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Urteil gegen AfD-PolitikerIm Zweifel gegen den Angeklagten

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Das Landgericht Halle hat den AfD-Politiker Björn Höcke verurteilt. Ein Freispruch wäre angebrachter gewesen.

Der AfD-Politiker Björn Höcke im Landgericht Halle, wo er sich wegen einer SA-Parole verantworten musste Foto: Ronny Hartmann/ap

H ätten Sie gewusst, dass „Alles für Deutschland“ eine verbotene Parole aus dem Nationalsozialismus ist? Vermutlich wussten das 99,9 Prozent der Deutschen bis vor Kurzem nicht. Nun wurde aber der AfD-Politiker Björn Höcke wegen Verwendung dieser Losung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen, insgesamt 13.000 Euro, verurteilt.

Entscheidend in diesem Prozess war die Frage, ob Höcke bei seiner Wahlkampfrede 2021 in Merseburg wusste, dass „Alles für Deutschland“ eine Losung der NS-Sturmabteilung (SA) war. Höcke bestritt das.

Gegen Höcke sprach, dass er Geschichtslehrer ist und vielleicht mehr NS-Losungen kennt als wir Durchschnittsdeutschen. Außerdem benutzt Höcke regelmäßig Begriffe mit NS-Hintergrund, scheint sich in diesem Fundus also bewusst zu bedienen. Schließlich gab es vor Höckes Rede in der AfD schon mehrere Vorfälle, bei denen diese Losung für Ärger sorgte. Gut möglich, dass Höcke hiervon gehört hatte, er hat aber auch dies bestritten.

Das Gericht sagte in seiner knappen Urteilsbegründung letztlich nur, dass es Höcke nicht glaubt. Das ist etwas dünn in einer Frage, auf die es in diesem Prozess doch gerade ankam. Denn für eine rechtsstaatliche Verurteilung genügt es ja nicht, dass ein bewusstes Einsetzen von NS-Slogans zu Höcke passt oder dass man ihm dies zutrauen würde.

Für das Vertrauen in die Justiz nicht dienlich

Dass Höcke die Parole „Alles für Deutschland“ bei einem späteren Wahlkampfauftritt in Gera erneut einsetzte – nun ganz bewusst und in Kenntnis ihres Hintergrunds – war in diesem Prozess nicht Gegenstand der Anklage, wird aber wohl zu einer erneuten (und dann besser fundierten) Verurteilung führen. Warum hat man nicht einfach auf das eindeutige zweite Verfahren gewartet?

Für Fälle wie den jetzigen gibt es eigentlich die rechtsstaatliche Maxime „im Zweifel für den Angeklagten“. Bei Äußerungsdelikten gilt zusätzlich die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, dass Äußerungen nach Möglichkeit so auszulegen sind, dass sie nicht strafbar sind. Ein Freispruch hätte deshalb eher nahegelegen als eine Verurteilung.

Erst recht wäre Zurückhaltung angebracht gewesen, wenn man den Kontext des Strafverfahrens betrachtet. Im September wird in Thüringen gewählt, Björn Höcke ist Spitzenkandidat der Partei, die nach aktuellen Umfragen die meisten Stimmen erhalten wird – über deren Verbot aber gleichzeitig auch diskutiert wird. Dass eine Verurteilung ohne klare Beweislage in diesem Umfeld das Vertrauen in die Justiz nicht gerade erhöht, liegt auf der Hand. Leider.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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80 Kommentare

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  • Das Gericht hat Indizien gewürdigt, was ihm freisteht, und ist zu der Überzeugung gekommen, dass Höcke wusste, was er da sagte. Wenn sowas nach ordnungsgemäßer Beweiswürdigung zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dann ist auch kein Raum mehr für "in dubio pro reo".

    Hier geht es auch nicht um eine etwa böswillige Auslegung seiner Äußerung - sprich: MEINTE die verwendete Floskel auch, was die SA damit meinte? - sondern nur um ihre historische, insoweit auch nicht "auslegungsfähige", Einordnung und die Kenntnis des Angeklagten darum. Denn das reicht bei Nazisymbolen nunmal aus: Sie ist PER SE nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt, unabhängig davon, was der Verwender damit "sagen will".

  • Das dumme an der Demokratie ist das sie auch die schützen muss die sie abschaffen wollen , aber nicht in allen Fällen .



    Höcke weiß sehr genau was er tut .



    Kann nur hoffen das die " Protest " Wähler aufwachen bevor sie zuviel unheil angerichtet haben .



    Die anderen " Idioten " kann eh nix überzeugen .

  • Danke für die Fakten, Herr Rath. Ich wusste z.B. nicht, dass die zwei Handlungen Höckes in unterschiedlichen Verfahren verhandelt werden, daher hatte ich mit dem Schuldspruch gerechnet umd fand ihn angemessen. Im ersten Fall muss man aber wohl resümieren, dass StA und Gericht zu Gunsten politischer Wahlkampftaktik entschieden haben. Denn bei der Sachlage ist Höcke durchaus die Möglichkeit eines Irrtums (Par. 16 oder 17 StGB) zugute zu halten. Die Aufarbeitung durch höhere Instanzen wird aber sicherlich erst nach der Landtagswahl erfolgen. Bis dahin wird er dann vermutlich bereits wegen der zweiten Handlung (dann zu Recht) verurteilt werden. So dass Höcke im Ergebnis nun bereits vor dem Wahltermin als Straftäter gebrandmarkt wurde. Auch wenn diese Verfahrensweise aus rechtsstaatlicher Sicht kaum zu beanstanden sein wird, ist doch fraglich, ob es im Hinblick auf das Verhältnis von Bürgern zum Staat perspektivisch klug war das Enfant terrible auf diese Weise vorzuverurteilen.

