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Aktivist über Anti-Hamas-Protest in Gaza„Wir wollten sie stürzen“

Hamza Howidy hat gegen die Hamas demonstriert. Der internationalen Pro-Palästina-Bewegung wirft er Verherrlichung der Islamisten vor.

„Wir wollen leben“, steht auf dem Schild. Palästinenser demonstrieren im Sommer 2023 im Süden des Gazastreifens gegen die Hamas Foto: ap/picture alliance
Konstantin Nowotny
Interview von Konstantin Nowotny

Hamza Howidy ist 26 und wurde in Gaza geboren. Er studierte an der ­Islamischen Universität in Gaza. Erstmals nahm er 2019 an Protesten teil, die sich gegen schlechte Lebensbedingungen im Gazastreifen und die ­Herrschaft der Hamas richteten. Nachdem er 2023 nach weiteren Protesten verhaftet wurde, verließ er seinen Geburtsort. Wegen seiner Kritik an der Hamas wurde er mehrfach angegriffen und bedroht. Derzeit befindet er sich in einer Geflüchtetenunterkunft in Deutschland.

wochentaz: Herr Howidy, 2019 haben Sie an den „We want to live-Protesten im Gazastreifen teilgenommen. Worum ging es bei diesen Protesten?

Hamza Howidy: Ich sollte 2019 mein Studium abschließen, also habe ich meine Zukunft zu planen begonnen und mich für Jobs beworben. Aber die wirtschaftlichen Bedingungen waren wirklich schlecht, und die Hamas verfolgte eine Politik, die nur Hamas-Mitglieder im öffentlichen Dienst vorsah, nicht Leute wie mich – ganz zu schweigen von der massiven Korruption. Die Menschen wollten die Hamas stürzen, aber wir waren nicht mutig genug, das öffentlich zu sagen, also versteckten wir uns hinter dem Slogan „Wir wollen leben“. Wir forderten angemessene Lebensbedingungen, mehr Arbeitsplätze – und Wahlen. Denn Wahlen gab es in Palästina nur ein einziges Mal, im Jahr 2006. Wir gingen auf die Straße, aber nach 20, 30 Minuten wurden wir von Hamas-Milizen angegriffen. Ich wurde von einem Hamas-Mann direkt neben mir festgehalten, der undercover unterwegs war. Wir wurden verhaftet und nach Dschabalia im nördlichen Gazastreifen gebracht. Ich war drei Wochen dort und wurde gefoltert, meine Familie konnte das Bestechungsgeld zahlen. Wer das Geld nicht hatte, blieb monatelang dort.

Haben Sie Solidarität erfahren?

Als wir freikamen, waren wir schockiert, weil niemand unsere Frei­lassung gefordert hatte. Wir hatten nicht erwartet, dass Menschenrechts­organisationen, die Palästinensische Autonomiebehörde oder die arabischen Länder uns so im Stich lassen würden. Deshalb warteten wir viele Jahre, bis wir im Juni 2023 erneut protestierten.

Kurz bevor Israel infolge des Angriffs der Hamas am 7. Oktober in den Gazastreifen einrückte, haben Sie Gaza verlassen. Warum?

Ich hatte die Hoffnung verloren. Nachdem ich zum zweiten Mal an den „We want to live“-Demonstrationen teilgenommen hatte, wurde ich erneut verhaftet und gefoltert. Es gab wieder keinerlei Medienberichterstattung oder gar einen Aufruf zur Freilassung. Also bewarb ich mich um ein türkisches Visum, verließ Gaza durch den Übergang in Rafah nach Ägypten, kam dann von Ägypten in die Türkei, von der Türkei mit einem Flüchtlingsschiff nach Griechenland und von Griechenland nach Deutschland.

Haben Sie Kontakt zu Freunden und Familienangehörigen, die noch in Gaza sind? Wie ist ihre Situation?

Ja, ich spreche ein- bis zweimal pro Woche mit ihnen. Die Situation dort lässt sich nicht mit Worten beschreiben. Sie leiden unter dem Mangel an Nahrung und Wasser, unter dem ständigen Bombardement, unter der Vertreibung. Ihre Häuser, Schulen, Krankenhäuser, alles ist zerstört. Sie schlafen buchstäblich in Zelten auf der Straße. Es ist schrecklich.

Wie denkt die Öffentlichkeit in Gaza heute über die Hamas?

