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Steinmeier-AusladungUnangemessene Empörung

Silke Mertins
Kommentar von Silke Mertins

Präsident Selenski und der ukrainische Botschafter Melnyk haben jedes Recht, unhöflich, undankbar, undiplomatisch und unverschämt zu sein.

Steinmeier, hier in Polen, will Frieden schaffen – und das um jeden Preis Foto: Jens Büttner/dpa

K aum etwas hat die Gemüter diese Woche so sehr in Wallung gebracht, wie die Ausladung des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Die ukrainische Regierung wollte ihn nicht dabeihaben, als die Präsidenten von Estland, Polen, Lettland und Litauen in Kiew zu einem Solidaritätsbesuch zusammentrafen. Als „ungebührlich“, „Affront“, „diplomatischer Fehler“, „unangemessen“ und „unhöflich“ wurde die Zurückweisung gegeißelt.

Ernsthaft? Wenn etwas vollkommen unangemessen ist, dann diese deutsche Empörung. Zunächst einmal ist es eine Beleidigung der Ukraine, dass der erste hochrangige deutsche Politiker, der nach Beginn des Angriffskriegs Kiew besucht, ausgerechnet Steinmeier sein soll – der Mann also, der mitverantwortlich dafür ist, dass es überhaupt so weit kommen konnte. Dass er Fehler inzwischen teilweise eingestanden hat, ändert daran ja nichts.

Ein Affront gegen die Ukraine ist es auch, dass weder der Bundeskanzler noch der Vizekanzler, noch die Verteidigungsministerin, noch ein anderer Entscheidungsträger nach Kiew aufbricht. Der Bundespräsident mag formal das höchste Amt im Staate innehaben. Doch man kann wohl kaum bestreiten, dass er gerade außenpolitisch nicht mehr als ein Grüßaugust ist, der außer solidarischer Rhetorik nichts zu bieten hat.

Es ist auch zu bezweifeln, dass es aus ukrai­ni­scher Sicht tatsächlich so unklug ist, Deutschland zu brüskieren. Berlin kann es sich gar nicht leisten, die bisherige Unterstützung – etwa die so oft hervorgehobene Finanzhilfe – herunterzufahren. Die Haltung der Bundesregierung ruft schon jetzt unter den Nato-Verbündeten und den europäischen Partnern Kopfschütteln hervor. Deutschland hat sich mit seiner Politik des Zögerns und Zauderns außenpolitisch isoliert.

Kein Anspruch auf Lobpreisung

Am peinlichsten an der Empörung über die Missachtung „diplomatischer Gepflogenheiten“ ist jedoch die Unverhältnismäßigkeit. Die Ukraine erlebt gerade ihren schlimmsten Albtraum, und einem Präsidenten, der allem Anschein nach mit einem Völkermord an seinen Leuten konfrontiert ist, wird vorgehalten, dass er sich im Ton vergreift? Die Kri­ti­ke­r*in­nen sollten sich mal nicht so anstellen.

Angesichts dessen, was die Menschen in der Ukraine erleiden müssen, wird man hierzulande doch wohl ein paar Unhöflichkeiten aushalten können. Mit (nicht ausreichenden) Waffenlieferungen und Finanzhilfen hat Deutschland sich keinen Anspruch auf Lobpreisung verdient.

Präsident Wolodimir Selenski und der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk haben jedes Recht, unhöflich, undankbar, undiplomatisch und unverschämt zu sein. Sie – nicht Steinmeier – tragen die Folgen einer verfehlten Russlandpolitik.

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Silke Mertins
Redakteurin Meinung
Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik
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48 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in

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  • "Die Wahrheit ist doch wohl eher, dass es kaum einen Deutschen interessiert, ob unser "außenpolitischer Grüßaugust" nun beleidigt ist oder nicht."



