Mord an Frauen: Femizide sind kein „Drama“
In Göttingen und Kitzbühel wurden in der vergangenen Woche mehrere Frauen von Männern getötet. Nennt das bitte nicht „Beziehungsdrama“.
Ende September tötete in Göttingen mutmaßlich ein 52-Jähriger eine 44-jährige Frau auf grausame Art: Er überschüttete sie mit Brandbeschleuniger, zündete sie an und traktierte sie mit Messerstichen. Eine Arbeitskollegin, die der Frau zu Hilfe kommen wollte, tötete er ebenfalls. Als Motiv vermutet die Polizei, dass der Mann mehrere Mal von der Frau abgewiesen wurde. Eine Woche später gibt ein 25-Jähriger bei der Polizei in Kitzbühel an, er habe seine 19-jährige Ex-Freundin, deren Eltern, ihren Bruder und den neuen Freund getötet. Als Grund gibt er Eifersucht an; die 19-Jährige habe sich zwei Monate vorher von ihm getrennt.
Kurz darauf war von „Beziehungstat“ (Spiegel Online, T-Online), „Familiendrama“ (Berliner Morgenpost), „Eifersuchtsdrama“ (Bayrischer Rundfunk) oder „Mord aus Eifersucht“ (Saarbrücker Zeitung) in der Berichterstattung zu den Morden zu lesen. Nur wenige schreiben, worum es sich wirklich handelt: Femizide. Also Morde an Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts.
Die Morde richtig zu benennen, ist wichtig, um sie bekämpfen zu können. Denn die Zurückweisung einer Frau ist nie Motiv eines Mordes, es ist der Frauenhass des Täters. Männliche Besitzansprüche sind es, die zu der Gewalt gegenüber Frauen führen. Begriffe wie „Beziehungstat“ oder „Familiendrama“ verharmlosen die grausamen Tötungsdelikte. Es handelt sich ja nicht um einen Familienstreit um den nächsten Urlaubsort, sondern um einen Mord aus Frauenhass.
Die Fälle aus Göttingen und Kitzbühel der vergangenen Woche sind keine Einzelfälle. Laut der Kriminalstatistik des BKA versucht allein in Deutschland jeden Tag ein Mann seine Partnerin oder (Ex-)Partnerin zu töten, jeden dritten Tag gelingt es einem. Im letzten Jahr wurden in Deutschland 123 Frauen von ihrem (Ex-)Partner getötet, dazu kommen die Morde an Frauen, die von anderen Männern ausgeübt wurden sowie versuchte Morde.
Doch nicht nur Medien scheuen sich vor dem Wort Femizid, auch die Bundesregierung weigert sich Femizide unter diesem Begriff zu fassen und zu erforschen. Das geht aus einer kleinen Anfrage der Linkspartei aus dem Frühjahr dieses Jahres hervor. In anderen Ländern, wie seit 2012 beispielsweise in Mexiko, ist Femizid ein eigener Strafbestand.
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