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Wagenknecht, umringt von Fans am Montag dieser Woche in Eisenach Foto: Sascha Fromm/imago

Landtagswahlen in Sachsen und ThüringenAlles auf Sahra

Noch ist das Bündnis Sahra Wagenknecht die große Unbekannte in der politischen Landschaft. Trotzdem wollen viele Menschen sie wählen. Warum?

David Muschenich
Von David Muschenich aus Chemnitz/gotha

D er Stand ist noch nicht fertig aufgebaut, da warten schon die ersten darauf, mit den Wahl­kämp­fe­r:in­nen des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) ins Gespräch zu kommen. Es ist Donnerstag, 11 Uhr, Anfang August. In einem Monat wählen die Menschen in Sachsen einen neuen Landtag und auf dem Markt in Chemnitz ist schon einiges los. Ein Mann mit Mütze und Brille beobachtet interessiert, wie unter dem weißen Pavillon orangefarbene Flyer auf dem Tisch landen. Noch haben die Wahl­kampf­hel­fe­r:in­nen keine Zeit für ihn, aber er wartet – obwohl er das BSW gar nicht wählen will.

Sahra Wagenknecht, sagt der Mann, sei schon kompetent, aber immer noch in der falschen Partei. Welche wäre denn passender? „Nu ja“, antwortet er ausweichend. Vielleicht eine blaue Partei? „Genau“, sagt der Mann und schaut wieder zum Stand. Seinen Namen will er nicht sagen. Von der anderen Straßenseite zieht der Geruch von Bratwürsten herüber, aus dem Rathaus ertönt ein Glockenspiel.

Das BSW fasziniert auch Leute, die es nicht mögen. Frisch gegründet und auferstanden aus den Ruinen der Linken ziehen das Bündnis Sahra Wagenknecht und seine guten Umfragewerte vor den Landtagswahlen viel Aufmerksamkeit auf sich. Laut den Umfragen steht das BSW in Sachsen bei 13 Prozent, in Brandenburg bei 17, in Thüringen sogar bei 19. Bisher blieb unscharf, was die Partei genau will und wer bei den Landesverbänden wirklich entscheidet. Die meisten Kan­di­da­t:in­nen auf den Listen sind politische Neulinge und unbekannt. Die CDU spricht von einer „Black Box“.

Trotzdem: Anders als bei der AfD und der Linken hat die CDU eine Koalition mit dem BSW nicht offiziell ausgeschlossen. Das Bündnis wäre also ein möglicher Regierungspartner für die CDU. Michael Kretschmer und Mario Voigt, die CDU-Landesvorsitzenden in Sachsen und Thüringen, schließen das nicht aus.

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Auch der Thüringer SPD-Spitzenkandidat Georg Maier sieht sich bereit für eine mögliche Koalition. „Ich sehe eine realistische Chance für ein Bündnis aus CDU, SPD und BSW“, sagt Maier am Dienstag dieser Woche der Welt. Die Grünen sind da wesentlich skeptischer: Katja Meier, Spitzenkandidatin der Grünen in Sachsen, nennt das BSW „Kreml-Truppe“. Madeleine Henfling, Spitzenkandidatin der Grünen in Thüringen, findet, „das BSW ist keine Partei, sondern geht schon nah an eine Sekte ran“.

Doch wer sind eigentlich die Menschen, die BSW wählen?

Neben dem Stand am Chemnitzer Markt zieht ein Mann an einer E-Zigarette und hört aufmerksam zu, wie eine Wahlkämpferin für das BSW wirbt. Der 45-Jährige kommt aus Chemnitz, seinen Namen möchte er nicht nennen. Dass auf den meisten Plakaten Sahra Wagenknecht zu sehen ist, findet er verschmerzbar. „Das ist doch gutes Marketing“, sagt er und grinst.

Auch ihn habe vor allem die Bundesvorsitzende überzeugt. Wenn er zu Hause Talkshows schaue, empfinde er Sahra Wagenknecht als „Stimme der Vernunft“, zum Beispiel wenn es um den Krieg in der Ukraine gehe. „Nicht, weil ich die Meinung vertrete, dass man Putin in irgendeiner Form recht geben muss. Aber die momentane Politik der Regierung ist falsch.“ Es brauche diplomatische Lösungen – die würden derzeit ausgeschlossen, sagt er.

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Doch ganz überzeugt vom BSW ist er noch nicht. In der Steuerpolitik vertrete das BSW zu linke Positionen. Vermögen und Firmen stärker besteuern, „da glaube ich nicht, dass das funktioniert. Die Firmen wandern doch ab.“ Er zieht noch mal an der E-Zigarette und geht weiter.

Von der CDU zum BSW

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Am weißen BSW-Pavillion hängen neben den Plakaten von Sahra Wagenknecht auch welche der sächsischen Spitzenkandidatin Sabine Zimmermann. Vor einem davon bleibt eine Frau stehen und schaut es grübelnd an. Sie sei während des Zweiten Weltkriegs in Chemnitz geboren und lebe bis heute in der drittgrößten Stadt Sachsens. Wie sie heiße? Das möchte sie nicht sagen. Aber was sie bislang gewählt habe: CDU.

Bei der nächsten Wahl jedoch – da sei sie noch unsicher. Damit ist sie nicht allein. Auch wenn die Landtagswahl in Sachsen kurz bevorsteht und das BSW gut dasteht: laut dem Politbarometer des ZDF von Anfang August wissen in Sachsen 33 Prozent noch nicht, ob und wen sie wählen werden. In Thüringen sind es sogar 40 Prozent.

Ihr Mann wähle aber bereits das BSW, sagt die Chemnitzerin. „Die haben sich ja allerhand vorgenommen und verbreiten große Hoffnung“, sagt sie und schaut wieder Sabine Zimmermann auf dem Plakat an. Hoffnung worauf? „Die Sachsen hoffen auf Gleichheit mit dem Westen. Da sind die Löhne und so viele Sachen, wo wir immer noch ein bisschen hintendran stehen“, erklärt sie.

Solche Argumente hören Torsten Schmidt und Juliana Klepzig häufig. Sie betreuen an diesem Donnerstag den Wahlkampfstand in der Chemnitzer Innenstadt. Beide tragen heute Weiß, die Farbe des Friedens. Reiner Zufall, sagt Schmidt. Hinter dem Pavillon pustet er orange Luftballons mit Gas auf. Schmidt ist Ende fünfzig und war eins der ersten Mitglieder des BSW in Sachsen. Er ist von der Linken dorthin gewechselt. Im Juni wurde er für das BSW in den Chemnitzer Stadtrat gewählt, für die Landtagswahl tritt er nicht an.

