Klimageld für soziale Gerechtigkeit: Soziale Ignoranz
Das Klimageld soll die Kosten der Transformation gerechter verteilen. Dass nun auch Robert Habeck auf die Bremse tritt, ist fatal.
D ie Ampelregierung schiebt das versprochene Klimageld auf die lange Bank – und das ist ein großer Fehler. Denn sie untergräbt damit das Vertrauen, dass der Umbau des Landes, der für das Erreichen der Klimaziele nötig ist, sozial gerecht erfolgt. So mobilisiert die Ampel die Abwehr gegen diese nötige Transformation.
Völlig zu Recht haben die Aktivist:innen von Fridays for Future die Forderung nach der schnellen Einführung eines Klimageldes ganz nach vorne geschoben. Im Gegensatz zur Bundesregierung ist ihnen klar, dass es ohne eine unmittelbar wirksame soziale Abfederung keine Akzeptanz für klimapolitische Vorhaben geben wird.
Vor der Bundestagswahl hatten Grüne, aber auch SPD und FDP einen finanziellen Ausgleich für höhere Kosten für Sprit und fossile Wärmeenergie versprochen. Im Koalitionsvertrag kündigten sie einen „sozialen Kompensationsmechanismus“ an, den sie Klimageld nennen. Die Idee: Bürger:innen bekommen einen festen Betrag als Ausgleich für die höheren Preise. Und dass die steigen, ist politisch gewollt. Denn für Sprit und fossile Heizenergie ist ein spezieller Co2-Preis zu zahlen.
Die Bundesregierung wird diesen Preis zum 1. Januar von 30 auf 40 Euro erhöhen, in einem zweiten Schritt auf 50 Euro ab 2025. Knapp 11 Milliarden Euro erwartet der Bund im Jahr 2024 an Einnahmen. Branchenexperten rechnen pro Liter Sprit mit einer Erhöhung von vier Cent durch einen CO2-Preis von 40 Euro. Etliche weitere Preise werden steigen, denn Waren müssen transportiert werden.
Ampel will das Klimageld schlicht nicht
Doch das versprochene Klimageld kommt nicht: Das Bundesfinanzministerium arbeite an einem Mechanismus, der das in einigen Jahren ermöglichen würde, heißt es. Angeblich ist das Problem, an die IBAN-Nummern der Bürger:innen zu kommen. Aber das es wirklich daran hakt, ist wenig glaubhaft. Denn die Regierung hat keinerlei Gegenfinanzierungspläne für das Klimageld.
Die Einnahmen aus dem CO2-Preis fließen in den Klima- und Transformationsfonds. Aus dem sollen unter anderem Projekte für den klimagerechten Umbau der Wirtschaft und die Förderung des Heizungstauschs in Wohngebäuden finanziert werden – und eigentlich das Klimageld.
Vor Kurzem hat die Regierung den Finanzierungsplan für den Klimafonds vorgelegt. Er sieht Ausgaben von mehr als 200 Milliarden Euro bis 2027 vor – aber keinen einzigen Cent für das Klimageld. Es wird in absehbarer Zeit also keinen Ausgleich geben; die Ampel will ihn schlicht nicht. Das gilt auch, wenn schlaue IT-Tüftler:innen dem Finanzminister übermorgen eine technische Lösung für die Auszahlung präsentieren sollten.
Die Nachbarn machen es besser
Für Haushalte mit niedrigerem Einkommen ist das bitter. Sie müssen bei steigenden CO2-Preisen einen höheren Anteil von ihrem Geld für die Nutzung fossiler Energien aufbringen als Wohlhabende. Wer durch seinen Verbrauch weniger C02-Emissionen bewirkt, etwa weil er oder sie weniger heizt oder Auto fährt, würde von einem erhaltenen Klimageld mehr Geld übrig behalten als diejenigen, die viel fahren und heizen.
Die Nachbarn sind weiter. In Österreich, wo die Grünen mit der konservativen ÖVP regieren, bekommen Bürger:innen seit 2022 einen sogenannten Klimabonus als Abfederung für den dort ebenfalls erhobenen CO2-Preis. Er wird auf ein Konto überwiesen, wenn dafür bei den Finanzbehörden eine Nummer hinterlegt ist. Ist das nicht der Fall, kommt der Bonus per Post. Er beträgt bei Erwachsenen zwischen 110 Euro und 220 Euro – je nach Region.
Wer auf dem Land wohnt, bekommt mehr als die Personen, die in einer Großstadt mit gut ausgebautem öffentlichen Nahverkehr leben. In der Schweiz werden die meisten Einnahmen aus dem CO2-Preis über die Krankenversicherung an die Bürger:innen zurückgegeben.
Habeck verspielt Vertrauen
In Deutschland dagegen diskutiert die Bundesregierung noch gar nicht über Modelle oder Beträge. Grünen-Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat vor Kurzem erklärt, dass die Einkünfte aus dem CO2-Preis viel zu niedrig seien, um jetzt schon eine Rückgabe an die Bürger:innen in Erwägung zu ziehen. Die soll es nach seinen Vorstellungen erst dann geben, wenn der Preis sehr viel höher ist.
Mit solchen Aussagen verspielt Habeck weiteres Vertrauen in die soziale Glaubwürdigkeit der Regierung – und die hat durch die Diskussion um das Heizungsgesetz ohnehin schon enorm gelitten. Bei der Förderung des Heizungstausches bekommen Reiche genauso viel wie Durchschnittsverdienende, finanziert mit dem Geld aus dem CO2-Preis, den alle zahlen.
Das ist Umverteilung von unten nach oben. Das Klimageld würde die Kosten der Transformation gerechter verteilen. Die Einführung nicht sofort anzugehen, sondern ins Irgendwann zu schieben, ist ein fatales Signal. Wie in der Diskussion über das Heizungsgesetz zeigt die Bundesregierung eine kaum zu fassende soziale Ignoranz: Sie versucht gar nicht erst, Bürger:innen für den anstehenden Umbau zu gewinnen.
Ohne Korrektur keine Akzeptanz
Die Ampel braucht einen sozialpolitischen Befreiungsschlag. Sie muss zeigen, dass ihr die finanziellen Sorgen der Bürger:innen und deren Zukunftsängste nicht egal sind. Ohne eine Kurskorrektur wird es keine Akzeptanz für den klimagerechten Umbau geben, der ja gerade erst anfängt. Und nicht nur das: In vielen Umfragen ist die AfD bei der Sonntagsfrage für die Bundestagswahl die stärkste Partei, wenn CDU und CSU nicht zusammengerechnet werden. Das sollte die Ampel alarmieren.
Das Klimageld ist sicher nicht die Lösung für alles – um die Transformation sozial abzufedern, ist mehr nötig. Aber es könnte ein Aufschlag für eine Stimmungswende sein – allerdings nur, wenn es schnell kommt und nicht erst nach der nächsten Bundestagswahl. Macht die Regierung einfach weiter wie bisher, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass danach Parteien an der Macht sind, die die klimapolitischen Fortschritte der Ampel einfach wegfegen.
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