Gerangel um das Rentenpaket: Reißt euch zusammen!
Am Freitag stimmt die Koalition über die Rente ab. Die Junge Union sollte sich zusammenreißen – für Stabilität und Zukunft.
D er Bundestag soll am Freitag über das sogenannte Rentenpaket abstimmen – und alle zittern. Kommt die nötige Mehrheit zusammen oder stolpert die schwarz-rote Koalition über eine Haltelinie? Steht Deutschland dann ohne handlungsfähige Regierung da, in einer Zeit in der über das Schicksal der Ukraine und die künftige geopolitische Ordnung entschieden wird? Nicht euer Ernst! Die Union muss sich zusammenreißen. Es geht gerade um mehr als um Befindlichkeiten.
Ohne Zweifel ist die Rente ein wichtiges Thema. Und auch die Frage, wie sie künftig finanziert wird. Fragwürdig ist, wie gerade darüber diskutiert wird. 18 Abgeordnete aus der Unionsfraktion gerieren sich, als ob sie für alle Generationen U-35 sprechen würden. Und sie werfen Milliardensummen in den Raum, die niemand seriös prüfen kann.
Ob die Rente mit einer sogenannten Haltelinie für ein stabiles Rentenniveau für die 2030er Jahre rund 120 Milliarden Euro zusätzlich kosten würde, hängt von vielen Faktoren ab, etwa von der Lage auf dem Arbeitsmarkt. Dazu gibt es Annahmen, aber keine Gewissheiten.
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Gleichwohl ist es eine merkwürdige Erzählung, dass von einer Stabilisierung des Rentenniveaus allein die Älteren profitieren würden, während junge Menschen bezahlen müssen. Die durchschnittliche Rente nach 45 Beitragsjahren betrug im vergangenen Jahr 1.500 Euro. Das Rentenniveau, also das Verhältnis von einer Standardrente nach dieser Zahl an Beitragsjahren zum Durchschnittseinkommen einer Arbeitnehmer:in, liegt gegenwärtig und dank der Haltelinie bei 48 Prozent.
Fällt diese Haltelinie weg, wie es die Junge Union will, könnte das Niveau zunächst sogar leicht steigen. Das liegt am Nachhaltigkeitsfaktor, der dann greift und Rentenerhöhungen je nach Beschäftigungslage bremst oder eben pusht.
Ein Vorschlag für die Rentner:innen von heute
Im nächsten Jahrzehnt dürfte das Rentenniveau ohne untere Fixierung allerdings deutlich fallen, weil Stand heute immer weniger Arbeitnehmer:innen immer mehr Rentner:innen finanzieren müssen. Die Rentner:innen von heute würden also von den Plänen der Jungen Union profitieren, während diejenigen, die heute einzahlen, immer kleinere Renten hätten.
Nur zur Erinnerung: In Zeiten von Helmut Kohl und Theodor Waigel lag das Rentenniveau Ende der 1980er Jahre bei deutlich über 50 Prozent. Klar sollte sich diese Regierung Gedanken machen, wie man den demografischen Schwund auffängt. Aber ohne die eine gegen die andere Generation auszuspielen, oder die Zukunft des Landes aufs Spiel zu setzen.
Für die Rente sind andere Faktoren entscheidender: Bleibt Deutschland ein Industrieland, zahlen genügend Menschen in die Sozialversicherungssysteme ein, wandern ausreichend Menschen ein. Um dafür zu sorgen, braucht es stabile, demokratische Mehrheiten und Regierungen, liebe Rentenrebellen.
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