Räumung des Köpi-Wagenplatzes in Berlin: Kein Zuhause mehr vor der Köpi
Am Freitag räumt die Polizei mit einem Großaufgebot den Wagenplatz der Köpi. 38 BewohnerInnen werden vom Gelände geholt. Abends TagX-Demo.
Um 10.20 Uhr hatte die Polizei begonnen, gegen die Barrikaden vor dem Köpi-Wagenplatz vorzurücken: Von zwei Seiten, von der Adalbertstraße und der Köpenicker Straße, drangen die BeamtInnen mit Räumpanzern in das linksautonome Wagendorf ein. Mit fahrbaren Gerüsten versuchte die Polizei zudem, über den hohen Zaun zu gelangen, den die BewohnerInnen rund um den Wagenplatz errichtet haben. Vom Wagenplatz her flogen Flaschen in Richtung der EinsatzbeamtInnen. Auch aus Feuerlöschern wurde gesprüht.
Der Polizeieinsatz diente dazu, einer Gerichtsvollzieherin den Zutritt zu ermöglichen, die auch gegen Mittag den Wagenplatz betrat. Damit wurde ein gerichtlicher Räumungsbeschluss gegen die Köpi offiziell vollzogen. Der Eigentümer des Geländes hatte ihn erwirkt, nachdem Gespräche über einen Verkauf des Grundstücks an das Land Berlin gescheitert waren.
Insgesamt hatte die Polizei bis zu 2.000 BeamtInnen für den Einsatz aufgeboten, davon 700 aus anderen Bundesländern. Die massive Polizeipräsenz, auch bereits bei Unterstützer-Demos im Vorfeld der Räumung, ist wohl auch eine Antwort auf die heftigen Auseinandersetzungen im Juni in der Rigaer94 im Friedrichshainer Nordkiez. Dort hatten die BewohnerInnen des linken Hausprojekts versucht, eine Brandschutzbegehung zu verhindern, weil sie eine stille Räumung fürchteten.
Demo in Neukölln am Abend
Eine Polizeisprecherin sagte der taz am Freitagnachmittag, sie könne den Einsatz noch nicht abschließend bewerten. Man müsse auch abwarten, „wie der restliche Tag und die Demonstration verlaufen“. Für den Abend ist ab 20 Uhr am U-Bahnhof Schönleinstraße eine sogenannte „TagX-Demo“ von Köpi-UnterstützerInnen geplant.
Auf Twitter berichteten Menschen vor Ort auch von „gewaltsamen“ Szenen. Es kommt zu Rangeleien zwischen Demonstrierenden und PolizistInnen; Schläge fallen. Der Neuköllner Linken-Politiker Ferat Kocak twitterte, die Polzei gehe „brutal“ gegen demonstrierende AktivistInnen vor den Barrikaden vor, um sie am Weitergehen zu hindern. Insgesamt bleiben die Gegenproteste vor der Köpi aber relativ überschaubar.
Jörg Reichel, Pressesprecher der Journalistengewerkschaft DJU bei Verdi, war ebenfalls auf der Räumung im Pressebereich vor Ort. Er kritisierte gegenüber der taz, dass Journalisten vom abgesperrten Pressebereich in der Köpenicker Straße lediglich auf die Blechzäune blicken konnten. Im Köpi-Hof selbst waren keine Journalisten erlaubt.
Laut Reichel hätten sich im Pressebereich auch nicht berechtigte Personen wie der AfD-Politiker und Rechtsanwalt Roger Beckamp aufgehalten. Dies twitterte auch der Watch-Blog „Friedensdemo-Watch“ mit entsprechenden Fotos. Reichel habe die Beamten vor Ort informiert, diese hätten nicht reagiert. Die Pressesprecherin der Polizei vor Ort teilte der taz mit, nichts von diesem Vorfall zu wissen. Man müsse den Sachverhalt zuerst mit den Kollegen klären, die vor Ort im Einsatz waren.
Das Wagencamp auf einem Gelände an der Köpenicker Straße gilt als eines der letzten Symbolprojekte der linken Szene in Berlin. Auf dem rund 2.600 Quadratmeter großen Grundstück neben einem 1990 besetzten Haus am ehemaligen Mauerstreifen wohnten etwa 50 Menschen in Bauwagen. Der Grundstückseigentümer hatte mit Hinweis auf eine Baugenehmigung im Juni erfolgreich auf Räumung geklagt. Einen Eilantrag der Bewohner zum Stopp der Zwangsvollstreckung wies das Berliner Kammergericht am Mittwoch ab.
„In unseren Augen sind nicht wir die Kriminellen, sondern Sigfried Nehls“, tönt es am Freitag auch aus einem Megaphon vom Wagenplatz. Die Firmen des Berliner Unternehmers treten seit 2007 als wechselnde Eigentümerinnen von Wagenplatz und dem Köpi-Gebäude auf. Bis zuletzt hatte der Senat offenbar versucht, sich mit Nehls zu einigen und mithilfe des landeseigenen Wohnungsunternehmens Howoge das Gelände zu übernehmen. Doch die Verhandlungen scheiterten.
Zum Wagenplatz gehört ein großes Hinterhaus, das aber nicht geräumt werden soll. Das Gebäude am Mauerstreifen von Ost-Berlin wurde 1990, im Jahr nach dem Mauerfall, besetzt. Neben Wohnungen in den oberen Stockwerken gibt es im Keller und den unteren Geschossen einen Konzertraum, eine Kletterwand, eine kleine Sporthalle und ein Kino. (mit dpa)
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