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Studie über MontagsdemonstrationenRusslandverständnis und Grünenhass

Teilnehmende der rechten Montagsdemos haben ein grundlegend anderes Verständnis von Demokratie. Eine neue Studie zu ihren Beweggründen.

Russlandversteher auf einer „Montagsdemo“ im thüringischen Nordhausen Foto: Marco Kneise/imago

Leipzig taz | Die Teilnehmenden der rechten Montagsdemonstrationen, die vor allem im Osten des Landes stattfinden, haben ein grundlegend anderes Verständnis von Demokratie und ein anderes Bild von Deutschland als die Mehrheitsgesellschaft. Sie vereint eine tief sitzende Unzufriedenheit mit der Regierungspolitik. Das geht aus einer Studie des unabhängigen Thinktanks Progressives Zentrum und der Bertelsmann Stiftung hervor, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.

Demnach ist das Deutschlandbild der Teilnehmenden oft nationalistisch geprägt: Verantwortung trage Deutschland zuallererst für das Wohlergehen der Deutschen, nicht für das der Ukrai­ne­r:in­nen oder Menschen anderer Nationen. Den Befragten zufolge solle Demokratie möglichst direkt sein, „der Volkswille“ müsse über Volksabstimmungen erhoben und durch „Volksvertreter“ umgesetzt werden.

Für die Studie waren zwei Forscherteams an jeweils drei Montagen im November 2022 und Januar 2023 auf Demonstrationen in Gera und Chemnitz unterwegs und haben 195 Interviews mit 257 Personen geführt. Im Fokus standen dabei nicht die Organisator:innen, sondern jene Demonstrierenden, die sich weder dem äußeren Anschein nach noch durch Redebeiträge oder Transparente der rechtsradikalen Szene zuordnen ließen.

Unzufriedenheit über den Umgang mit dem Ukraine-Krieg

Die Forscherteams fragten die Teilnehmenden, warum sie demonstrieren gehen, welche Erwartungen sie an die Politik haben und welchen politischen Ak­teu­r:in­nen sie zutrauen, Lösungen für die aktuellen Herausforderungen zu finden.

Der am häufigsten genannte Grund für die Teilnahme an den Demos sei die Kritik am Umgang der Bundesregierung mit dem Ukraine-Krieg gewesen, gefolgt von Unzufriedenheit über die Corona-Politik. In fast der Hälfte der Interviews gaben die Befragten an, sich während der Hochzeit der Pandemie den Protesten angeschlossen zu haben.

Auch die Energiekrise sei ein Faktor, der die Befragten zur Teilnahme an den Demos motiviere, aber bei Weitem nicht der bestimmende. Sorgen aufgrund der erhöhten Preise spielten für die Demonstrierenden eine untergeordnete Rolle, heißt es in der Studie. In knapp zwölf Prozent der Interviews nannten die Befragten Ost-West-Gegensätze oder ostdeutsche Erfahrungen als Grund für die Teilnahme an den Demos.

Verständnis gegenüber Russland

Im Hinblick auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine seien viele Demonstrierenden der Ansicht, dass dies nicht „unser Krieg“ sei und Russland „nicht der Feind“. Hingegen sähen sie die USA als „Strippenzieher“. Viele der Befragten fänden, die Nato-Osterweiterung sei unrechtmäßig erfolgt.

Der Studie zufolge würden „nahezu sämtliche“ In­ter­view­part­ne­r:in­nen die Meinung vertreten, dass es keine Zukunft ohne Russland gebe und daher so schnell wie möglich freundschaftliche Beziehungen hergestellt werden müssten. „Ostdeutschland wird dabei als abhängiger von Russland beschrieben als der Westen“, schreiben die Au­to­r:in­nen der Studie.

Besonders stark sorgten sich die Befragten um die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Viele glaubten, die Sanktionen gegen Russland träfen in erster Linie die deutsche Wirtschaft. Neben den Sanktionen lehnten die Befragten auch Waffen- und Panzerlieferungen ab, weil sie eine Kriegsbeteiligung Deutschlands fürchteten.

Scharfe Kritik an den Grünen

Darüber hinaus zeigt die Studie, dass die Demonstrierenden Parteien und Po­li­ti­ke­r:in­nen misstrauen. Vor allem die Grünen kritisierten die Befragten scharf. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sowie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck würden den Demonstrierenden zufolge ihre eigenen Werte verraten.

Für viele Befragte seien die Grünen für die „schlechten wirtschaftlichen Aussichten“ verantwortlich. Klimapolitische Maßnahmen wie der schnelle Umstieg auf erneuerbare Energie würden den Industriestandort Deutschland gefährden. Im Gegensatz zu den Grünen hätten die Befragten die anderen Regierungsparteien FDP und SPD so gut wie gar nicht erwähnt, heißt es in der Studie.

Auf die Frage, welchen Po­li­ti­ke­r:in­nen sie Lösungen auf die aktuellen Herausforderungen zutrauen, nannten die Befragten in mehr als 30 Prozent der Interviews die umstrittene Linken-Abgeordnete Sahra Wagenknecht und in fast 20 Prozent der Interviews Alice Weidel, Co-Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion.

Forderung nach mehr politischer Bildung

Der AfD selbst wiederum werde – trotz der Akzeptanz zahlreicher Positionen – nur bedingt eine Lösungskompetenz zugeschrieben, heißt es in der Studie. In fast 40 Prozent der Interviews gaben die Befragten an, keiner Partei und keinen Po­li­ti­ke­r:in­nen Lösungen zuzutrauen.

