Eine kleine Karnevalskritik: Die Verzwergung der CDU
Marie-Agnes Strack-Zimmermann hielt eine Büttenrede bei der Verleihung des „Ordens wider den tierischen Ernst“. Lustig war das nicht für alle.
Der Spiegel, den man sich selbst oder anderen vorhalten soll, ist einer der meistzitierten Gegenstände in politischen Reden. Selten aber hat eine Bundestagsabgeordnete den Spiegel derart blank poliert auf ihre Mitspieler gerichtet wie Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) in ihrer diesjährigen Aachener Büttenrede.
Halb Vampir, halb böse Königin, trat sie in einem dunklen Umhang auf, mit dunklem Lidschatten, dunklem Lippenstift, langen Glitzernägeln und die grauen Haare komplett steil nach oben gesprayt.
„Von Kopf bis Fuß ganz formidabel, ohne Zweifel ministrabel, in jeder Talkshow ein Gewinn, weil ich die Allergeilste bin“, machte sie sich über sich selbst gekonnt lustig. Ein Move wie aus dem Oratoren-Handbuch Ciceros.
Strack-Zimmermann, die im zivilen Leben eher an die androgyn eigenwillige Schauspielerin Tilda Swinton erinnert, hielt ihre Rede in Reimform. Ihr Thema waren die Männer unter ihren Kollegen, oder wie sie sich ausdrückte: die „Zwergenschar, die toxisch Männlichkeit gebar“. Am heftigsten attackierte sie Friedrich Merz (CDU, „Flugzwerg aus dem Mittelstand“):
„Den wollte zweimal keiner haben, weil nur schwerlich zu ertragen.
Noch so ein alter weißer Mann, der glaubt, dass er es besser kann.
Nach außen bürgerlicher Schein, im Herzen aber voll gemein.
Wer vor Krieg geflohen ist, verhöhnt er als Sozialtourist.
Heißt ein Junge Ali und nicht Sascha, beschimpft er ihn als Grundschulpascha.
Und alle Klimaaktivisten sind für ihn nur noch Terroristen.
Doch treibt’s ein Nazi-Prinz zu wild, dann wird der Flugzwerg plötzlich mild.
Grad die, die christlich sich wähnen, sollten sich für ihn was schämen.“
Für die bemerkenswerte Offenheit wollen die einen sie for president (Deutschland) wählen, die anderen sie zum Teufel (Ausland) wünschen. Einige sehen in ihr vermutlich den Widergänger des provozierenden Ex-Botschafters Andrej Melnik (Ukraine). Andere fanden ihre Rede „weder witzig noch geistreich“, sondern „diffamierend“ (Julia Klöckner, CDU) und interpretieren die Rede als Signal dafür, dass die Ampelkoalition am Ende sei.
Weniger zwergenhaft und wesentlich origineller wäre es gewesen, Strack-Zimmermann nahezulegen, sich das nächste Mal als Aachener Printe zu verkleiden: platt, hart und gerne mal deftig gewürzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Amnesty-Bericht zum Gazakrieg
Die deutsche Mitschuld
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Wirbel um Schwangerschaftsabbruch
Abtreiben ist Menschenrecht
Nach Recherchen zum Klaasohm-Fest
Ab jetzt Party ohne Prügel
Hilfslieferungen für den Gazastreifen
Kriminelle Geschäfte mit dem Hunger
Kritik an Wohnungspolitik der Regierung
Mietenpolitik der Ampel? Deckel drauf!