Vor dem Krieg haben die Menschen zwischen der Hamas als politischer Bewegung und der Hamas als Widerstandsbewegung unterschieden. Als politische Bewegung mochte in Gaza niemand die Hamas, weil sie ständig versagt hat und die Menschen darüber total verärgert waren. Aber was das Narrativ des Widerstands angeht, haben die Menschen leider daran geglaubt. Sie glaubten, dass die Hamas sie vor dem „großen Feind“, oder wie auch immer sie es nennen, beschützt. Das war das Szenario vor dem 7. Oktober. In der Zwischenzeit haben die Leute verstanden, wie die Hamas die Palästinenser manipuliert und benutzt, sei es als menschlicher Schutzschild oder zur Finanzierung ihrer Bankkonten. Mittlerweile haben sogar Hamas-Offizielle öffentlich eingestanden dass mindestens 50 Prozent der Bevölkerung im Gazastreifen die Hamas nicht will. Inzwischen nehme ich an, dass die Mehrheit die Hamas nicht will.

Ist es aktuell möglich, in Gaza gegen die Hamas zu protestieren?

Einige haben es versucht. Sie haben vor dem Haus von Jahia Sinwar [ranghöchster Anführer der Hamas in Gaza; Anm. d. Red.] protestiert, sie haben im Norden protestiert. Aber jedes Mal reagiert die Hamas auf dieselbe Art und Weise: Sie schießen. Ich persönlich würde nicht versuchen zu protestieren, wenn ich damit rechnen muss, dass auf mich geschossen wird. Ohne Schutz, und den gibt es nicht, rechne ich leider nicht mit Protest.

Im Interview: Hamza Howidy

Hamza Howidy, 26, stammt aus Gaza. Als Studierender war er Teil der Protestbewegung gegen die Herrschaft der Hamas.

Wie hat sich in Gaza die Haltung zu Israel entwickelt?

Als die israelische Regierung gewählt wurde, hieß es, es sei die am weitesten rechts stehende israelische Regierung, die es je gegeben habe. Als wir dann die Reaktion Israels auf die Gräueltaten der Hamas vom 7. Oktober sahen, waren wir entsetzt. Wir waren Militäroperationen gewöhnt, wir hatten mindestens alle zwei oder drei Jahre eine. Da beschränkte sich die Reaktion der is­rae­lischen Armee auf die Einrichtungen der Hamas und ihre Mitglieder. Aber in diesem Krieg war die Reaktion massiv, und ich persönlich glaube nicht, dass die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) die richtigen Vorsichtsmaßnahmen getroffen haben, um die Zahl der zivilen Opfer zu minimieren.

Ist es so, dass viele Menschen in Gaza glauben, Israel gehe aktiv gegen die Zivilbevölkerung vor?

Die Menschen im Gazastreifen glauben, dass Israel sie irgendwie nach Ägypten drängen will, dass sie den Gazastreifen verlassen sollen. Diese Angst ist nachvollziehbar, weil die Palästinenser seit ihrer Vertreibung im Jahr 1948 mit einem Trauma leben.

Im Mai haben Sie alle Ihre Beiträge auf der Plattform X gelöscht. Sie schrieben, dass Ihre „Wut auf die Hamas“ Sie „blind gemacht“ habe „für viele Verbrechen, die an meinem Volk begangen wurden und nicht zu rechtfertigen sind“. Was war der Auslöser?

Ich war entsetzt, denn viele meiner Freunde, von denen ich sicher weiß, dass sie nicht in militärische Aktivitäten verwickelt sind, von denen ich sicher weiß, dass sie Zivilisten sind, habe ich einen nach dem anderen sterben sehen. Ich hatte das Gefühl, sie zu verraten, wenn ich nichts dazu sage. Auf der anderen Seite wurde ich, um ehrlich zu sein, von einigen meiner Landsleute angegriffen und war mit einer Verleumdungskampagne gegen mich und meine Familie konfrontiert.

Verstehen Sie, wenn Pa­läs­ti­nen­ser*in­nen oder propalästinensische Ak­ti­vis­t*in­nen sich weigern, über die Hamas zu sprechen, weil sie meinen, dass die Brutalität Israels viel schlimmer sei?