Die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im sächsischen Landtag, Hanka Kliese, findet „die starke Fokussierung der Kritik auf Einzelpersonen“ besorgniserregend. Bemerkenswert hingegen sei, „dass der AfD als Partei selbst weniger zugetraut wird, als es Wahlergebnisse vermuten lassen. Die AfD hat im Parlament enttäuscht – vor allem die eigene Klientel.“

Laut Paulina Fröhlich vom unabhängigen Berliner Thinktank „Progressives Zentrum“ müsse die Politik dringend auf das „andere Demokratieverständnis“ der Demonstrierenden reagieren. „Es braucht mehr politische Bildung. Die liberale Demokratie muss aktiv erklärt werden“, sagte die Co-Autorin der Studie am Mittwoch.

Möglicher Einfluss auf die Landtagswahlen 2024

Florian Ranft, ebenfalls Co-Autor, fordert die Regierung dazu auf, „die Machbarkeit von wohlstandssicherndem Klimaschutz“ besser zu argumentieren und kommunizieren. Schließlich lehnten die Befragten Klimaschutz nicht generell ab – sie sorgten sich nur um den Wohlstand in Deutschland.

Obwohl die Montagsdemos bei Weitem kein Massenphänomen darstellten, sagte Kai Unzicker von der Bertelsmann Stiftung, seien sie dennoch ein erhebliches Risiko für die Demokratie – „vor allem dann, wenn sie politisch und gesellschaftlich unterschätzt werden“.

Das sieht auch Co-Autor Erik Vollmann so. Er warnt davor, dass es den Or­ga­ni­sa­to­r:in­nen der Demos gelingen könnte, bei den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen im Sommer und Herbst 2024 „Diskurse antidemokratisch zu prägen“.

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61 Kommentare

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  • Also den Wunsch nach Volksabstimmungen als antidemokratisch darzustellen, ist ja lächerlich. Ich wünsche mir seit langem, in Deutschland gäbe es die Möglichkeit zu Volksabstimmungen auf Bundesebene und über Verfassungsänderungen - genauso, wie in der Schweiz.

    • @Horst Flugfeld:

      Es geht hier nicht um den Wunsch nach Volksabstimmungen. Die werden sowieso sofort diffamiert, wenn das Volk dann tatsächlich anders entscheidet als das Bauchgefühl der eigenen Bubble.

      Schon mal erlebt, wie sehr z.B. Querdenker davon überzeugt sind, für die Mehrheit zu sprechen? Die begreifen tatsächlich nicht, dass sie in der Minderheit sind. Alles, was darauf hindeutet bzw. es beweist, wird als böse Verschwörung abgetan. Es gibt keine Selbstreflexion und keinen Zweifel bei diesen Leuten, und damit fehlt es an der Grundvoraussetzung demokratischen Bewusstseins: der Erkenntnis der Möglichkeit, dass andere auch Recht haben könnten.

      • @Suryo:

        Und genau deshalb wären Volksabstimmungen so wertvoll: Wenn die gefühlte Mehrheit bei der Stimmauszählung ganz objektiv auf eine kleine Minderheit von 5 oder 10 % zusammenschnurrt, dann dürfte das durchaus bekehrende Effekte haben.

        • @Horst Flugfeld:

          Da wäre ich vorsichtig.



          Diese 10% können Mobilisierungsquoten von >80% haben, wenn es um Abstimungen geht. Während gesamtgesellschaftlich 80% bestimmte Themen als nicht wichtig genug betrachten könnten, um an der Abstimmung teilzunehmen.



          Bei solchen Konstellationen ergibt sich dann schnell ein 50/50 Bild.

        • @Horst Flugfeld:

          Da sind Sie viel zu optimistisch, was diese Leute angeht. Die sind nicht "objektiv". Schauen Sie doch mal auf die Propaganda der AfD oder jetzt die von Wagenknecht. Die sind immer und alle davon überzeugt, für eine unterdrückte Mehrheit zu sprechen, die nur wegen finsterer Machenschaften der Eliten nicht als Mehrheit erkannt wird. Zur Not liegt es an der "Lügenpresse", die dem Volk die Wahrheit vorenthält. Die sind ungefähr so wie die republikanische Kongresskandidatin Kari Lake aus Arizona, die ich Ihnen zu Googlen empfehle: die behauptet auch Monate nach der Wahl und nach zig verlorenen Wahlanfechtungen, dass sie gewonnen habe. Etwas anderes ist für Leute wie die schlicht nicht vorstellbar. Die haben keinen Zweifel.

          • @Suryo:

            Das ist jetzt aber auch irgendwie ziemlich pauschalierend. Und von einzelnen Spinnern auf eine sehr viel größere Gesamtheit zu schließen, ist in jedem Fall unzulässig und diskriminierend. Nochmal: Volksabstimmungen zeigen bei jedem Thema klar auf, wie die Mehrheit im Land denkt. Wenn die "gute" Seite es nicht schafft, genügend Unterstützer zu mobilisieren, dann bedeutet das ziemlich sicher, dass sie selbst dem von Ihnen kritisierten Trugschluss unterliegt und irrig davon überzeugt ist, für die Mehrheit zu sprechen. BTW: Die Grünen haben so lange mehr Volksabstimmungen gefordert, bis sie selbst in der Regierung waren. Ab dann wurde es sehr leise um dieses Thema (wäre bei der AFD vermutlich genauso).

            • @Horst Flugfeld:

              Das stimmt, aber die erste Ernüchterung trat schon gleich nach dem ersten Volksentscheid in Hamburg an, der den Grünen ihre Schulreform versaute.

              Dabei trat eine kleine clicque bestens vernetzter Blankeneser in Verbund mit der BILD an, um ihren Kindern das Gymnasium zu retten. Sie gewannen - bei einer sehr niedrigen Beteiligung. Die Leute, die mehr oder weniger objektiv von der Reform profitiert hätten, gingen nicht zur Wahl.

              Volksentscheide mit Wahlpflicht wären wohl die Lösung - aber warum dann nicht einfach gleich Wahlpflicht für alle Wahlen?

              Allerdings löst das das Problem der Realitätsverweigerung einiger leider immer noch nicht. Die würden dann wieder auf die Lügenpresse verweisen (und wie obiges Beispiel zeigt, kann eine Pressekampagne ja auch wirklich Einfluss haben), oder sie behaupten, die Auszählung sei manipuliert. Ich fürchte, man sollte sich bei einigen Leuten (natürlich nicht allen!) dahingehend keine Illusionen machen. Und wenn wir über Milieus wie die Reichsbürger reden, wird es noch deprimierender…

  • Natürlich ein hat ein Staat zuerst immer Verantwortung für sein eigenes Volk, die anderen Sachen kommen danach.

    • @Herbert Eisenbeiß:

      In Zeiten eines globalen Kapitalismus der Mensch und Natur ausbeutet und den damit verbundenen geopolitischen Machtspielchen tragen wir aber noch für vieles mehr die Verantwortung.

    • @Herbert Eisenbeiß:

      "Natürlich ein hat ein Staat zuerst immer Verantwortung für sein eigenes Volk, die anderen Sachen kommen danach."



      Andere Völker = Sachen?



      Wie ist das mit der Verantwortung für Dinge die dieser Staat tut oder getan hat?



      Was ist mit Dingen von denen dieser Staat profitiert hat? Dankbarkeit oder so?

      Vielleicht wollen Sie noch einmal nachdenken, bevor Sie einen solchen Kurzkommentar raushauen?

    • @Herbert Eisenbeiß:

      Genau deswegen muss Russland gestoppt werden. Ein Russland, dass weiterhin den Frieden in Europa bedrohen kann und uns und überhaupt den gesamten Westen hasst und ihm schaden will, ist in keiner Weise in Deutschlands Interesse.

  • 6G
    667928 (Profil gelöscht)

    Also ganz ehrlich: Bezüglich Frau Fröhlichs Idee, den Befürwörtern von mehr direkter Demokratie mit "mehr politischer Bildung" zu begegnen, höre ich ein sehr bitteres schweizer Lachen bis hier nach Sachsen. Das deutsche Modell der Demokratie kann mit seiner im int. Vergleich höchsten Abgabenlast auch nicht als sonderlich "liberal" bezeichnet werden. Herr Ranft möchte "die Machbarkeit von wohlstandssicherndem Klimaschutz“ besser zu argumentieren und kommunizieren". Wem gegenüber denn? Relevante Wirtschaftsunternehmen, die von günstiger Energie abhängig sind, investieren schon seit über 10 Jahren nicht mehr nennenswert in Deutschland, inzwischen setzt mit BASF usw. schon eine regelrechte Flucht ein. Das ist auch kein Wunder, aber zum Verstehen braucht man eben einen volkswirtschaftlich-/ingenierwissenschaftlichen Hintergrund und keinen Dr. in politischer Soziologie und internationaler Politik.

    • @667928 (Profil gelöscht):

      Ich denke, dass gerade die Schweizer großteils das kalte Grausen ergreift bei dem Gedanken, Deutschland könnte auf direkte Demokratie umstellen. Denn ja, dafür braucht es Elemente der Schweiz, die Deutschland schon aufgrund seiner Größe nicht haben kann, sowie das evolvierte Verständnis, dass Demokratie nicht nur heißt, denen da oben nach Gusto sagen zu können, was sie zu tun haben. Die Schweiz praktiziert das seit einer Zeit, in der die Dinge noch wesentlich einfacher waren. Heute kräht wer "Brexit" und ein paar erfundene "Fakten", und schwupps setzt der Souverän sein Land auf die wohlfeile Sandbank.



      Zu Thema Bildung sollte man differenzieren. Es ist eine Sache, jemanden der anderer Meinung ist, pauschal für dumm oder ungebildet zu erklären, WEIL er anderer Meinung ist. Es ist eine andere, diesem Jemand zuzuhören und dadurch zur Erkenntnis zu kommen, dass es tatsächlich an wichtigen Grunderkenntnissen fehlt und dieser Jemand DESHALB anderer Meinung ist. Dieses Vorgehen war wohl, was die Studie bezweckte.



      Dazu noch: Ist Ihnen aufgefallen, dass Sie am Ende genau dieselbe Argumentation verwenden, nämlich dass den Wissensschaftlern einfach das nötige Fachwissen fehle, um die Welt "richtig" zu erklären?

    • @667928 (Profil gelöscht):

      Seit wann haben Abgaben etwas mit Liberalität zu tun? Verstehen Sie, was Liberalität bedeutet?

  • Wohlstandssichernde Klimapolitik? Das wäre die eierlegende Wollmilchsau! Was genau ist denn Wohlstand? Und für wen? Dann doch wohl für alle, oder? Dann bräuchten aber wahrscheinlich 5 Erden. Wo bekommen wir die her? Wir könnten uns mittels Genmanipulation auch schrumpfen. Aber ginge das schnell genug? Aber das will sowieso keiner. Es soll ja immer alles wachsen.

    • @Matt Gekachelt:

      Ohne Migration schrumpfen "wir" doch schon - ganz ohne Genmanipulation.

  • Ist das nicht etwas hanebüchen? Als Beleg für "ein grundlegend anderes Verständnis von Demokratie" bzw. ein 'nationalistisches Deutschlandbild' u.a. die Auffassung anzuführen, "Verantwortung trage Deutschland zuallererst für das Wohlergehen der Deutschen, nicht für das der Ukrai­ne­r:in­nen oder Menschen anderer Nationen"?

    Wenn diese Leute (inzwischen) den Amtseid des Bundeskanzlers kennen: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde"?

    Oder 》Im Hinblick auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine seien viele Demonstrierenden der Ansicht, dass dies nicht „unser Krieg“ sei und Russland „nicht der Feind“《 - wenn also Welzer die Standing Ovations für Serhij Schadan taz.de/!5887259/#bb_message_4414250 kritisiert, eine gewisse Distanz annmahnt, Deutschland sei "Drittstaat", steht er eigentlich schon im rechten Lager?

    Und 》Vor allem die Grünen kritisierten die Befragten scharf. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sowie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck würden den Demonstrierenden zufolge ihre eigenen Werte verraten《

    Das mag ja aus einer rechten Perspektive geschehen - aber stört links wirklich niewanden "keine Waffen in Krisengebiete" im Wahlprogramm, und nun erteilt Habeck Genehmigungen wie am Fließband? "Feministische Außenpolitik" - und die Frauen im Iran werden hängen gelassen?

    "Wertegeleitet" - aber die polnische PIS darf die Grenzen verbarrikadieren, Geflüchtete bei Minustemperaturen mit Wasserwerfern traktieren (und die gehen dann nicht nach Hause und ziehen sich was Warmes an taz.de/!5901939/#bb_message_4437239 )

    Wie soll globaler Klimaschutz ohne Russland gelingen?

    Jede Kritik sollte ernst genommen, nicht nur als "rechts" abgebügelt werden, weil drängende Probleme sonst zu leicht aus dem Blick geraten.

    • @ke1ner:

      "Jede Kritik sollte ernst genommen, nicht nur als "rechts" abgebügelt werden, weil drängende Probleme sonst zu leicht aus dem Blick geraten."

      Die Montagsdemonstartion werden von den Leuten organisiert, die weit rechts der AfD stehen. Martin Kohlmann (Ex Rep, Ex DVU, Ex Pro Chemnitz) und Stafen Hartung (NPD) von den freien Sachsen zum Beispiel. Von der Bewegung Leipzig (Ex Legida). Marcus Fuchs (Ex Querdenken 351) von "Dresden vereint" stellt fest, der Überfall Russlands sei "kein Krieg, sondern eine Verteidigungs-Spezialoperation, die laut UN-Charta gerechtfertigt ist." Die Liste ließe sich fortsetzen.

      Wer unter deren Fahnen läuft, dem nehme ich keine Sekunde ab, sich einfach nur für eine friedliche Welt einzusetzen.

    • @ke1ner:

      Es ist wohl eher ein Verständnisproblem, wenn Menschen meinen, deutsche Interessen zu vertreten hieße, Deutschland als einsame Insel zu betrachten. Das sind wir nicht, und würden wir uns als eine solche verhalten, wäre es mit dem ganzen Wohlstand der Freiheit und Sicherheit, bei dem wir jetzt schon wegen geringster Abstriche aufheulen, sehr bald in ganz anderem Maße vorbei.

      Konkreter: Wer Putin gewähren lässt, bringt ihn und seine imperialistische Politik näher an unsere Grenzen. Früher oder später müssen wir uns damit auseinandersetzen, und wer Geschichtsbücher lesen kann, dürfte bestätigen können, dass "später" in der Regel auch "intensiver" bedeutet. Es ist also keine Frage der Überbewertung von ukrainischen Partikularinteressen, ob wir aktiv an deren Seite stehen oder nicht.

      Und dass - daneben - der Amtseid des Bundeskanzlers im Lichte des Grundgesetzes (vgl. Posting von @Suryo) und nicht einer nationalistischen Agenda mit kleinstmöglichem Tellerrand zu sehen ist, darf man Jenen, die diese Agenda vertreten, schon vorhalten, würde ich sagen. Genauso ist es angebracht, Politiker nicht danach zu beurteilen, ob sie ihr Tun in Regierungsverantwortung auch ja stur nach ideologischen Beton-Richtlinien richten. Ideologie hat immer das Problem, Situationen weit einfacher zu umschreiben und zu antizipieren, als die Realität sich in aller Regel gestaltet. Wer das nicht berücksichtigen kann, ist auf einer Seifenkiste am Londoner Hyde Park Corner weit besser aufgehoben als in einem Regierungsamt.

      • @Normalo:

        In der Tat, es lässt sich nicht besser sagen.



        DANKE!

    • @ke1ner:

      "Ist das nicht etwas hanebüchen? Als Beleg für "ein grundlegend anderes Verständnis von Demokratie" bzw. ein 'nationalistisches Deutschlandbild' u.a. die Auffassung anzuführen, "Verantwortung trage Deutschland zuallererst für das Wohlergehen der Deutschen, nicht für das der Ukrai­ne­r:in­nen oder Menschen anderer Nationen"?"



      Nein, finde ich nicht. Denn es spricht ebenso Bände, die USA als "Strippenzieher" hinter Russlands Krieg zu sehen. Und ebenso, sich dem Putin-Regime, welches seine Bürger bei der Verwendung des Worts "Krieg" für ca. 10 Jahre weggsperrt, freundschaftlich verbunden zu fühlen.

      • @Lesenundschreiben:

        Ich finde die Anmerkungen von @KE1NER sehr berechtigt.



        Warum sollte es denn falsch sein, in die Betrachtung einer geopolitischen Lage auch die Interessen der USA mit einzubeziehen?



        Genau das, nämlich die globale Verantwortung und Verstrickung anderer Mächte in diesen Konflikt zu beleuchten, kommt in der aktuellen Debatte leider viel zu kurz.

        Es ist nicht hilfreich für die Sache, Meinungen von Andersdenkenden zu verkürzen, wie es in den Kommentaren hier oft geschieht.

        Um eine gute Friedensordnung wieder herstellen zu können, müssen die Interessen aller Beteiligten auf den Tisch. Dazu gehören neben Ukraine, Russland, Europa und China auch die USA.

    • @ke1ner:

      "...das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen"

      Na, und was sagt uns das GG?

      "Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben [...]

      (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.



      (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt."

      Diese Leute meinen aber nichts anderes als "Deutschland zuerst, und wenn der Rest der Welt verreckt."

      • @Suryo:

        Es lässt sich immer gut auf andere zeigen, dann fallen eine*m die eigenen Fehler nicht so auf.

        》Diese Leute meinen aber nichts anderes als "Deutschland zuerst, und wenn der Rest der Welt verreckt."《

        Es ist genau richtig, dass Sie das GG heranziehen, Artikel 1 ist die Grundlage unserer Verfassung.

        Aber er bindet nicht nur diese Demonstrant*innen da, sondern zuerst den Staat und seine Organe.

        Wenn sich etwa die Bundesrepublik daran beteiligt, den Markt für LNG so leerzukaufen bzw. die Preise so hochzutreiben, dass arme Länder wie Bangladesh zusätzlich zu Naturkatastrophen richtig in Schwierigkeiten kommen www.klimareporter....haut-in-die-roehre oder mit Kanada Abkommen geschlossen werden, die für die First Nations katastrophale Folgen haben taz.de/Indigene-un...essiggas/!5867062/ , ist das das gleiche Prinzip "Deutschland [bzw. Europa] zuerst"

        Und da sind die deals mit Katar noch gar nicht erwähnt.

        Mir sind diese Demos auch zu rechts, sicher ist auch richtig hinzusehen, wer sie organisiert.

        In der Empörung darüber kann (und soll vielleicht auch) aber allzu leicht untergehen, welche Defizite z.B. die Regierungspolitik hat - 'da die Rechten, und wir hier die Guten' führt nur geradewegs in die Selbstgerechtigkeit, nicht zu besserer, solidarischer Politik

      • @Suryo:

        Woher wissen Sie, was die Leute meinen?

        Wem hilft eine solche vereinfachte Zuschreibung?

        Ich finde eher befremdlich, dass den Autorinnen und Autoren der Studie als Rat lediglich einfällt, Demokratie und Klimaschutz besser zu erklären.



        Als ob die Leute ein bisschen dumm wären.



        Viele Menschen mahnen Änderungen an. Das sollte man ernst nehmen!

        • @TTT:

          Welche Änderungen "mahnen" denn die Leute an?

        • @TTT:

          Leuten, die mit Fackeln vor dem Haus einer Ministerin aufmarschieren, muss man die Demokratie wohl doch noch erklären, meinen Sie nicht?

        • @TTT:

          Für den letzten Satz wäre es endlich Zeit. Sehr sogar!

          • @Frau Flieder:

            Ach, naja, Sie fanden andernorts ja, dass „die“ Leute im Osten alles „klarer“ sehen. Gleichzeitig sind Sie hier immer schon mit sehr extremen, Russlandfreundlichen Positionen aufgefallen.

  • Zwei Empfehlungen:



    entweder Body-&-Mind-Transformationen wie Genesis P-Orridge für alle oder Umzug nach Nordkorea. Endlich in die Freiheit.



    Das individual-pagane Pandrogeny-Project stiftet Zufriedenheit: Endlich richtige Veränderung. en.wikipedia.org/wiki/Genesis_P-Orridge

  • Aha, aber die Wiedervereinigung, D-Mark, Begrüßungsgeld, Soli usw. das war alles ok. Solange man nur profitiert passt alles, aber wehe man muss selbst solidarisch sein.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Außerdem sollte auch nicht der Dank für Exportschlager wie Kalbitz, Kühnen, Höcke etc. fehlen.

      • @Wurstfinger Joe:

        Götz Kubitschek, H.G. Maaßen, A. Gauland und ich würde z.B. auch noch Kurt Biedenkopf (der mit dem Nichtnaziproblem in Sachsen) nennen.



        Den Soli bezahl(t)en übrigens alle, ned nur die "Wessis" und von den Subventionen ist eigentlich auch alles wieder "drüben" gelandet.

        • @Hugo:

          Aus welchem Grund sind so viele westdeutsche Rechtsextreme in den Osten gezogen?

  • Helfen wir alle mit, dass die Ukrainer_innen die Schlacht um Bachmut gewinnen.



    Für die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, ohne Angst verschieden sein zu können, gegen die "Anastasia"-Siedler und die Zerstörung der Demokratie.



    Die Grünen haben keine Schuld an diesen Grundhaltungen. Lothar König und Katja Kipping auch nicht.

  • Es geht also vor allem um Ideologie und nicht um Materielles.



    Es gibt ja auch Proteste gegen Preissteigerungen in Bremen, Arbeiterstadtteilen. Auch die haben geringen Zulauf.



    Also primär Missgunst, dass die Ukrainer Aufmerksamkeit bekommen oder "Fremde" in "unserer Gegend" untergebracht werden. Genau solche Briefe bekommt Ljudmyla Melnyk. Siehe twitter.

  • völkisch-isolationistisch.



    Es gab immer wieder Abschottungswellen: siehe das Buch von



    Rauh, Robert, 2021, „Die Mauer war doch richtig!“: warum so viele DDR-Bürger den Mauerbau widerstandslos hinnahmen, Berlin: be.bra verlag 208 S

  • Bestimmte aus mangelndem Interesse und mangelhafter Bildung entstandene Ansichten werden ja landesweit über die die sog. "sozialen Medien" verbreitet und gerade von denen die kein Interesse und keine ausreichende Bildung haben gerne aufgegriffen. Dabei kommen ja dann auch solche Sprüche raus, das Demokratie mit einem starken Führer und ohne Parlament doch besser wäre, oder dass man denkt, wenn die gewählte rechtsextreme Partei einen Sitz im Gemeindrat hat, könne man die Bundesregierung verhaften lassen.



    Was dann allerdings nicht zusammenpasst, ist, dass man einerseits auf mehr demokratische Rechte pocht und sich andererseits das Kuschen vor einem Autokraten herbei sehnt.

    • 6G
      667928 (Profil gelöscht)
      @Axel Schäfer:

      Wo in diesem Text oben haben sie den Wunsch nach einem Führer oder die Herbeisehnung nach Kuschen vor einem Autokraten entdeckt?

  • Deutlich wird aus der Studie, dass es wirklich Rechte sind, denn die Motive sind in sich egoistisch und nationalistisch:

    (1) Angst um den eigenen Wohlstand, Ablehnung der Grünen, weil diese den durch zu viel Umweltschutz angeblich gefährdeten.

    (3) "Nicht unser Krieg", also eben nicht Einsatz gegen Krieg, sondern egoistischer (vermeintlicher) Selbstschutz. Was anderswo geschieht, interessiert uns nicht, solange es uns gut geht, die angebliche "Anti-Kriegs"- Argumentation der Rechten entspricht ihrer Argumentation für die Abschottung gegenüber Geflüchteten nach dem Motto "solange es uns gut geht, können andere in Elend, Not und Verfolgung leben".

    Basis der ganzen Ausrichtung ist also eine Politik der Härte, Entsolidarisierung und Empathielosigkeit.

    Unbedingt sollten wir uns davor hüten, diese eindeutig rechte, egoistische, brutale Argumentation mit denjenigen gleichzusetzen oder als ähnlich zu bezeichnen, die aus gegenteiligen Gründen ihrerseits die Politik der Grünen kritisieren und die Gefahr sehen, dass der Krieg gegen die Ukraine zu einem Rückfall in militaristisches Hardlinertum, Aufrüstung, toxisch männliches Heldentum, Leugnung des Rechtes auf Kriegsdienstverweigerung etc. führt.

    Diese Kritiker:innen der Grünen werfen diesen nicht vor, zu viel, sondern zu wenig für den Umweltschutz zu tun, nicht zu viel, sondern zu wenig für Geflüchtete zu tun. Sie werfen den Grünen gar nicht vor, dass sie sich mit der Ukraine solidarisieren, und rechtfertigen in keiner Weise die menschenverachtende und reaktionäre Politik Putins, sondern sie werfen den Grünen lediglich vor, dass sie zu stark den Krieg betonen und im Sinne von Realismus und Menschlichkeit zu wenig über Möglichkeiten des Einfrierens zur Rettung von Menschenleben nachdenken, was nichts mit Kapitulation zu tun hat.

    Die rechten Werte der Montagsdemonstrationen müssen isoliert werden, was nur dann gelingt, wenn sie nicht instrumentalisiert werden für einen Rundumschlag gegen linke Kritik.

    • @PolitDiscussion:

      "Basis der ganzen Ausrichtung ist also eine Politik der Härte, Entsolidarisierung und Empathielosigkeit."

      Das ist immer eine der Triebfedern für faschistische Bewegungen. Gewaltsame Abwehr linker Bewegungen und scheinbare, nur vorgetäuschte Übernahme linker Positionen ist eine andere.



      Faschismus ist nun mal eine Verfallsform des Kapitalismus, der Versuch abstiegsängstlicher Besitzstandswahrer, mit maximaler Härte den bedrohten Status Quo aufrecht zu erhalten.

      Man hat ja auch bei den Corona-Protesten gesehen, wie überproportional mittelständische Unternehmer und andere Vertreter des Kleinbürgertums repräsentiert waren.

    • @PolitDiscussion:

      Herr Gebauer, ich erlaube mir einen kurzen Kommentar zu Ihrer Analyse.

      zu 1) Es geht nicht um Umweltschutz, es geht um Klimaschutz. Und natürlich geht es auch Wohlstandsverluste. Eben weil viele diesen angeordneten Klimaschutz nicht bezahlen können, bzw. stark subventioniert werden muss damit er überhaupt großflächig angewendet kann.

      2) Selbstverständlich ist das nicht der Krieg des kleinen Bürgers. Der Krieg in der Ukraine wird auf Grund einer neu entstandenen Rivalität zwischen Ost und West ausgefochten. Die Ukraine steht einerseits für eine Erweiterung des NATO-Einflussraumes gegen Russland, ein Zugriff auf die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen des Landes und eine Erweiterung der EU gen Osten...und andererseits steht sie für eine unter Einfluss Moskaus stehende Pufferzone gen Westen und einen gesicherten Schwarzmeerhafen als Gegengewicht gegen NATO-Länder, die auf der anderen Seite des Schwarzen Meeres liegen.

      Ich sehe auch keine Entsolidarisierung oder Empathielosigkeit...ich sehe allerdings das der EU-Bürger seine persönlichen Probleme, die mit dem Krieg in deutlich verstärktem Maße einhergehen, einfach stärker für sich priorisiert. Was vollkommen nachvollziehbar ist.

  • Selbst die, die mit Putin nix am Hut haben hassen zum großen Teil diese Partei. Wird jetzt mit der Heizungsfrage noch mehr werden.

  • Erklären -- schön und gut. Mir kommt das aber ein Tick zu paternalistisch daher.

    Einen ehrlicheren Umgang auch mit den eigenen Fehlern wären bei Regierung und Parlament sicher auch förderlich.

    Auch dieser Krieg kommt hier viel zu eindimensional an.

    Ich bin ja dafür, die Ukrainer*innen mit so viel Waffen zu versorgen, wie sie zu ihrer Verteidigung brauchen (angesichts des Feindes also viel), aber... was ist z.B. mit [1]?

    Immerhin waren hier ein paar kritische Beiträge zum Aufblasen der Rüstungsindustrie. Für meinen Geschmack sehr zaghaft. Dieser wirtschaftliche Sondermüll wird uns noch fünf Jahrzehnte danach beglücken.

    Zurück zum Thema: Debatte geht eben nicht nur von oben herab. Klar sind diese Quer-ulant*innen teilweise RT-Bots, aber die Regierung kann einen mehr oder weniger fruchtbaren Boden dafür zur Verfügung stellen.

    [1] www.theguardian.co...n-defense-industry

    • @tomás zerolo:

      "Aufblasen der Rüstungsindustrie"

      Die deutsche Rüstungsindustrie ist von geringer Bedeutung und wird auch nach der "Zeitenwende" von geringer Bedetung sein. Ich halte Ihren Hinweis für einen traditierten Reflex (aus der "Kruppstahl"-Zeit), der sich schon lange überholt hat. Das deutsche (industrielle) Großkapital lebt vom Export ziviler Güter. Dass Krieg schlecht fürs Geschäft ist, gilt heute für die dt. Industrie mehr denn je.

      Was man an der Kommunikation der dt. Politik kritisieren sollte, ist dass man vorallem mit abstrakten Werten hantiert wird, ohne das konkrete Staatsinteresse Deutschlands darzustellen. Die milit. Unterstützung der Ukraine ist auch egoistisch. Die russ. Expansion bedroht direkt Deutschlands Sicherheit und Wohlstand.

  • Es gibt im Osten in Teilen der dortigen Bevölkerung ein recht eigentümliches Verständnis von Demokratie. Demokratie ist demnach, wenn "die da oben" Angst vor "dem Volk" haben und aus Angst tun, was "das Volk" will.

    Diese Ansicht war natürlich in den letzten Tagen der DDR sozusagen ausreichend. In der DDR war ja schon die bloße Existenz einer Demo etwas, was die Mächtigen tatsächlich in Angst und Schrecken versetzte, und 1989 sorgten Massendemos ja auch tatsächlich für eine Revolution.

    Aber in der repräsentativen Demokratie ist eine Demo weder der einzige Weg, um seinen Positionen Gehör zu verschaffen, noch ist das Verhältnis von Politik zum Volk eines von purer Dominanz und Angst geprägtes. In der Demokratie werden alle Positionen abgewogen und ausgehandelt. Es gibt schlicht keinen "Volkswillen", und Demokratie ist auch nicht die Exekution des Willens irgendeiner Mehrheit.

    Leider verstehen einige das nicht. Die glauben, dass "die da oben" gefälligst immer noch aus Angst vor "uns hier unten" zu springen haben. Und tun sie das nicht, dann ist es legitim, ihnen noch mehr Angst zu machen. Deswegen kommt es dann zu Fackelmärschen vor das Wohnhaus einer Landesministerin, werden Papp-Galgen auf Demos herumgetragen und so weiter. Diese Menschen verstehen einfach nicht, dass und warum sie gerade in einer Demokratie eben nicht hundertprozentig ihren Willen kriegen, und dass Bedrohung von demokratisch gewählten Mandatsträgern eben nicht revolutionär oder gar urdemokratisch, sondern im Gegenteil antidemokratisch ist. Die Bundesrepublik ist nun mal nicht die DDR.

    • @Suryo:

      Genau, die Ossis haben einfach nicht kapiert, wie Demokratie funktioniert.



      Wie man zu diesem seit 30 Jahren wiedergekäuten Ressentiment nach der Lektüre des Artikels kommen kann, ist mir schlichtweg schleierhaft.

      Im Artikel steht doch drin, dass eigentlich eher ein nationales Demokratieverständnis zugrunde liegt -die gewählten Vertreter sollten zuerst der Wählerschaft verantwortlich sein. Und dass direkte Demokratie bevorzugt wird.

