Anzeige gegen Bundestagsabgeordnete: Bordellbetreibende gegen MdB
Mehr als 50 Bordellbetreibende stellen Strafanzeige gegen die SPD-Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier. Der Vorwurf: Verleumdung und üble Nachrede.
Mehr als 50 Bordellbetreibende haben Strafanzeige wegen übler Nachrede und Verleumdung gegen die SPD-Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier gestellt. Breymaier ist Befürworterin eines Sexkaufverbots und Berichterstatterin ihrer Fraktion für Zwangsprostitution. Sie hatte in den vergangenen Monaten in mehreren Medien, darunter der taz, hart gegen die Branche ausgeteilt.
Es gehe um „massive Gewalt und Ausbeutung“ in deutschen Betrieben, sagte sie. Wenn Frauen nicht bis zu 30 Freier am Tag bedienten, würden sie „windelweich“ geprügelt. Breymaier hatte sich zudem gegen Coronahilfen für Bordelle ausgesprochen und die „kriminelle Wirklichkeit einer Branche“ gegeißelt, die derzeit dennoch mit Steuergeldern unterstützt würde.
Gegen Aussagen wie diese wehren sich nun Betreibende aus dem gesamten Bundesgebiet, darunter große und kleine Wohnungsbordelle, BDSM-Studios und Tabledance-Bars in Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg, Berlin und Hamm. „Die ständige Verbreitung von Lügen bewegt sich nicht im Bereich der Meinungsfreiheit, sondern muss strafrechtlich unterbunden werden“, sagte Howard Chance von der Interessengemeinschaft „Zukunft Rotlicht“ bei einer Online-Pressekonferenz am Mittwoch. „Dazu haben wir den Rechtsstaat nun aufgefordert.“
Informiert würden über die Anzeigen auch der SPD-Bundesvorstand sowie der Landesverband der Partei in Baden-Württemberg, aus dem Breymaier kommt.
Frauen aus Thailand und Rumänien
Bei der Pressekonferenz berichteten sechs Bordellbetreibende von ihrem Arbeitsalltag und ihren Erfahrungen. Nadine Maletzki etwa betreibt ein Laufhaus in Frankfurt am Main, das sie von ihrer Mutter übernommen hat. Ihre Mitarbeiterinnen, darunter viele aus Thailand oder Rumänien, seien zum Teil seit 15 Jahren im Haus. „Sie mieten Zimmer bei mir, ihre Arbeitszeiten teilen sie sich selbst ein, ihre Kunden suchen sie sich selbst aus“, sagte Maletzki.
Das Haus biete ihnen Infrastruktur und Sicherheit. Kriminelle gebe es in jeder Branche. „Aber es ärgert, verletzt und erschüttert mich, wenn Frau Breymaier uns so pauschal verteufelt und ihre Unwahrheiten verbreitet.“ Dass Breymaier zudem die Pandemie nutze, um ihre politischen Ziele durchzusetzen, sei „verwerflich“. Bordelle sind derzeit wegen des Lockdowns geschlossen.
Nenad Kekenj, der die Villa Deluxe in Freiburg betreibt, sagte: „Ich muss mich nicht als kriminellen Menschenhändler und Zuhälter betiteln lassen“. Er sei Geschäftsmann und langjähriger Steuerzahler, beratend beim runden Tisch zum Thema Prostitution dabei und in gutem Kontakt mit Gesundheitsamt, Polizei, Frauenbeauftragter und Kirche. „Aussagen wie die von Frau Breymaier sind für uns ruf- und geschäftsschädigend und machen unsere jahrelange Arbeit zunichte.“
„Übliche Einschüchterungsversuche“
Breymaier selbst sagte auf Anfrage der taz, sie verbuche den Vorgang „unter den in der Branche durchaus üblichen Einschüchterungsversuchen“. Deutschland sei Zielland des europäischen Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung. Sie frage, „wer die Profiteure dieser Machenschaften“ seien und freue sich auf die öffentliche Debatte im Zuge der Anzeige.
Grundsätzlich genießt Breymaier als Bundestagsabgeordnete zwar Immunität. In der Praxis aber erlaubt der Bundestag zu Beginn jeder Wahlperiode pauschal die Einleitung von Ermittlungen, sofern der Bundestag vorab unterrichtet wird. Ob ein Ermittlungsverfahren begonnen wird, entscheiden nun die Staatsanwaltschaften Berlin und Stuttgart, bei denen die Anzeigen aufgrund der Dienst- und Wohnsitze von Breymaier eingegangen sind.
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