Eigentlich bin ich nicht hier, um Israel zu verteidigen, aber wenn die Protestierenden sagen, dass Israel schlimmere Verbrechen begeht als die Hamas, sollten sie sich die Frage stellen: Was wäre, wenn die Hamas über die militärischen Kapazitäten der IDF verfügen würde? Ich glaube, es wäre ein Albtraum für alle. Ich denke, dass die Ak­ti­vist*in­nen Angst haben, als Alibi benutzt zu werden, um zu rechtfertigen, was mit den Zi­vi­list*in­nen in Gaza und im Westjordanland geschieht. Andererseits zeigen die Menschen gerne mit dem Finger auf Israel und machen es für alles verantwortlich. Das ist nicht nur auf den Nahen Osten oder die arabische Welt beschränkt, sondern geschieht auch im Westen. Also ja, Israel verdient einige Kritik und trägt einige Schuld; aber nein, nicht die alleinige.

Was halten Sie von den propalästinensischen Protesten, die in westlichen Ländern stattfinden? Glauben Sie, dass ein Boykott Israels helfen kann, diesen Krieg zu beenden?

Ich bin kein Fan von Boykotten. Wenn wir alles boykottieren, werden wir keine Einigung zwischen den Palästinensern und den Israelis erreichen, stattdessen wird der Konflikt noch schwieriger zu lösen sein. Wir hätten die Linke in Israel unterstützen können, aber das haben wir nicht getan. Zu den Protesten generell: Ich habe schon mehrfach erwähnt, dass ich die Proteste, die zur Versöhnung und zum Frieden zwischen den Palästinensern und den Israelis aufrufen, die die sofortige Freilassung der Geiseln und einen Waffenstillstand fordern, unterstütze. Aber wenn sich diese Proteste hinter der palästinensischen Sache verstecken und Antisemitismus äußern oder bestimmte Terrorregime wie die Hamas oder die Hisbollah verherrlichen, dann ist es meiner Meinung nach besser, wenn wir darauf verzichten.

Sind Sie mit dem deutschen Diskurs zu diesem Thema in Berührung gekommen?

Ich habe mich daran nicht beteiligt. Aber er gleicht dem, was an den US-Universitäten und in anderen westlichen Ländern zu hören ist. Leider ist der Diskurs oft einseitig und fordert nur einen Waffenstillstand, den ich persönlich zwar befürworte, aber diese Verengung auf den Waffenstillstand verschließt die Augen vor dem, was Hamas-Vertreter immer wieder sagen: dass es, selbst wenn es jetzt einen Waffenstillstand gäbe, nur eine Frage der Zeit wäre, bis sie einen neuen Krieg beginnen würden. Ich glaube, dass die Forderung nach einem Waffenstillstand allein, ohne Entwaffnung der Hamas, ohne Sturz der Hamas, ohne sofortige Freilassung der Geiseln, niemandem etwas bringt, weder Palästinensern noch Israelis.

Wie sehen Sie die Aussichten für die Palästinenser im Westjordanland angesichts der jüngsten Militäropera­tio­nen der IDF dort?

Ich habe die Nachrichten verfolgt und bin schockiert, dass die israelische Regierung die Siedlungen im West­jor­dan­land ausbaut und in alle Städte eindringt, die sie eigentlich nicht betreten darf. Wenn die derzeitige israelische Regierung nicht ersetzt wird, wird im Westjordanland etwas passieren. Man kann nicht erwarten, dass die Menschen dort tatenlos zusehen, wie die israelische Armee jeden Tag kommt, wie die Siedlungen expandieren und die Gewalt der Siedler zunimmt.

Würden Sie nach Gaza zurückkehren, wenn es Frieden gäbe?

Sofort, ja. Ich mag Deutschland, aber der Sommer hier ist nichts für mich.

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37 Kommentare

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  • Michaela Dudley , Autorin , Journalistin/Kabarettistin

    Seit 2018 betreue ich vereinzelte queere Geflüchtete aus Palästina in Ehrenamt mit. Die Erlebnisse dieser couragierten Menschen, die durch die Hamas und die Sittenpolizei CVPVP sowie Teile der „Zivilbevölkerung“ Palästinas verfolgt und gefoltert wurden, sind entsetzlich. Selbst Amnesty International, bekanntlich der Liebling der israelkritischen Lobby, dokumentiert und verurteilt wiederholt z.B. die brutale Queerfeindlichkeit der Hamas & Co.

    In verschiedenen Artikeln, auch bei der Taz, veröffentlichte ich meine diesbezüglichen Schilderungen.

