Zukunftsvision für Deutschland
Welt ohne Gefängnisse
Wäre die Gesellschaft eine bessere, wenn es keine Gefängnisse gäbe? Und was müsste dafür getan werden, um diese Utopie zu ermöglichen?

Hier könnte bald was anderes stehen: JVA Tegel Foto: dpa
Wenn wir darüber reden, Sexismus, Rassismus und Kapitalismus abzuschaffen, gibt es etwas, was für mich wie eine mit Stacheldraht versehene Gefängnismauer der Utopie im Weg steht: Wie soll eine bessere Welt möglich sein, in der es Knäste gibt? Also Orte, in denen wir mit Menschen genau das machen, was wir gesamtgesellschaftlich abschaffen wollen: sie überwachen, ihnen Selbstbestimmung absprechen und sie hierarchischen Befehlsstrukturen unterwerfen.
Warum die Sache also nicht von der anderen Seite angehen? Vielleicht liegt der Schlüssel zur sozialen Veränderung ja in der Abschaffung von Gefängnissen?
Um dem auf den Grund zu gehen, treffe ich mich mit der Autorin und Anti-Knast-Aktivistin Rehzi Malzahn. Im Frühjahr ist ihr Sammelband „Strafe und Gefängnis“ erschienen. Bei Kaffee und Ingwertee stelle ich ihr meine These vor: In Zukunft wäre alles besser, wenn es keine Gefängnisse gäbe.
„Alles ist mir zu total, aber vieles wäre mit Sicherheit besser“, antwortet Malzahn. „Wobei man jetzt nicht einfach Gefängnisse abreißen und die Gesellschaft ansonsten so lassen kann, wie sie ist. Aber sogar in der Welt, wie sie ist, schaden Gefängnisse mehr, als sie nutzen.“
Haft als Berufsrisiko
Die vorgebliche Funktion von Gefängnissen ist, die Gesellschaft zu schützen und Straftäter zu bessern. Doch, so Malzahn: „Studien belegen, dass sie das alles nicht tun. Gefängnisse sind der gewalttätigste Ort der Gesellschaft. Die meisten Menschen kommen kaputter aus dem Gefängnis raus, als sie reingegangen sind.“ Außerdem wirke Angst vor Strafe nur auf bestimmte Bevölkerungsgruppen, hauptsächlich die gutsituierte Mittelschicht. Für Berufskriminelle sei Haft ein Berufsrisiko. Und dann gebe es eben Verbrechen, die vom Gesetz gar nicht als solche angesehen und deshalb auch nicht verfolgt würden, wie ein Teil dessen, was Banken oder Rüstungsindustrie machen.
Um die Mitte des Jahrhunderts ist Schluss. Planet und Menschheit haben den Point of no Return erreicht, eine unbewohnbare Erde führt zum Zusammenbruch von Zivilisation und internationaler Ordnung – wenn wir nicht radikal umsteuern.
So steht es in dem Bericht, den der australische Thinktank Breakthrough National Centre for Climate Restoration im Sommer letzten Jahres veröffentlicht hat.
Wir wollen diese Prognose zum Anlass nehmen, im Rahmen einer Reihe darüber nachzudenken, was bis 2050 passieren wird, passieren kann – und was passieren muss, um das Unheil noch abzuwenden.
Wir wollen wissen, wie man sein Leben bis zum Untergang bestreitet, und wir möchten über eine komplexe und potenziell schönere Zukunft der Menschheit nachdenken – eine, die wir voraussichtlich verpassen werden.
Eine meiner Lieblings-Panelshows ist die BBC-Radioserie „Heresy“. Darin lässt die Moderatorin Victoria Coren-Mitchell Comedians gegen weit verbreitete Überzeugungen argumentieren, die vorher durch Publikumsbefragung erhoben werden. 94 Prozent der Zuschauer im Studio waren etwa der Ansicht, Gefängnisse seien zu Billighotels à la Holiday-Ins verkommen, und Haftstrafen müssten härter werden. Der sonst originelle und differenzierte Comedian Richard Osman witzelte: Holiday-Ins sind entsetzlich, das ist eine total harte Strafe, höhö.