  • Es tut mir wirklich leid, aber ich habe für dieser Art Argumentation keinerlei Verständnis mehr. Nein, es erschüttert mich. Warum? Es ist zutiefst blauäugig.

    Für mich ist diese Art der Auseinandersetzung mit einer Partei mit menschenverachtenden Zielen unsäglich und überflüssig.



    Der Autor vergisst dabei die Geschichte. Vergisst das es auch bei uns während der Weimarer Republik "En Vogue" war die Nazis zu hofieren und sie sich "Zu Eigen" zu machen, um eine Regierung bilden zu können. Die selbstüberschätzende, wahnhafte Idee sie „Kontrollieren“ zu können war dabei vom Zentrum inkludiert.

    Höcke weiß i.d.R. ganz genau wie weit er gehen kann. Er setzt Reizpunkte um beim Wähler zu punkten. Das geht beim Heben des rechten Arms los und hört bei Zitaten auf.

    Wie wir alle seit Langem wissen ist Höcke der parlamentarische Vorzeigenazi einer "Demokratischen" Partei am äussersten rechten Rand des Spektrums und Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Thüringen. In mehreren Bundesländern gilt die AfD als gesichert „Rechtsextrem“ und im Gesamten als "Verdachtsfall".



    Höckes Erklärung für das Potsdamer Treffen und die Inhalte seine Erklärung des Begriffes „Remigration“ habe ich noch gut in Erinnerung.

    Es ist noch gar nicht so lange her, da gab es in dieser Republik Berufsverbote für Linke.



    Für Verfassungsfeinde wie Reichsbürger, verurteilte Nazis und Geschichtslehrer die, verbeamtet und aus einer gesicherten Position heraus offen menschenverachtende Politik verbreiten und verharmlosen, sich offen gegen diesen Staat und seine Verfassung stellen soll das nicht gelten?



    Wollen wir Reichsbürger mit Waffenscheinen und Munition?

    Aber Menschen mit Sekundenklebertuben vier Wochen in "Präventivhaft" nehmen....

  • Ich denke doch, Landolf "Bernd" Ladig wird diese Losung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Kenner und epigonalem Verfasser nationalsozialistischen Schriftgutes nicht unbekannt gewesen sein.

  • Ich habe während meines Geschichtsstudiums in NRW kein einziges Seminar oder eine entsprechende Vorlesung zum Thema "SA, SS oder NSDAP" zu Gesicht bekommen.



    Dieses Thema war meiner Kenntnis nach auch keine Pflichtveranstaltung. Vielleicht sollte man dies ja ändern. Der genannte "SA-Satz" ist mir deshalb vollständig unbekannt gewesen.



    Das Urteil gegen H. ist meiner Ansicht nach ein falsches Signal, das Anhänger der AfD eher noch stärker in die Arme dieser Partei treiben wird. Ganz abgesehen von der voreiligen Urteilsverkündung durch die FAZ!

    • @justus*:

      "[...]das Anhänger der AfD eher noch stärker in die Arme dieser Partei treiben wird[..]"

      Irgendwie treibt offenbar jedes denkbare Ereignis vom Wetter bis zu den Fußball-Ergebnissen nach Meinung mancher Zeitgenossen der AfD Wähler zu. Seltsam, dass die Rechtsextremisten nicht schon die 100% erreicht haben.

  • Ich finde das Urteil bedenklich für den Rechtsstaat. Die Rechtsstaatlichkeit darf nicht wegen eines Herrn Höcke, der doch unwichtig ist, ins Wanken geraten. In einem Strafprozess muss das Gericht die Strafbarkeit beweisenm also hier dem Angeklagtem NACHWEISEN, dass er die Parole kannte. Aber genau darauf ist das Gericht nicht eingegangen. Das wird der Casus Knacktus in einer Berufung/ Revision sein, der nicht wegzudiskutieren ist.

    • @Elias-Nathan Stern-Herrmann:

      Der Indizienbeweis IST ein rechtsstaatliches Mittel der Tatbestandsermittlung. Er muss halt ausreichend stark geführt sein, um die hohen Anforderungen gerade bei Äußerungsdelikten zu erfüllen. Wenn man zu dem Schluss kommt, dass die Indizien hier ausreichten, um die Unschuldsvermutung zu überwinden, dann ist das sicher ein streibarer Standpunkt, aber nichts, was gleich den Rechtsstaat ins Wanken bringt.

  • Höcke ist einer der wenigen Deutschen, die es wirklich gekannt haben sollten. Und jemand, die auch vom Verbot gewusst haben dürften.

    Danke aber für den Hinweis, dass es zwei Verfahren gibt. Ich dachte zuvor, er wäre für beides zusammen verurteilt worden. Die zweite Aktion war ja öffentlich Vorsatz.

  • Ich habe nicht gewusst, dass "Alles für Deutschland" eine SA-Parole war und dass deren Verwendung deshalb unter Strafe steht. Aber da AfD eine Abkürzung dafür ist, werde ich mir das leicht merken können.