Juliana Klepzig, seine Standkollegin, ist 18 Jahre alt und kommt aus der Nähe von Leipzig. Sie ist kein BSW-Mitglied und engagiert sich trotzdem für das Bündnis, weil sie Sahra Wagenknecht faszinierend findet, sagt sie. Wagenknechts Buch „Die Selbstgerechten“ habe sie begeistert, mutig sei es gewesen. Wagenknecht spreche ihr „aus dem Herzen“, sagt Klepzig – in der Sozialpolitik, beim Thema Frieden, bei ihrer Kritik an der identitätspolitischen Linken, die sich von der breiten Bevölkerung entfremde. Darum hilft Klepzig in ihrer Freizeit dem BSW beim Wahlkampf, hängt Plakate auf, wirft Flyer in Briefkästen und kümmert sich mit um den Social-Media-Auftritt.

BSW-Spitzenkandidatin in Sachsen Sabine Zimmermann Foto: David Muschenich

Auf den Flyern, die Klepzig am Wahlkampfstand verteilt, ist die Bundesvorsitzende Sahra Wagenknecht abgedruckt. Sie tritt bei der Landtagswahl in Sachsen gar nicht selbst an, trotzdem warnt sie gleich auf der ersten Seite des Flyers vor der „undurchdachten Politik“, die das Land ruiniere.

Eine starke BSW-Fraktion in Sachsen wäre auch ein „klares Signal nach Berlin“. Mit der Wut auf die Ampelkoalition trifft sie das Gefühl vieler Menschen in Sachsen. SPD, Grüne und FDP kommen laut Umfragen dort zusammen gerade einmal auf 12 Prozent. Gut möglich, dass keine der drei Parteien nach der Wahl noch im sächsischen Landtag vertreten sein wird.

Das BSW stehe für ein „friedliches Sachsen“, heißt es in der Broschüre, für Friedensverhandlungen im Krieg in der Ukraine. Dabei seien die „Sicherheitsinteressen aller Seiten“ zu respektieren – auch die Russlands. In Sachsen wolle das BSW zudem einen Mindestlohn von 14 Euro durchsetzen und Renten bis 2.000 Euro von der Steuer befreien. Die „unkontrollierte Migration“ solle mit dem BSW gestoppt werden – allerdings „ohne Diskriminierung und Rassismus“, heißt es im Flyer. Auch gegen die „Ausländerkriminalität“ hat das BSW ein Mittel: „Wer sich nicht an Recht und Gesetz hält, muss das Land verlassen.“

Im Osten stärker als im Westen

Dass das BSW vor allem im Osten Unterstützung erfährt, hat die Europawahl gezeigt. Auf dem Gebiet, das früher DDR war, schnitt die Wagenknecht-Partei mehr als dreifach so stark ab wie im Westen: 13,8 Prozent statt 4,3 Prozent. Es ist ein Effekt, der in den vergangenen Jahren auch bei der AfD zu beobachten ist. Und laut mehreren Studien vertreten die Sym­pa­thi­san­t:in­nen beider Parteien in vielen Punkten ähnliche Positionen.

Das weiß auch Neele Eilers. Sie forscht mit ihrem Team von dem gemeinnützigen Thinktank d|part zur Unzufriedenheit und den Zukunftssorgen in Deutschland. Dafür befragten sie zwischen April und Mai in einer repräsentativen Studie 2.340 Personen in der Bundesrepublik. Die BSW-Sympathisant:innen sind demnach vor allem Menschen mit einem durchschnittlichen Bildungsabschluss und Haushaltseinkommen. „Obwohl sie eigentlich im Mittelfeld der Einkommen liegen, fühlen sie sich aber öfter der Unterschicht zugehörig und schätzen ihre finanzielle Lage als instabil ein. Sie fühlen sich finanziell unter Druck“, sagt Eilers.

Laut der Studie hadern die BSW-Sym­pa­thi­san­t:in­nen zudem mit der aktuellen Politik in Deutschland – fast genauso wie die Un­ter­stüt­ze­r:in­nen der AfD. Aus beiden Lagern geben 85 Prozent an, sie seien unzufrieden damit, wie die Bundesregierung den Krieg in der Ukraine handhabe. Bei den anderen Parteien sind es weniger: 50 bis 70 Prozent.

Ähnlich sieht es bei der Frage nach der sogenannten Migrationskrise von 2015 und 2016 aus: Bei der AfD sind 85 Prozent unzufrieden, beim BSW 81 Prozent. Oder bei der Krise der Lebenshaltungskosten: Die bewerten 88 Prozent der AfD-Anhänger:innen als gravierend, 91 Prozent der BSW-Anhänger:innen.

Besonders überrascht habe die Sozialforscherin Neele Eilers aber, „wie hoch die Zustimmung zu rechtsextremen Aussagen bei BSW-Sympathisierenden war“. In der Studie hatte d|part zum Beispiel gefragt, wie man zu der Aussage stehe: „Die meisten Flüchtlinge kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen.“ Rund 80 Prozent der BSW- An­hän­ge­r:in­nen stimmten zu, lediglich bei der AfD waren es mehr. Ähnlich bei dem Satz: „Wir sollten endlich wieder Mut zu einem starken Nationalgefühl haben.“ Dem stimmten 67 Prozent der BSW-Sympathisant:innen zu, 87 Prozent der AfD.

Sind die Wäh­le­r:in­nen des BSW also rechte Protestwähler:innen? Ähnlich wie bei der AfD?

Nein, so einfach sei das nicht, widerspricht Eilers. Sie würde nicht von einer Protestwahl sprechen. „Auch bei der AfD nicht. Inhaltliche und ideologische Aspekte spielen eine große Rolle für die Sympathie. Beim BSW etwa soziale und wirtschaftliche Forderungen.“ Und bei denen seien die Unterschiede zwischen der AfD und dem BSW am deutlichsten: In wirtschaftlichen Belangen weise das BSW-Lager eher sozialstaatliche und staatsinterventionistische Tendenzen auf. Sie glauben zum Beispiel seltener, dass Sozialhilfe von der Arbeit abhalte.

