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Anklage wegen VölkermordMit der Waffe des Rechts

Südafrika hat Israel in Den Haag wegen Völkermordes verklagt. Geht das? Es gibt einen Präzedenzfall, den auch Deutschland unterstützt.

Verteidigung und Völkermord? Israelische Soldaten bei einem Einsatz im Gazastreifen am 1. Januar Foto: Israeli Army/afp

Das Zitat klingt wie ein Völkermordaufruf aus Ruanda im Jahr 1994, als Hetzmedien die Hutu-Bevölkerung des Landes anstachelten, alle Tutsi zu vernichten: „Triumphiert, macht sie fertig, lasst niemanden zurück. Löscht die Erinnerung an sie aus. Löscht sie aus, ihre Familien, Mütter und Kinder. Diese Tiere dürfen nicht weiterleben.“ Derartige Parolen waren später maßgeblich in der Feststellung der internationalen Justiz, dass in Ruanda damals ein Völkermord stattfand.

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Tatsächlich stammt das Zitat von einem israelischen Armeereservisten. Am 11. Oktober 2023, vier Tage nach dem Hamas-Terrorüberfall auf Israel mit nahezu 1.200 Toten, nahm er in Uniform auf einem Militärfahrzeug eine Videoansprache auf, die dann unter israelischen Soldaten verbreitet wurde. Sie geht wie folgt weiter: „Jeder Jude mit einer Waffe soll hinausgehen und sie töten. Wenn du einen arabischen Nachbarn hast, warte nicht, geh zu ihm und erschieße ihn (…) Wir wollen hineingehen und zerstören.“

Die Videoansprache steht in Südafrikas Klage gegen Israel wegen Völkermords an den Palästinensern, die am 29. Dezember 2023 beim Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag eingereicht wurde. Die 84-seitige Klageschrift führt mit detaillierten Nachweisen viele Einzeltaten auf, die den Völkermordvorwurf belegen sollen.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Besonders bedrückend: acht Seiten Zitate – von Präsident Isaac Herzog („Wir werden ihnen das Rückgrat brechen“) über Energieminister Israel Katz („Kein Tropfen Wasser, keine Strombatterie, bis sie aus dieser Welt scheiden“) und den stellvertretenden Parlamentssprecher Nissim Vatzuri („Wir haben ein gemeinsames Ziel: den Gaza­streifen vom Erdboden tilgen“) bis zu einem ehemaligen Parlamentsabgeordneten, der am 25. Dezember 2023 sagte: „In Gaza sind sie alle Terroristen, Hundesöhne, ohne Ausnahme. Sie müssen ausgelöscht werden, alle getötet werden. Wir werden Gaza plattmachen, zu Staub verwandeln.“

Insgesamt, so Südafrika, begehe Israel „Akte des Völkermords am palästinensischen Volk in Gaza“ und habe „insbesondere seit dem 7. Oktober 2023 Genozid nicht verhindert und die direkte und öffentliche Anreizung zum Genozid nicht verfolgt“. Da Israel das anders sehe, müsse nun der IGH den Streitfall klären.

Der schwerste Vorwurf

Völkermord ist der schwerstmögliche Vorwurf im internationalen Völkerstrafrecht. Dieses unterscheidet zwischen einzelnen Kriegsverbrechen, deren Zusammenfassung als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ im Falle eines „ausgedehnten oder systematischen Angriffs auf die Zivilbevölkerung“ und eben Völkermord im Falle, dass ein solches Verbrechen „in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“.

Maßgeblich ist die Absicht hinter dem Verbrechen, nicht das Verbrechen an sich. Völkermordvorwürfe werden weltweit ständig erhoben, sobald irgendwo Menschen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit massakriert werden – Akte des Völkermordes sind das nur mit der Intention der Gruppenzerstörung.

Wobei Zerstörung nicht auf Töten beschränkt ist: Die UN-Völkermordkonvention aus dem Jahr 1948, Grundlage der juristischen Verfolgung dieser Straftat, nennt auch „Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden“ und „vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen“, außerdem Geburtenverhinderung und Kindesverschleppung.

Auf solchen Vorwürfen basiert der Großteil von Südafrikas Klage. Die UN-Völkermordtribunale für Ruanda und Ex-Jugoslawien haben im Laufe der Jahrzehnte die Völkermorddefinition weiter präzisiert. So zählt das Ruanda-Tribunal sexualisierte Gewalt als möglichen Akt des Völkermordes. „Teilnahme am Genozid“ muss nicht bedeuten, selbst gemordet zu haben; es genügen Taten in der „Absicht“ des Völkermordes. Diese Absicht wiederum muss nicht vorher festgelegt oder offen ausgesprochen sein, sie besteht auch einfach „im Augenblick der Tat“.

Diplomatischer Coup für Südafrika

Diese Feststellungen spielen aktuell eine wichtige Rolle in einem Präzedenzfall vor dem IGH, der Südafrikas Klage zugrunde liegt: Gambias Klage aus dem Jahr 2019 gegen Myanmar wegen Völkermordes an den Rohingya. Der IGH erließ 2020 aufgrund dieser Klage eine einstweilige Verfügung gegen Myanmar mit der Aufforderung, Brüche der Genfer Konventionen zu unterlassen, und stellte 2022 fest, es sei für die Klage tatsächlich zuständig.

Solche Schritte erhoffen sich auch die Kläger gegen Israel. Südafrika ist Palästina aus alter Solidarität im Befreiungskampf des ANC gegen das mit Israel befreundete Apartheidregime verbunden; es hat erstklassige Juristen und aus der Bewältigung der Apartheid viel Erfahrung im Umgang mit schwierigen Rechtsnormen. Sein Modell der Wahrheitskommission, das geständigen Tätern Straffreiheit zusichert, hat weltweit Schule gemacht – auch in Gambia.

Für Südafrika ist die Anrufung des Den Haager Gerichts ein diplomatischer Coup. Den Internationalen Strafgerichtshof gleich nebenan, der Kriegsverbrecherprozesse gegen Einzelpersonen durchführt, lehnt Südafrikas Regierung aus Solidarität mit verfolgten afrikanischen Staatschefs ab. Der IGH hingegen ist als UN-Instanz zur Regelung zwischenstaatlicher Streitigkeiten das ideale Forum für den Globalen Süden. Es hat lange gedauert, aber nun entdecken afrikanische Länder die Weltjustiz als Waffe gegen die Mächtigen der Welt.

