragen.

        • @Troll Eulenspiegel:

          Apropos Jüdischsein in Deutschland und Antisemitismus - der Film Masel Tov Cocktail thematisiert das und ist bis zum 22.11.2022 in der ARD-Mediathek verfügbar - sehenswert:



          www.ardmediathek.d...LTMzMmZhNmExN2U3Mg

        • @Troll Eulenspiegel:

          Diese Situation erlebt jeder Mensch mehrfach in seinem Leben, das Gefühlt, nicht dazu zu gehören. Es gibt sogar Belege, warum es eine normale Reaktion von Menschen ist, auf Neues erst einmal vorsichtig zu reagieren und zwar umso mehr, je mehr sich ein bestimmtes Bild von der Welt im Kopf gebildet hat (was jeder tut und bei jedem anders ist).

          Die Situation, fürs "anders sein" körperlich attackiert zu werden, ist dagegen zum Glück noch die klare Ausnahme und man sollte diesen Unterschied auch nicht verwischen.

    • @Miri N:

      Diskriminierung ist vor allem ein individuelles Problem von Individuen gegenüber anderen, vermeintlich nicht spiegelgleichen, Individuen. Und es gibt Gesellschaften in denen es die Norm ist Queere Personen auszugrenzen, per Gesetz) oder sie mit dem Tod zu bedrohen. Diese Gesellschaften gilt es zu ächten und diese Individuen in Deutschland zu benennen und nicht von gesamtgesellschaftlichen Problem zu reden. Aber die Täter hatten ja alle so eine schwere Kindheit und sind in Armut aufgewachsen und haben keine Bildung und kennen es nicht anders. Ich kenne keine Transperson, die bei Aldi nicht bedient würde, oder aus dem Restaurant gewiesen würde, höchsten sie tanzt auf dem Tisch. Wie man sich zu verhalten hat steht im Grundgesetz, das muß nur angewandt werden.

  • Hassverbrechen gegen Schwule/Lesben/Transmenschen sind längst normal und Alltag. Und niemand berichtet darüber und die TAZ schon gar nicht. Ich empfehle einen Besuch einer Berliner Schule in der grossen Pause. Lieblingsschimpfwörter: Schwuchtel, Schwuler und schlimmer.....

    • @V M:

      Was meinst du mit "die taz schon gar nicht"? Du tust ja gerade so, als ob solch ein Thema "insbesondere" von der taz nicht bearbeitet oder beachtet würde. Allerdings muss man wohl eher feststellen, dass Themen wie Hassverbrechen "insbesondere" in der taz ein regelmäßiges Thema sind (z.B. in Form von LGBTIQ*-Feindlichkeit, Sexismus, Rassismus, Klassismus) während sie in anderen journalistischen Medien kaum Raum bekommen oder in seperate Sparten verbannt werden, die den Mainstream nicht weiter jucken (vgl. ZEIT, SZ, Tagesspiegel usw.).

      • @White_Chocobo:

        OK, da nehme ich mal ein Stück zurück. Besser, viel besser, berichtet die TAZ als der Rest der Medienwelt

      • @White_Chocobo:

        Ich muss VANESSA Recht geben. Ich habe den Eindruck, dass es einen Unterschied in der Thematisierung gibt, je nach Täterprofilen.

  • Der Hass bleibt nicht nur, sondern er nimmt wieder zu. So haben Konservative, Evangelisten, Rechtspopulisten und Rechtsradikale in den USA mit Unterstützung des obersten Gerichtshofes einen Rollback für Transgender in die Wege geleitet.

    Der Rollback in den USA ermutigt zahlreiche Länder überall auf der Welt, sich zu ihren homophoben und transfeindlichen Positionen offen zu bekennen. Die schlimmsten Verfolgerstaaten, wie Saudi-Arabien, können sich einer Unangreifbarkeit durch ihre westlichen Bündnispartner:innen sicher sein. Am Ende geht Öl weiterhin vor Menschenrechten und vor dem Klimaschutz.