„Erstens ist es nicht so, und, zweitens, wo wäre das Problem, wenn es so wäre?“, entgegnet Malzahn. „Und jetzt können wir reden. Denn: Wieso müssen Inhaftierte leiden? Wie kommst du auf die Idee, dass sie das zu besseren Menschen macht?“ Ja, wo kommt diese Idee her?
Tatsächlich war die Aufgabe der Justiz im europäischen Raum die längste Zeit Schadenswiedergutmachung, nach dem Motto: Du stiehlst mir meine Ziege und musst mir dafür 20 Hühner geben. Erst mit dem Christentum entstand die Vorstellung, dass ein Vergehen kein Schaden mehr ist, den man einer anderen Person zugefügt hat, sondern eine Sünde. Und für eine Sünde büßte man durch Leiden.
Das führte über die Jahrhunderte dazu, dass ein Verbrechen nicht mehr als Verletzung einer anderen Person angesehen wurde, sondern als das Verletzen eines Gesetzes. „Die verletzte Person war nur noch Zeuge dieses Gesetzesbruchs“, erklärt Malzahn. „Damit verschwand die Wiedergutmachung für die Opfer aus dem öffentlichen Bewusstsein. Doch auch die Täter verschwanden – nämlich ins Gefängnis.“ Erst mit der Industrialisierung, also ab dem 18. Jahrhundert, tauchen Gefängnisse als Orte auf, wo Gesetzesbrecher dauerhaft untergebracht wurden. Vorher gab es zwar auch Kerker, um beispielsweise Menschen vor ihrer Hinrichtung festzuhalten. Doch lange Gefängnisstrafen waren sehr selten.
Eine Welt ohne Gefängnisse würde also auch bedeuten, dass wir uns wieder mit den Straftätern auseinandersetzen müssten. Wir müssten uns der Frage der Wiedergutmachung stellen. Danach, wann ein Mensch angemessen Verantwortung für sein Verbrechen übernommen hätte. Und – die größte Hürde – wir müssten überlegen: Wie würden wir mit Menschen umgehen, deren Straftaten nicht nur die Grenzen des Gesetzes überschreiten, sondern auch dessen, was wir als menschlich erachten.
„Marshall B. Rosenberg, der Begründer der gewaltfreien Kommunikation, einem Handlungskonzept, das bei friedlicher Konfliktlösung hilfreich ist, hat gesagt: ‚Ich glaube mir meine eigene Herangehensweise erst, wenn ich mich auch in Hitler einfühlen kann.‘“ Okay, verloren. Interview beendet! „Ich habe viel Kritik an der mangelnden Herrschaftskritik von Rosenberg“, stimmt mir Malzahn zu. „Aber man kann von ihm verdammt viel lernen, warum Menschen Dinge tun oder sagen oder denken. Vor allem Menschen, die eine Menge Hass verbreiten.“
Zurzeit führt fast jedes Gespräch über die deutsche Gesellschaft zur gleichen Frage: Was machen wir mit der AfD? Also, Frau Malzahn?
„Natürlich macht mir die Auseinandersetzung mit Rechten Angst, und ich habe Widerstände dagegen. Aber es hilft mir, mir ins Gedächtnis zu rufen, dass auch diese Menschen einmal Babys waren, die voller Offenheit und Liebe auf die Welt gekommen sind. Und was ist passiert, dass aus diesen Kindern so hasserfüllte Erwachsene geworden sind? Es ist sehr schwierig, hier richtig verstanden zu werden. Wenn ich davon spreche, dass es doch interessant wäre, diesen Leuten zuzuhören, dann ist das nicht nur nicht das Gleiche, sondern das genaue Gegenteil von dem, was Politiker meinen, wenn sie sagen, sie müssen auch die Sorgen der Rechten hören.“
Denn das bedeutet zurzeit in der Regel, die Forderungen der Rechten in abgeschwächter Form zu erfüllen. Doch genau darum geht es Malzahn eben nicht, sondern: „Sich hinzusetzen und zu schauen: Was ist es, das diese Person so verletzt hat, welche Not spricht daraus?“ Und ich muss zugeben, dass mir das schwerfällt.