    Man muss schon Deutscher sein, um mit solchen Regeln zurande zu kommen. In den Niederlanden muss man "Oranje boven" manchmal sogar mitschreien, um nicht unangenehm aufzufallen.

    • @Nairam:

      "Man muss schon Deutscher sein, um mit solchen Regeln zurande zu kommen."



      Gleiches gilt für die Zeit von 1933-45, aufgrund derer diese Regeln entstanden. Passt also.

  • "Ignorantia legis non excusat!" heißt auf Deutsch: "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht!"



    Kann jemand dem Ersteller des Kommentars diesen Spruch einmal genau erklären?



    "In dubio pro reo" ist wahrlich nicht der einzige Rechtsgrundsatz, den wir aus dem römischen Recht übernommen haben.

    • @Aurego:

      Der Spruch gilt im deutschen Strafrecht nur, wenn jemand einem vermeidbaren RECHTSirrtum über die Strafbarkeit seines Handelns unterliegt (also z. B. wenn Höcke in vollem Wissen, dass der Spruch als zentrale Losung auf jedem SA-Dolch graviert war, gedacht hätte, die Verwendung von derlei Nazisymbolen fiele unter die Meinungsfreiheit) oder wenn die Tat auch bei fahrlässiger Begehung strafbar ist. Letzteres ist bei der Verwendung von Nazisymbolen verständlicherweise nicht der Fall.

      Ich könnte jetzt eine ganze Latte an Beispielen runterrasseln, warum das auch so in Ordnung ist. Kurzfassung: Wer im wahrsten Sinne des Wortes "nicht weiß, was er tut", handelt eben auch nicht in der zumindest billigenden Inkaufnahme (="Vorsatz"), das unter Strafe gestellte Handeln zu verwirklichen. Deshalb steht das auch so im Gesetz.

    • @Aurego:

      Das Recht hat sich seit des Zeiten es alten Roms allerdings weiterentwickelt, sodass dieser Grundsatz heute so pauschal nicht gilt. Richtig wäre: Unwissenheit schütz nicht in jedem Fall vor Strafe. In manchen Fällen aber schon.

      de.m.wikipedia.org..._legis_non_excusat

      • @Mai Wetter:

        Ich fürchte, "weiterentwickelt" ist in diesem Zusammenhang der falsche Begriff.

        • @Aurego:

          Der lateinische Satz ist exakt genauso eingeschränkt: "ignorantia LEGIS..." steht da, nicht "factorum".

  • 8G
    81283 (Profil gelöscht)

    Im Zweifel gegen Rechtsextremismus

    Darauf können sich doch hoffentlich alle einigen.

    • @81283 (Profil gelöscht):

      nein , kann man nicht.



      Gesinnungjustiz ist für ein freies Land nicht tragbar.

  • Quatschkommentar. Wann fangen wir endlich an Nazis zu bekämpfen anstatt ihnen Rosen auf den Weg zu streuen?

  • "Hätten Sie gewusst, dass 'Alles für Deutschland' eine verbotene Parole aus dem Nationalsozialismus ist?" - NEIN – ich NICHT. Dabei bin ich im "antifaschistischen" Teil Deutschlands aufgewachsen. Wie leicht hätte ich mich also STRAFBAR gemacht - wenn mir solch Bemerkung entfleucht. Wenn womöglich nach Trumps "America First"-Politik ein lockeres "Deutschland zuerst" über die Lippen enteilt wäre. Wäre das vom gleichen Schlag - wie "Alles für Deutschland"?

    Und wie steht es dann mit "Jedem das Seine"? Strafbar oder nicht? - Immerhin weiß ich, dass das über dem Eingang eines Konzentrationslegers stand. Muss ich jetzt Gesetzbücher durchforsten? - Immerhin: Ich habe diesen "Spruch" erst heute in einem Buch gelesen: "Es ist in Ordnung, gleichgültig gegenüber Free Jazz, klassischem Klavier oder Death Metal zu sein: Jedem das Seine." - Muss ich da jetzt menschenverachtenden Zynismus vermuten? Ist das Buch womöglich einzustampfen und der Verfasser auf den Index zu setzen, denn politisch korrekt - ist das nicht. Jedenfalls nicht in unseren Breiten ...

    Ach so: Der Autor ist Philosoph und sein Buch heißt: Das Leben ist hart (Wie uns die Philosophie helfen kann ...). - Also: Wie steht es damit? Muss ich ihn jetzt irgendwo anzeigen, damit man seine Gesinnung überprüfen kann? Wer weiß mir Rat - schließlich will ich kein Straftäter sein?

    • @Kahnt Karl-Heinz:

      ein ganz kurzer ratschlag:



      context matters – auch und ganz besonders für die beurteilung der möglichen strafbarkeit eines satzes oder einer parole. wenn Sie dieses prinzip auf die von ihnen genannten beispiele anwenden, dann werden Sie signifikante unterschiede zur causa höcke vermutlich leicht feststellen können.

  • Ja, dem Durchschnittsbürger hätte ich auch abgenommen, daß er keine Kenntnis von der SA-Parole habe.

    Aber einem Mann, der seit Jahrzehnten festverankert in dem rechtsradikalen Feuchtbiotop immer wieder Nazisprech absondert?

    • @Spitzbube:

      In dubio pro reo...



      Warum muss man das Prinzuip immer wieder wiederholen?

      • @Sonntagssegler:

        aus sicht des gerichtes bestand kein zweifel daran, dass höcke genau wusste, was er da sagt. muss man das auch immer wiederholen?