    Gleichzeitig gibt es eine Gruppe sich selbst als Feministinnen verstehender Personen, die die früher gewollte Überwindung von Geschlechtergrenzen vergessen haben, biologistisch argumentieren und sich dabei mehr oder weniger offen mit rechtsgerichteten und konservativen Kreisen verbünden, um gruppenbasierte Menschenfeindlichkeit gegen Transgender-Personen zu forcieren.

    Diese Kreise verwenden das klassische Mittel rassistischer und homophober Propaganda, nämlich das Herausgreifen von (mehr oder weniger korrekt geschilderten) Einzelfällen, um gegen eine ganze Menschengruppe mobil zu machen. Dabei ignorieren sie konsequent die psychologischen und soziologischen Forschungsbefunde, die für einen engen Zusammenhang (gemeinsame Ursache) von Homophobie und Transphobie sprechen und die gleichzeitig zeigen, dass Transgender-Personen zu den mit am meisten viktimisierten Gruppen überhaupt gehören.

    Auch die Geschichte des queeren Befreiungskampfes, bei dem Homosexuelle, Bisexuelle und Transgender gemeinsam kämpften, wird umgedreht und es wird das Zerrbild an die Wand gemalt, nach dem Transgender-Personen Lesben- und Schwulenrechte bedrohen würden.

    Solche verbale Gewalt begründet den Boden für dann auch stumpfe, körperliche Gewalt gegen Transgender-Personen. Diese Ideologen der Antitrans-Bewegung tragen für diese Gewalt die Mitverantwortung.

    • @PolitDiscussion:

      Auch die Transaktvistinnen Dana Mahr und Felicia Ewert hatten, wie Sie, sehr schnell 'Terfs' als mitverantwortlich für den Tod Malte Cs ausgemacht, in einer hitzigen Diskussion auf Twitter hat sich Mahr dann dazu hinreißen lassen, "Femizid" als statistisch ungefähr so haltbar wie "Austausch der weißen Rasse" zu bezeichnen - sie hat dies zeitnah als Fehler bezeichnet und erläutert, wie es dazu kommen konnte: offenbar hat sie den Einwand, dass wan dann auch für Gewalt gegen Terfs Transaktivist*innen verantwortlich machen könne, als 'dogwhistle', eine an eigene Anhänger gerichtete und nur für die verständliche Botschaft, verstanden, die die angeblich unter Terfs weit verbreitete Vorstellung, Transfrauen strebten die Auslöschung von Cis-Frauen an, bedienen wolle - ist sie das wirklich? Oder verstellt nicht zwangsläufig diese Einordnung 'Femizid als Verschwörungstheorie' den Blick auf 'Femizide' (Mehrzahl), auch wenn dies ausdrücklich und glaubhaft nicht ihre Absicht ist?

      An diesem Wochenende gab es mindestens drei fürchterliche Morde an Frauen, begangen von ihren Partnern, und offenbar sind es in erster Linie Feministinnen wie Schwarzer, die 'Frau aus den 70ern' (Dudley) (hier ein Artikel zu Frauenhäusern von 1977 aus der Emma is.gd/IggaIq , die dieses Thema auf dem Schirm haben, etwa von der Bundesregierung die Umsetzung der Istanbul-Konvention fordern.

      Konzentriert auf das psychosoziale Geschlecht (also sozusagen mit geschlossenen Augen) höre ich in Bezug auf "Terfs" eigentlich nur das selbe Männergedröhn wie seit mindestens 40 Jahren: 'diese Sch...-Emanzen sollen sich nicht so wichtig machen, wir wissen, was und wie Frauen zu sein haben'

      Oder auf Twitter, an Rowling (auf ihren betroffenen Tweet zum Anschlag auf Rushdie hin): "Keine Sorge, du bist die Nächste!"

      Vielleicht wäre es sinnvoller, Gemeinsamkeiten, Brücken zu suchen?