Etwa 150 Kilometer westlich von Chemnitz stellt eine Woche später Harald Pestel in Gotha einen anderen BSW-Stand auf. Wieder ist es Donnerstag, 11 Uhr. Noch drei Wochen bis zur Wahl. Auch Thüringen wählt am 1. September einen neuen Landtag. Pestel beschwert mit ein paar Gummibärchen die BSW-Flyer auf dem Infotisch, klatscht in die Hände und lacht. „So, dann kann es ja losgehen.“

In der Freizeit für das BSW

Noch ist der 85-Jährige allein am Stand vor dem Telekom-Laden am Neumarkt, später wird er Unterstützung bekommen. Pestel ist kein Parteimitglied und wirbt in seiner Freizeit für das BSW. Aus Überzeugung, wie er sagt. Und, das ist ihm wichtig: Was er sagt, ist nur seine eigene Meinung. Er spricht nicht im Namen des BSW.

Mit einer Handvoll Flyer stellt sich Pestel mitten in die Fußgängerzone. In Gotha ist viel weniger los als in Chemnitz. In der alten Thüringer Residenzstadt leben fünfmal weniger Einwohner:innen: rund 45.000 statt 250.000. Pestel zieht einen Flyer aus seinem Bündel und geht schnellen Schrittes auf eine Frau zu. „Hier, den habe ich heute Morgen extra für Sie eingepackt“, begrüßt Pestel sie lächelnd und hält ihr den Flyer hin.

Sie nimmt ihn, geht aber ungebremst weiter Richtung Markt. Ein älterer Mann, dem Pestel als nächstes einen Flyer anbietet, lehnt wirsch ab. Pestel zuckt mit den Schultern. „Langsam sind die Leute ein bisschen überfüttert“, glaubt er.

Pestel sagt von sich, er sei schon immer links eingestellt gewesen. „Ich habe was dagegen, wenn die Reichen immer reicher werden und die Armen ärmer.“ Das sei einer der Gründe, weshalb der Rentner sich beim BSW engagiere. Schon 2018, als Sahra Wagenknecht die Bewegung Aufstehen ins Leben rief, war er dabei.

Harald Pestel in Gotha, für die BSW im Einsatz in Gotha Foto: David Muschenich

Als nächstes bleibt ein Mann im weißen Trikot des Fußballvereins Liverpool am Stand stehen. Thomas Schäddel ist 64 Jahre alt. Er hat 46 Jahre lang gearbeitet, bekommt aber nur eine Rente von knapp über 1.000 Euro. Er war lange im Niedriglohnsektor tätig und konnte nur wenig in die Rentenkasse einzahlen, erzählt er. Mit dem BSW stimme er in der Migrationsfrage und beim Krieg in der Ukraine überein.

Wirklich wichtig sei für ihn jedoch die Sozialpolitik. „Aber dass das BSW mit der CDU koalieren könnte, das bereitet mir Bauchschmerzen“, sagt Schäddel und seufzt. „Von der CDU halte ich nicht viel.“ Die AfD wolle er aber auch nicht wählen. „Die sind zu radikal und populistisch und machen ja auch nichts für den kleinen Mann“, erklärt Schäddel.

Ob es wirklich die Sozialpolitik ist, die Wäh­le­r:in­nen zum BSW treibt, ist fraglich. Eine im Juni veröffentlichte Studie der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) ergab, dass die Wäh­le­r:in­nen des BSW sich eher durchschnittlich für einen Ausbau der Sozialpolitik aussprechen. Bei den Wäh­le­r:in­nen der Linken und der SPD ist der Wunsch nach mehr Sozialpolitik, auch wenn das mit höheren Steuern einhergeht, stärker ausgeprägt.

Die KAS-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass für rund die Hälfte der Wäh­le­r:in­nen das „gute Personal“ der Partei ein Wahlgrund ist: „Angesichts der zentralen Bedeutung, die Sahra Wagenknecht für die Partei hat, ist dieser hohe Wert nicht überraschend“, schreiben die Autor:innen.

Auch in Gotha ist die Bundesvorsitzende quasi omnipräsent: Auf den Flyern, auf dem Werbetisch, auf der kleinen Flagge daneben. 600 Plakate mit Sahra Wagenknecht hätten sie in der Stadt aufgehängt, erzählt Pestel. Dagegen nur 200 mit den Thüringer Spit­zen­kan­di­da­t:in­nen Katja Wolf, Steffen Schütz und Steffen Quasebarth. Aber Wagenknecht kennt man eben.

Wagenknecht polarisiert

Es ist etwa 12 Uhr, als ein Mann in schnellem Schritt und mit großen Gesten auf den Wahlkampfstand und Harald Pestel zuläuft. „Ist eure Anführerin da?“, fragt er provozierend. Pestel versucht es beruhigend: Nein, heute nicht. „Die hat sich ja immer nur nach oben gebuckelt und gefickt“, ruft der Mann. Pestel dreht sich weg und schüttelt den Kopf. „Was soll ich da noch sagen?“

Zurück nach Chemnitz. Auch da ist die Parteichefin Ziel von Anfeindungen. Ein Mann mit Fahrrad ruft, Sahra Wagenknecht sei eine Kommunistin. Bis 2010 gehörte sie innerhalb der Linkspartei zur Kommunistischen Plattform. Auf den Versuch hin, ihn zu besänftigen, wird er noch lauter. „Kommunistenpack! Kommunistin bleibt Kommunistin. Ihr habt auf die Leute geschossen!“ Dabei zeigt er mit dem Finger auf die Wahl­käm­pfer:in­nen. Torsten Schmidt geht auf ihn zu, die beiden reden ein paar Minuten in ruhigem Ton.

Später sagt Schmidt, er habe den Fahrradfahrer um Verständnis dafür gebeten, dass sich Menschen ändern können. Er solle dem BSW eine Chance geben. Das hat offenbar funktioniert, zumindest beruhigt sich der Mann und zieht weiter. Unter dem Pavillon spricht derweil Wahlkämpferin Juliana Klepzig mit dem Interessenten Bernhard Blüthner.

Der 54-Jährige möchte gerne in die Wagenknecht-Partei. Blüthner hat schon bei den letzten Wahlen für das BSW gestimmt und will es bei der Landtagswahl wieder tun. Früher, da hat er mal CDU gewählt, sagt er, zuletzt Angela Merkel und davor Helmut Kohl. Aber mittlerweile sieht er das anders. „Die CDU denkt nie an den kleinen Bürger: Keine Sozialwohnungen, keine gescheite Rente, Grundsicherung oder Bürgergeld.“ Darum sei er froh, dass nun Sahra Wagenknecht eine Partei gegründet habe. „Warum hat sie das nicht schon früher gemacht?“, fragt er und lacht.

Aber trotz seiner Begeisterung: Bernhard Blüthner könne nicht Mitglied werden, erklärt Juliana Klepzig. Mehr könne sie nicht sagen, sie sei selbst noch kein Mitglied und nur ehrenamtlich dabei. Blüthner sieht enttäuscht aus, will aber weiterhin das BSW wählen.