  • Selbst nach Würdigung oberflächlichster Aspekte ( Akademiker, Geschichtslehrer, Rechtsaußen-Sympatisant) wäre ein anderes Urteil bedenklich gewesen!

    Das ist AUCH Aufgabe einer soliden Rechtsprechung, sich nicht unnötig veräppeln zu lassen.

    Ob das jetzt der Opferinszenierung nützt? Klar...

    • @klaus aka klaus:

      Warum bedenklich?

      Weil Du Höcke für ein neofaschistisches Arschloch hälst?

      Das darfst Du aber das darf so ein Verfahren eigentich nicht beeinflussen.

      Wie wichtig Rechtssicherhiet ist, versteht man villeicht erst, wenn man selbst zu unrecht verurteilt wurde.

  • Wo das pendel hin schwingt ist letztlich die Entscheidung nach Abwägung verschiedener (z.T. gegensätzlicher) Aspekte. Ja, im ZWeifel FÜR den Angeklagten.



    ABER: Schon in Würdigung oberflächlichster Umstände (Akademiker, Geschichtslehrer, Rechtsaussen-Sympathisant, ...) ist die Aussage dieses Herren unglaubwürdig.

    Insofern wäre eine andere Entscheidung bedenklich gewesen und hätte mich eher beunruhigt.

  • Eigentlich müsste das Autokennzeichen HH auch verboten werden, jeder weiß ja, was es bedeuten kann. SA, SS etc. sind ja schon verboten.

    • @Lars Sommer:

      Viel Spaß dabei dass den Hamburgern zu erklären :-)

  • Der Akzent ist meines Eachtens falsch gesetzt.



    Mit 99 %iger Sicherheit kennen erwiesenen jahrzentelange Neonazi den Spruch und Zusammenhang; daher schweigen hier auch vernünfthe Zweifel.

    Dass das bei Geschichtslehrern nicht der Fall ist, liegt nach meiner Erfahrung an deren Ausbildung und ist daher nicht das Kriterium.

  • Das Fatale ist meines Erachtens der Umstand, dass jeder Ausgang dieses Verfahrens Höcke und der AfD nützt.

    Wäre er freigesprochen worden, hätte er sagen können: "Seht ihr - unschuldig!"

    Jetzt ist er verurteilt und automatisch setzt die AfD-Opferstrategie ein.

    Die Elite, die da oben, die Alt-Parteien kriegen uns politisch nicht klein, also versuchen sie es mit der Justiz.

    Nicht hilfreich ist es, wenn Marco Wanderwitz, der ehemalige Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, der ein Verbotsverfahren möchte, sagt:

    "Gerade im Osten bekommt man die Partei auf politischem Weg nicht mehr klein."

    Es plätschert die Mühle am rauschenden Bach.

    • @Jim Hawkins:

      Es wird noch viel schlimmer: Der Bundesgerichtshof wird das Urteil (absehbar) kassieren. Die juristischen Argumente sprechen eben für einen Freispruch bei der ersten Äußerung. Keiner konnte Höcke im Verfahren positiv nachweisen, dass er den Spruch kannte. Er selbst bestreitet das. Da ist normalerweise für eine Verurteilung kein Raum.

      Daher wird die PR-Strategie noch besser werden. Denn dieser (absehbare) Freispruch lässt es zu Opfermythos und Unschuldslammgetue noch zu kombinieren:

      "Seht her! Das Gericht hat ein politisches Urteil kurz vor der Wahl gefällt. Wir als AfD werden nirgends fair beurteilt. Wenn ein Richter fair urteilt, führt das zum Freispruch, wie der Bundesgerichtshof ja gerade bewiesen hat."

      Das wäre der maximale Schaden, den die Sachsen-Anhaltiner Justiz nehmen könnte. Ich lege mich fest, so wird es kommen.

      Meines Erachtens wäre es hier besser gewesen, den ersten Tatvorwurf freizusprechen und den zweiten Tatvorwurf (Gera) als Anlass der Verurteilung zu nehmen. So wie es jetzt ist, wird das zu erwartende Urteil aus Karlsruhe dazu führen auch das Gera-Verfahren in den Dreck zu ziehen.

      • @Kriebs:

        Bis der BGH das Urteil kassiert (was ich gar icht für so sicher halten würde), ist er hoffentlich wegen des zweiten Vorwurfs, bei dem der Vorsatz völlig unstreitig sein dürfte, schon wieder verurteilt.

  • Ich finde die Annahme des Gerichts stringent. Nicht zuletzt auch dadurch, dass Höcke mehrfach anschließend entweder selbst den Spruch eingesetzt hat, oder aber das Publikum animiert hat, den Spruch zu grölen. Es spricht viel dafür, dass AUCH dieser Spruch von ihm bewusst eingesetzt wurde. Die Motive wurden vielfach diskutiert.



    D darf sich vom rechten Rand nicht auf der Nase herumtanzen lassen.

    • @Kaboom:

      Zustimmung.



      Blöd ist nur, dass Höcke sowohl Freispruch als auch Verurteilung instrumentalisieren wird.

      • @aujau:

        In der Parallelwelt des rechten Randes lässt sich alles instrumentalisieren.