Zum Glück gibt es Leute, die das nicht nur können, sondern es beruflich machen, wie der Verein Violence Prevention Network, der beeindruckende Erfolge im Bereich der Deradikalisierung verzeichnet. „Schließlich findet ein Umdenken nicht durch Strafe statt, sondern durch Einsicht. Aber Gefängnisse haben nichts anderes anzubieten als Strafe.“
Das ist richtig, nur haben wir als Gesellschaft als Reaktion auf Verbrechen wenig anderes anzubieten als Gefängnisse. Deshalb fordert Malzahn: Um Verbrechen zu bekämpfen, sollten wir nicht Verbrecher bekämpfen, sondern Verbrechensursachen. Etwa Armut, unsichere Lebensgrundlagen, zu hohe Mieten, Gewalt, oder … die Liste ist so lang, dass ich verstehen kann, dass Gefängnisse zwar nicht der bessere Weg sind, aber auf jeden Fall der einfachere.
Haft für Schwarzfahrer
Was können wir bis dahin tun? „Alle Leute freilassen, die Ersatzzeitstrafen absitzen.“ Ersatzzeitstrafe heißt: Menschen kommen ins Gefängnis, weil sie eine Geldstrafe nicht bezahlen können. „Und davon gibt es eine Menge. Dann sollten wir Drogen entkriminalisieren.
Viele Knäste sind randvoll mit Leuten, die da nur wegen ihrer Suchtproblematik sitzen. Ebenso: kostenloser öffentlicher Nahverkehr – ein Berliner Gefängnis ist zu 70 Prozent mit Schwarzfahrern voll.“ Wie bitte? „Ja, die Leute machen sich nicht klar, für was für einen Schwachsinn die Menschen im Gefängnis sitzen.“
Doch was machen wir mit den Menschen, die tatsächlich etwas begangen haben, das wir als Unrecht wahrnehmen? Für den Umgang mit ihnen brauchen wir andere Möglichkeiten zur Unrechtsbewältigung, respektive mehr Wissen über diese anderen Möglichkeiten. Denn es gibt ja bereits einige.
„Außerdem sollte man bei jedem Strafverfahren, bei dem eine Person und nicht etwa eine Institution das Opfer ist, das Angebot von Mediation oder Restorative Justice machen.“ Also Konflikttransformation durch ein Wiedergutmachungsverfahren, sprich, dass Opfer und Täter mit Hilfe einer Mediation aushandeln, was eine angemessene Wiedergutmachung sein könnte, und dass das in den Gerichtsprozess mit einfließt.
Ein Verfahren, auf das Opfer in Deutschland eigentlich bereits ein Anrecht haben – nur wird ihnen das in der Regel nicht mitgeteilt. Deshalb sagt Malzahn: „Das würde aber auch bedeuten, dass Restorative-Justice-Möglichkeiten massiv ausgebaut werden müssten.“
Leserkommentare
Ricky-13
taz: ... ein Berliner Gefängnis ist zu 70 Prozent mit Schwarzfahrern voll.“ Wie bitte? „Ja, die Leute machen sich nicht klar, für was für einen Schwachsinn die Menschen im Gefängnis sitzen.“
Wenn Gefängnisse mit Schwarzfahrern voll sind, dann hat man natürlich keinen Platz mehr für die Steuerhinterzieher, die jedes Jahr in Deutschland 125 Milliarden Euro hinterziehen [Quelle SPIEGEL online, 25.01.2019]. Da steckt man doch lieber die armen Menschen, die sich nicht mal eine Monatskarte für die öffentlichen Verkehrsmittel leisten können, ins Gefängnis. Wegsperren ist ja auch einfacher als etwas gegen Armut zu unternehmen. In den USA verdient man mit "wegsperren" übrigens viel Geld, denn viele Gefängnisse in den USA sind schon in privaten Händen. Eigentlich wollte man diese privaten Gefängnisse unter der Regierung von Barack Obama schließen, aber nur einen Tag nach dem Wahlsieg von Donald Trump schossen die Aktien der privaten Gefängnisbetreiber wieder in die Höhe. Man sieht, anstatt die Armut zu bekämpfen, verdient man mit der Armut sogar noch viel Geld, denn wer sitzt denn zum großen Teil im Gefängnis? Menschen die Hunger haben, Menschen die Schwarzfahren, Menschen die nicht mehr ein und aus wissen und dann aus Armut und Verzweiflung eine Dummheit begehen. Nun ja, mal sehen wann dieses 'Geschäftsmodell aus den USA' (Private Gefängnisse) auch in Deutschland eingeführt wird.