Aber warum nimmt das BSW derzeit keine neuen Mitglieder auf? Dazu erzählt wenig später am Stand die sächsische Landesvorsitzende Sabine Zimmermann eine Anekdote. Die 63-Jährige hat den Landesverband in Sachsen aufgebaut und dabei alle 71 bisherigen Mitglieder in persönlichen Gesprächen kennengelernt. Die Idee dahinter: Trittbrettfahrer rausfischen. Und im Januar, da habe sie so einen erwischt. Mit Perücke und falschem Namen habe ein AfD-Politiker versucht, sich ins BSW einzuschleusen. Das sei aber aufgeflogen, erzählt Zimmermann. Die Regionalzeitung Freies Wort berichtete über den Fall.

Das BSW in Gotha hat da noch ganz anderes erlebt. Bei der Kommunalwahl im Mai hatte das BSW sechs Plätze im Stadtrat ergattert. Doch schon bei der Konstituierenden Sitzung waren zwei der gewählten Mitglieder vom BSW zur Werteunion des früheren Verfassungsschutzchefs und CDU-Politikers Hans-Georg Maaßen gewechselt. Das soll nach den Landtagswahlen auf keinen Fall passieren. Darum prüfe die Partei sorgsam, wen sie aufnehme, und hoffe, dass alle dabeibleiben, heißt es in Thüringen.

Das hofft auch Sabine Zimmermann. Um kurz vor 14 Uhr verteilt sie am Stand in Chemnitz Flyer. Die Sonne scheint, aber es ist nicht brennend heiß. „Wenn Sie Veränderung wollen, müssen Sie BSW wählen“, sagt Zimmermann routiniert und streckt einer Frau mit Kinderwagen einen orangefarbenen Flyer entgegen.

Die nimmt ihn an und bleibt stehen. „Das kann ja so nicht weitergehen“, fährt Zimmermann fort, „und ich bin die Spitzenkandidatin.“ Die Frau nickt und liest vom Logo ab: „Aha, und Sie heißen Sahra Wagenknecht?“ Zimmermann schaut verdutzt. „Nein“, sagt sie und zeigt auf ein Plakat mit ihrem Gesicht und ihrem Namen. „Ich bin Sabine Zimmermann.“

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54 Kommentare

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  • BSW hat seit ihrer Gründung durch drei Einzelspenden über 5 Millionen Euro erhalten, Geld das bestimmt nicht hergegeben wurde weil alle Sahra lieben sondern um dadurch Macht und Einfluss zu kaufen. Politik nach diesem Model ist eine größere Gefahr für unsere Demokratie als die Spinner von der AfD.

  • Personenparteien sind in der Bundesrepublik nicht so üblich.



    Möllemann/Westerwelle, später Lindner und Söder waren dann ein unguter Herold.



    Jetzt die eigentlich kluge wie unscharf und ungesund agierende Wagenknecht, die sich u.a. zu sehr von Putin-Russland einspannen lässt und der viel wichtigeren Linken die Stimmen zieht.

    Nein, ich möchte nicht irgendwann Berlusconi, Wilders und Haiders auch hier. Ein hart erarbeitetes nachlesbares Parteiprogramm statt Talkshowgesichter, bitte.

  • Schon aus Prinzip würde ich niemals eine Partei wählen, die nach ihrem Gründer(*in) benannt ist. Das ist reiner Personenkult, sonst nichts.



    Was kommt als nächstes? Die Lindner-Front? Die Merz-Vereinigung?

    Inhaltlich gut wahrnehmbar ist vor allem Wagenknechts Putinismus. Also nein, danke.

    • @Winnetaz:

      "Schon aus Prinzip würde ich niemals eine Partei wählen, die nach ihrem Gründer(*in) benannt ist."

      Auch wenn diese Partei programmatisch 100% Ihre Ansichten vertritt?

      "Die Lindner-Front?"

      Wäre ein ehrlicher Name für die FDP 😁

    • @Winnetaz:

      Wagenknechts "Putinismus" ist nicht wahrnehmbar, sondern herbeihalluziniert. Man kann an dieser Partei und ihrer Gründern sicher einiges kritisiern - die Mischung aus Komplexitätsaversion und McCarthyismus, mit der das allzu oft passiert, sagt allerdings mehr über die sog. Mitte aus als über Wagenknecht.

  • Sahra rockt die Ampel und die nächsten Wahlen. Das ist super. Das ist wunderbar.

    • @Ernie:

      Ja, ich hoffe mich auch darauf.

  • Der Unterschied zwischen AfD und BSW: während die AfD ein geschlossen völkisch-nationalistisches (und damit klar antidemokratisches) Weltbild vertritt, ist das BSW eher eine ideologische Blackbox, in der die Wähler alles mögliche hineinprojizieren können.



    Auch wissen wir noch nicht, wie sich das BSW programmatisch entwickeln wird - wenn sie es überhaupt tut, denn die populistische Karte zu spielen, scheint heutzutage eine sichere Bank zu sein - und welches Führungspersonal sich sonst noch neben Wagenknecht etablieren kann.



    Deshalb ist die Hemmschwelle der anderen Parteien, das BSW in Koalitionen einzubinden, offenbar geringer als das mit der AfD zu tun.



    Da würde mich übrigens interessieren, wie die Einschätzung anderer taz-Foristen ist: steht das BSW noch innerhalb des bundesrepublikanischen „Verfassungsbogens“?Das wäre ja möglicherweise ein Kriterium für eine Ausloten der Zusammenarbeit demokratischer Parteien mit dem BSW.



    Mir geht’s halt um „harte“ Kriterien der Beurteilung, nicht, ob man subjektiv die Person Wagenknecht für toll oder doof befindet. Für die Kommentarspalte mag das ja in Ordnung sein, für die politische Willensbildung reicht mir das jedoch nicht aus.

    • @Abdurchdiemitte:

      Ich bin mir nicht sicher, ob die Rede von einer "ideologischen Backbox" nicht übertrieben ist - SW ist sicherlich für ihre Anhänger und für ihre Gegner bis zu einem gewissen Grad eine Projektionsfläche, aber sie ist keine politische Unbekannte. Im wesentlichen dürfte ihr Erfolg daher rühren, dass sie mit ihrem sozialdemokratischen Biedermeier tatsächlich eine Lücke füllt, die einen nicht unerheblichen Teil der Wähler anspricht. Ob man die Sehnsucht nach der alten Bundesrepublik (in der sogar die Union ökonomisch noch viel "linker" war) als Zukunftsmodell betrachten kann, sei dahingestellt - aber ich sehe nicht, dass daran irgendetwas potentiell verfassungswidrig wäre.