    👍👍👍👍👍

  • Sonderlich klug ist es nicht, wenn einige Vertreter aus den Reihen der SPD - allen voran Siegmar Gabriel - meinen, in der Causa Steinmeier weiter nachtreten zu müssen ... jede Rechtfertigung der sozialdemokratischen Putin-Connections in der Vergangenheit muss in der jetzigen Lage erst recht wie ein Schuldeingestaendnis wirken. Man erreicht somit genau das Gegenteil von dem, was man eigentlich verteidigen möchte, nämlich, dass es langfristig (!) zu der Entwicklung einer europäischen Sicherheitsarchitektur - mit Frankreich und Deutschland als Hauptstuetzen und übrigens auch unter Inklusion der russischen Sicherheitsinteressen - keine Alternative gibt, um den Frieden in Europa zu erhalten.



    Jetzt aber stehen die widerliche Putin-Kumpanei eines Gerhard Schröder und die schmutzigen North-Stream-2-Mauscheleien einer Manuela Schwesig im öffentlichen Rampenlicht.



    Und es ist Krieg mitten in Europa ... der Kanzler und die Ampelkoalition dürfen nicht länger zögern, jetzt schwere Waffen für die Ukraine freizugeben. Das mag für Sozialdemokraten wie ein Verrat an der Entspannungspolitik Ihres Uebervaters Brandt wirken ... einem Diktator wie Putin in die Speichen zu greifen und seine Mordmaschinerie zu stoppen entspricht aber ebenfalls einer geschichtsbewussten sozialdemokratischen Gesinnung.



    Wie der Prediger Qohelet sagt: Alles hat seine Zeit ... Töten hat seine Zeit ... Heilen hat seine Zeit.



    www.deutschlandfun...eine-zeit-100.html

  • Weder die Fehler der Deutschen Politik in der Vergangenheit noch sonst irgendetwas spielt bei der Bewertung dieser Aktion eine Rolle. Es ist eine glasklare Beleidigung unseres Landes, dass (laut Klitschko) der größte Geldgeber der Ukraine ist, durch einen so genannten Diplomaten. Der übrigens nie um Unterstützung bittet oder auch nur danach fragt, sondern sie im Befehlston fordert. Um das klarzustellen: Ich bin dafür, der Ukraine waffen zu liefern und alles was sie sonst noch braucht, und später den Wiederaufbau zu unterstützen. Aber: Das tun wie freiwillig. Es gibt keinerlei Automatismus oder Verpflichtung dies zu tun. Und damit wäre ein Mindestmaß an Höflichkeit angemessen. Da der Herr Botschafter diese ständig vermissen lässt (wer anderes behauptet bitte Interviews ansehen), gibt es für mich nur eine Konsequenz: Weiter (und mehr!) Waffen liefern und unterstützen, aber Melnyk nach Hause schicken. Und klar machen, dass man in Zukunft Höflichkeit erwartet. Das ist Themenunabhängig

    • @Vincent Braun:

      Die außenpolitischen Fehler im Umgang mit Putin-Russland glasklar zu benennen, sich einzugestehen, das man einem Irrtum erlegen war und das Ruder jetzt aber herumzuwerfen ... und dabei die Häme eines politischen Gegners souverän wegzustecken, der in seiner Regierungsverantwortung selbst nie anders gehandelt hat, wäre jetzt Zeichen der Stärke einer sozialdemokratischen Haltung gegenüber dem Faschisten Putin, nicht der Schwäche.



      Und nicht vergessen: nicht die Entspannungspolitik eines Willy Brandt hat Putin so groß gemacht und uns in die Bredouille gebracht, sondern das globale kapitalistisch-neoliberale Geschaeftsmodell, nach dem die liberalen Demokratien Ihren Henkern noch den Strick verkaufen, mit dem diese sie aufhängen.

  • Besonders hervorzuheben in dieser Diskussion ist das sogenannte «Recht auf Unverschämtheit(en)». Dieses Recht wird traditionellerweise weltweit von Politikern, Funktionären und anderen Wichten als Mittel genutzt, um ihren eigenen Bedürfnissen zum Machterhalt gerecht zu werden.