Soziale Gerechtigkeit und Armutsbekämpfung würden Gefängnisse zwar nicht komplett überflüssig machen, aber sicherlich um 70% reduzieren. Die Frage ist nur, wollen die Reichen und Mächtigen das überhaupt?
boidsen
Klingt erst einmal sehr gut. Würde sicherlich die Gesellschaft mittelfristig und langfristig friedvoller und menschlicher machen und so, wenn auch 2000 Jahre zu spät, die Wende vom altestamentlichen Sühnedenken hin zum christlichen Vergebungsgedanken einläuten.
Aber ich sehe da ein großes Problem: Was machen wir mit der nicht zu unterschätzenden Anzahl an Menschen, die aufgrund ihrer stark dissozialen Persönlichkeitsstruktur eine dauerhafte Gefahr für Besitz und Leben ihrer Mitmenschen darstellen?
Citoyen Kane
„Tatsächlich war die Aufgabe der Justiz im europäischen Raum die längste Zeit Schadenswiedergutmachung, nach dem Motto: Du stiehlst mir meine Ziege und musst mir dafür 20 Hühner geben.“
Seufz. Der (hohe) Schadensersatz, im Falle von Todesfällen als Wergeld bekannt, hatte eine doppelt abschreckende Wirkung, wurde er durch die Familie des Täters entrichtet, war die Gefahr groß, dass im folgenden Winter Mitglieder der Täterfamilie schlicht verhungerten. Wurde das Wergeld nicht entrichtet, war die Familie des Opfers fehdeberechtigt oder durfte Blutrache üben.
Mitnichten war dieser Zustand der feuchte Traum von Sozialarbeitern mit Möhrenkeks und Kräutertee.
Kaskadierende Blutrache - weil der gestohlene Esel nicht ersetzt wurde - konnte sich über Jahrzehnte hinziehen.
Erst die Entwicklung hin zu einer Staatlichkeit, die das Gewaltmonopol an sich zog, dieses durchzusetzen vermochte und es aus der privaten Sphäre entfernte, prägte ein Gefängniswesen aus. Dies auch für zivilrechtliche Vergehen - wie der Begriff des Schuldturmes belegt.
Das Fehlen langer Haftstrafen lag eher daran, dass schwere Delikte auf Richtblock, dem Galgen oder dem nächsten Baum endeten.
Vulgo - die güldene Vergangenheit arbeitete Verbrechen nicht durch Meditation auf, sondern durch Androhung und Ausübung von tödlicher Gewalt.
warum_denkt_keiner_nach?
@Citoyen Kane "Wehrgeld"
Man sollte dabei nicht vergessen, dass diese Art Sühne Reiche Täter besser stellte. Diese verhungerten in der Regel nicht, wenn sie zahlen mussten. Besonders wenn man bedenkt, dass der Mord an einer Person niedrigeren Standes recht billig war.
Es ist wirklich nur sehr schwer zu verstehen, was die Autorin an den früheren Reglungen gut findet.
Ewald der Etrusker
@warum_denkt_keiner_nach? Na ja, sie war wohl derart fasziniert von dem Gedanken, dass es i.d.R. keine Gefängnisstrafen gab, dass sie nicht weiter nach Details gefragt hat...