  • "Für Fälle wie den jetzigen gibt es eigentlich die rechtsstaatliche Maxime „im Zweifel für den Angeklagten“. Bei Äußerungsdelikten gilt zusätzlich die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, dass Äußerungen nach Möglichkeit so auszulegen sind, dass sie nicht strafbar sind. Ein Freispruch hätte deshalb eher nahegelegen als eine Verurteilung."



    Frage an die Juristen: wie verhält es sich in diesem Kontext mit der Maxime 'Unwissenheit schützt vor Strafe nicht'?

    • @Encantado:

      Unwissenheit schützt nicht vor Strafe, wenn man alle Umstände seiner Tat kennt, aber dem (vermeidbaren) Irrtum unterliegt, dass sie nicht verboten sei, also über die Rechts- und nicht die Sachlage irrt (im Gesetzeswortlaut ein sog. "Verbotsirrtum"). Die historische Bedeutung der von Höcke verwendeten Floskel gehört zur Sachlage. Hätte er also die nicht gekannt, wäre das ein den Vorsatz der Tat ausschließender Sachirrtum gewesen ("Tatbestandsirrtum"). Er hätte im wahrsten Sinne "nicht gewusst, was er tut".

    • @Encantado:

      In diesem Fall schuetzt Unwissenheit vor Strafe, steht so im Gesetzestext.



      Man haette also belegen muessen, dass er es wusste. Das ist nicht geschehen.

      Aber, und darauf hat der Richter explizit hingewiesen, es war eine unabhaengige Entscheidung des Gerichts!



      Dummerweise hat diese Betonung bei mir die gewuenschte Wirkung nicht erzielt, eher im Gegenteil.

  • Mir scheint, der Zweifelsgrundsatz wird in diesem Artikel recht weit ausgelegt. In dubio pro reo ist kein im Rahmen der Beweiswürdigung anzuwendender Grundsatz. Das ist ein häufiges Missverständnis, das aus meiner Sicht in einem solchen Artikel aufgeklärt werden sollte.

    Wenn das Gericht nach der Beweiswürdigung von der Strafbarkeit des Angeklagten überzeugt ist, dann ist für den Zweifelssatz schlicht kein Anwendungsbereich mehr. Dabei muss das Gericht keineswegs die tätergünstigste Auslegung der Beweise vornehmen. Wenn es keine Zweifel hat, verurteilt es, egal ob die Beweiswürdigung ein anderes Ergebnis zuließe.

    Der Zweifelsgrundsatz sagt dem Gericht also nicht, wann es zweifeln soll, sondern was es zu tun hat, wenn es nach der Beweiswürdigung noch zweifelt. Das schränkt den Anwendungsbereich des Zweifelsgrundsatzes stark ein.

  • 'Die Würde des Menschen ist teilbar', sagten die Schweine, denn jeder Mensch sei anders und so gebühre 'Jedem das Seine'. In Feierlaune sagten sich auch gerne: 'Jeder Jeck ist anders!'

    Alte, mit der NS-Ideologie verbundene oder bedeutungsähnliche Slogans wurden schon immer und werden noch immer benutzt. Die Vorsicht, die Redakteure bei der Übertagung der Weltmeisterschaftsfeier des DFB-Feier 1954 walten ließen, indem sie diese abbrachen, ist längst einem nationalistisch angehauchten Dauergeschwurbel von Wettbewerb und Kampf, Leistungswille und Einsatz, Gegenwehr, Angriff und Sieg gewichen, und das nicht nur im Sport.

    Wenn für jede dieser sprachlichen Grenzüberschreitungen Geldstrafen bezahlt werden müssten, wären die öffentlichen Kassen, auch dank Zahlungen von FinMin Lindner und anderer 'Demokraten', gefüllt.

  • Beim besten Willen hätte ich nicht gedacht, dass ein solcher Satz problematisch ist. Mir wäre er sicher nicht rausgerutscht, weil mir mein Restpatriotismus abhanden gekommen ist. Trotzdem frage ich mich ob man irgendwo nachlesen kann, was man noch alles nicht sagen darf?

    • @wollewatz:

      Ja, gibt es. Also wir in Bayern und alle anderen auch können auf der Seite der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus nachschauen und da stehen 17 Grüße/Parolen, deren Verwendung teilweise strafbar ist.



      Den Politikern der AfD fehlt also vielleicht ganz einfach die Intelligenz, sich so zu verhalten, dass es nicht verboten ist oder sie wollen es.

      www.bige.bayern.de...parolen/index.html

  • Im Zweifel für den Angeklagten ...



    Das Gericht hatte wohl keine Zweifel an der Schuld, in diesem Fall der bewußten Aussage durch Geschichtslehrer Höcke, der sich immer wieder bewusst in seinen Reden des Nazi-Sprechs bedient.



    Dass er den Ausdruck um den es geht in späteren Reden wiederholt hat war zwar nicht Teil der Verhandlung, weist aber auf die bewusste Aussage und damit ohne Zweifel auf die unglaubwürdigkeit von Herrn Höcke hin. Ich halte das Urteil für richtig und notwendig.

    • @L. Martinelli:

      Danke, genau so sehe ich es auch. Woher kommt denn der Zweifel, wenn der Herr Höcke direkt nach Kenntniserlangung den Spruch absichtlich benutzt. Das ist doch nicht die Reaktion einer Person, die das vorher nicht wusste.

      Ich habe es satt, wie den Rechtsradikalen ständig entgegengekommen wird. Hört man sich die Reden von Herrn Höcke (auch nur eine) mal vollständig an, bleiben keine Zweifel mehr. Gegenwehr muss einfach mal anfangen, der Mann zeigt ständig, wie er denkt. Nehmen wir das doch mal ernst!