    Wie neulich: www.belltower.news...nde-flecke-155995/

    Siehe auch: taz.de/Schwarze-ge...mitismus/!5987233/

    Die White Saviors, die Kuyifas tragen und gegen Cultural Appropriation ätzen, und die Migrantifas, die den Campus illegal besetzen, um gegen die Okkupation zu demonstrieren, interessieren sich kaum für eine differenzierte Betrachtungsweise. Denn sie sind dergestalt von antisemitischen Ressentiments angetrieben, dass sie zur Zerstörung der einzigen Demokratie des Nahen Ostens aufrufen, statt die Hamas zur Demokratisierung Gazas zu ermahnen.

  • Die Kritik an der Hamas ist richtig und wichtig. Die Herrschaft der Hamas über die PalästinenserInnen muss überwunden werden.

    Wo ich Hamza und allen die ihm uneingeschränkt beipflichten widersprechen muss ist, wo Akteure und deren Handlungen ins Verhältnis gesetzt werden. Wo tatsächliche, hochgradig asymmetrische Machtverhältnisse nicht thematisiert werden.

    Hier wird ein extrem hochgerüsteter Staat, der zu dem die größte Militärmacht der Welt im Rücken hat mit einer hypothetisch ausgestatteten Hamas verglichen und so ein fataler 50/50 Bothsideism hergestellt der von der Realität recht weit entfernt ist. Die Opferzahlen sprechen hier für sich. So werden die völlig unverhältnismäßigen Angriffe Israels die tatsächlich (!) stattfinden ins Verhältnis gesetzt mit hypothetischen Aktionen die die Hamas vielleicht gerne an den 7. Oktober angehängt hätte. Dass weiter Raketen der Hamas fliegen trifft zu, dennoch ist die Hamas weit entfernt davon Schäden anzurichten wie es Israel gerade tut. Dies vor dem Hintergrund dass solch völlig überzogene, konventionelle Kriegsführung offensichtlich weder geeignet ist einen guerillamäßig organisierten Gegner zu bezwingen noch Geiseln zu befreien.

    • @maussum:

      Und dennoch will die Hamas ausweislich ihrer Charta ganz offiziell die Vernichtung des Staates Israel und die Tötung aller Juden.

      Wer Israel "Genozid" unterstellt, sollte bedenken, dass der Tatbestand maßgeblich von der Vernichtungsabsicht abhängt - und die bekräftigt die Hamas selbst ganz explizit. Es ist die Hamas, die ausdrücklich einen Genozid anstrebt.

  • Das Interview zeigt gut auf, wie die liberale Teil der palästinensische n Bevölkerung schlichtweg ignoriert wurde. Von Israel wie vom Westen.

    Das macht es den Falken die ihre Geschütze gegen die palästinensische Zivilbevölkerung richten einfach in ihrem Narrativ das Hamas und Palästinenser gleichsetzt.

  • Starkes Interview, sollte in Deutschland an jeder Universität und Migrantenunterkunften aushängen- auch gern an anderen Orten wie Moscheen.

  • es sind solche Interviews, für die ich die TAZ sehr schätze (auch wenn ich selten ihre Meinung teile.)

  • Ein wirklich gutes Interview.

    Diese palästinensische Seite sollte medial viel mehr Beachtung finden.

  • Ehrliches, mutiges Interview.

    Man wünscht dem palästinensischen Volk, dass es endlich einmal Glück haben und mit einem nicht-antisemitischen, dafür klugen Präsidenten in friedlicher Co-Existenz mit Israel leben kann.

    Arafat bekam von Israel spätestens 1993 die Chance durch das Oslo-Abkommen sowie 2000 und 2001, Camp David und Taba, einen Palästinensischen Staat zu bekommen, mit 97 Prozent des Westjordanlandes plus Ost-Jerusalem plus Gaza. Abbas bekam 2005 mit Israels Rückzug aus Gaza die Chance und 2008 unter Olmert. Alles verpasst. Unverdrossen wird aber behauptet: Israel hätte sich seit jeher geweigert. Nein, die PLO ist gescheitert. Und erst recht Hamas.

    Die Tragödie des palästinensischen Volkes besteht darin, dass es von seinen eigenen Führungen als Kanonenfutter missbraucht wurde.

  • Danke Hamza Howidy, für diesen Artikel. Ich habe zwar politische Differenzen mit dir, aber du bist einer von denen die nach Ende der Hamas die Zivilgesellschaft und Demokratie in Gaza herstellen könnten.

  • Danke für das Interview.



    Es gibt vieles arabisches, wie bei allen anderen auch.