Pommes_Fritz
Im besten Fall kann man_Frau M. Sanyal noch eine Täteridentifikation unterstellen (ein Abwehrmechanismus aus der Psychoanalyse). Die Opferperspektive (oder die Perspektive einer_s geschädigten) ist sie nicht in der Lage einzunehmen (wehrt sie ab), bzw. eine Trennung zwischen Opfer und Täter vorzunehmen. Die Opferperspektive interessiert sie nicht. Haarsträubend sind an anderer Stelle ihre Ausführungen zur Silvesternacht 2015, auch da geht es eher um eine Identifikation mit den Tätern oder, wie man über die Täter spricht, bzw. welche Zuschreibungen gemacht werden. In ihrem Buch "Vergewaltigung" spricht sie von "Erlebenden" sexueller Gewalt. (was viele Opfer als eine Verhöhnung empfanden). Sprache ist machtvoll, Herrschafts- und Gewaltverhältnisse kann man weichspülen... zu diesem Beitrag (ausser Schwarzfahren endlich als Ordnungswidrigkeit) fällt mir nicht mehr ein, als unreif , eher Ideen einer 14-jährigen Idealistin, die keine Ahnung von Psychodynamik von Gewalt hat. Gerade sexuelle Straftäter und Gewalttäter leiden häufig unter Persönlichkeitsstörungen, mit hohen Rückfallquoten. Ich könnte mir da gut ein Training in gewaltfreier Kommunikation vorstellen, bei dem alle mitmachen (bei einer Berufsanfängerin), um Hafterleichterungen zu bekommen (und sich hintenrum lustig machen). Wie naiv kann man nur sein?? Die meisten Opfer von Gewalttaten wünschen sich nur eine Form der Wiedergutmachung: nämlich hohe Haftstrafen der Täter (und nicht wie ihm Text: eine Mediation). Menschen sind zutiefst konflikthafte Wesen, die Schicht der Zivilisation ist sehr dünn. In Gefängnissen sitzen häufig (zumindest ein Teil von) Menschen, deren Schicht noch dünner ist. Der zitierte (und sympathisierte) Opferausgleich (1 Ziege / 20 Hühner) findet man heute noch in patriachalischen Kulturen: Frau wurde von Mann vergewaltigt, der ausgehandelte Ausgleich sieht dann folgendermaßen aus: er heiratet sie und sie entgeht der Schande.
Ewald der Etrusker
@Pommes_Fritz Nun ja, für Ihr Abschlussbeispiel gab es auch schon krassere Fälle: Männer aus dem Clan des Opfers vergewaltigen eine Frau aus dem Clan des Täters. Insofern ist das wohl tatsächlich eine Sackgasse. - Was die Mediation angeht, so kann diese sicherlich erstens nur bei einsichtigen Tätern und zweitens nur mit Einverständnis des Opfers einen Sinn ergeben. Heißt das, dass Mediation von vorn herein Unsinn ist? Ich denke, nein. - Ansonsten bin ich froh über jeden, der aus Anti-Gewalt-Trainings friedlicher rausgeht. Selbst wenn es bei den meisten Teilnehmern nichts bringen sollte, macht es die Gesellschaft doch schon mal etwas friedlicher. Und überhaupt sollte man in Zeiten des komplexen Denkens in der Lage sein, sowohl Täter- als auch Opferperspektiven im Blick zu behalten. Das eine schließt das andere nämlich nicht immer aus.
warum_denkt_keiner_nach?
"Erst mit der Industrialisierung, also ab dem 18. Jahrhundert, tauchen Gefängnisse als Orte auf, wo Gesetzesbrecher dauerhaft untergebracht wurden. Vorher gab es zwar auch Kerker, um beispielsweise Menschen vor ihrer Hinrichtung festzuhalten. Doch lange Gefängnisstrafen waren sehr selten."