Als erstes muss der IGH seine Zuständigkeit klären. Nach dem Myanmar-Präzendenzfall dürfte daran wenig Zweifel bestehen. Die UN-Völkermordkonvention legt in Artikel 9 fest: „Streitfälle zwischen den Vertragschließenden Parteien hinsichtlich der Auslegung, Anwendung oder Durchführung dieser Konvention (…) werden auf Antrag einer der an dem Streitfall beteiligten Parteien dem Internationalen Gerichtshof unterbreitet.“ Das Gericht hat mehrfach festgestellt, dass alle Unterzeichnerstaaten der Konvention Streitfälle geltend machen dürfen, nicht nur direkt Betroffene.

Jedes Land kann klagen

Das heißt auch: Jedes Land kann sich einschalten. Im Fall Myanmar hat das gerade Deutschland getan. Gemeinsam mit Kanada, Dänemark, Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden übermittelte Deutschland am 15. November 2023 dem IGH eine „Joint Declaration of Intervention“ zur Unterstützung von Gambias Klage.

Sie machen sich die neuesten Präzisierungen des Genozidbegriffs zu eigen und gehen noch weiter mit der Feststellung, „dass eine gewaltsame Militäroperation, die die erzwungene Vertreibung von Mitgliedern einer Gruppe verursacht, zum Beweis einer spezifischen Absicht beitragen kann, die Gruppe zu zerstören“.

Man darf gespannt sein, ob dieser Maßstab auch für Israels Umgang mit den Palästinensern gilt. Gemessen an anderen Genozidverfahren ist das Kernelement der „Absicht“ in der Klage sehr gut dokumentiert. Am 11. Januar beginnen in Den Haag die öffentlichen Anhörungen. Der Völkerstrafrechtsaktivist Reed Brody freut sich bereits auf das „Völkerrechtspendant zu einem WM-Finale“.

Israel will davon nichts wissen. Es boykottiert den IGH und weist den Vorwurf des Völkermords als „antisemitisch“ zurück. Die südafrikanischen Kläger betonen allerdings, es gehe erst mal gar nicht darum, einen Völkermord in Gaza festzustellen. Das Gericht solle bloß den Dissens zwischen Südafrika und Israel festhalten und eine einstweilige Verfügung gegen Israel erlassen, so wie gegen Myanmar. Dies, so die Hoffnung, könnte weitere Verfahren ermutigen – auch in Israel selbst.

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76 Kommentare

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  • "Die 84-seitige Klageschrift führt mit detaillierten Nachweisen viele Einzeltaten auf, die den Völkermordvorwurf belegen sollen."

    --> Nach der Lektüre der Klageschrift ist viel von Israel "soll", "angeblich", "vermutlich", etc. die Rede. Die Klage stützt sich in großen Teilen auf Hörensagen und UN-Berichte von der Ferne. Alles wenig stichhaltig.

    Besonders interessant wird es aber bei der Darlegung des angeblichen Völkermordvorsatzes. Hier referenziert die Klage eine Reihe von Äußerungen von Regierung, Präsident, Parlamentariern, Militärs und Bevölkerung.

    Und naja, trotz der teilweise bedrückend martialischen Sprache beziehen sich alle Verantwortlichen darauf der Hamas "das Rückgrat zu brechen" (Herzog). Andere, z.B. Militärs und Knesset-Abgeordnete, sind da weitergehend und richten sich (zumindest zwischen den Zeilen) auch gegen die Zivilbevölkerung.

    So abscheulich das im Einzelnen ist, aber man stelle sich vor, Deutschland würde vor dem IGH wegen der Äußerungen der AfD und Handlungen der Hannibal- und Nordkreuz-Gruppe verklagt. Da würden wir - zu Recht - sagen, dass diese Äußerungen wohl kaum der Bevölkerung zugerechnet werden können.

    Noch diffuser wird die Zurechnung beim echten (und widerlichen) Genozid-Aufrufs eines Resservisten in einer YouTube-"Motivationsrede". Auch hier kann eine faschistoide (und nochmal absolut widerliche) persönliche Meinung die Völkermord-Absicht des Staates nicht begründen.

    Der antisemitische Unterton der Klage ist deutlich spürbar. Dem Massaker der Hamas vom 07.10.23 widmet die Klage zwei Absätze (Ziff. 40 &41), während dessen selbst dem Westjordanland 7 Seiten (!) widmet. Das Lippenbekenntnis Südafrikas zur Verurteilung des 7.10.23 ist entlarvend: Darin bezeichnet Südafrika dies als "Angriffe" und weder als "Attentate" oder gar "gezielten Völkermord" oder "Verbrechen gegen die Menschlichkeit". Die sonstigen Aggressionen der Hamas sind nichtmal eine Fußnote wert. Die Klage ist das Papier nicht wert auf dem sie gedruckt ist.

  • Ich hoffe, der Vorwurf des Völkermordes wird vom IGH entkräftet.



    Dann werden alle, die für einen Prozess waren, ihre Fehleinschätzung revidieren.

    • @Onkel Heinz:

      Ich hoffe der IGH entscheidet objekt und richtig. Und zwar aufgrund von verifizierbaren Fakten und unter Hochachtung desVölkerrechts. Ohne Beinflussung ideologischer Hardliner und Agitatoren jedeweder Coleour.

      • @Deep South:

        Ja, das hoffe ich auch.

        War nur ein Gedankenspiel, was passieren kann, wenn ideologische Hardliner und Agitatoren jedweder Couleur und Herkunft nicht mit dem Ergebnis zufrieden sind, so wie es ausfällt.



        Die eigene Meinung revidieren wird sicher niemand.

        Ich halte den Prozess für falsch,



        weil von einer Seite mit einer fragwürdigen Motivation angestoßen.

        Es geht darum, Israel zu schwächen und seine Unterstützer gleich mit.

        Voller Erfolg für die Hamas, deren Sympathisanten, Geldgebern, Nutznießern und Trittbrettfahrern.

        Westliche Aktivisten können sich bei der Adresse bedanken.

        Ohne den Terroranschlag wäre es nie zu solch einer Chance, der Gerechtigkeit den Weg zu bereiten, gekommen.

    • @Onkel Heinz:

      Man darf dann gespannt sein, wo Sätze wie die des Parlamentssprechers („Wir haben ein gemeinsames Ziel: den Gaza­streifen vom Erdboden tilgen“) stattdessen eingeordnet werden.

      • @Rudolf Fissner:

        Das wird zentral davon abhängen, welche Verantwortung bzw. Gestaltungsmacht der Parlamentssprecher im Staatswesen hat. Dazu kenne ich die Staatsverfassung in Israel nicht.