  • Für einen Diplomaten scheint es Steinmeier am notwendigen Fingerspitzengefühl zu fehlen. Dass er angesichts seiner jahrelangen Liebedienerei gegenüber Putin nicht allzu viele Fans in der Ukraine haben kann, sollte ihn am wenigsten überraschen. Die von ihm demonstrativ zur Schau gestellte und praktizierte Blauäugigkeit gegenüber Russland, die Ignoranz gegenüber den berechtigten Nöten und Ängsten von Russlands Nachbarn haben die Welt weder besser, noch sicherer gemacht. Im Gegenteil: sie wurde von Putin als ein Freibrief erachtet ohne weitere Folgen über Russlands Nachbarn herfallen zu können.

  • Diesem Artikel kann ich nur voll zustimmen. Steinmeier wurde nicht eingeladen, er hat sich selber eingeladen, somit hat er die Ukraine erst in die Situation gebracht, ihn nicht empfangen zu wollen.



    Das war nur peinlich.

  • Völlige Zustimmung!

    Ich halte es auch von Steinmeier für ungehörig, seine mißlungene Terminplanung an die große Glocke zu hängen. Das halte ich für dipomatisch äußerst unüblich. Er wurde schließlich nicht ausgeladen, sondern hatte sich selber eingeladen (inspiriert durch Duda).

    Ein wesentlicher Aspekt ist weiterhin, dass die nunmehr vier Besucher mit Selenskyj eine gemeinsame Sprache sprechen, also ohne Dolmetscher miteinander auskommen konnten. Steinmeier wäre ein Fremdkörper gewesen.

    Zudem handelte es sich wirklich um Freunde. Wenn ich die engste Familie zu Besuch habe, möchte ich auch nicht, dass ein entfernter Bekannter ausgerechnet am selben Tag hereinschneit.

    Obendrein wollten diese fünf Freunde vielleicht gerade besprechen, wie man dem Widerstand der deutschen Regierung gegen effektive Unterstützung begegnen kann. Dabei wollte man vielleicht keine Zuhörer - inkl. Dolmetscher - dabei haben.

    • @meerwind7:

      Gemeinsame Sprache ... Steinmeier als Fremdkörper ... engste Familie ... keine (deutschen) Zuhörer dabei haben wollen?



      Wenn wir jetzt anfangen, so miteinander, vielmehr übereinander zu reden, können wir die EU gleich in die Tonne treten.



      Marine Le Pen wird's freuen, sollte sie die Stichwahl in Frankreich gewinnen ... die PiS-Poette in Warschau vermutlich auch, vom Putin-Buddy in Budapest ganz zu schweigen.



      Hören Sie damit auf, ostmitteleuropäische antideutsche Ressentiments zu pflegen bzw. sich zu deren Sprachrohr zu machen ... sollte sich eine solche Haltung durchsetzen, wird das geeinte Europa wieder einmal - wie so oft in der Geschichte des 19. und 20. Jhdts. - geradewegs in die nationalistische (Kriegs)Hölle einzelstaatlicher Egoismen fahren. Dann hätte Putin sein Ziel auch erreicht.

  • Die taz-Kommentatorin möge bitte erklären, was an dem Minsker Abkommen verfehlt war?!

    Bereits 2014 gehörte die Ukraine mit 2,5 Millionen Kriegs-Vertriebenen zu den Ländern mit den meisten Binnenflüchtlingen weltweit. Es waren "nur" Russen, die aus dem Donbass fliehen mussten, davon 1/3 im Rentenalter.

    "Dass diese Minsker Verträge nie wirklich eingehalten wurden, liegt ganz gewiss nicht an Frank-Walter Steinmeier oder an den Patronatsstaaten Deutschland und Frankreich." (Schreibt Sigmar Gabriel) - Andere machten das falsche Versprechen der Nato-Beitrittsperspektive.

    • @Rosmarin:

      Das es Russlands illegalen Krieg via Stellvertreter im Donbas legitimierte? Das man Russland nicht ganz klar als Konfliktpartei benannt. Das man russ. Geheimdienstler und Militärs die dort Krieg führen und diese Banditen anführen als legitime Interessenvertreter ansah. Das das Abkommen direkt nach Abschluss durch Kriegshandlungen von Russland zur Makulatur wurde?