Angesichts der Tatsachen, dass es vor den langen Gefängnisstrafen, die es übrigens in etwas anderer Form auch gab, hauptsächlich Tod und Verstümmlung als Strafen gab, könnte man diesen Artikel durchaus auch als Aufforderung sehen, Körperstrafen wieder einzuführen.
Natürlich kann man darüber nachdenken, auf Haftstrafen für bestimmte Vergehen (Schwarzfahren ect.) zu verzichten. Und natürlich gibt es viele Dinge, die man am gegenwärtigen Strafvollzug ändern müsste. Aber für die "Schweren Jungs" sehe ich keine Alternative. Ich fühle mich einfach etwas sicherer, wenn ich weiß, dass ein paar Vergewaltiger nicht frei rumlaufen.
Markus Michaelis
AFD "Und was ist passiert, dass aus diesen Kindern so hasserfüllte Erwachsene geworden sind? "
Da muss ich etwas schlucken. Sie wollen sich Gedanken über eine freie Gesellschaft ohne Gefängnisse machen und kommen bereits bei der AFD so ins Schleudern, dass Sie nur noch ihre Seelenpein schildern können und kein Ausweg in Sicht scheint? Als weltoffener Mensch: was sagen Sie zu all der anderen Buntheit und all den anderen kaum lösbaren Widersrpüchen und Konflikten in der Welt? Für was genau und welchen (winzigen?) Teil der Menschheit wollen sie etwas beitragen?
Ich finde es einfach nur noch ärgerlich den Anspruch zu erheben, dass man gegen all die dummen Anderen den Weg zu einer besseren Welt kenne und das Böse besser sehe als die anderen: aber bei der ersten realen Problematik fällt Ihnen nicht mehr ein, als dass sie vor dem Leibhaftigen stehen?
Dass man ansonsten ständig über den Strafvollzug nachdenken und ihn auch anpassen sollte, steht außer Frage.
weaver
@Markus Michaelis Besser kann man es nicht ausdrücken. Danke!
Fridolin
Außer Berufskriminellen gibt es auch noch Triebtäter! Was machen wir mit denen? Reden denen gut zu und sagen lass doch die Kinder oder die Frauen oder .... in Zukunft in Ruhe und macht mit eurem Opfer eine Mediation!
Das Restrisiko trägt halt das Opfer wenn die Theorie versagt!
Auch das Thema ÖPNV wegen der Schwarzfahrer Kostenlos zu machen geht meines Erachtens am Grundthema vorbei. Nämlich wer eine Leistung von jemanden in Anspruch nimmt, der muss demjenigen oder der Institution etwas dafür geben. Das ist ein meines Erachtens sinnvolles Grundprinzip unserer Gesellschaft.
Also der ganze Artikel ist sehr sozialromantisch und hat nicht wirklich Substanz!
Auf alle Fälle kein Alternativkonzept zu Gefängnissen!
Kurt77
@Fridolin Na ja, wer einen Parkplatz in Anspruch nimmt (auch eine Leistung), ohne dafür zu bezahlen - also ähnlich kriminell ist, wie ein Schwarzfahrer, kommt dafür meines Wissens nicht in den Knast - auch nicht nach dem dritten Mal.
Gerade bei Schwarzfahrern könnte man über andere Strafen nachdenken, zum Beispiel Bahnsteige reinigen oder so. Die Leistung halt zurück geben, wieder gut machen.
Freigeist10
Selten so ein Schwachsinn gelesen. Der Vorschlag Gefängnisse abzuschaffen, ist heute wie auch in Zukunft utopisch. Man muss schon in einem Elfenbeinturm wohnen, um so etwas ernsthaft zu fordern.
Was allerdings Schwarzfahrer angeht, bin ich einverstanden. Deswegen sollte man nicht einsitzen, auch nicht wegen Geldstrafen.
Die Entkriminalsierung weicher Drogen und mehr Unterstützung für Konsumenten harter Drogen würde ich sofort befürworten.