        In Deutschland (nur zum Vergleich) obliegt dem Bundestags- bzw. Bundesratspräsidenten hauptsächlich protokollarische Sitzungsmacht. Er achtet auf die Tagesordnung und die Einhaltung der Geschäftsordnung. Zwar ist er formal die zweithöchste Person im Staat (nach dem Bundespräsidenten), allerdings ist das nur nach dem Protokoll so und hat mit der "Machtverteilung" nichts zu tun. Formal ist die mächtigste Person der Bundesrepublik (Kanzler) erst das dritte Protokollamt (de.wikipedia.org/w...dnung#Deutschland).

        WENN das in Israel ähnlich ist, dürfte eine Äußerung des Parlamentssprechers keine Wirkungen für und gegen Israel haben. Wie gesagt wenn.

  • Ich denke der Grund ist wesentlich einfacher und nicht so unterstellend verschwörungstheoretisch.

    Der Internationale Strafgerichtshof ist m.E. (bin kein Jurist) schlicht nicht zuständig: "Die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs ist grundsätzlich gegeben, wenn der Täter Staatsangehöriger eines Vertragsstaates ist, die Verbrechen auf dem Territorium eines Vertragsstaates stattfinden oder der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen das Gericht mit der Verfolgung beauftragt. " ( www.bmj.de/DE/them...lgung%20beauftragt. ). Israel hat den Internationalen Strafgerichtshof nie anerkannt.

    Der IGH dagegen ist das »Hauptrechtsprechungsorgan« der Vereinten Nationen. Die UN-Genozid-Definition, auf die Südafrika Bezug nimmt, wurde auch von Israel anerkannt. Zudem wurde dort bereits das Verfahren gegen Serbien wg. Völkermord behandelt .

    Das IGH passt also bestens.

    • @Rudolf Fissner:

      Das Hauptrechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen passt tatsächlich bestens

  • "Für Südafrika ist die Anrufung des Den Haager Gerichts ein diplomatischer Coup. Den Internationalen Strafgerichtshof gleich nebenan, der Kriegsverbrecherprozesse gegen Einzelpersonen durchführt, lehnt Südafrikas Regierung aus Solidarität mit verfolgten afrikanischen Staatschefs ab."

    "Verfolgten afrikanischen Staatschefs"?



    Sollte es nicht heißen: "wegen Kriegsverbrechen STRAFverfolgten Staatschefs?"

    Ablehnung des Internatinalen Strafgerichtshofes aus "Solidarität" mit diesen?

    Das sagt eigentlich schon alles.

    "Der IGH hingegen ist als UN-Instanz zur Regelung zwischenstaatlicher Streitigkeiten das ideale Forum für den Globalen Süden."

    Ist er für den globalen Süden das ideale Forum, weil der nicht zuständig ist für die Strafverfolgung von Kriegsverbrechen?

  • Unglaublich, ein völlig durchgeknallter Reservist hält eine rechtsextremistische Ansprache und alle Israelis werden dafür in Haftung genommen



    Halt Südafrika eigentlich auch die Palästinenser des Völkermords an den Juden bezichtigt oder waren die Ereignisse vom 7.Oktober dafür nicht ausreichend?



    Wenn die damit durchkommem ist Den Haag für mich erledigt.

  • Ein guter, ein sehr guter Artikel,..



    danke taz für die gezeigte Unabhängigkeit in ihrer Berichterstattung.

    Der Kläger Südafrika ist natürlich nicht prädestiniert für die Moral im Völkerrecht....



    Aber so kann es einfach nicht mehr weitergehen.



    Demokratie muß ihre Stimme erheben, ein Opfervolk muß mit allen demokratischen Mittel vom ihrem Irrweg abgebracht werden.

    Eine Holocaust überlebende Religionsgemeinschaft/religiös geprägter Staat darf nicht diesen Racheweg, diesen Vergeltungsweg, um jeden Preis, gehen.

    • @Peace85:

      Um Anzeige zu erstatten muss man selber nicht nett sein.

  • Hier zwei Links zur Anklageschrift m Original und in einer deutschen Übersetzung!

    EN: www.icj-cij.org/taxonomy/term/457



    DE: www.sozonline.de/w...vor-dem-IGH-de.pdf

  • Abseits der ganzen jetzt einsetzenden reflexartigen Täter-Opfer-Schuldimkehr-Vorwürfe an die Adresse Südafrikas wäre aus meiner Sicht als Nicht-Jurist viel interessanter zu erfahren, ob und inwiefern aus den in Johnsons Beitrag aufgeführten Vernichtungsabsichten mehr oder weniger prominenter Israelis und dem aktuellen militärischen der israelischen Armee in Gaza tatsächlich ein beweiskräftiger Genozid-Vorwurf abgeleitet werden kann.



    Sprich, welche Aussichten auf Erfolg hat der südafrikanische Vorstoß aus juristischer Sicht denn nun wirklich? Das ideologische Geplänkel rundherum zwecks Verdammung oder Reinwaschung Israels ist ermüdend und wir könnten es uns eigentlich auch sparen.

    • @Abdurchdiemitte:

      Es handelt sich hier um den Internationaler Gerichtshof, aber nicht um den Internationaler Strafgerichtshof. Ein Urteil häte keinerlei rechtliche Auswirkungen auf Israel.

    • 0G
      06438 (Profil gelöscht)
      @Abdurchdiemitte:

      "".....reflexartigen Täter-Opfer-Schuldimkehr-Vorwürfe an die Adresse Südafrikas.""



      ==



      Mitnichten.

      Der Stiftung Wissenschaft & Politik könnte alles mögliche vorgeworfen - werden --Reflexe allerdings bestimmt nicht.

      Die SWP leitet aus dem Ziel der Hamas, nämlich die physische



      Ver­nichtung von Juden in Israel, die Konsequenz der vollständigen Zerschlagung der Hamas und ihrer Struk­turen auch in der Bundesrepublik und Europa ab.

      Zitat:



      ""Das Ausmaß der Gewalt am 7. Oktober zeigt, dass der Hass der Hamas auf Israelis und Juden genauso groß ist, wie dies die einschlägigen Passa­gen der Hamas Charta aus 1988 nahelegen.""

      ===

      Da aus Südafrika kein weiterer Erkenntnisgewinn vorliegt der erklärt, was derzeit im Nahen Osten staatfindet, kann Südafrikas Vorstoss nur politisch verstanden werden:

      Südafrika schmiegt sich an die Linie der ""Axe des islamistischen" Widerstandes"" an.

      Im Gegensatz zur SWP, die hinsichtlich der Erkenntnisse und der daraus folgenden Handlingsoption aufwendig recherchiert und argumentiert - dreht Südafrika in Anlehnung an Putin in rechtspopulistischer Manier den Spiess einfach um. Schade das Südafrika beim umdrehen die passenden Argumente vergessen hat.

      siehe



      www.swp-berlin.org...haft-und-die-hamas

      • @06438 (Profil gelöscht):

        "Das Aktuell gibt die Auf­fassung des Autors wieder."

        Den Artikel verantwortet der Autor Guido Steinberg, nicht die Stiftung Wissenschaft und Politik.

      • @06438 (Profil gelöscht):

        Wir drehen uns hier argumentativ im Kreis.



        Guido Steinberg hat im swp-Beitrag die historischen und ideologischen Wurzeln des islamischen Judenhasses ja sorgfältig und zutreffend analysiert. Keine Gegenrede.



        Und die Motive Südafrikas, Israel jetzt derart “gegen den Karren zu pissen” waren auch nicht Gegenstand meines Posts. Vielleicht späte Revanche für die Unterstützung des Apartheid-Regimes? Möglicherweise. Letztlich aber Spekulation.



        Es ging mir lediglich um eine Einschätzung der Erfolgsaussichten der südafrikanischen Klage, da mir persönlich die juristische Expertise dazu fehlt. Nicht darum, die eine oder andere Seite an den Pranger zu stellen.



        Die Verhältnismäßigkeit des israelischen Vorgehens in Gaza wird hier ja schon seit Wochen heftigst diskutiert, ist aber immer stark gefärbt von den subjektiven Einschätzungen des Konflikts bzw. ideologisch-politisch motivierten Annahmen, die uns für die eine oder andere Seite Partei ergreifen lassen.

        • 0G
          06438 (Profil gelöscht)
          @Abdurchdiemitte:

          "".........ideologisch-politisch motivierten Annahmen, die uns für die eine oder andere Seite Partei ergreifen lassen.""



          ==



          Ausgehend von den Tatsachen, das Gaza seit 2005 kein von Israel besetztes Territorium ist, Gaza über Jahre zu einer Terrorfestung mit einem gigantischen Aufwand ausgebaut wurde um den Staat Israel, wie am 7.Oktober geschehen, anzugreifen, ergibt sich daraus ein Verteidigungsrecht Israels - welches in der Diskussion nicht bestritten wird.

          Was gleichzeitig auch nicht bestritten wird ist das Israel Bombardierungen ankündigt, Zeit zur Verfügung stellt sich in Sicherheit zu bringen und in der Regel das Gebiet ankündigt, welches bombardiert wird oder wo Kampfhandlungen gegen Hamas stattfinden werden. Das auch unangekündigte Bombardierungen stattfinden stellt dieses Handlungsprinzip der IDF nicht in Frage: Durch dieses Handlungsprinzip der Ankündigung nimmt das israelische Militär Nachteile in Kauf.

          Klartext:



          Mir ist kein Fall der Genozid - Rechtsprechung bekannt, in der der Angreifer, der gleichfalls nicht bestritten werden kann, durch eine Rechtsprechung geschützt wird, die Kollateralschäden durch Verteidigung



          als Genozid anerkennt.

          Gleichzeitig steht die Schutzbedürftigkeit der Zivilbevölkerung außer Frage - hier geht es um die Verhältnismässigkeit der israelischen Angriffe gegenüber der Zivilbevölkerung - abseits vom Genozidvorwurf.

      • @06438 (Profil gelöscht):

        Das ist doch ein ganz anderes Thema. Dass das Massaker der Hamas vom 7. Okt. genozidalen Charakter hatte, ist aus meiner Sicht völlig klar (und wurde so auch schon in der Taz bewertet).



        taz.de/Gaza-im-Voelkerrecht/!5967927/



        Bei der Klage vor dem IGH geht es jetzt aber darum, ob der militärischen Reaktion Israels wegen ihrer übergroßen Härten gegenüber Zivilisten und der vielen schlimmen Aussagen von israelischen Akteuren ebenfalls eine Vernichtungsabsicht unterstellt werden kann, die die Völkermordkriterien erfüllt. Hat beides nicht direkt miteinander zu tun.

  • Auf solche Äußerungen, wie die südafrikanische Klageschrift sie zitiert, beruht übrigens auch der Vorwurf Greta Thunbergs an Israel www.zeit.de/gesell...el-voelkermord-vor

  • Täter - Opfer Umkehr.



    Schade was aus diesem Land des grossen Nelson Mandelas geworden ist.

    • @Demokrat:

      Die Zivilbevölkerung Palästinas sind also „Täter“? Das Land des großen Nelson Mandela wird doch wohl seinem Anspruch besser gerecht als Deutschland, das aus seinen Fehlern gelernt habe und dem Weltfrieden verpflichtet sei.

      • @Ibrahimo:

        "Die Zivilbevölkerung Palästinas sind also „Täter“?"



        Diese Frage wird sich frühestens beantworten lassen, wenn eine klare und eindeutige Unterscheidung zwischen Hamas und zivilen Palästinensern möglich ist. Genau da liegt das große Problem.

  • Schon wieder ein missglückter Versuch der Täter Opfer Umkehr. Das erklärte Ziel der Hamas (des Irans etc.) ist die Auslöschung Israels. Seit Jahrzehnten so artikuliert und seit Jahrzehnten mittels blankem Terror versucht zu vollziehen. Die zitierte Aussage des israelische Reservisten beschreibt eine Episode eines (begründet) hasserfüllten Individuums ist aber keine authorisierte politische Aussage die ein politisch/militärisches Ziel des beklagten Staates Israels beschreibt.

    • @maxwaldo:

      '' Die zitierte Aussage des israelische Reservisten beschreibt eine Episode eines (begründet) hasserfüllten Individuums ist aber keine authorisierte politische Aussage die ein politisch/militärisches Ziel des beklagten Staates Israels beschreibt. ''

      Klar kann das eine Aussage im Affekt sein. Aber schneidet man das dann gleich mit dem Handy mit und stellt es online? Man kann sich alles schönreden und / oder ignorieren. Von wem werden Kriegsverbrechen begangen? Von Soldaten oder den Politikern, die die Soldaten in den Kampf treiben. Was war der zitierte Reservist: ein Soldat.

      Was wir aber nicht wissen:



      (1) welchen Rang hat dieser Soldat eingenommen (je höher und mit damit mit umsomehr Befehlsgewalt, desto mehr Substanz im Sinne der Anklage).



      (2) wie ist militärische Führung mit diesem Soldaten und dessen Video (das ja offensichtlich breit im Umlauf war) umgegangen? Hier gilt: je weniger Eingreifen, desto mehr Substanz im Sinne der Anklage.

      • @EffeJoSiebenZwo:

        Fragen Sie mal Gil Ofarim, was man so Alles so im Affekt online stellen kann, oder Christian Wulff, was man aus Wut auf eine Mailbox spricht! Beide müssen allerdings die Konsequenzen ihrer Äußerungen tragen. Unter dem Gesichtspunkt, inwiefern sich der israelische Staat diese Aussagen zueigen macht, wäre vielleicht eher interessant, ob das auch für diesen Offizier gilt.

        An sich aber bleibt es eine Einzeläußerung, die eigenverantwortlch veröffentlicht wurde und die man erst einmal in kausalen Zusammenhang mit dem, was tatsächlch in Gaza passiert ist, bringen müsste.Denn ja, es werden Zivilisten in Gaza getötet, und es erfolgen auch andere Handlungen, die den Tatbestand des Völkermords erfüllen KÖNNEN. Sie TUN das aber nur, wenn sie in genozidaler ABSICHT erfolgen. Das wäre nur der Fall, wenn die Verursacher dieser Handlungen genauso wie dieser Offizier. Man weiß so ohne weiteres ja nicht mal, ob er selbst irgendetwas getan hat, das seinen geäußerten Vernichtungsphantasien diente (und nicht nur legitime militärische Notwendigkeit in einem asymmetrischen Konflikt darstellte).

        • @Normalo:

          Hm, ob man das mit den Fällen Ofrim und Wulf tatsächlich vergleichen kann? Der eine war ja 'nur'beleidigt, weil sich jemand seiner Meinung nach vorgedrängt hatte, und der andere war wohl so blauäugig zu denken, sein Mailbox-Rant würde nicht öffentlich gemacht werden (können?).

          Ist der 'Video'-Soldat denn tatsächlich im Range einiges Offiziers (In dem Artikel oben wird nur von Soldat gesprochen)? Das wäre dann tatsächlich noch etwas bedenklicher.

  • Wenn ich das was die israelische Armee den Einwohnern antut mit dem vergleiche was sie ihnen antun könnte, fällt es mir mehr als schwer irgendwelche bösartigen Absichten zu unterstellen. Nach meiner, natürlich unzulänglichen, Wahrnehmung gibt es dort nur eine Organisation die alles tut um die Zahl der zivilen Opfer zu erhöhen, und das ist die Hamas.



    Ich denke an den Gerichtshöfen sitzen keine Volltrottel, also warte ich einfach mal ab wie dort geurteilt wird.

  • Nach der Raz Segal'schen Genozidanalyse ("den Holocaust als Waffe missbrauchen") oder Frau Thunbergs missverständlicher Octopodal-Analogie (www.fr.de/panorama...dna-92748483.html) endlich mal etwas konkretes zur Völkermorddefinition, deren Kriterien durch die Hamas offenbar nur suboptimal erfüllt werden.

    • @Jutta57:

      Segals Analyse war eine mit ähnlichen Zitaten aus Israel. Thunberg bezog sich auf Segal. Fundierte Aussagen gibt es also so schon länger. Sie erreichen nur mehr Beachtung durch die Anklage seitens Südafrika. Auch indem die konkreten Anklagepunkte publik werden.

  • "Südafrika ist Palästina aus alter Solidarität im Befreiungskampf des ANC gegen das mit Israel befreundete Apartheidregime verbunden"

    Es scheinen beim ANC also noch alte Rechnungen mit Israel offen zu sein.

    Israel und Südafrika führten keine offiziellen diplomatischen Beziehungen.



    Es war wohl eher eine Zweckgemeinschaft, um sich gegenseitig vor Kritik zu schützen. Das als "befreundet" zu bezeichnen, halte ich für tendentiös, weil es Gemeinsamkeiten unterstellt. In einer Welt, die sich in Gut und Böse aufteilt, mag die Bezeichnung stimmen.



    Die Realität ist aber Produkt ärgerlicher Kompromisse.

    Die PLO hatte den ANC damals in ihrem Freiheitskampf unterstützt. Jetzt scheint es andersherum zu sein.



    Ich befürchte, wenn Israel mit Hilfe des IGH unter Druck gesetzt wird, bleiben Gerechtigkeit und Frieden garantiert auf der Strecke.

    Es wird keinen Frieden geben, ohne die Anerkennung des Existenzrechts Israels.



    Was Israel schwächt, verlängert den Krieg.



    Deshalb kann ich die Freude von "Völkerstrafrechtsaktivist Reed Brody auf das „Völkerrechtspendant zu einem WM-Finale“.", nicht nachvollziehen. Nichts ist gewonnen.

    • @Onkel Heinz:

      "Es wird keinen Frieden geben, ohne die Anerkennung des Existenzrechts Israels. "

      Richtig.

      Und es wird auch mit Sicherheit keinen Frieden geben, ohne dass Israel das Existenzrecht eines Palästinenser-Staates in Palästina anerkennt.

      Das ist realistischerweise die Situation, ganz egal, was man für richtig oder wünschenswert hält.

    • @Onkel Heinz:

      Könnte es nicht sein, dass die Zweckgemeinschaft doch auf Gemeinsamkeiten beruhte? Dass die PLO den ANC unterstützt hat, warum sollte das ein Grund sein, dass Israel das Apartheidregime unterstützt?

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    Artikel 7 aus dem Grundsatzprogramm der Hamas aus 2017

    ""Die (letzte) Stunde (der Tag des Jüngsten Gerichts) wird nicht kommen, bevor die Muslime die Juden bekämpfen. Und die Muslime werden sie töten, bis sich die Juden hinter Steinen und Bäumen verstecken. Doch die Bäume und Steine werden sprechen: ‚Oh Muslim, oh Diener Allahs, hier ist ein Jude, der sich hinter mir versteckt. Komm und töte ihn! Nur der Gharkad-Baum wird dies nicht tun, denn er ist ein Baum der Juden.‘“

    ===

    Wie die Kommission mit welchen Beweisen sie den Versuch Südafrikas



    eine Täter - Opfer Umkehr a la Putin zu konstruieren bewerten wird ist derzeit unbekannt.

    Bekannt dagegen und gerichtlich verwertbar ist die 1.. Theorie der Terrortruppe Hamas zum MordAufruf an Juden aus dem Hamas Grundsatzprogramm und die ausgeführte



    2.. Praxis vom 7.Oktober, wobei israelische Behörden die grausamen Methoden wie die 1200 Opfer zu Tode vergewaltigt & gequält wurden kriminalistisch sauber ermittelt haben und



    3. der Nachweis des Angriffs der Hamas mit bislang 13.000 Raketen auf israelisches Territorium.

    Ob die Kommission den Krieg Israels gegen Hamas als berechtigte Not- oder Gegenwehr anerkennt ist gleichfalls unbekannt - genauso wie unbekannt ist, ob die drastischen Reaktionen auf den Zivilisationsbruch vom 7. Oktober in den Tagen danach, also bevor das gesamte schreckliche Ausmass des Hamas Angriffs begriffen



    wurde, zu rechtsgültigen Annahmen führen können.