      • @ke1ner:

        Sorry, aber deine Ausführungen zu TERFs sind dann doch etwas sehr einseitig-beschönigend, denn es sind selbstverständlich mitnichten 'nur' TERFs oder irgendwelche zweite-Welle-Feminist*innen ala Schwarzer, die das Thema Gewalt gegen Frauen auf dem Schirm haben bzw. hätten. Der Unterschied ist häufig nur der, dass besagtes Lager Gewalt häufig vor allem dann interessiert, wenn sie sich gegen Personen richtet, die diese Gruppe als 'legitime' 'Frauen' anerkennt, während Gewalt gegen Nicht-Frauen weniger relevant wird oder man mittlerweile in den gleichen patriarchalen Strukturen argumentiert wie 'die Männer', wenn es z.B. um Themen wie Migration/Islam geht.

        Deiner Frage am Ende ist natürlich zuzustimmen. Nur wollen besagte Feminist*innen eben gar keine Brücken bauen oder Gemeinsamkeiten erkennen, weil Transfrauen eben keine 'echten' Frauen sind, sondern verkappte Männer und damit potenzielle Gewalttäter, die 'legitimen' Frauen gefährlich werden können oder ihnen mittlerweile sogar die Jobpositionen wegnehmen (man denke z.B. an die Debatten um Tessa Ganserer und wie dieser vorgeworfen wurde, sie würde 'echten' Frauen die Position streitig machen).

        • @White_Chocobo:

          Aber zu "Brücken" sind wir uns ja einig - vielleicht kommen wir in dieser Diskussion auf einer symbolisch-ästhetischen Ebene weiter, über die Regenbogenfahne z.B.

          Kein binäres Schwarz-Weiß, die sich gegenseitig auslöschen, sondern ein flirrendes Alle-Farben, das die Griechen - zu Beginn unserer Zivilisation - als die Götterbotin Iris interpretierten, als Brücke zwischen den Menschen und den Göttern.

          Etwa, als Sappho noch nicht verfemt war, wir mit Euthyphron und Sokrates denken lernten, Platon, der das aufgeschrieben hatte, mit Aischylos diskutierte, wer in der homosexuellen Beziehung zwischen Achill (dem strahlendsten Helden vor Troja) und Patroklos welche Rolle übernommen habe.

          Dieses Flirren, das ich als Cis-Hetero-Mann an der Architekturfakultät an der TH Aachen erlebt habe, als um die Jahrtausendwende mindestens zwei der Lehrstühle dort mit queeren Menschen besetzt waren, Transmenschen Gastprofessuren hatten, Assistent*innen - und in dieser Diversität eine Offenheit, eine neugierige Qualität bis in die Entwürfe der Student*innen hinein möglich wurde, die sonst so schwer zu erreichen ist (wenn alles so auch auf die Modelleisenbahn passen soll, z.B.)

          Ich habe, glaube ich, schon verstanden, wie wichtig, gerade auch unter dem Aspekt Schutz, es für Transfrauen zu sein scheint, im neuen bzw. wahren Geschlecht als 'echte', 'legitime' Frauen anerkannt zu werden - mit Brücken, dem Regenbogen scheint mir das aber sehr wenig zu tun zu haben, definiert von patriarchaler Gewalt, als Reaktion auf Bedrohung, zu bleiben, zu einer letztlich internen, eher binären und schwarzweißen Angelegenheit zu werden.

          Von der auch keine Impulse ausgehen.

          #actout, diese tolle Aktion der 185 Schauspieler*innen z.B. war doch etwas ganz anderes, eigentlich ein Auftakt unter den Farben des Trgenbogens - im Ernst jetzt, lesbische Feministinnen gegen Trans-Feministinnen, jeweils die anderen sind Schuld - und queer- und frauenfeindliche Gewalttäter treffen auf ein zerstrittenes Lager?