  • Die Sache ist nicht ausgestanden, noch können Rechtsmittel eingelegt werden.

    Sollte es bei den 13.000 € bleiben, steht das Urteil in der Tat auf etwas wackeligen Beinen. Ich würde das aber in Kauf nehmen, allein schon Thüringen und der alten BRD zuliebe. Der Mann ist schließlich auch eine Schande für Lünen in Westfalen.

  • Wie heißt es doch so schön? Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Das Höcke nicht wusste was er da von sich gibt, ist bei jemandem dessen berufliches Hauptwerkzeug nunmal die Sprache ist, nun wirklich mehr als unglaubwürdig. Ich bin froh dass das Gericht das genauso sah finde ich beruhigend.

  • Für mein Vertrauen in die Justiz ist das Urteil sehr dienlich.

  • Für mein Vertrauen in die Justiz ist das Urteil sehr dienlich.

    • @nelly_m:

      Sollte es eigentlich nicht.

      Wenn der Richter dich nicht leiden kann, verurteilt er Dich also mit dem Hinweis, er glaubt Dir nicht.



      Da ist Willkür dann nicht weit entfernt.

      Muss ich noch darauf hinweisen, das es auch Richter mit AfD-Hintergrund (und rechtsradikalen Überzeugungen) gibt?



      Na dann viel Glück vor Gericht.

  • Gar nicht abschließend gemeint! Nur.

    “Das Gericht sagte in seiner knappen Urteilsbegründung letztlich nur, dass es Höcke nicht glaubt. Das ist etwas dünn in einer Frage, auf die es in diesem Prozess doch gerade ankam

    • @Lowandorder:

      Sorry - he techné - Finger zu schnell!

      Gar nicht abschließend gemeint! Nur.

      “Das Gericht sagte in seiner knappen Urteilsbegründung letztlich nur, dass es Höcke nicht glaubt. Das ist etwas dünn in einer Frage, auf die es in diesem Prozess doch gerade ankam.“

      Zutreffenderweise aber - muß hingegen das Gericht in einem Strafprozess vielmehr davon überzeugt sein - daß Höcke die ihm zur Last gelegte Sentenz und deren Verbotsgehalt kannte.

      (Wovon ich allerdings - ohne daß hier aber drauf ankäme - nach dem mir bekannten überzeugt bin!)

      • @Lowandorder:

        "Wovon ich allerdings - ohne daß hier aber drauf ankäme - nach dem mir bekannten überzeugt bin!"

        --> Privat oder als "R1-bemühter in der Ebene"?

        Privat bin ich auch fest überzeugt, zu 110% sogar.

        Ausgehend aber von der Nullhypothese bleiben dann doch Restzweifel, denn eine Smoking-Gun konnte die StA nicht präsentieren.

        • @Kriebs:

          …anschließe mich - ;)(

          (but & btw but not only =>

          “…Der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ ist keine Beweisregel, sondern eine Entscheidungsregel.



          Er bezieht sich auf die rechtliche Behandlung von nicht auflösbaren Zweifeln am Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen von Tatbestandsmerkmalen. Der Satz sagt dem Gericht nicht, wann es Zweifel haben muss, sondern nur, wie es zu entscheiden hat, wenn es Zweifel hat. Das Gericht muss von mehreren möglichen Schlussfolgerungen aus der Beweisaufnahme nicht die dem Angeklagten günstigste wählen (sofern sich hierzu keine konkreten Anhaltspunkte ergeben), da der sogenannte Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 261 StPO) gilt, was bedeutet, dass das Gericht jedem einzelnen Beweis frei eine Bedeutung zumessen darf.



          Wenn das Gericht von einer dem Angeklagten ungünstigeren Schlussfolgerung überzeugt ist, darf und muss es vielmehr diese der Urteilsfindung zu Grunde legen. Der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ wird nicht bei der Beweiswürdigung angewendet, sondern erst dann, wenn nach abgeschlossener Beweiswürdigung noch Zweifel verbleiben.…



          Der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ ist nur dann verletzt, wenn sich aus dem Urteil selbst ergibt, dass das Gericht Zweifel an der Schuld des Angeklagten hatte.…“



          de.wikipedia.org/wiki/In_dubio_pro_reo



          &



          www.hrr-strafrecht...r/1/06/1-37-06.php

          (servíce - verweise wg Zweifel aber a 🥱 auf meine letzte StrR-Klausur - die zierte zum mangelhaft der Zusatz “ob die Arbeit den Schritt zum ungenügend getan hat - mag dahinstehen“;)) - 🙀🥳🥹 - btw der als 🩸🪣 bekannte Prüfer gratulierte achteran besonders herzlich!;)) Machwas

          • @Lowandorder:

            Aha, das habe ich bisher auch falsch verstanden.

            • @Sonntagssegler:

              immer gern & mit John Brinkmann - Kasper Ohm un ick “Mit die Fixigkeit - warst du mich über - ever mit de Richtigkeit war ich dich über!“ - 🙀🥳🧐

              (unterm—— mein obiger Bonmot fin —



              “Na - das ist ja noch mal gut gegangen!“



              🤝 “Hatten Sie etwelche Zweifel?!“ - 🤣 -



              Aber das - ist eine andere Geschichte!;))

  • Wenn es reichte zu sagen man wusste [zu einem bestimmten Zeitpunkt] nicht, dass eine Parole strafbar ist könnte man so gut wie nie jmd. deswegen verurteilen. Das wäre unter best. Gesichtspunkten evtl. gerechter, ist aber nun mal hierzulande nicht der Regelfall.



