Klimarettung und Proteste: Extinction Rebellion fehlt der Mut

Die Aktivist*innen gehen zu linken Bewegungen auf Distanz. Sie gefährden damit andere Protestierende und ihre eigenen Ziele.

Aktivist*innen von Extinction Rebelion liegen auf dem Boden

Ob sie damit richtig liegen? Extinction Rebellion protestiert in London Foto: reuters

Nicht für alle am Klimastreik beteiligten Gruppen war der 20. September ein Erfolg. Extinction Rebellion (XR) erntete einen Shitstorm. Zu Recht. In Hamburg hatte das Bündnis „Sitzenbleiben“ zu einer Straßenblockade nach der Großdemonstration von Fridays for Future eingeladen. Mitglieder der Seebrücke, der Interventionistischen Linken und von Ende Gelände unterzeichneten den Aufruf. XR war nicht dabei.

Eine halbe Stunde vor der angekündigten Blockade setzten sich dann doch Aktivist*innen von XR auf die Straße. Per Twitter riefen sie zur Beteiligung auf – unter dem Hashtag #sitzenbleiben. So weit, so okay, niemand hat ein Hashtag gepachtet. Aber schon wenige Minuten später verließen die „Rebell*innen“ die Blockade wieder, „da die Stimmung dort nicht mehr unseren Prinzipien entspricht“ – jemand hatte „Fuck Cops“ gerufen.

Andere Protestierende saßen plötzlich allein da – keine gute Idee auf der Verkehrsader einer Großstadt, während sich die Polizei zur Räumung bereitmacht. Zu allem Überfluss twitterte XR belehrend: „Liebe Leute von Sitzenbleiben, nur friedlich werden wir unser Ziel erreichen!“

Gewaltfreiheit ist eines der Prinzipien von XR. Nur: Wie gewalttätig ist es, wenn jemand „Fuck Cops“ ruft? XR erklärte dazu auf Twitter: „Wir pflegen gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg.“ Ein paar Stunden später räumte die Polizei die Blockade mit Schmerzgriffen. Für die Hamburger Polizei nichts Besonderes – man ist von ihnen Brutaleres gewöhnt als das Verdrehen von Köpfen und Fingern.

Ohne Konfrontation geht es nicht

In Berlin kann es wohl auch nicht so schlimm gewesen sein – XR bedankte sich bei der Berliner Polizei für die „respektvolle Räumung“. Die anschließende Klarstellung über die sozialen Netzwerke, dass die „Rebell*innen“ sich nicht als links verstehen, hätte es dann auch nicht mehr gebraucht. Wer eher mit der Polizei solidarisch ist als mit den Mitstreiter*innen in der Sitzblockade, sollte sich dann aber auch nicht an linken Aktionen beteiligen und andere gefährden. Nur: Was bleibt dann von der Rebellion? Rosenberg-Lesekreise?

Wie will man denn was verändern, wenn man die Konfrontation mit denen meidet, die den Status quo verteidigen? Mit der Abgrenzung nach links ist nichts zu gewinnen, außer man will die SPD unter den sozialen Bewegungen sein. Heutzutage ist man ja schon linksradikal, wenn man Menschen vor dem Ertrinken rettet. Was es braucht, ist eine mutige linke Massenbewegung. Eine Rebellion aus der „Mitte“ verspricht düstere Zeiten.

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Jahrgang 1986, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Buenos Aires studiert und wohnt auf St. Pauli. Schreibt meistens über Innenpolitik, soziale Bewegungen und Klimaproteste, Geflüchtete und Asylpolitik, Gender und Gentrification.

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