    Dieses ständige zeigen bestimmter Embleme, führt dazu alles mit der einen palästinensischen Bewegung und dem Islam und den Arabern gleichzusetzen.



    Entsprechend groß ist die Abwehr in Europa.



    Zeigen Sie wie plural die Gesellschaften überall sind.



    Machen Sie nicht den Fehler, dass Sie die Vereinnahmung durch die Hamas oder durch den Prediger xy so übernehmen.

  • „….wenn die Protestierenden sagen, dass Israel schlimmere Verbrechen begeht als die Hamas, sollten sie sich die Frage stellen: Was wäre, wenn die Hamas über die militärischen Kapazitäten der IDF verfügen würde? Ich glaube, es wäre ein Albtraum für alle.“

    Exakt.

    • @Suryo:

      Exakt.

  • Kluges Interview einmal aus einer ganz anderen Perspektive. Der Terror der Hamas an der palästinensischen Bevölkerung kommt in der hiesigen Berichterstattung eh zu kurz.

    Nur, um die radikalen Kräfte auf beiden Seiten einzudämmen, braucht es auch die aktive Beteiligung der Zivilbevölkerung. In dieser Hinsicht ist noch Luft nach oben.

    • @Sam Spade:

      Na ja, es wird schon über die Folter der Hamas berichtet, darüber dass Schwule von Hochhäusern geworfen werden und Sinwar der Homosexualität verdächtigen Kommandeure eigenhändig umbringt, darüber dass Proteste gegen die Hamas von ihr brutal zusammengeschossen und niederheknüppelt, darüber dass Kinder mit Sprengstoffgürtel versehen auf israelische Soldaten geschickt werden oder darüber dass bei Protestmärschen die Hamas Kinder und Jugendliche in vorderster Front marschieren lassen, während sie mit Scharfschützen aus dem Hintergrund auf die IDF schießen. Das gibt dann tolles Propagandamaterial. Früher allerdings mehr als heute. Es will nur keiner wahrhaben, weil es dann umso schwieriger ist, den Israelis an allem die Schuld zu geben.

    • @Sam Spade:

      "...aktive Beteiligung der Zivilbevölkerung. In dieser Hinsicht ist noch Luft nach oben."

      sind wir in unserer Vorstellung von uns selbst große Widerstandskämpfer? in der Praxis sieht sieht es dann schon ganz anders aus und wenn man es gleichzeitig auch noch mit einem keineswegs eingebildeten äußeren Feind zu tun hat (der dem eigenen inneren Feind noch Geld zusteckt) wird es noch kniffliger. Wenn wir hier eine glaubwürdige Widerstandsgeschichte vorzuweisen hätten, könnten wir ja große Töne spucken u Ratschläge verteilen. Es ist eine Binse, dass eine Gesellschaft vor der Anfechtung eines äußeren Feindes zusammenrückt, noch dazu wenn er militärisch überlegen ist. Ganz gleich ob der Feind nominell demokratisch ist u der eigene Laden autoritär z Bsp USA/ Vietnam. GB/ Auftstände in seinen Kolonien z.B. Mau-Mau Aufstand.

  • Warum verdammt noch mal werden solche Leute nicht auf Palestina- Veranstaltungen eingeladen und als Referenten gehört? Hier muss Förderung und Solidaritätsdemo hin.

    • @aujau:

      Vielleicht, weil sie nicht annehmen, weil sie für so eine Teilnahme von Hamas-Unterstützern bedroht würden?

      Zumindest er sagt ja, dass er sich nicht am Diskurs hier beteiligt hat. Aber für seine Tweets bedroht wurde.

      > Auf der anderen Seite wurde ich, um ehrlich zu sein, von einigen meiner Landsleute angegriffen und war mit einer Verleumdungskampagne gegen mich und meine Familie konfrontiert.

      • @Arne Babenhauserheide:

        Dass der Aktivist vorsichtig sein muss, ist das Eine und schlimm genug. Dass die propalestinensische Szene der USA und Europas nicht in der Lage ist, diese Aktvisten zu thematisieren und zu unterstützen, ist das Andere und ein inhaltlicher Mangel sondergleichen.

  • Das deckt sich weitgehend mit einem Interview mit dem Sprecher der Fatah in Europa, Jamal Nazzal:

    》Der Sprecher der im Westjordanland herrschenden Palästinenserfraktion Fatah, Dr. Jamal Nazzal, beschuldigte die Hamas in ungewöhnlich deutlichen Worten,Zivilisten gegen ihren Willen zu opfern und bisher jede palästinensische Staatsgründung aktiv sabotiert zu haben.