    • @Rosmarin:

      schon als die Minsker Verträge geschlossen wurden war jedem Menschen mit politischen Verstand, zumindest mir, ersichtlich, dass die Ukraine diese nie wird einhalten



      k ö n n e n, zumindest wenn Sie nicht von Moskau an die Leine genommen werden will. Der Donbass war vor 2014 zu über 50% ethnisch ukrainisch, auch wenn über 70% russisch sprach, um die 40% russisch - mit der politischen/sprachlichen/ethnischen Identität ist es so eine Sache, um sie wird mancherorts hitzig gekämpft. Oft ist es einfach eine subjektive Entscheidung welcher Seite man sich zurechnet aber das ist Demokratie und oft wird versucht da etwas mit Propaganda zu drehen. Hier hat Russland schon vor 2014 begonnen eine Menge in Propaganda zu investieren, was auch auf die Ukraine ausstrahlte und ausstrahlen sollte. Damit die Sache 2014 kippt, dafür waren allerdings erst russische Soldaten und Waffen aus Russland nötig, die den "Konflikt" erst erzeugt haben.

      Warum sollte die Ukraine diesen aus Russland eingewanderten Militärgeheimdienstlern, Soldaten u diejenigen die Sie unterstützen eine legale Position geben "Autonomie" genannt und außerdem noch einen Platz in Kiew am Kabinettstisch einräumen um die Ukraine zu blockieren? Unser dumme Frank- Walther war dazu bereit und hat es den dankbaren Russen mit in das Abkommen geschrieben. Die Ukraine war wie jeder normale Staat, der etwas auf seine Souveränität und Unabhängigkeit hält nicht dazu bereit.

      Die 2,5 Millionen Flüchtlinge waren aus allen Bevölkerungsgruppen des Donbass.

    • @Rosmarin:

      Das ist jetzt nicht fair und stört das Bild, das von Deutschland gemalt wird.

  • Von wem bezieht in der aktuellen Situation die Ukraine das Gas?

  • "Präsident Selenski und der ukrainische Botschafter Melnyk haben jedes Recht, unhöflich, undankbar, undiplomatisch und unverschämt zu sein."



    Recht... nicht recht... nun ja...



    Dämlich ist es. Schlicht und ergreifend.

  • Ich denke auch, dass es Relevanteres gibt als sich zu echauffieren. Um der Komplexität des Problems allerdings gerecht zu werden würde ich dennoch Gabriels Artikel im Spiegel empfehlen. Wie meistens ist das tatsächliche Leben komplizierter und komplexer als das retrospektive Kommentieren aus nicht verantwortlichen Positionen heraus. Ich muss mir eingestehen, dass auch ich an "Wandel durch Handel" glaubte und dachte, dass die Zeiten, wo man mit Keulen übereinander herfällt, zumindest in Europa der Vergangenheit angehören. Ich denke nicht, dass Deutschland sich mit Ruhm bekleckert hat; wir sollten aber nicht vergessen, dass die Annäherungspolitik von der großen Mehrheit der Deutschen mit getragen wurde. Die Vergangenheit aus der Perspektive von heute zu bewerten ist m.E. problematisch. Dennoch sollten wir nach 1933 und 2022 gelernt haben, dass mafiöse Despoten nicht mit Vernunft und Ethik beizukommen ist.

    • @Matthias Spaeth:

      Es stellt sich halt die Frage, was jene wussten, die jahrelang vor einem Kuschelkurs mit Putin warnten, was die anderen, die die diesen Kurs einschlugen nicht auch wussten.



      Fakt ist: es war ihnen egal. Sie haben die Warnungen ignoriert. Sie haben alle Sicherheitsbedenken in den Wind geschlagen.



      Zu ihrer Verteidigung kann man nur sagen, dass sie einfach dumm, zu dumm waren und teilweise immer noch sind, um überhaupt erkennen zu können oder zu wollen, was für einen Schaden sie angerichtet haben.