    • @Abdurchdiemitte:

      Also ich persönlich sehe das BSW bezüglich des Verfassungsbogens schon kritisch.



      Das Problem ist bei solchen Parteien, wie Sie es richtig aufgeführt haben, wie und wohin sie sich entwickeln. Denn ohne beide Parteien auch nur im entferntesten auf eine Stufe zu stellen, hat sich eine dem Euro gegenüber kritische Partei, in eine Partei mit Deportationsfantasien entwickelt. Leider sind populistische ein zwei Themen Parteien, auch immer wieder ein Sammelbecken für Menschen die es mit der Verfassung nicht so genau nehmen.

      • @Whatever1984:

        In diesem Vergleich hat BSW einen Aspekt, der sich gleichzeitig als gut und als schlecht herausstellen kann:



        Es ist nicht so leicht im BSW mitmachen zu können. Vieles wird von der Spitze vorgegeben. Mitmachen darf nur, wer das gut findet.



        Das kann gut sein, weil die Partei damit stabiler bleibt und nicht so leicht in unerwünschte Richtungen abdriften kann.



        Gleichzeitig ist es jedoch auch zutiefst undemokratisch, die Basis nicht mitmachen zu lassen. Ich bin nicht sicher, ob dieser Geist, auch wenn er auf eine der vielen Parteien beschränkt ist, dem demokratischen System gut tun wird.



        Allein auf die Wähler bezogen wäre es eine gute Sache, wenn die Parteien zuverlässiger wären.



        Doch Parteien leben von der Mitarbeit aller. Wozu eintreten, wenn ich nichts ändern kann?

        • @Herma Huhn:

          Warum tritt man in eine Partei ein, deren Positionen man ändern will?



          Man tritt ein um die Partei und Positionen zu unterstützen.

          Es ist nichts undemokratisches daran, wenn in einer Partei die Themen und Positionen von oben vorgegeben werden, denn wie du sagst, niemand muss dem ja folgen und in die BSW eintreten.

          Die Basis mitmachen zu lassen bedeutet auch ihr freien Lauf zu lassen, wo bspw dann aus einer Eurokritischen AFD eine Faschistische AFD wurde.

          BSW folgt den Ideen Wagenknechts, die scheinbar viele gut finden.

          Die Demokratie findet bei den Wahlen zwischen den Parteien statt, aber innerhalb einer Partei müssen keine Demokratischen Regeln gelten um trotzdem Demokratisch zu sein.

    • @Abdurchdiemitte:

      "Da würde mich übrigens interessieren, wie die Einschätzung anderer taz-Foristen ist: steht das BSW noch innerhalb des bundesrepublikanischen „Verfassungsbogens“?"

      Ja natürlich.

  • Hier greift ein uraltes Mediengesetz: Vor allem anderen kommt das Image.

    Wenn es wirklich nur der Unmut über die etablierten Parteien wäre, warum erhält dann nicht eine der vielen anderen Kleinparteien, die seit jeher auf den Wahlzetteln stehen, mehr Zuspruch? Die haben vielleicht auch gute Ideen.

    Weil sie zu brav sind, während das BSW sich medial zu inszenieren weiß und dadurch mehr Aufmerksamkeit generiert.

    Frau Wagenknecht haut ihre kontrovers diskutierten Aussagen zu Russland/Ukraine nicht nur raus, weil das ihre Meinung ist! Sie nutzt das Prinzip der öffentlichen Wahrnehmung: Je spitzfinder der Populismus, desto mehr wird man beachtet.

    Ein Grund, warum sich viele Menschen davon angesprochen fühlen, ist ein naiver: Wenn der Frust groß genug ist, erfreuen sich Personen, die abseits des Mainstream agieren, großer Popularität, einfach weil sie das tun. Ob die Aussagen inhaltlich fundiert sind, ist fürs Erste zweitranging; gegen das Establishment zu sein reicht.

    Und das diese Methode nach wie große Wirkung erzielt, ist das eigentlich Bedenkliche!

    • @Waldreamer:

      Weil diese Kleinstparteien halt meistens einfach nur eine Variante der etablierten Parteien ist.



      Manche Positionen der etablierten Parteien werden grundsätzlich abgelehnt. Meist sehr zentrale Positionen.



      Wenn die Menschen einen Kurswechsel wollen, dann hilft es nicht Volt oder so zu wählen.



      Die Menschen wollen keine ausgeprägte Identitätspolitik, einen Restriktiveren Migrationskurs und finanzielle Entlastungen für ihr Leben, sowie genügend Wohnraum.

      Es ist ganz einfach was die Menschen wollen, sie wollen schlichtweg weniger/kein Grün in der Politik.



      Ja ist schmerzhaft hier in der Taz, aber ist halt so.



      Nicht umsonst haben AfD, BSW, FDP, CDU die Grünen als Hauptgegner auserkoren.

      • @Walterismus:

        Natürlich bringen die Kleinparteien kaum revolutionäre Ideen mit sich, aber vielleicht hier und da etwas mehr Elan und Ernst, weil sie noch etwas erreichen wollen, und vielleicht auch etwas mehr Bodenständigkeit, weil sie noch nicht erfolgsverwöhnt sind.

        Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass die öffentliche Selbstinszenierung eine Rolle spielt. Darüber hinaus wählen viele die Kleinparteien außerdem nicht, weil sie Zweifel haben, dass sie überhaupt genug Stimmen bekommen.

        Und was das weniger/kein Grün angeht: Andere wollen keine FDP, andere keine SPD, andere keine CDU... etc. Jede Partei ist für irgendjemanden das untragbarste Übel.

        • @Waldreamer:

          Etwas mehr Elan oder Ernst wollen die Menschen Ber nicht, Sie wollen grundsätzlich andere Positionen.



          Es ist egal wie die Kleinparteien auftreten, sie müssten das Gegenteil der etablierten Parteien vertreten. Das machen sie in der Regel aber nicht.



          Aus linker Sicht sicher Schmerzhaft, aber gewisse Positionen wollen die Menschen einfach nicht.

    • @Waldreamer:

      Dass die Methode funktioniert, macht mir keine Angst.

      So sind Menschen nun mal strukturiert.

      Was mir Angst macht, ist, dass der Frust so groß ist.

  • Eine gute und faire Reportage, ohne Stimmungsmache pro oder contra.