    Davon, das unbeteiligte Zivilisten durch israelische Bomben Schaden erlitten haben oder getötet wurden, ist auszugehen - wobei es Südafrika offenbar in der politischen und juristischen Bewertung einen eklatanten Mangel an kompetenten Beratern nachweist. Das Selbstverteidigungsrecht Israels ist unbestritten. Trotzdem die Anzahl der Getöteten für den südafrikanischen Vorwurf unerheblich ist -- ist die von Hamas angebebene Zahl der Kriegstoten mehr als zweifelhaft auch weil Hamas nicht zwischen getöteten Terroristen & Zivilisten unterscheidet.

    • 8G
      80580 (Profil gelöscht)
      @06438 (Profil gelöscht):

      Solange alle unabhängige Beobachter von der IDF gezielt beschossen werden wird es keine "unabhängigen" Opferzahlen geben.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      '' Davon, das unbeteiligte Zivilisten durch israelische Bomben Schaden erlitten haben oder getötet wurden, ist auszugehen - wobei es Südafrika offenbar in der politischen und juristischen Bewertung einen eklatanten Mangel an kompetenten Beratern nachweist. Das Selbstverteidigungsrecht Israels ist unbestritten. Trotzdem die Anzahl der Getöteten für den südafrikanischen Vorwurf unerheblich ist -- ist die von Hamas angebebene Zahl der Kriegstoten mehr als zweifelhaft auch weil Hamas nicht zwischen getöteten Terroristen & Zivilisten unterscheidet.''

      Richtig:



      es fällt schwer, absolute Zahlen an getöteten Menschen ins Verhältnis zu setzen.

      Aber:



      Sie können nicht einerseits der Hamas den Vorwurf machen, nicht zwischen getöteten Terrorist:innen und Zivilist:innen bei den genannten > 21.000 Toten auf der pali Seite zu unterscheiden, dafür aber selbst undifferenziert bzgl der isr Seite von 1.200 getöteten Menschen sprechen, ohne darauf hinzuweisen, dass hier neben Zivilist:innen eben auch Soldat:innen in Kampfhandlungen betroffen waren.

      Im übrigen gelten die von der pali Seite genannten Zahlen zu Getöteten als durchaus belastbar, es gibt sogar Stimmen (auch aus der UN, wenn ich mich recht entsinne), die Zahl der Getöteten als noch höher einschätzen, weil viele Leichen noch unter Trümmer liegen und nicht geborgen werden können.



      Aber natürlich ist klar, dass jede der beiden Seiten ein Interesse daran hat, die Zahlen in ihrem Sinn hoch- bzw. runterzuschreiben.



      Strategisches Informationsmanagement halt...

  • Hierzu muss man allerdings sagen, dass speziell Südafrika hier (und nicht zum ersten Mal) vorprescht, weil Israel der einzige Staat der Welt war, der das Apartheidsregime nicht nur wirtschaftlich am Leben hielt und militärisch unterstützte, sondern sogar versuchte es zu einer Atomwaffenmacht aufzubauen.

    Dass ausgerechnet Israel - ein Staat, dessen Grundung der Wahrung der Menschenrechte diente - die letzte erzrassistische Kolonial- und Siedlerdiktatur unangreifbar machen wollte, ist nichts, was man verzeihen kann oder will, wenn man zu denen gehört, die von dieser Diktatur zu Zehntausenden ermordet und zu Millionen gequält, gefoltert, erniedrigt und entrechtet wurden.

    Man muss sich ja vor Augen halten, dass die stärkste israelische Unterstützung zu der Zeit stattfand, als die USA völlig schamlos jedweden anti-linken Totschläger und Caudillo unterstützten - aber Südafrika, das war selbst Reagan zu dreckig. Aus südafrikanischer Sicht ist Israel also der absolute Paria unter den Nationen.

    Ob es jedoch konstruktiv ist, sich daran abzuarbeiten - das ist eine andere Frage. In Deutschland sowieso eine überflüssige, denn was hat Israel *uns* je getan? Nichts, rein gar nichts! Viel zu nett behandelt haben uns die NS-Überlebenden allenfalls.

    Die Anklageschrift zusammenzustellen war eine langwierige Frickelarbeit, mit Übersetzung und allem; die meinen es ernst. Aber auch wenn es nicht das Primärziel ist, geht es in erheblichem Maß auch darum, gegenüber der südafrikanischen Bevölkerung ein Zeichen zu setzen. Denn im Gegensatz zur Shoah ist für allemal ein Viertel der heute lebenden Südafrikaner*innen der weiße Terror noch persönliche Erfahrung, und nicht steriles Buchwissen das man ungestraft uminterpretieren und instrumentalisieren kann, um (wie die israelischen Rechten oder CDU/CSU/AfD es tun) eine rassistische, repressive, menschenverachtende Agenda und den Ausschluss ganzer Ethnien von der Allgemeingültigkeit der Menschenrechte damit weißzuwaschen.

    • @Ajuga:

      Vielen Dank für diese Einblicke! Zwei Anmerkungen habe ich jedoch:



      Erst einmal, dass Israel zwangsläufig auch als Siedlungskolonie gegründet wurde - mit vielen Besonderheiten, die die Situation besonders komplex und aus vielen Blickwinkeln beschreibbar gestalten. Viele europäische Juden sind wegen des Antisemitismus auch nach Amerika ausgewandert - Wem eine jüdische Nation bei der Suche nach Menschenrechten also nicht so wichtig war, hatte eine Alternative. Diese teilweide fortlaufende Wahlmöglichkeit erklärt auch, weswegen amerikanische Juden im Durchschnitt so weit links sind, während Netanyahu am ehesten mit Trump und Orban harmoniert.



      Die zweite Sache ist: Nur weil Israel uns nichts getan hat, heißt das nicht, dass wir deswegen einen Völkermord (so er denn einer ist) ignorieren sollten. Das Beispiel von Myanmar im Artikel zeigt doch, dass wir bei einer Klage gegen ein Land, mit dem wir nie bedonders im Clinch lagen, durchaus mitziehen.

      • @Marvienkäfer:

        Ich denke, es geht um die Motivation, warum der Prozess angestoßen wird.



        Ist es der Wunsch nach Gerechtigkeit oder soll der Prozess dazu benutzt werden, Rache zu üben, unter dem Deckmäntelchen der Suche nach Gerechtigkeit?

    • @Ajuga:

      "steriles Buchwissen das man ungestraft uminterpretieren und instrumentalisieren kann, um (wie die israelischen Rechten oder CDU/CSU/AfD es tun)"

      Sie schaffen es doch immer wieder bei jedem Thema, die AfD auf ein demokratisches CDU Niveau runter zu drehen.

