Unabnehmbare Plastikdeckel: Bärendienst für den Umweltschutz
Seit Mittwoch müssen Milchverpackungen und Einwegflaschen nicht-abnehmbare Deckel haben. Das ist gut gemeint, aber leider schlecht gemacht.
N un also auch die Milchverpackung. Seit Kurzem hat der Karton keinen Schraubverschluss mehr, sondern einen fest angebrachten zum Klappen. Und damit vor der ersten Öffnung nichts reinkommt oder rausläuft, befindet sich unter dem Deckel ein Stück abzuziehendes Plastik. Ob das im Sinne der Erfinder:innen der EU-Richtlinie zur Reduzierung von Plastikmüll in der Umwelt war, die seit Mittwoch bei derartigen Verpackungen befestigte Deckel vorschreibt?
Dabei ist der Ansatz nachvollziehbar: Wenn Plastikdeckel zu den Müllteilen gehören, die am häufigsten an europäischen Stränden gefunden werden, dann müssen wir verhindern, dass diese Deckel dorthin kommen. Doch die Deckel unabnehmbar an den Behältern zu befestigten, löst nur einen Teil des Problems. Und ist gleichzeitig ein Symptom dafür, wie Umweltpolitik leider viel zu häufig funktioniert: Statt das große Ganze in den Blick zu nehmen, gibt es kleine Insellösungen.
Insellösungen, die häufig neue Probleme schaffen und zudem Verbraucher:innen verärgern. In diesem Fall, weil ziemlich viele Menschen daran scheitern, halbwegs sinnvoll aus Flaschen mit befestigtem Deckel zu trinken. Diese halbgaren Lösungen bringen so den Umweltschutz als Ganzes in Misskredit – und die EU gleich mit.
Denn welches Problem ist es eigentlich, das hinter dem Plastikdeckelmüll steckt? Die überbordende Menge an Einwegdingen, die wir nutzen. Das beginnt nur bei Verpackungen. Es geht über Wegwerfspielzeug, wie zusammenzubauende Teile in Überraschungseiern, über Kaffeekapseln und Kosmetika wie Augenpads, die nach einmaliger Anwendung weggeworfen werden, bis hin zu Ultra-Fast-Fashion-Kleidungsstücken, die nach einem einzigen Tragen schon halb auseinanderfallen.
Unsere Welt ist voll von diesen Teilen, die nur für eine einmalige Nutzung konzipiert sind. Das ist das Problem. Es zu lösen, bräuchte allerdings einen größeren Wurf – mit deutlichen Veränderungen für Markt und Verbraucher:innen. Dafür würde es wirklich etwas bringen in Sachen Schutz von Umwelt und Ressourcen. Und übrigens: Bei Mehrwegflaschen sind die Deckel weiterhin richtig abnehmbar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos