Ukrainischer Botschafter Melnyk: Überfällige Abberufung
Der ukrainische Deutschland-Botschafter Melnyk soll seinen Posten verlieren. Das ist richtig, er hat mit seinem Bandera-Kult zu viel Schaden angerichtet.
M an möchte fast dem ukrainischen Präsidialamt gratulieren ob der – noch nicht offiziell bestätigten – Entscheidung, Botschafter Andrij Melnyk abzuberufen. Zu viel Schaden hat dieser mit seiner öffentlichen Verehrung des ukrainischen Nationalisten und Antisemiten Stepan Bandera angerichtet. Banderas Nationalisten hatten einst den Einmarsch der Wehrmacht in Lwiw begrüßt, kurz davor die Vernichtung von Juden gefordert und sich an Massakern an der polnischen und jüdischen Bevölkerung beteiligt.
Eine von Banderas OUN aufgestellte Miliz hatte Verhaftungen für die Massenerschießung von 3.000 Juden durch die Einsatzgruppe C der deutschen Sicherheitspolizei vorbereitet. Insgesamt wird Banderas Militärs die Beteiligung am Mord an 800.000 Juden vorgeworfen. Mit seinem Bandera-Kult ist Melnyk nicht nur denen in den Rücken gefallen, die die Ukraine unterstützen, weil sie an eine demokratische Ukraine glauben. Er vergleicht Bandera mit Robin Hood und verharmlost so die Schrecken des „Dritten Reiches“.
Doch als Missbilligung seines Verhaltens wird man Melnyks Abberufung kaum einordnen können, geht sie doch offenbar mit einer Beförderung einher. Er soll stellvertretender Außenminister werden. Dabei ist eine Belohnung wirklich nicht angebracht. Ukrainische Bandera-Fans spielen der russischen Propaganda in die Hände. Warum nur stellt man in der Ukraine keine Überlegungen an, wie man der russischen Propaganda den Wind aus den Segeln nehmen könnte?
Man stelle sich vor, Präsident Selenski würde sich vom im Land weit verbreiteten Bandera-Kult distanzieren! Er würde Russlands Propagandisten ein Feindbild nehmen. Dann könnten diese nicht mehr verbreiten, man würde gegen die Ukraine Krieg führen, weil dort alle Bandera-Anhänger wären.
Was ist mit Hindenburg in Deutschland?
Doch Kritik am Bandera-Kult reicht nicht aus. Wie wäre es, wenn wir in Deutschland mit gutem Beispiel vorangingen? Nach wie vor tragen viele Straßen in Deutschland den Namen Hindenburg. Der hatte Hitler mit der Regierungsbildung beauftragt und das Ermächtigungsgesetz unterschrieben. Hindenburg hatte somit die Voraussetzungen für Krieg und Konzentrationslager geschaffen. Wer Bandera zu Recht für Verbrechen der Nazis mitverantwortlich macht, sollte sich überlegen, ob Hindenburg-Straßen in Deutschland nicht ebenfalls eine Verharmlosung der Nazi-Verbrechen bedeuten.
Die Kritik an Melnyk ist wichtig. Noch glaubwürdiger wäre es, wenn auch wir endlich Straßen umbenennen würden, die den Namen eines Wegbereiters des Hitler-Faschismus tragen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Auflösung der Ampel-Regierung
Holpriger Versuch endgültig gescheitert
+++ Ampelkoalition zerbricht +++
Lindner findet sich spitze
Auflösung der Ampel-Regierung
Drängel-Merz
Ampelkoalition zerbricht
Scholz will Vertrauensfrage stellen
Die Wahrheit
Lindners Plan
Trumps Sieg bei US-Präsidentschaftswahl
Harris, Biden, die Elite? Wer hat Schuld?