      Die Erfahrung, dass die Regierungen immer wieder völlig gegensätzliche Dinge tun, als sie vorher angekündigt haben, hat leider auch damit zu tun, dass es in dieser Parteiendemokratie immer wieder unrealistische Dinge im Wahlkampf versprochen werden und entsprechend Enttäuschungen vorprogrammiert sind. Im Schweizer Modell gibt es das in der Ausprägung nicht.

      • @cis-moll:

        Das ist doch das, was ich schreibe, nur anders ausgedrückt. „Der Wählerschaft verantwortlich“ = ich bin Wähler, du musst genau das tun, was ich sage! „Direktdemokratie“ = Demokratie ist, wenn die da oben den Willen der Mehrheit exekutieren, ohne Rücksicht auf Minderheiten oder Gegenargumente, ohne parlamentarische Debatte.

        • @Suryo:

          "„der Volkswille“ müsse über Volksabstimmungen erhoben und durch „Volksvertreter“ umgesetzt werden."

          Sorry, Cis-Moll, aber wer so denkt, hat die parlamentarische, repräsentative Demokratie tatsächlich nicht ganz verstanden. Abgeordnete sind nach dem Grundgesetz zwar immer Vertreter des gesamten deutschen Volkes, aber dieses Volk hat keinen objektiv zu ermittelnden Willen, den es einfach nur umzusetzen gilt. "Volkswille" ist faktisch nichts anderes als Bauchgefühl bzw. die vorherrschende Meinung innerhalb der eigenen Bubble.

    • @Suryo:

      Natürlich ist es antidemokratisch, Abgeordnete zu bedrohen, und einen "Volkswillen" kann es wegen der gesellschaftlichen Interessengegensätze niemals geben. Aber eine funktionierende Demokratie hat durchaus auch etwas mit Angst der Mandatsträger zu tun, nämlich mit ihrer Angst, nicht wiedergewählt zu werden. Selbige ist relativ gut geeignet, zu verhindern, dass eine Politik gemacht wird, in der es der Mehrheit der Bevölkerung dauerhaft schlecht geht.

      • @Budzylein:

        Sorge, nicht wiedergewählt zu werden, ist etwas völlig anderes als Angst um Leib und Leben, wenn im wahrsten Sinne des Wortes ein wütender Mob mit Fackeln vor dem Haus steht. Kein noch so großer Frust kann das rechtfertigen. Man hätte diese Leute wegen Terrorismus einsperren sollen, denn Terror (Angst) ist das, was sie wollen.

        • @Suryo:

          Die gewählten Abgeordneten der "etablierten" Parteien sind aber schon ganz gut darin, sich mit Hilfe einiger Tricks potentielle Konkurrenz von Leib zu halten (Stichworte Parteienfinanzierung, Ämterpatronage, ör-Rundfunk, Besetzung der Richter im BVerfG u.ä.). Angst vor der Abwahl dürfte da kaum jemand ernsthaft umtreiben.

          • @Horst Flugfeld:

            Ach, Sie exemplifizieren sehr gut die Verachtung und das Unverständnis dieser Leute für und von Politik. Wenn mir das Ergebnis nicht gefällt, muss das an einer Verschwörung von "denen da oben" liegen.

            • @Suryo:

              Nein. Aber wenn man das Ganze objektiv von Außen betrachtet, liegt dieser Schluss nahe.

              • @Horst Flugfeld:

                Komisch - warum finden Ostdeutsche das so viel schlimmer als Westdeutsche?

                Aber wir schweifen ab. Es ist NIEMALS in Ordnung oder demokratisch, gewählte Abgeordnete und andere Mandatsträger zu bedrohen. Das hat nichts mit Demokratie zu tun und es kann dafür keine Rechtfertigung geben.

    • @Suryo:

      Gut auf den Punkt gebracht! Jeder kann sich abseits von Wutausbrüchen bei Demonstrationen in Organisationen oder Parteien engagieren. Mich würde einmal interessieren, wie viele der Wutbürger sich ehrenamtlich für die Gesellschaft engagieren.

      • @Don Quichotte:

        Laut Statistik ist der Grad des zivilgesellschaftlichen Engagements - Vereine, Kirchen, Parteien, usw - in Ostdeutschland leider geringer als in Westdeutschland.

        • @Suryo:

          ...und im Nordwesten geringer als im Südwesten. Und nun?

          • @resto:

            Gar nichts, wieso?

            Weder im Nord- noch im Südwesten muss man regelmäßig Flüchtlingsheime oder die Wohnhäuser von Politikern vor einem wütenden Mob von „ganz normalen Menschen von hier“ schützen. Szenen wie in Upahl sind 20 Kilometer weiter westlich kaum vorstellbar. Und nun?

  • 6G
    659554 (Profil gelöscht)

    „die Machbarkeit von wohlstandssicherndem Klimaschutz“

    Existiert nicht. Nicht wenn man Wohlstand mit unserer aktuellen kapitalistischen Konsumgesellschaft verwechselt.

    • @659554 (Profil gelöscht):

      Tja, dann haben wir derzeit ein kleines Problem: Entweder wir belügen die Wähler und erklären ihnen dass wohlstandssichernder Klimaschutz möglich ist, damit sie Klimaschutz wählen, oder wir erklären ihnen dass es wohlstandssichernden Klimaschutz nicht gibt und dann wählen halt viele eine Partei die bereit ist zu erklären dass dieser durchaus möglich ist (und dabei den Klimaschutz hintenüber fallen lässt).

      Spannendes Dilemma: Wähler belügen und die Demokratie verraten oder ehrgeizige Klimaziele beerdigen bis sich die Stimmung ändert.