    Leider können im Kommentarteil einige sich wieder nicht entblöden, dem BSW eine Nähe zu Putin anzudichten. Das ist aber inzwischen wie ein dumpfes weißes Rauschen ...

    Dass der Nahost-Konflikt für BSW-Sympathisanten eine Rolle spielt (wie jemand schreibt), glaube ich nicht. Sowas habe ich nie gehört, und das wird vom BSW ja auch nicht groß thematisiert.

    Wählerinnen, für die Einwanderung DAS alles überragende und angstauslösende Thema ist, werden wohl AfD wählen. Das BSW hat hier ja eine ganz moderate Position, die keine "Überfremdungs"ängste schürt, sondern mit den begrenzten Ressourcen der Kommunen argumentiert. So werden gewiss frühere Linkswähler erreicht, für die die Linkspartei in dieser Frage mittlerweile zu radikal und unrealistisch ist.

    Wirtschaftspolitisch steht das BSW für einen graduellen Strukturwandel, eigentlich eine klassisch sozialdemokratische Position. Sozialpolitisch scheint mir die Spannbreite innerhalb des BSW am größten, von klassischen linken Positionen bis hin zu einer moderat-konservativen protestantischen Arbeitsethik.

    • @Kohlrabi:

      Das sehe ich auch so!



      Diese ganze Strategie mit der Bezeichnung Zarenknecht oder Putinfreunde ist so unfassbar dümmlich und durchschaubar,



      Soll davon ablenken, was politisch los ist im Land.



      Es fehlt Vielen an allem. Wohnraum, bezahlbare Mieten, Renten von denen man leben kann, funktionierender Öffi.Völlig überlastete Tafeln, Kommunen kommen auch im Gedankengut vor.



      Sie sehen gleichzeitg, wie uneingeschränkt Gelder in andere Sachen fliessen.



      Zu all diesem täglichen Kampf kommt noch die Sorge vor einem Krieg, der auch durch Waffenlieferungen nach D schwappt.

      Wer das als Putinfreundlichkeit bezeichnet, hat den Knall noch nicht gehört.

    • @Kohlrabi:

      Sorry, aber wenn der BSW nicht eine Nähe zu Putin hat und mit seinen Forderungen nach einem Ende der Hilfe für die Ukraine diesem in die Hände spielt, wer den bitte dann? In dieser Beziehung ist der BSW noch übler als die AfD. Ein übles Gebräu was dort im Osten gärt.

  • Ich hab vor 13 Jahren auch 2% bekommen, Anfängerrabatt. Die Marktlücke einer Alternative zur Alternative zu den alternativlosen Altparteien ist noch immer weit offen.

  • BSW wird das gleiche Schicksal ereilen wie einst in HH die sog. Schill-Partei.



    Durch Medien gehypte selbstverliebte



    Partei-Monstranzen mit einfachen



    populistischen, eingängigen Forderungen, die an der Realität vorbeigehen, begleitet von Mitläufern, die sich einen schnellen politischen



    Aufstieg versprechen, eine Partei ohne



    politische Substanz und Organisation und in der Breite erfahrenes Personal,



    um Problemlösungen zu schaffen.

    • @Hubertus Behr:

      Wunschdenken wie bei der AfD vor Jahren.

      Das BSW schließt gerade eine Marktlücke.

      Parteiabspaltungen haben erfahrenes Personal.

  • Die schnellen 'Erfolge' des BSW zeugen von der Popularität der Sarah Wagenknecht und davon, dass es irgendwo in der Mitte noch Zwischenpostionen zu besetzten gibt, die eine Partei/Person ausfüllen kann. Da keiner so recht sagen kann, wofür das BSW abgesehen von 'Kernpositionen' zu Migration, Ukraine-Krieg und Sozialem, eigentlich steht, kann WählerIn mit dem BSW fast nach Belieben verbleibende Löcher stopfen.

    Vor allem zeugen die 'Erfolge' und die voreiligen Diskussionen über Koalitionsoptionen mit dem BSW davon, dass WählerInnen bei Wahlen keine Mitbestimmung ausüben, was die zukünftige, ihr Leben mitbestimmende, Politik betrifft. Mit ihrer Stimmabgabe stimmen WählerInnen zu, dass, wer immer dann eine Regierungskoalition bilden kann, für die nächsten Jahre legitime Herrschaft über sie, die WählerInnen, ausüben kann. Die WählerInnen wissen das, können es aber nicht anders verarbeiten, als die Bedingungen der Wahldemokratie vorgeben: Wähle aus irgendwelchen Gründen eine Partei/Person und hoffe, dass diese deine Hoffnungen irgendwie erfüllen möge. Wenn nicht, akzeptiere die durch Wahlen legitimierte Herrschaft, gehe bis zur nächsten Wahl und versuche dein Glück erneut.

    • @Stoersender:

      Sie vergessen die Möglichkeit, in eine Partei einzutreten und auch innerhalb der Legislatur an der Richtung dieser Partei mitzuarbeiten.



      Demokratie heißt nicht: Das Volk gibt seine Stimme ab.



      Demokratie heißt: Das Volk bildet die Basis für die Regierung.

  • Warum wählen Menschen BSW? Weil sie keinen Bock auf Armutsmigration haben und nicht als Nazis diffamiert werden wollen

    • @eicke81:

      Wohl eher weil sie so besser ihre rechten Tendenzen ausblenden können und zu doof sind um zu kapieren das wir die Menschen brauchen.

      • @Andreas J:

        Ich werde BSW wählen.



        Ich verwahre mich dagegen als Nazi bezeichnet zu werden!



        Ihre Argumentation ist einfach gestrickt.



        Natürlich brauchen wir Zuwanderung in den Arbeitsmarkt.Bestreitet keiner, ausser den Nazivolldeppen. Fakt ist aber auch, dass wir mit der Aufnahme vieler Menschen ohne Ausbildung, ohne Sprachkenntnisse, ohne Schulbildung an unsere Gre zen kommen.



        Lassen Sie mich doch mal an Ihren Lösungsvorschlägen teilhaben.

  • "Trotzdem wollen viele Menschen sie wählen. Warum?"



    Im Osten herrscht eine weit verbreitete Sehnsucht nach der DDR. Die Abwicklung der neuen Bundesländer nach der Wiedervereinigung hat tiefe Wunden gerissen (Abwicklung von Firmen, riesige Arbeitslosigkeit) - das führte zu einem gefühlten Identitätsverlust.