Für Kapitalverbrechen muss es auch weiterhin Gefängnisse geben es geht schließlich auch um Gerechtigkeit. Und es ist ungerecht, wenn bsw. ein Mörder weiterhin frei rumlaufen kann. Dem Opfer ist dies schließlich auch verwehrt. Das Argument, das Opfer wird durch die Strafe nicht mehr lebendig, ist hanebüchen. Die Utopie zu Ende gedacht, gilt dann wieder das Recht des Stärkeren. Das kann niemand ernsthaft wollen. Früher gab es weniger Gefängnisse, weil man viele Verbrecher einfach getötet hat. Im Sinne der Menschenrechte dann doch lieber der Knast!
Hartzer 2017
Wenn Gefängnisse Straftaten und damit Straftäter verhindern.
Warum sitzen dann Leute in Gefängnissen?
Weil alles Geld kostet und alle daran verdienen.
Und die Opfer? Bleiben Opfer - Sind Geschädigt und bekommen Hartz 4 als Sozialen Ausgleich.
6000,00€ Monat kostet der Straftäterverwahrungsvorgang. Ohne Nutzen für die Gesellschaft und sich selbst. Weggesperrt. Und wozu?
Tat ist gemacht. Und nicht ursächlich verhindert.
Wer das Weiter So will ist im Grund Verhindert.
warum_denkt_keiner_nach?
@Hartzer 2017 Ein Mörder der einsitzt, kann erst einmal nicht weiter morden. Oder sehe ich das falsch?
Ewald der Etrusker
@warum_denkt_keiner_nach? Vorsicht! Auch im Knast kann man töten. Und das zählt dann, wenn es nicht grad Notwehr war, als Mord.
Blauer Apfel
Wahrer Kommunismus ist dann erreicht, wenn es keine Gefängnisse und keine Zoos mehr gibt.
Nik...
Drogensüchtige und Schwarzfahrer machen besonders deutlich, dass es heute um Kriminalisierung und nicht um Straftaten geht. Sucht ist eine Erkrankung und öffentliche Verkehrsmittel sind auch Teil des öffentlichen Raums und keine Taxifahrten. Aus dem öffentlichen Raum darf niemand ausgeschlossen werden. Nehmen wir die Straßenbahn als halböffentlich an, denn der Zugang zu diesen subventionierten Fahrzeugen ist ja ohne Kontrolle. Das Schwarzfahren entspricht daher rechtlich eher einem Mundraub im öffentlichen Raum und Mundraub ist keine Straftat, da das Entnommene sofort verzehrt ist.
Auch hat jeder Bürger seinen Anteil an der Fahrt über die öffentlichen Zuschüsse bereits angezahlt, erschleicht also keine Leistungen. Bin in London einmal Richtung Wimbley über die Zone meiner Fahrkarte hinausgefahren. Das einzige, was der einzelne Kontrolleur sehr höflich zu mir meinte, war, ob ich an der nächsten Station bitte aussteigen könne, um Fahrkarte nachzuloesen, dann ging er weiter. So hab ich es gemacht. Die deutschen Combos auf Schwarzfahrerjagd wirken immer bedrohlich und nicht selten sind Konflikte zu beobachten, Gewalt. Die britische Höflichkeit solidarisieet mit der Tube. Die Deutschen kriminalisieren die Fahrgäste.
FancyBeard
@Nik... Was ist mit den Frankfurter Bankern, die keine Fahrscheine lösen, weil es bei den gegenwärtigen Strafgeldern und Kontrolldichte lohnenswerter ist ohne zu zahlen zu fahren?
Tolgahan Uzun
Meine Vorstellung von einer gesellschaftlichen Utopie wäre die "Gefangenen" auf eine Insel zu bringen.
Es kann aber auch ein Gebiet wie Tibet sein oder wie es damals Australien war, falls ich mich nicht täusche.
Die "Gefangenen" sind zum Teil auch "nur" Opfer von vielen Faktoren, wie zum Beispiel der Gene, Milieu, Erziehung, Erfahrung usw.