    In dem Interview, über das die "Jerusalem Post" berichtet, argumentierte Nazzal, dass die Fatah zwar alle Palästinenser, die infolge des Krieges in Gaza getötet wurden, als „Märtyrer“ betrachtet, diese sich aber nicht freiwillig geopfert hätten.„Sie wurden geopfert“, sagte Nazzal: „Die Leute, die das beklatschen – vor allem aus dem Ausland – haben nicht versucht, in Gaza zu leben.“

    Er warf der Hamas weiter vor, grundsätzlich jede Gelegenheit zur Erlangung palästinensischer Staatlichkeit aktiv sabotiert habe.《

    www.tagesspiegel.d...deal-10586281.html (leider ein Endlos-Blog: Eintrag vom 12. Juli 2024 12:51)

    Free the World from Hamas!

    • @ke1ner:

      Sie meinen sicherlich diesen Artikel in der JP:



      m.jpost.com/israel...war/article-809925

      • @BrendanB:

        Ja genau.

        Vielen Dank für den link (konnte ihn vorhin nivht wiederfinden)!

  • Schön, auch mal so eine Stimme von vor Ort mitzubekommen.

  • Wirklich interessant diesen Blickwinkel einzunehmen. Die differenzierte Sichtweise beeindruckt und mehrerlei Hinsicht.

  • Der mit Abstand beste Artikel zum Thema seit beginn dieser Tragödie. Vielen Dank!

  • Die Hamas agiert sehr geschickt. Kritiker werden aus dem Land gedrängt und man hört von ihnen kaum. Ihr Geschäft ist die Gewalt und als "Underdogs" werden sie am Ende noch als die Stimme der Pazifisten wahrgenommen, wenn sie einen Waffenstillstand befürworten fürs Erste

  • Vielen Dank für dieses Interview!

  • Eine der klügsten Stellungnahmen. Vielen Dank.

  • Endlich mal eine Stimme der Vernunft. Der junge Mann sollte, wo es nur geht, unterstützt werden.

  • Danke. Das Problem ist, dass die Hamas als Gegenkraft zu den israelischen Verbrechern wahrgenommen wird. Das sind sie aber nicht. Es ist klar, dass es weder mit der israelischen Rechten noch mit Hames Frieden für die Palästinenser geben wird.

    • @Core Persephone:

      "Das sind sie aber nicht."



      Sondern?

    • @Core Persephone:

      Mein Reden: Siedlerbewegung und Hamas haben nur rudimentär etwas miteinander zu tun. Und eine andere, friedfertigere israelische Regierung, die die Siedler zurückpfeift, würde rein gar nichts am brutalen, genozidalen Antisemitismus auf palästinensischer Seite ändern. Und doch führt an einer anderen Regierung in Israel kein Weg vorbei.

  • Ich frage mich schon die ganze Zeit warum niemand kommt und genau das sagt!



    Danke, jetzt fühle ich mich weniger alleine mit meiner Meinung

  • "Ich glaube, dass die Forderung nach einem Waffenstillstand allein, ohne Entwaffnung der Hamas, ohne Sturz der Hamas, ohne sofortige Freilassung der Geiseln, niemandem etwas bringt, weder Palästinensern noch Israelis."



    Danke. Ich bin sehr froh, dass eine solche palästinensische Stimme in der Taz Gehör findet. In vorherigen Artikeln kamen leider oft vermehrt diejenigen zu Wort, die sich selbst für absolut friedliebend erklärten, aber "Jerusalem ist Unser!"-Schals in ihrem Wohnzimmer hängen hatten. Es ist wichtig, zu zeigen, dass Palästinenserinnen und Palästinenser durchaus auch ein differenziertes Meinungsbild zu dem Konflikt haben. Ich wünschte, Leute wie Herr Howidy würden sich in der Region endlich durchsetzen. Solidarität mit der israelischen Linken und klare Positionierung gegen die Hamas sind Dinge, die man auch der internationalen Linken durchaus abverlangen sollte.

    • @Agarack:

      Absolute Zustimmung.

  • Danke für dieses interessante Interview. Alle Achtung vor der Reflektiertheit und dem Mut von Hamza Howidy, über seine Erfahrungen zu sprechen.

  • ehrenmann!

    • @Berglandraupe:

      Machowort, hat er nicht verdient.