    • @Ajuga:

      Es gab Zusammenarbeit zwischen dem südafrikanischen Apartheidsregime und der damaligen israelischen Regierung, das ist zweifellos schlimm. Das liegt aber nicht daran, dass Israel, genauer die israelische Regierung, "die letzte erzrassitische Kolonial- und Siedlerdiktatur unangreifbar machen wollte". Das liegt daran, dass Israel niemals wählerisch in der Wahl seiner Freunde sein durfte und leider bis heute darf. Das liegt wiederum daran, dass die christlichen Länder mittels Kolonisierung ihren kranken eliminatorischen Judenhass überall, also auch im globalen Süden, verbreitet haben und dieser inzwischen so ziemlich das Einzige ist, worauf mensch sich in UN-Gremien einigen kann.

      • @Henriette Bimmelbahn:

        Israel hatte doch in Europa und in den USA immer genug Unterstützer. Und welchen Nutzen hatte Israel von der Zusammenarbeit mit Südafrika?

  • Nun erkennt man, dass sich der Völkermordsvorwurf durchaus plausibilisieren lässt. Das verdeutlicht im Rückblick doch sehr gut, wie wichtige Perspektiven auf den gegenwärtigen Konflikt ausgeschlossen wurden.

    Von Genozid sprechen sei gar Herabwürdigung der Opfer vom Holocaust selbst - so die Antisemitismusexpertin und Historikerin Juliane Wetzel im bei der taz veröffentlichten Artikel 'Luisa Neubauer distanziert sich'.

    Dass nicht einmal vor der Wehrhaftmachung der Opfer des Holocaust für die hirnverbrannten roten Linien, die gezeichnet werden sollten, Halt gemacht wurde, ist eines der Beispiele für die völlige Entgrenzung an Diskurs zu Israel-Palästina hierzulande.

    Dass die Rezeption der Anklageschrift Anlass für eine nüchterne Betrachtung gibt, ist dann doch bereits eine positive und sehr willkommene Leistung der südafrikanischen Kläger. Die weiteren Kontextualisierung des Autors sind ebenfalls willkommen.

    • @Ibrahimo:

      Volle Zustimmung!

  • Danke Südafrika. Dies ist der Mut, der unserer derzeitigen Regierung fehlt.

  • Ich habe schon lange von so einer Rethorik gewusst und so eine Sprache, vor allem von Leuten die die Macht haben so zu handeln wie sie wollen, ist einfach nicht zu verteidigen.

    Südafrika hat definitiv einen Punkt hier.

  • Weil viele relevante Dokumente bereits "online" vorliegen, wird das sicher nicht ohne Nachhall bleiben. Israel hat aus der Rechtsstaatlichkeit eigene normative Optionen, das ist der dortige Maßstab.



    Offensichtlich gibt es mehrere Ebenen für Ermittlung, Zuständigkeit und Anerkennung.*



    Spanien galt als Vorreiter für das:



    "Weltrechtsprinzip



    (...)



    Straflosigkeit ist eines der größten Hindernisse für die Durchsetzung der Menschenrechte. Um sie wirkungsvoll und auch grenzüberschreitend zu bekämpfen, hat die Völkergemeinschaft das Prinzip der universellen Zuständigkeit geschaffen."



    Quelle Zitat amnesty.ch



    /



    *Bei zdf.de als Quelle:



    "Der 1945 gegründete IGH ist das wichtigste Rechtssprechungsorgan der UN. Er setzt sich zusammen aus 15 Richterinnen und Richtern aus 15 Ländern. Das Gericht wird auf Antrag eines oder mehrerer Staaten tätig und schlichtet Konflikte zwischen Staaten. Es ist nur dann zuständig, wenn alle beteiligten Parteien die Zuständigkeit anerkannt haben.



    Seine Urteile sind in der Regel bindend, allerdings hat das Gericht keine Handhabe, ihre Umsetzung zu erzwingen.



    Quelle: KNA"

  • Massenmörder, Völkermörder jedweder Couleur sind verachtenswert und gehören selbstverständlich auf die Anklagebank.

    • @Trabantus:

      Auch Völkermörder, die das tun: www.morgenpost.de/...srael-filmten.html ? Besonders beachtenswert, dass die Aussage des israelischen Verteigungsministers " Wir kämpfen gegen menschliche Tiere" IN DIREKTEM ZUSAMMENHANG mit dem Massaker steht.

      • @Henriette Bimmelbahn:

        Das war aber die Rechtfertigung insbesondere dafür, den Palästinensern das Wasser abzudrehen.

      • @Henriette Bimmelbahn:

        Ja, natürlich. Würde mich sehr freuen, wenn Israel die Verantwortlichen dafür in Den Haag anklagt. Das eine schließt das andere ja nicht aus.

        • @Harmo-Nie:

          Das wird oft behauptet, stimmt aber so nicht: www.jewishvirtuall...d-facts-deutsch-15



          Kein Land, auch Israel kann ohne Partner bestehen, mit internationalen Partnern und Unterstützern sieht es für Israel, siehe z.B. die UN, nicht gut aus. Vermutlich hat man sich in Israel aus SA Unterstüzung versprochen.

        • @Harmo-Nie:

          Nun sind der Massenmord vom 7.10. und die Äußerungen, die die aufrechten Gerechtigkeitskämpfer aus SA so fleißig gesammelt haben nicht nur zufällig ungefähr gleichzeitig, sondern die Äußerungen beziehen sich konkret darauf. Darum wird der Vertreter Israels, denke ich, sowohl das Massenschlachten ansprechen, wie auch den von den Schlächtern enthusiastisch selbst gedrehten Mitschnitt ihrer Tat dem Gericht vorführen.

      • @Henriette Bimmelbahn:

        Ja, natürlich müssen auch alle Schlächter der Hamas auf die Anlagebank.

        Aber denken Sie nicht, dass der israelische Verteidigungsminister, ein Mann, der durch seinen Werdegang im Militär vermutlich schon einiges an Gewalt miterlebt hat, sich als oberster Befehlshaber der Streitkräfte, die nun kämpfen, nicht vorsichtiger hätte äußern müssen?

        Das vollständige Zitat ist übrigens laut Wikipedia: „Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und wir handeln entsprechend.“.[10][11

      • @Henriette Bimmelbahn:

        Jedweder Coleur schließt alle genannten ein. Massenmörder, Kriegsverbrecher, Völkermörder.