        • @White_Chocobo:

          》... denn es sind selbstverständlich mitnichten 'nur' TERFs oder irgendwelche zweite-Welle-Feminist*innen ala Schwarzer, die das Thema Gewalt gegen Frauen auf dem Schirm haben bzw. hätten《 ist nicht dasselbe wie 》sind es in erster Linie Feministinnen wie Schwarzer, [...] die dieses Thema auf dem Schirm haben《, was ich geschrieben hatte.

          Du schreibst weiter: 》Nur wollen besagte Feminist*innen eben gar keine Brücken bauen oder Gemeinsamkeiten erkennen, weil Transfrauen eben keine 'echten' Frauen sind, sondern verkappte Männer und damit potenzielle Gewalttäter, die 'legitimen' Frauen gefährlich werden können《 - warum soll es nötig sein, das erst zu klären, um sich darauf einigen zu können, dass Gewalt gegen queere Menschen abzulehnen ist? Gibt es Stimmen aus der 'Terf-Szene', die das anders sehen?

          Und wie kann wan es Frauen ernsthaft zum Vorwurf machen, Leute als Bedrohung wahrzunehmen, die als Männer geboren und zunächst so sozialisiert worden sind, inklusive der Privilegien?

          Da stimmt 'Woman is the N... of the World nämlich nicht: egal, welcher diskriminierten Gruppe ein Mann auch angehören mag - aus traditioneller patriarchaler Sicht findet sich immer ein Mensch, der noch niedriger steht, ein weiblicher.

          Und auch Tessa Ganserer widerlegt das eben nicht: sie hat als Mann auf den Stimmzetteln gestanden, erfüllt aber nun eine Frauenquote - und dann sollen Frauen noch nicht mal sagen dürfen, sie sähen sich in ihr nicht repräsentiert, in das, was sie für ihre wesentliche Identität hielten, passe Ganserer nicht hinein (eben z.B. die Sozialisation sei eine ganz andere)? Ist nicht übergriffig?

          So, wie du das wegbügelst, kommt es mir sehr ähnlich vor wie die weiße Replik auf 'black lives matter!', das belehrende 'all lives matter', mit der Subbotschaft: 'wenn ihr das nicht einseht, den Spruch nicht ändert, seid in Wirklichkeit ihr die Rassisten'.

          Angebl. Queer-, Transfeindlichkeit von Terfs - da wird Malte C's Tod auch ein gutes Stück weit instrumentalisiert.

    • @PolitDiscussion:

      Vor nicht langer Zeit hat FFF eine Musikerin ausgeladen, die Rasta-Haare trägt, eine wichtige Diskussion um kulturelle Aneignung folgte. John Lennon (?) prägte den Satz "Woman is the N... of the world" - der Einwand ist dieser: wie kann es sein, dass "Terf" - die Kurzform für Ihre "Gruppe sich selbst als Feministinnen verstehender Personen" - zu einer akzeptablen Bezeichnung geworden ist, obwohl Frauenrechtlerinnen, die auf ihrer Identität, ihrem Verständnis von sich selbst bestehen, dies als Schimpfwort auffassen? Dass z.B. Sie Transfeindlichkeit behaupten, sie in der Nähe von "homophober und rassistischer Gewalt" einordnen, obwohl (oder weil) sie in ihrer "biologistischen" Sicht auf ihre eigene Identität die Erfahrung nicht für nebensächlich halten wollen, dass ihre Körperlichkeit über Jahrtausende gegen sie gewendet, zum Mittel für Beschämung, Unterdrückung - und Mord gemacht worden ist?

      "Terfs" sind für Transaktivistinnen wie Dana Mahr, Michaela Dudley oder Felicia Ewert etwa J.K. Rowling, der zu "Menschen, die menstruieren" (was Transmänner einschließen kann) einfiel, "woman" setze sich aus 'womb', Gebärmutter + 'man' zusammen (ergänzen ließe sich, aktuell, dass es daneben auch die traditionelle Bezeichnung "queen" (schwed. kvinna, Frau) gibt/gab).