    • @Matthias Spaeth:

      Die Brandtsche Entspannungspolitik der 70er Jahre entsprach wohl eher dem Grundsatz “Wandel durch Annäherung” … was mehr - oder sogar etwas grundsätzlich anderes (?) - umfasste als die neoliberalen Prämisse „Wandel durch Handel“. Ich finde, das muss man schon unterscheiden.



      Jetzt büßt es die SPD - natürlich nicht ganz zu Unrecht - diesem neoliberalen Credo, das Wirtschaftsbeziehungen vor Menschenrechte stellt, allzu kritik- und bedingungslos gefolgt zu sein … aber haben da nicht alle mitgetan, zuletzt die Merkel-CDU in 16jähriger Regierungsverantwortung? Und geht es mit einem grünen Wirtschaftsminister Habeck nicht genau so weiter, was seinen Besuch in Katar betrifft, auf der Suche nach neuen Lieferanten, um unseren unersättlichen Energiehunger zu stillen?



      Zumindest ist das alles nicht sehr nachhaltig und zumindest aus moralischer Perspektivs bleibt der Vorwurf westlicher Doppelmoral bzw. Heuchelei bestehen.

    • @Matthias Spaeth:

      ein bisschen spaet, die Einsicht. Wandel durch Handel und Annäherung waren und sind nicht völlig falsch, aber mit Putin waren Sie schon immer sehr anrüchig. Allein die Spitze des Eisberges, das Geraune über Schröders Position bei seinem Busenkumpel Putin, die gab es doch schon immer und zwar w e g e n Putins zweifelhaftem Ruf schon vor 2022, schon vor 2014. auch andere dt. u europ. Politiker hatten irgenwelche russischen Aufsichtsratsposten, parallel liefen die Berichte über Menschenrechtsverletzungen, nicht zu vergessen die Krimannexion u der Krieg im Donbass. Dazu gab es immer die obligaten Steinmeier- Sätze, die mich wegen ihrer äußerlichen Bedeutungsschwere bei gleichzeitiger platitüdenhaften Leere abgestoßen haben.

  • Na ja. Seh ich anders. Es dürfte die Ukraine mehr Zeit gekostet haben, Steinmeier auszulassen als ihn zu empfangen. Wenn die Ukraine Zeit hat, sich mit Befindlichkeiten aufzuhalten, wer zu Besuch kommt, scheint man dort viel Zeit zu haben. Steinmeier repräsentiert nun mal Deutschland. Eine der größten (der größte?) Geldgeber der Ukraine. Man muss Steinmeier nicht mögen, ich mag ihn auch nicht. Aber ist halt aktuell Bundespräsident. Nebenbei drei einfache Bundestagsabgeordnete konnte man doch auch empfangen und die haben noch weniger Einfluss als Steinmeier.

    Wenn mein Auto kaputt ist und ich einen Freund bitte mir zu helfen und er kommt nicht vorbei, sondern seine Frau. Spuke ich der dann ins Gesicht und erwarte, dass der Freund dann schneller kommt?

    Natürlich ist das Thema nicht so wichtig. Groß gemacht hat das Thema aber die Ukraine.

  • "Die Ukraine erlebt gerade ihren schlimmsten Albtraum, und einem Präsidenten, der allem Anschein nach mit einem Völkermord an seinen Leuten konfrontiert ist, wird vorgehalten, dass er sich im Ton vergreift?"



    Das ist der zentrale Punkt. Die Ukrainer kämpfen gerade ums Überleben, da sollte man diverse emotionale Ausbrüche nachvollziehen können.

  • Guter Beitrag!



    Ich finde wie Wolodimir Selenski und Andrij Melnyk, geschuldet der furchtbaren Situation, die ewig, gleichen, abgelutschten Phrasen, Lügen, Arroganz deutscher Politiker*in durchbrechen gut.



    Die Antwort gestern von Andrij Melnyk auf den Kommentar von Sigmar Gabriel fand ich gut.