  • Die zitierten Äußerungen sind zweifellos schlimm. Sie sind allerdings nicht zuletzt auch eine hasserfüllte (verbale) Reaktion auf das Massaker der Hamas. Es ist nicht ersichtlich, dass der Staat Israel jemals die Vernichtung möglichst vieler oder gar aller Palästinenser geplant hat. Zudem geht die israelische Armee in Gaza auch erkennbar nicht entsprechend vor. Das Massaker der Hamas und ihr Ziel, Israel zu vernichten, erfüllt hingegen eindeutig die Kriterien von Völkermord.

    In Ruanda begann der Völkermord faktisch direkt nach dem Abschuss des Präsidentenflugzeuges, also auf den ersten Blick ebenfalls als Reaktion. Aber dass war nicht so. Mehr oder weniger offen zur Vernichtung der Tutsi aufgerufen wurde schon mindestens die zwei vorangegangenen Jahre.

  • 8G
    80580 (Profil gelöscht)

    "das mit Israel befreundete Apartheidregime" Das ist ein Euphemismus sondergleichen. Bis zum Ende der Apartheid 1992 hat Israel sowohl Polizei und Geheimdienst als auch Militär der weißen südafrikanischen Apartheitsregierung ausgebildet. Ebenso hat Israel die südafrikanischen weißen Apartheitsregierungen entgegen mehrerer UN-Beschlüsse und eines UN-Embargos mit Waffen versorgt. In Südafrika geht sogar das unbewiesene Gerücht um, daß israelische Agenten am Tode Steve Bikos beteiligt waren.

    • @80580 (Profil gelöscht):

      Israel hat Südafrika auch zur Atombombe verholfen.

    • @80580 (Profil gelöscht):

      In Südafika und im Rest der Welt gehen schon seit Jahrhunderten "unbewiesene Gerüchte" über die Juden um.

      • 8G
        80580 (Profil gelöscht)
        @Henriette Bimmelbahn:

        Da ist er wieder, der antisemitische Reflex die Verbrechen Israels den Juden auf der ganzen Welt anzulasten. Den Schwarzafrikanern und Asiaten sind die Juden herzlich egal, die wissen meistens nicht mal was ein "Jude" sein soll. Was ihnen nicht egal ist und das im Gegensatz zum "Westen", sind die Verbrechen der israelischen Regierungen.

        • @80580 (Profil gelöscht):

          Machen Sie sich nicht lächerlich. Bei der letzten Documenta wurde das Werk des indonesischen - also asiatischen - Kollektivs "Taring Padi" gezeigt. Es stellt u.A.einen Zigarre rauchenden Geschäftsmann dar, er hat Wolfszähne und blutunterlaufene Augen, Hakennase, Brille und Schläfenlocken. Auf seinem Melonenhut ist das Doppelrunen-Zeichen der SS erkennbar.



          taz.de/Antisemitis...ocumenta/!5859644/



          Was ein Jude ist wissen die Künstler wohl tatsächlich nicht, das hindert sie aber keineswegs daran übelsten antisemitschen Dreck zu verbreiten - einschließlich Täter-Opfer-Umkehr. (SS-Runen an einer als Jude zu verstehenden Person)

  • Klar, ausgerechnet Südafrika ist in der Position Menschenrechte einzuforder. Wie peinlich ist das denn?

    • @Lars Sommer:

      Richtig!

  • Es handelt sich um eine Retourkutsche von Südafrika. Während der Apartheid war Israel eines der wenigen Länder, die Südafrika unterstützt und auch mit Waffen versorgt haben. Die jetzige Regierung in Südafrika ist von vielen Skandalen erschüttert und vom wirtschaftlichen Niedergang gezeichnet. Da passt es, wenn man vom eigenen Scherbenhaufen ablenken kann und dazu noch eine alte Rechnung begleicht.

    • @Puky:

      Genau das denke ich auch!

    • @Puky:

      Eine "Retourkutsche", zu der Israel handfeste Fakten geliefert hat.



      An Stelle eines simplen Retourkutsche-Vorwurfs solltest du vielleicht die im Artikel genannten Zitate widerlegen, um deine Behauptung zu untermauern.



      Südafrika hat sich in der Klage offensichtlich nicht nur mit bloßen Behauptungen beschäftigt, sondern Fakten geliefert. Daran kannst du dir ein Beispiel nehmen.

      • @Tiene Wiecherts:

        Na ja, es geht doch um die Frage, ob die gesammelten Zitate mehr oder weniger prominenter Israelis den Vorwurf des Völkermordes im juristischen Sinne begründen können. Aber vermutlich hat Südafrika bezüglich der Anklagebegründung noch weitere Pfeile im Köcher, die haben schließlich auch gute Juristen. Jeder von uns hat dazu seine persönliche Meinung, je nach politischem Standpunkt in der Sache. Warten wir’s also ab.



        Und die politischen Motive Südafrikas, in dieser Angelegenheit vor den IGH zu gehen, spielen dabei natürlich auch keine unwesentliche Rolle.

      • @Tiene Wiecherts:

        Wenn es eine Retourkutsche ist, ist die Motivation für die Klage ziemlich fragwürdig.



        Wer nach Motto "der Zweck heiligt die Mittel" verfährt, sucht nicht nach Gerechtigkeit, sondern es geht um Rache. Das Gericht wird benutzt.



        Das unterstütze ich nicht.

    • @Puky:

      Das ist hier keine Welt-Theaterbühne und der Stoff keine Banalität: Schon die Unterstellung, hier stünden lediglich Revanche-Fragen und Image-Themen im Vordergrund, fördert die Voreingenommenheit gegenüber der Unabhängigkeit des Gerichtes, wenn es seine Zuständigkeit in dieser Frage erklärt. Vor welchen Instanzen, wenn nicht dem IGH oder dem IStGH sollen denn derartige Konflikte verhandelt werden? In Koblenz nach dem Weltrechtsprinzip wäre doch keine ernsthafte Alternative.



      /



      "Dem Gericht zufolge soll zunächst Südafrika in einer mündlichen Anhörung seine Argumente vortragen, am zweiten Tag dann Israel. Für die Stellungnahmen sind demnach jeweils zwei Stunden anberaumt. Es soll demnach um die Frage gehen, ob das Gericht, wie von Südafrika gefordert, vorläufige Maßnahmen verhängt, um »weiteren schweren und irreparablen Schaden gegen die Rechte des palästinensischen Volkes abzuwenden«...."



      Quelle spiegel.de



      /



      Vielleicht kann eine interessierte Öffentlichkeit bei einer guten Verhandlungsführung lernen, wie Rechtsnorm und Politik auf dieser Ebene juristisch zu bewerten sind. Tatsachen und Aussagen, Zeugen und Dokumente, der ganze Rahmen spiegelt hoffentlich universell transparent die angemessene Würde wider, denn es geht um nicht weniger als um die humanitäre Verantwortung für die Wahrung der Menschenrechte.