      Oder Alice Schwarzer, in den Worten der "schwarzen Feministin" ("ohne Menstruationshintergrund") Michaela Dudley allerdings nur eine "selbsternannte Feministin" is.gd/1HXNmy

    • @PolitDiscussion:

      Ihr Kommentar stellt die Verhältnisse auf den Kopf. Die im Artikel genannten Gewalttaten sind mit Sicherheit nicht von Leuten begangen worden, die Lesben- und Schwulenrechte von Transgender-Personen bedroht sehen, im Gegenteil: Diese Gewalttäter sind regelmäßig sowohl homosexuellenfeindlich als auch transfeindlich. Im Übrigen habe ich noch keinen Text von Feministinnen gelesen, in dem direkt oder indirekt zu Gewalt gegen Transpersonen aufgerufen wurde. Wenn Sie einen kennen, benennen Sie ihn konkret. Und: Widerspruch gegen bestimmte Positionen der Transgender-Bewegung bzw. eines Teils davon ist noch lange keine "verbale Gewalt".

      • @Budzylein:

        Nicht nur sind sie homosexuellenfeindlich und transfeindlich, sondern auch frauenfeindlich. Irgendwie gilt letzteres bei denen schon als normal d.h. es wird nicht mehr groß thematisiert.

        • @resto:

          Ich stimme Ihnen zu. Danke für die Ergänzung.

  • 6G
    650228 (Profil gelöscht)

    Gefahrenabwehr sollte in diesem Bereich ein wesentlich stärkeres und schärferes Gesicht bekommen. Es ist kein Naturgesetz, dass Menschen, die andere einfach so gewalttätig angreifen, weiterhin ohne Auflagen frei herumlaufen können.

  • Wenn wir Hassverbrechen eindämmen wollen, müssen wir mehr über die wissen, die Hassverbrechen begehen, über ihre Motive, über ihre Sozialisation, über Netzwerke, über Hintergründe. Macht die taz da mit?

    • @Friedel Castrop:

      Eher nicht.

  • Sehr schöne Verallgemeinerung. Ich fühle mich nicht angesprochen.

    • @Dirk Osygus:

      dito.

  • Homo- und Queerfeindlichkeit kommt überall und in allen Gesellschaftsschichten vor - in einigen ist das allerdings ausgeprägter und die Bereitschaft höher, auch Gewalt anzuwenden.

    Bei einer Vielzahl an Fällen sind es junge Männer mit muslimischen/arabischen Hintergrund, die für solche Angriffe verantwortlich sind. Das war bei Malte der Fall und auch bei Ella in Berlin waren es laut TAZ-Artikel meist "arabische Jugendliche gewesen, die sie beleidigten oder vor ihre Füße spuckten". Gleiches ist bei dem Vorfall in Bremen zu erwarten.

    Dafür braucht es spezifische Antworten und Programme, die über bisherige Aktionspläne hinausgehen. Und die Bereitschaft von links, das Problem überhaupt mal anzusprechen.

    • @gyakusou:

      Dasselbe galt für den Totschlag in Dresden an einem schwulen Mann. Erst nach Protesten einiger Schwuler, wurde das benannt.

      • @resto:

        Richtig - und da sehe ich auch den Untrerschied zu hier: dort war glasklar allein Schwulenfeindlichkeit das Motiv - während hier nicht ganz klar ist, ob es nicht eher der Mut war einzugreifen, der den Angriff begründete und weniger der Hass auf Trans-Männer (die beiden Lesben wurden ja "nur" verbal attackiert")

    • @gyakusou:

      Diese Bereitschaft ist praktisch nicht vorhanden. Und ich sehe auch keine Anzeichen, dass sich das in absehbarer Zeit ändern wird. Ich selbst bin vor einiger Zeit aus der Linkspartei unter anderem aus diesem Grund ausgetreten (ein anderer Grund war die ewige Selbstzerstörung und Eigentorpedierung der Partei). Bei vielen Linken ist die Angst, in irgendeiner Weise als "rechts" dazustehen, so deutlich ausgeprägt, dass dies verhindert, Offensichtliches überhaupt wahrzunehmen.