    Dann wurde dem Osten das Grundgesetz einfach 'übergestülpt'. Überhaupt wurden viele Gesetze einfach aufoktroyiert, bspw die Polizeigesetze der Länder. Da gab es 'Partnerländer' aus dem Westen - im Falle von Brandenburg war es zum Beispiel Nordrhein-Westfalen wenn ich es recht im Kopf habe. Einfach mal das BbgPolG damit vergleichen...



    Viele im Osten fühlten und fühlen sich übergangen, auch 30 Jahre später noch - und sowas vererbt sich natürlich auch auf die Kinder durch elterliche Prägung.

    • @Farang:

      Ich kann dieses Gejammer nicht mehr hören. Die CDU haben die schon selbst gewählt. Und bei der BT-Wahl 1990 war es ja nicht so, dass der SPD-Kanzlerkandidat nicht die Wahrheit gesagt hätte, die wollte aber im Osten keiner hören. Ohne den Osten wäre uns 8 Jahre Kohl erspart geblieben.

  • "Trotzdem wollen viele Menschen sie wählen. Warum?"

    Ein weiterer Grund, dass viele zur BSW abgewandert sind, liegt in der einseitigen Perspektive, die fast alle Parteien – mit Ausnahme der Linken und einiger kleinerer Parteien – auf den tragischen Konflikt zwischen Israel und Palästina einnehmen. Die BSW hingegen hebt sich dadurch ab, dass sie das Thema differenzierter betrachtet und nicht ausschließlich durch die pro-israelische Brille sieht, wie es bei vielen anderen deutschen Parteien der Fall ist.

  • Eine Partei, die mit ihrer Propaganda gegen die Ukraine aktiv Putins Angriffskrieg unterstützt.



    Nennt sich aber Friedenspartei.



    -Kann man sich nicht ausdenken...! 🙄

    • @Gerald Stolten:

      Nein, das hat schon Orwellianische Züge. Oder Trumpistische.

      Passt also in den Zeitgeidt.

  • Soso, nach über 30 Jahren in der Bundespolitik, ist Sahra Wagenknecht also die "große Unbekannte"...

    Wie kommt man auf sowas?

    • @Nafets Rehcsif:

      Weil man nicht wissen kann, was für eine Politik man von ihr kriegen wird.

      Früher harte Kommunistin, ist die heutige Millionärin auf den Spuren Ludwig Erhards als Lobbyistin der alten Industrien unterwegs. Viele Aussagen von ihr lassen sich als "schröderianisch-populistisch" klassifizieren - gegen das Ausnutzen von Sozialleistungen oder "verwirkte Gastrechte"z.B..

      Ihre Sympathien für das russische Großkapital und imperialistisch-militaristische Politik zeigen ja auch, dass man selbst ihre tiefsten linken "Überzeugungen" nicht so ernst nehmen muss.

      Das wichtigste ist aber, dass sie sowohl mit Linkspartei, SPD, CDU oder AfD koalieren könnte, wobei die größte Schnittmenge mit der AfD existiert. Lediglich die Grünen, von Ihr als "gefährlichste Partei" Deutschlands bezeichnet, dürfen ausgeschlossen sein.

  • Bündnis Wagenknecht sei politisch eine Unbekannte? Das ja wohl als Satire?!



    Diese große Anbiederung an Putin sagt doch Alles

  • Die Stimmung "pro BSW" ist logische Folge der Politik "etablierter" Partien (CDU,SPD, FDP, Grüne).

    Es gibt völlig "unideologische" Wünsche einer großen Bevölkerungsmehrheit, die völlig rational sind:

    - Vernünftige öffentlich Infrastruktur



    (von Autobahn-Brücken bis Bundesbahn)

    - Günstige Mieten und tragbare Baukosten

    - Unbürokratische Verwaltung

    - Soziales Sicherheit, sichere Arbeitsplätze einschlossen.

    Das ist größtenteils völlig "unideologisch" einfach nur der Wunsch nach einer "vernünftigen" Regierung

    Was CDU bis Grüne im "politischen Angebot" ?

    Das genauer Gegenteil davon:

    - "Scharze-Null" Ideologie zum Schaden der Infrastruktur.

    - "Heizungsgesetz" zur Verteuerung von Mieten und Bauen

    - "Entindustrialisierung" durch Verzicht aus günstige und vergleichbar "saubere" Energie als Pipline-Erdgas

    - Sozialleistungs-Kürzungen

    - Eskalations-Politik gegen Russland und China

    Die Folger einer Politik die den Interessen der Bürger nicht folgt:



    ---> der Wunsch nach Änderung

    Der letzten Forsa-Umfrage zu Folge wollen 53% der Deutschen weder Scholz noch Merz als Kanzler.

    Die BSW "punktet" mit glaubwürdigem Personal wie Fabio De Masi.

    Und wenig ideologischer Außendarstellung

    • @Jörg Heinrich:

      "Die Stimmung "pro BSW" ist logische Folge der Politik "etablierter" Partien"

      Der Zuspruch von AfD und BSW beruht zum Großteil darauf, dass beide das Geschäft mit der Angst beherrschen. Das Argument mit der Angst deckt einen breiten Bereich an Themen ab, die zum Teil von den beiden Parteien in typisch populistischer Manier erst selbst gesetzt wurden.

      Gut nachzuvollziehen derzeit im Osten mit dem von Wagenknecht gesetzten Thema "Frieden mit Russland". Das dann unterschwellig auf weitere pro russische Forderungen hinausläuft wie "keine Waffenlieferungen an die Ukraine", "russisches Öl für Schwedt" oder "keine Mittestreckenraketen in Westdeutschland". Die nächsten Forderungen wären dann "Aufhebung der Sanktionen", "Rückzug der Nato aus dem Grenzgebiet" usw.

      Höcke und Wagenknecht verbindet, dass sie ihre eigenen Ideologien um jeden Preis auf den Rücken und zu Lasten der breiten Bevölkerung durchsetzen wollen, die Realitäten schlichtweg ignorieren und es mit der Wahrheit nicht so ernst nehmen.

      Hierzu der Faktenscheck (vom 17.08) von Deutschlandfunk bezgl. Wagenknechts Aussagen zu Russland und der Ukraine.



      www.deutschlandfun...ssland-faktencheck

      • @Sam Spade:

        Jede Partei will bestimmte politische Vorstellungen (aka "Ideologie") umsetzen - und das hat, im guten wie im schlechten, Konsequenzen für die Bevölkerung. Und was "die Wahrheit" angeht: Der Faktencheck (der Link funktioniert übrigens nicht, aber man findet ihn auch so) argumentiert höchst problematisch. Um Ihnen nur zwei Beispiele zu nennen:



        "Russland unter Wladimir Putin hat heiße Kriege immer nur dann begonnen, wenn der angegriffene Staat deutlich schwächer und leicht zu besiegen schien." Das stimmt zwar (kein Staat beginnt einen Krieg, den er zu verlieren glaubt), ist aber keine hinreichende Erklärung und steht auch nicht im Widerspruch zu SWs Ansichten über die Kriegsursachen. Das ist eine argumentative Unschärfe, die dem DLF eigentlich auffallen sollte.