    Auch in Bezug auf Frau Merkel!



    Hoffentlich ist die Zeitenwende auf diesem Gebiet von Dauer.



    Sollen ihnen doch die Augen tränen und die Ohren klingen!!

  • Nee, ist schon richtig.... wer hat denn den Krieg erst möglich gemacht??



    Natürlich: Steinmeier... und Scholz... und Schwesig.... und Willi Brand.... und überhaupt die SPD. Na gut, ein paar Grüne auch noch... und natürlich auch einige aus der CDU ... besonders Frau Merkel.

    Eigentlich führt Herr Putin ja nur das aus, was die Deutschen von langer Hand vorbereitet haben.



    Das werden die Herren Selenski und Melnyk ja wohl noch sagen dürfen.

    " Präsident Wolodimir Selenski und der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk haben jedes Recht, unhöflich, undankbar, undiplomatisch und unverschämt zu sein." schreibt die Autorin.

    Ja, natürlich.... Dass sie zeitgleich noch mehr Geld noch mehr Waffen von Deutschland fordern steht dazu in keiner Weise im Widerspruch.

    Zumal die Autorin feststellt "dass es gar nicht so unklug sei, Deutschland zu brüskieren. Berlin könne es sich gar nicht leisten, die bisherige Unterstützung – etwa die so oft hervorgehobene Finanzhilfe – herunterzufahren. "

    -Ende der ironischen Anmerkung-

    Die "Logik" der Autorin will sich mir nicht so ganz erschließen. Was will uns Frau Mertins mit diesem Kommentar sagen?



    Vielleicht: wir sollten uns mal nicht so haben, sondern einfach mehr Geld und mehr Waffen schicken und ansonsten die Klappe halten?



    Will Frau Mertins sagen, dass Deutschland so schuldhaft in den Krieg verstrickt ist, dass wir der Ukraine am besten einen Blanko Scheck ausstellen sollten?

    Die Herren Selenski und Melnyk tragen so auf alle Fälle zur Spaltung Europas bei. Herr Putin wird sich darüber freuen.



    Die beiden Herren sorgen durch ihr Verhalten dafür, dass das Ziel die Ukraine in die EU aufzunehmen in noch weitere Ferne rückt. Der Bedarf an Ländern, die Forderungen stellen und sich ansonsten an keine Regeln halten , ist mit Polen und Ungarn bereits gedeckt. Auch das wird Herrn Putin gefallen.



    Die Beschimpfungen werden die aktuelle Hilfsbereitschaft innerhalb der deutschen Bevölkerung mit Sicherheit langfristig nicht fördern.

    • @Bürger L.:

      Natürlich steht es außer Frage, dass die Ukraine jetzt bald der EU beitreten wird, möglicherweise mit einem beschleunigten Verfahren … genau so, wie Ihre Kritik daran vollkommen gerechtfertigt ist. Der öffentliche Druck, das so zu machen, ist zu groß angesichts der bedrängten Lage, in der sich die Ukraine gerade jetzt befindet sowie der außenpolitischen „Verfehlungen” Deutschlands, für die wir von ukrainischer Seite ja gehörig an den Pranger gestellt werden … Selenskyi, Melnyk und Co. wissen das nur zu gut und können den moralischen Druck nach Beliebten erhöhen, da Deutschland schließlich ein entscheidendes Wörtchen mitzureden hat in Fragen einer EU-Aufnahme der Ukraine … auf diplomatische Gepflogenheiten müssen sie dabei keine Rücksichten mehr nehmen.



      Und genau so sind ihre Äußerungen auch zu verstehen … dass die osteuropäischen EU-Staaten dieses ukrainische Erpressungs-Spielchen mitspielen, kann ihnen nicht verübelt werden. Aber dass ausgerechnet ein skandalumwitterter und innenpolitisch bis an den Hals in Problemen steckender britischer Premier Johnson dabei assistiert - dessen Land gar nicht mehr der EU angehört -, sollte man sich hierzulande gut merken.