    Hier gibt es in gewissem Sinne nur einen Zeugen, und wenn das Gericht zu dem Schluss kommt, dieser lügt ist die Verurteilung folgerichtig. Ohne die Begründung und die Beweisführung der Staatsanwaltschaft im Detail zu kennen ist es schwierig weiter darauf einzugehen.



    Aber schon im Artikel gibt es einen Anhaltspunkt: Höcke ist bekannt dafür, dass er gern Begriffe aus der NS-Zeit verwendet. Auch nicht offensichtliche. Wie glaubhaft ist es dann, dass so jmd. die Losung der SA nicht kennt?

    (nebenbei, schon der Einstieg des Artikels ist falsch: Die Referenzgruppe sind hier mindestens ehemalige Geschichtslehrer, wenn nicht ebensolche mit klar rechtsextemen, faschistischen Einstellungen. Unter solchen ist der Anteil derjenigen die die Losung der SA kennen sicher um ein vielfaches höher als beim Durchschnittsdeutschen.)

  • Um Zweifel sollten Gerichte immer für die Angeklagten entscheiden.

    Aber in diesem Fall gibt es keinerlei Zweifel, dass Höcke den Satz gesagt hat. Ob er zugibt den Hintergrund gewusst zu haben ist nebensächlich, denn das kann nur er beantworten und das lässt sich auch so oder so nicht beweisen.

    Die AfDler werden jedes Urteil und/oder jeden Freispruch für ihre Zwecke deuten.

  • Das Urteil ist gerechtfertigt, da die Richter den Faschisten Herr Höcke als ganze Person wahr nahmen. Er hat eine Vorgeschichte als Geschichtslehrer, Autor in faschistoiden Zeitschriften und eine vorherige gerichtliche Klatsche; man darf ihn Faschist nennen, da es bei ihm keine Beleidigung ist sondern eine passende Beschreibung.



    Jemandem seines Couleur hat eine Vorgeschichte die bei einem Urteilspruch nicht völlig ausgeblendet werden darf

  • Achtung Feinheiten:



    "Im Zweifel für den Angeklagten" bedeutet nicht, dass das Gericht Zweifel haben soll oder muß.



    Es gibt nur vor, wie zu verfahren ist, falls tatsächlich Zweifel bestehen.



    Könnte also sein, dass in diesem Fall einfach keine Zweifel bestanden, und hier kommt dann halt doch ins Spiel, was Höcke an anderer Stelle gesagt hat oder was man ihm aufgrund seiner unzweifelhaften politischen Haltung zutraut. Denn natürlich bleibt nicht außer Betracht, dass man Höcke bereits seit Jahren gerichtsfest einen Faschisten nennen darf.

  • Es gilt doch noch immer, Unwissenheit schützt vor Strafe nicht!

  • Höcke hat durch dieses Verfahren eine riesige unangemessene PR bekommen, die sich nun auch noch durch die Instanzen fortsetzen wird. Herr Rath hat Recht, man hätte das zweite Verfahren abwarten sollen.

  • Ob es einem nun passt oder nicht, in der deutschen Rechtsprechung gilt noch immer im Zweifel für den Angeklagten. Ob Höcke wusste oder zumindest objektiv wissen müsste, dass der Spruch verboten ist konnte nicht eindeutig bewiesen werden.



    Ich habe das auch nicht gewusst.



    Es wäre gut wenn eine weitere Instanz den Richterspruch nochmals prüfen könnte.

  • Bei Gericht und auf hoher See ...



    Wenn der Rechtsstaat funktioniert, wird das Urteil kassiert werden. In der Tat, es ist dünnes Eis was hier betreten wird. Das Gericht hätte das berücksichtigen müssen. Besonders dann, wenn es weiß, dass weitere Verfahren anhängen.

  • "Das Gericht sagte in seiner knappen Urteilsbegründung letztlich nur, dass es Höcke nicht glaubt."

    Das ist in der Justiz gar nicht mal so selten der Fall, vor allem auf den unteren Ebenen. Klingt komisch, ist aber so.

    Die Begründung, dass er als Geschichtslehrer habe wissen müssen, dass die Losung verboten sei, halte ich auch für fragwürdig und schließe mich da dem Autor an, dass ca. 99% der dt. Bevölkerung nicht wussten, dass die Losung verboten ist, zumal sie vordergründig unverfänglich erscheint. Zudem gehören nicht sämtliche Naziparolen zum Studium eines Geschichtslehrers, sowas muss ein Geschichtslehrer schlichtweg nicht wissen.

    Wo ich aber dem Gericht folge, ist der Gedanke, dass jemand wie Bernd Höcke, der als ausgewiesener Nazi-Afficionado tagtäglich mit Naziparolen jongliert, es definitiv wissen konnte, dass die Parole verboten ist. Denn immerhin lieben es diese Figuren ja, mit diesen Parolen Grenzen zu überschreiten und sind sich über die Rechtslage voll im Klaren. Insofern geht das Urteil mMn voll in Ordnung.

  • Das Urteil ist sehr nachvollziehbar.