        Ein weiteres Beispiel: im letzten Punkt wird nicht einmal bestritten, was Wagenknecht sagt, sondern nur die Nomenklatur geändert.



        Natürlich sind das gängige Argumentationsmuster, aber von einem Faktencheck würde ich eigentlich mehr erwarten als von einer durchschnittlichen Kolumne (und leider ist das kein Einzelfall).

    • @Jörg Heinrich:

      Wenig ideologische Aussendarstellung ? Das meinen sie sicher als Satire .

    • @Jörg Heinrich:

      So ist das!



      Die jetztigen Berichte über das BSW und die Äusserungen aus den Parteien, sind unseriös und nicht korrekt.



      Das bringt noch mehr Zulauf für das BSW.

    • @Jörg Heinrich:

      Oje, wo soll man da anfangen?

      SPD und Grüne sind meiner Kenntnis nach noch nicht in Erscheinung getreten mit der Forderung, Sozialabbau zu betreiben.

      Nur Russland und China eskalieren international. Putinrussland ermordet jeden Tag Menschen in der Ukraine und in anderen Nachbarländern sowie daheim in Russland. China will Taiwan, dass niemals zur Volksrepublik China gehört hat, gegen den erklärten Willen der dortigen Bevölkerung heim ins Reich holen und eskaliert den Konflikt mit seinen Nachbarländern, in dem es illegal Inseln im Südchinesischen Meer aufschüttet und Gebiete beansprucht, auf die es keinerlei rechtlich legitimierten Anspruch hat.

      Gas ist nicht sauber und das gibt es nur günstig aus Russland mit dem Deal, dass wir damit Putins Angriffskrieg mitfinanzieren und uns politisch und wirtschaftlich von einem skrupellosen Mafiaataat abhängig machen.

      Das Heizungsgesetz macht Heizen und Bauen nicht teurer, sondern befreit einen langfristig von den steigenden CO2 Kosten. Außerdem lässt sich die menschengemachte Klimaerwärmung nicht einfach abwählen. Man muss von erwachsenen Menschen auch erwarten können, dass sie etwas weiter denken als nur bis zur eigenen Haustür.

    • 6G
      618712 (Profil gelöscht)
      @Jörg Heinrich:

      Die Eskalationspolitik von Russland ist ziemlich blutig, was genau finden Sie denn gut daran?

  • Die Gründe, BSW zu wählen sind doch ganz einfach, und es sind die gleichen Gründe warum die Menschen AfD wählen:

    CDU, CSU, SPD FDP, Grüne, Linke und ihre jahrzehntelange Politik.

    • @Don Geraldo:

      Was hat den Die Linke böses getan? Sie war auch niemals in der Regierung.

      • @Andreas J:

        In Thüringen stellt sie den Ministerpräsidenten.

      • @Andreas J:

        Die Linke hat sich eigentlich nur den falschen Namen gegeben und tut nicht so sexy, sorry populistisch.

        Wer eine Partei hauptsächlich wählt, weil die andern schlimmer sind, trägt letztendlich zum Abbau der 'Demokratie' bei. Ewig gleiche Medien- und Imagefalle.

      • @Andreas J:

        Berlin, Hessen, Thüringen, Bremen - Die Linke mischte oft genug mit, spürbare Ergebnisse?🤷‍♂️



        Also in Berlin habe ich von knapp zwei Amtszeiten R2G wenig gemerkt - der Fahrradhighway unter der U1, ein angebliches Prestigeobejekt, wurde nie verwirklicht, die Autobahnverlängeung der A100 in Lichtenberg kommt trotzdem (ja das ist Bundessache, trotzdem🤷‍♂️), die Fahrradstraße auf der Friedrichstraße...



        Was hat Die Linke böses getan fragen sie - andersrum wird ein Schuh draus: was hat sie denn spürbares in einem Bundesland hinterlassen, was auf sie allein zurückzuführen ist?🤷‍♂️🤷‍♂️🤷‍♂️

    • @Don Geraldo:

      Exakt. Dass wollen halt Viele nicht hören, aber es ist die generelle und tiefsitzende Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien, die solche Blüten treibt.



      Und es ist zeitgleich das nie gelernte Verständnis der älteren Generationen, wie demokratische Politik funktioniert, was das mit persönlichem Engagement (außer Wahlkreuzen), mit internationalen Zusammenhängen etc. bedeutet. Es gibt halt "die Politiker" ("die da oben") und von denen hat fühlt man sich nicht gehört.

  • Wenn man sich als Grüne zu einer solchen Äusserung hinreissen lässt, bez.das BSW sei eine Sekte, wünsche ich mehr Sebstreflektion ausserhalb einer Regierung.

    Die von der CDU bezeichnete Blackbox, bringt mich endlich mal wieder zur Wahl.



    Leider erst im nächsten Jahr.

  • Den Menschen in der ehemaligen DDR geht es zwar am Besten im ehemaligen Ostblock, dank ihrem Anschluss an die BRD.*

    Doch die Hälfte von ihnen fühlt sich offensichtlich nicht wohl in der BRD, ihrer Nachwendeheimat – ihre alten und neuen Ängste scheinen die beiden Extremparteien zurzeit am besten zu bewirtschaften.**



    _________



    * wie es 1990 die Parlamente damals noch beider Deutschlands beschlossen haben



    ** rechts: 30%, links: 20%

    • @vjr:

      ** Thüringen (Forsa-Umfrage, 20.08.24)



      rechts: 30%, links: 40%

      • @vjr:

        Es ist noch nicht ganz so lange her, da galt dem guten Linken die CDU noch als "rechts". Und vor noch viel kürzerer Zeit, da galt Sahra Wagenknecht nicht wenigen als "rechtsradikal".

        Wenn wir einmal so zählen, dann:

        rechts: 69%



        links: 24%.

        Ich habe jetzt die Grünen als links gezählt, da war man sich vor nicht all zu langer Zeit ja auch noch nicht einig, ob das nicht doch vielleicht eher bürgerliche Reaktionäre seien...

        DAs kommt dann dabei raus, wenn man alle die nicht weit links immer gleich ganz rechts einsortiert. >70% Rechte...