    • RS
      Ria Sauter
      @Bürger L.:

      Sehr guter Kommentar, danke!

    • @Bürger L.:

      "...wer hat denn den Krieg erst möglich gemacht??"

      Sie haben Bismarck vergessen :-)

  • Eine 'Ausladung' setzt eine Einladung voraus.



    Die gab es für Steinmeier nie.

    Vielmehr hat Steinmeier seinen Besuch im Baltikum so getimt, dass er sich uneingeladen an den Besuch der polnischen und baltischen MPs dranhängen konnte.



    Dieses versuchte Einschleichen ist für sich genommnen schon eines (deutschen) Außenministers unwürdig.

    Für die Ukraine, die offenbar nicht mit diesem creepy Verhalten Steinmeiers gerechnet hatten, gab es auf die Schnelle 2 Möglichkeiten:

    Man lässt zu, dass man selbst Steinmeier durch den Auftritt in der Ukraine medial sozusagen 'reinwäscht' (und ihm und dem Putin-Flügel in der SPD dadurch den Spielraum öffnet, noch offener gegen die Interessen der Ukraine zu antichambrieren)

    oder

    man verbittet diesen erschlichenen Besuch und hat dadurch innenpolitischen Schaden in Deutschland.

    Auffällig: Steinmeier bekam international keine Unterstützung.

    Steinmeiers Manöver zielte wohl darauf, innenpolitisch Druck von der SPD und seinem Putin-Flügel zu nehmen und diesen Druck auf die Ukraine bzw Melnik zu lenken, mit dem Ziel, die Unterstützung der Ukraine weiter nach Kräften verhindern, sabotieren oder zumindest verzögern zu können.

    • @Vorstadt-Strizzi:

      Das geht im Übrigen unter in dem, hm, "Nebenkriegsschauplatz". Und des wo angeblich in der Diplomatie jedes Wort und jede Tat auf die Goldwaage gelegt wird.



      Etwaige (und welche) Waffenlieferungen an die Ukraine stünden ned zur Diskussion, wenn "wir" uns aus dem Export irgendwann mal rausgeklinkt hätten. Allerdings jetzt unlogisch, damit anzufangen aufzuhören.



      Wir haben z.B. auch Krempel nach Rußland exportiert, dessen Nutzung in Militärgerät der Grund war, des einzukaufen.



      Die eigenen Regeln (zum Anfang u.a. beim Staat selber: www.bmwi.de/Redakt...stungsexporte.html ) muß mer ja auch ned bis zum Erbrechen ausreizen, so wie des gemacht wird, der Arbeitsplätze wegen vermutlich.



      Und da hängt jede*r BT-Abgeordnete* mit drinne, der ned gegen Waffenexporte ist.

    • @Vorstadt-Strizzi:

      Moment, war es nicht ein Herr Duda, seines Zeichens polnischer Staatschef, der zuerst den Vorschlag machte, Steinmeier könne doch zusammen mit ihm und seinen baltischen Kollegen nach Kiew reisen. Ist da die deutsche Diplomatie möglicherweise in ein offenes Messer gelaufen bzw. über ein hingehaltenes Stöckchen gesprungen?



      Alles nur Verschwörungstheorie?

    • @Vorstadt-Strizzi:

      Steinmeier ist unser Bundespräsident, nicht Kanzler(Scholz/Merkel/Schröder/Kohl usw.), dem Amt obliegt nicht die Regierung. Das Amt ernennt, oder nicht -die letzte Kaiserwürde- und begnadigt, es hat seit 1945 nur repräsantative aufgaben, es ermächtigt keinen mehr - eine Lehre aus der Machtergreifung von 1933, als Hindenburg Hitler alles im Namen des Volkes erlauben durfte ...

    • @Vorstadt-Strizzi:

      Gut analysiert. Steinmeier hätte im Zweifel dafür gesorgt, dass auch die anderen Präsidenten nichts für die Ukraine ausrichten können, um ihn nicht zu blamieren.