    • @gyakusou:

      Richtig!

    • @gyakusou:

      Genau! Wo werden Reaktionen seitens der Moschee-Gemeinden eingefordert? Und wo bleibt die Reaktion der Kirchen? Oft genug fühlen sich die Täter (ich habe bislang noch nie von einer Täterin gehört; daher hier ungendert) durch falsch verstandene religiöse Gesetze gerechtfertigt. Dabei steht bei allen abrahamitischen Religionen das Tötungsverbot über "Reinheits-"Geboten.

    • @gyakusou:

      Mit der Argumentation wird gerne von der Transfeindlichkeit von rechts abgelenkt, die gerade international als das Wahlkampfsthema entdeckt wird. In vielen westlichen Ländern wird institutionelle Transfeindlichkeit gerade stark ausgebaut. Und das ermuntert natürlich auch andere Täter.

      • @schnarchnase:

        Nur gingen die Angriffe in Münster und Bremen nicht von rechts aus. Der Angriff in Dresden vor zwei Jahren genauso wenig.

        Und dass sich die Täter zuvor ausgiebig an der Rhetorik von AfD & Co. gelabt hätten, erscheint bei einem mutmaßlich islamistischen Hintergrund auch nicht plausibel.

        Rechte Transfeindlichkeit ist zwar ohne Zweifel auch ein Problem, aber hier eine Nebelkerze. Stattdessen das alte Leid: dieses ewige Herumgedruckse, einen möglichen islamistischen Hintergrund zu benennen, um sich bloß nicht dem Vorwurf des Rassismus auszusetzen. Und dann wird sich an "rechts" abgearbeitet - grundsätzlich zu begrüßen, aber hier absehbar ergebnislos, weil am Problem vorbei.

        Und für queere Menschen einfach nur noch bitter, wenn dieser indirekte Solidaritätsentzug dann noch als Zeichen von Haltung umgedeutet wird.

        Ich zitiere immer wieder gerne Sascha Lobo, vor knapp zwei Jahren im Spiegel: "Die deutsche Linke - und auch die Liberalen und Bürgerlichen - haben zweifellos versäumt, eine nichtrassistische Islamismuskritik zu entwickeln."

        www.spiegel.de/net...-8279-e5c606f2a82f

        • @phalanx:

          Was soll daran islamistisch sein? Sifftwitter und gamergate/imageboard communities sind längst migrantisch geprägt und haben eine Scharnierfunktion zwischen den organisierten transfeindlichen Bubbles. Transfeindlichkeit ist endemisch und wird von allen politischen oder religiösen Strömungen auch organisiert gefördert. Der whataboutiatische Hinweis auf den migrationshintergrund oder den Islam ist eine Nebelkerze.

        • @phalanx:

          Sehe ich genauso. Gott sei Dank sehe ich nicht schwul aus, anderenfalls würde ich die gängigen Stadtteile in Berlin meiden. Ich bin schwul und weiß, wovon ich rede. Man möge mir bitte nicht mit irgendwelchem "Aber, etc. kommen. Syrische und irakische schwule Freunde sehen dies ganz ähnlich.

          • @Leningrad:

            Kann ich sehr gut verstehen. Ich spreche da aus ähnlicher Erfahrung 😉



            Und noch einen wichtigen Punkt sprechen Sie da an: wer queer ist UND einen entsprechenden Hintergrund hat, bekommt mit Abstand die größten Probleme dabei.

  • Die gesellschaftliche Akzeptanz mag noch ausbaufähig sein, ist aber weitgehend vorhanden. Aber ob die gesellschaftliche Akzeptanz überhaupt irgendeine Wirkung auf die Hassverbrecher und Netzhetzer hat, ist sehr fraglich.