Internationaler Gerichtshof zu Gaza: Kämpfe müssen nicht gestoppt werden

Der Internationale Gerichtshof weist den Antrag auf Einstellung der Kämpfe in Gaza ab. Israel soll dafür sorgen, dass es keinen Völkermord gibt, und Hilfe zulassen.

Fünf RichterInnen in schwarzer Robe und weissem Halsband stehen an der Richterbank

Die RichterInnen vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag verhandeln über Israels Kampfhandlungen in Gaza Foto: Patrick Post/ap/ dpa

GAZA/TEL AVIV/DEN HAAG dpa/ap/rtr/taz | Der Internationale Gerichtshof verpflichtet Israel nicht zum Ende des Militäreinsatzes im Gazastreifen. Das höchste Gericht der Vereinten Nationen beauftragte Israel aber am Freitag in Den Haag, mehr Schutzmaßnahmen für Palästinenser zu ergreifen.

Südafrika, das die Klage eingereicht hatte, wollte erreichen, dass Israel seine Militäroperationen im Gazastreifen sofort einstellt. Dem folgten die Rich­te­r:in­nen nicht.

Der Gerichtshof hat Israel aber konkret aufgefordert, dafür zu sorgen, dass seine Truppen im Gazastreifen keinen Völkermord begehen. Zugleich müsse Israel sicherstellen, dass sich die humanitäre Lage in Gaza verbessert, erklärten die Richter. Israel müsse auch humanitäre Hilfe für Gazastreifen ermöglichen. Alle Parteien in dem Konflikt unterlägen dem internationalen Recht.

In der ersten Vorentscheidung im brisanten Völkermord-Verfahren gegen Israel ging es noch nicht um den Hauptvorwurf des Völkermordes – eine Entscheidung in der Sache könnte Jahre in Anspruch nehmen.

Völkermord-Klage wird nicht abgewiesen

IGH-Präsidentin Joan E. Donoghue hatte die Sitzung des 17-köpfigen Richtergremiums am Freitag eröffnet und die mit Spannung erwartete Entscheidung des höchsten UN-Gerichts zu verlesen. Dabei erklärte sie, dass der IGH das Verfahren nicht verwerfen werde. Das Gremium sei zu dem Schluss gelangt, dass es zuständig sei, und könne den Fall daher nicht abweisen.

Der Krieg führe zu vielen zivilen Opfern, einer weitgehenden Zerstörung der zivilen Infrastruktur und der Vertreibung einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung des Küstengebiets, sagte Donoghue. „Das Gericht ist sich des Ausmaßes der menschlichen Tragödie bewusst, die sich in der Region abspielt, und es ist zutiefst besorgt über den anhaltenden Verlust von Menschenleben und das menschliche Leid.“

Der Gerichtshof äußerte sich tief besorgt über den anhaltenden Verlust von Menschenleben im Gazastreifen.

Entscheidungen des Gerichtshofs sind bindend, auch wenn er keine Machtmittel hat, diese durchzusetzen.

Israel sieht Recht auf Selbstverteidigung genommen

Südafrika hatte Ende Dezember Klage gegen Israel eingereicht und dem Land die Verletzung der Völkermord-Konvention vorgeworfen. Grundlage dafür seien „angedrohte, angewendete, geduldete, unternommene sowie aktuell ausgeführte Handlungen von Regierung und Militär des Staates Israel gegen das palästinensische Volk in der Folge der Angriffe in Israel am 7. Oktober 2023“, heißt es in der Anklageschrift, die von Mitgliedern der südafrikanischen Delegation in Den Haag vorgestellt wurde.

Es ist das erste Mal, dass sich Israel vor dem UN-Gericht einem Völkermord-Vorwurf stellen muss. Bei der Anhörung im Den Haager Friedenspalast vor etwa zwei Wochen hatte Israels Vertreter die Vorwürfe entschieden zurückgewiesen. „Israel ist im Krieg mit (der Islamistenorganisation) Hamas, aber nicht mit dem palästinensischen Volk“, hatte der Rechtsberater des israelischen Außenministeriums, Tal Becker, gesagt. Israel wies auch die Forderung nach einem Ende des Militäreinsatzes zurück. Damit würde dem Land das Recht auf Selbstverteidigung genommen, hieß es zur Begründung.

Anlass für den Gaza-Krieg war ein verheerendes Massaker der Hamas und anderer Extremisten am 7. Oktober 2023. Dabei wurden rund 1.200 Menschen getötet und etwa 250 aus Israel entführt worden. Israel macht die Hamas für die Opfer und das Leiden der Zivilbevölkerung im Gazastreifen verantwortlich.

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