    Höcke ist nicht nur Geschichtslehrer, sondern auch ein Nationalsozialist. Deshalb dürften eigentlich keine Zweifel bestehen, dass er sich sehr gut auskennt mit den Losungen der SA.

    Warum sich Gerichte mit einem gut begründbaren Urteilsspruch zurückhalten sollten, weil dann andere Nazis bzw. solche, die von Nazis regiert werden wollen, ein Vertrauen in die Justiz verlieren könnten, dass sie sowieso nicht haben, erschließt sich mir nicht. Durch Zurückhaltung gegenüber Nazis verhindert man den Aufstieg derselben ganz bestimmt nicht.

  • Die Argumentation des Autors würde vielleicht für einen Max Mustermann gelten, nicht aber für eine Person mit derartigen politischen Background und beruflicher Qualifikation. Höcke hat mit seinen Äußerungen zudem schon des öfteren unter Beweis gestellt, dass er über einen großen Wortschatz hinsichtlich nationalsozialistischer Parolen verfügt. Da darf es nicht verwundern, wenn ein Gericht seine Aussagen für nicht glaubwürdig hält und dementsprechend urteilt. Zudem haben Verfahren und damit auch Urteile die im öffentlichem Interesse durchgeführt werden auch immer eine Signalwirkung.

  • Es wurde ja schon im AfD Beobachtungsverfahren mehrfach geschrieben- man schützt die Demokratie nicht indem man sie untergräbt, da machen Richter, OER und Politiker anderer Parteien derzeit keine gute Figur.

    Im konkreten Fall stimme ich aber meinen Vorposten zu, es ist schon wahrscheinlich das Höcke bewusst provoziert und weiß was er sagt, da kann sich ein Richter dann auch an Wahrscheinlichkeiten orientieren.

  • Ich finde es gut, dass hier Artikel erscheinen, die der vorherrschenden Meinung der Zeitung wiedersprechen - ein Gewinn für die Vielfalt.



    Aber ich möchte den Ausführungen trotzdem widersprechen. Ob sich eine Person einer Tatsache bewusst ist, ist eine Frage, die letztendlich nur die Person selbst beantworten kann. Ein Gericht ist hier auf Schlussfolgerungen angewiesen. Das ist unbefriedigend, aber nicht zu vermeiden, denn es kommt häufig vor. Oder wie sollte beispielsweise eine Vergewaltigung verurteilt werden, wenn es keine Zeugen und keine harten Beweise gibt?



    Ich halte die Schlüsse des Gerichts, auch angesichts des Nach-Tat-Verhaltens, für nachvollziehbar und das Urteil für richtig.

    • @flipmar:

      Oder wie sollte beispielsweise eine Vergewaltigung verurteilt werden, wenn es keine Zeugen und keine harten Beweise gibt?

      Gar nicht sollte diese verurteilt werden, wenn alles fehlt. Letztlich ist der Gedanke dahinter, lieber ein Schuldiger frei als ein Unschuldiger hinter Gitter.

    • @flipmar:

      1 BvR 1753/03 Rz 32: "Voraussetzung jeder rechtlichen Würdigung von Äußerungen ist hierbei, dass ihr Sinn zutreffend erfasst worden ist. Ziel der Deutung ist die Ermittlung des objektiven Sinns einer Äußerung. Maßgeblich ist daher weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums objektiv hat."

      Außerdem Rz 33: "Bei der Überprüfung zivilrechtlicher oder strafrechtlicher Sanktionen geht das Bundesverfassungsgericht von dem Grundsatz aus, dass die Meinungsfreiheit verletzt wird, wenn ein Gericht bei mehrdeutigen Äußerungen die zur Verurteilung führende Bedeutung zugrunde legt"

  • Im Zweifel für den Angeklagten?! Wirklich?!



    Es gibt eben auch noch den Grundsatz "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht"



    Höcke hätte es einfach wissen müssen. Punkt.

    Da gibt es nichts zu diskutieren und ein Urteil gegen ein AfD-Mitglied ist immer mehr als richtig wenn das Gericht das vernünftig begründet.

  • Anders als der Autor bin ich nicht promovierter Jurist.

    Meine laienhafte Meinung: Die Glaubwürdigkeit der Justiz hängt nur zum Teil an "gerechten Urteilen". Alle Gerichtsurteile sind auch eingebettet in den gesellschaftlichen Diskussionszusammenhang - der sich in Zukunft sowohl pro, wie auch contra Höcke entwickeln kann.

    Das Gericht schätzt Björn Höcke ein als versiert im aktuellen politischen Diskurs und als umfassend faktensicher in der Geschichte des Nationalsozialismus. - Und ja, ich teile diese Einschätzung des Gerichts.

    Zur Höhe des Strafmaßes: Ich persönlich finde dieses Urteil milde. Einhundert Tagessätze finden ihren Weg ins Führungszeugnis des Verurteilten. Zugleich sind einhundert Tagessätze auch nicht "lebenslang" im Führungszeugnis zu finden.

  • Mir war nicht bekannt, dass es verboten ist, diesen Satz zu sagen. Ich habe zwar keine Anlässe, diesen Satz zu wiederholen oder in einem Gespräch zu erwähnen, bin aber trotzdem froh, dass ich es nun weiß. "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht." (Paragraf 17 des Strafgesetzbuches)

    • @*Sabine*:

      Nuja, Sie sind oder waren vermutlich auch kein Geschichtslehrer.