Gerade deshalb ist es glaube ich wichtig, nicht nur die Symptome, also die Menschen zu resozialisieren, sondern von Anfang an Wert darauf legen, dass "Syptome" bzw. Menschen die Kriminell werden können einer Art Vorbeugung unterzustellen.
Wenn die Ursachen gut und schnell und/oder ganz bekämpft werden können, dann gäbe es auch nur sehr wenige bis keine "Gefangenen".
Hier sieht man aber auch, dass Kriminell auf die andere Art und Weise relativiert werden kann. Gerade dann ist es aber wichtig, sich darüber im klaren sein zu müssen, wie privilegiert manche leben, ohne je darüber nachdenken zu müssen verhaftet zu werden, weil diese die bevorzugten sind.
Bekanntlich kann es auch sein, dass gerade in Gefängnissen die Konzentration von Kriminellem Gedankengut hoch ist und sich dort auch verfestigen bzw. verstärken kann.
Gerechtigkeit ist ebenfalls ein heikles Wort, da es oft bis immer eine subjektive Instanz ist, zumindest wenn diese von Menschen ausgeübt wird. Jedoch ist diese Gerechtigkeit keine objektive Gerechtigkeit. Genau deswegen ist es wichtig sich fragen über Kriminalität zu machen.
Erst recht wenn im Westen über "Humanismus" gesprochen wird, aber nur ein Teil, bzw. nicht alle davon betroffen scheinen.
Wahrer Humanismus wäre vielleicht sogar die Gefängnisse total abzuschaffen.
Schauen wir mal, wohin sich Europa hinbewegt oder wie es sich entwickelt.
Age Krüger
@Tolgahan Uzun "Meine Vorstellung von einer gesellschaftlichen Utopie wäre die "Gefangenen" auf eine Insel zu bringen.
Es kann aber auch ein Gebiet wie Tibet sein oder wie es damals Australien war, falls ich mich nicht täusche."
Vielleicht meinen Sie auch Manhattan und möchten lieber mit Kurt Russell Filme drehen?
gyakusou
Ziemlich realitätsfern das ganze.
Eine Frau, die vergewaltigt wurde, hat wohl kaum Interesse an einer Mediation mit dem Täter. Und wie soll denn so ein Wiedergutmachungsverfahren überhaupt aussehen? Du hat mein Kind getötet, gib mir dafür dein Haus? Wohl kaum. Sowas wie Wiedergutmachung funktioniert nur bei Diebstahl oder ähnlich harmlosen Dingen.
Und auch weitere Aspekte des Artikels sind etwas fragwürdig. Nicht erst mit dem Christentum kam es dazu, dass Straftäter für ihre Verbrechen leiden mussten. In nahezu jeder antiken Kultur wurden Verbrecher durch Stockschläge, dass Abschneiden von Nasen, Ohren, Gliedmaßen oder Pfählen bestraft.
Nicht zu vergessen Zwangsarbeit.
Immerhin mit der Forderung, dass man Verbrechensursachen bekämpfen muss, stimme ich überein.
Ewald der Etrusker
@gyakusou Solange das hier: de.wikipedia.org/w...eignete_F%C3%A4lle beachtet wird, kann Mediation auch im Interesse des Tatopfers sinnvoll sein.
Rudolf Fissner
Der Artikel fing ja eingangs interessant an mit dem Satz "Für Berufskriminelle sei Haft ein Berufsrisiko."
... und endet mi Schwarzfahrern als Beispiel. Sind Schwarzfahrer nun die Berufskriminellen? Erstere wären mit freiem ÖPNV weg vom Fenster. Aber das ist ja wohl nicht die Antwort auf die "Berufskriminellen".
Frau Flieder
Alle Gewalttäter hatten eine schwere Kindheit? Mag ja in manchen Fällen zutreffend sein.Jeder hat aber die Fähigkeit selbst zu entscheiden,was er tut.Rosenberg hat ein geniales Einfühlungsvermögen das awohl auch aufgrund seiner jüdischen Wurzeln.
Wenn es keine Gefängnisse mehr gibt, sagt Bescheid. Ich wandere dann aus.