    • @Vorstadt-Strizzi:

      streiche: 'eines (deutschen) Außenministers'



      setze: 'eines (deutschen) Staatsoberhauptes'

    • @Vorstadt-Strizzi:

      》Dieses versuchte Einschleichen ist für sich genommnen schon eines (deutschen) Außenministers unwürdig《 - Bundespräsident - nicht mitgekriegt?

  • taz: "Als „ungebührlich“, „Affront“, „diplomatischer Fehler“, „unangemessen“ und „unhöflich“ wurde die Zurückweisung gegeißelt."

    Nun ja, da hat sich besonders die Springerpresse-WELT ("Ferrari Ulf" Poschardt lässt grüßen) mal wieder aus dem Fenster gelehnt und lauthals (angeblich) 'im Namen aller Deutschen' gesprochen, nur um mal wieder etwas "Stimmung" in ihrem Blätterwald zu machen. Die Wahrheit ist doch wohl eher, dass es kaum einen Deutschen interessiert, ob unser "außenpolitischer Grüßaugust" nun beleidigt ist oder nicht. Bei der Flutkatastrophe im Ahrtal stand Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier doch auch nur im Weg herum.

    taz: "Die Ukraine erlebt gerade ihren schlimmsten Albtraum, und einem Präsidenten, der allem Anschein nach mit einem Völkermord an seinen Leuten konfrontiert ist, wird vorgehalten, dass er sich im Ton vergreift? Die Kri­ti­ke­r*in­nen sollten sich mal nicht so anstellen."

    Vollkommen richtig, und mehr ist dazu auch nicht mehr zu sagen.

  • Wer Frieden will, der baut keine Waffen - wie die BRD es beständig tut. Wer Frieden will kauft und liefert keine Waffen - wie die BRD es immer wieder getan hat. Wer Frieden will der verlangt nicht nach Waffen - wie der Ukrainische Botschafter und Präsident es tun.

    WAFFEN, DEREN BESITZ, BAU UND HANDEL, SIND DAS ÜBEL, WELCHES AUCH AUCH DIESEN KRIEG ERMÖGLICHT HAT.

    Auch darum, und immer wieder:

    Schwerter zu Pflugscharen!

    „Let us beat our swords into plowshares“

    • @Moe479:

      Die ukrainischen Verteidiger waren bisher ganz gut dabei, die russischen "Schwerter" zu Pflugscharen bzw. Schrott zu verwandeln, brauchen dafür aber Unterstützung. Auch ein Teil der aus Deutschland gelieferten Waffen wird als Schrott aus dem Kampf hervorgehen.

  • Es gibt, besonders bei Melnyk, viele Dinge die mich mehr aufregen. Das niederlegen eines Kranz am Grab eines Nazikollaborateurs (hier ist das noch ein Understatement), gehört da ganz oben auf die Liste. Es sollte laut darüber Nachgedacht werden, ob so eine Person die richtige für das Amt des Botschafters in Deutschland ist.

  • Sicher alles richtig. Auch wenn ich Selenskyjs Kritik nicht mit Melnyks plumper Rhetorik gleichsetzen möchte. Pikiert um einen höflichen Umgangston bitten, während wir immer noch von unseren Interessen nur ansatzweise abrücken, obwohl die deutsche Russland Politik einen guten Teil zur aktuellen Lage beigetragen hat, ist selbstgerecht und peinlich.

    Der Kaffee kam mir spätestens wieder hoch, als sich Sigmar Gabriel nicht entblöden konnte, der ukrainischen Kritik Verschwörungstheorien zu unterstellen und sich von der "Bösartigkeit der Kritik beispiellos irritiert" zeigte. Und dann noch dass unter seiner Amtszeit als Vizekanzler und Wirtschaftsminister umgesetzte Nordstream 2 Projekt, vor dessen Auswirkung von allen Seiten jahrelang gewarnt wurde, als "ein prioritäres Projekt der EU für transeuropäischen Netze" bezeichnete. Wohlgemerkt, nach dem russischen Überfall im Donbass und der Annektion der Krim. Ich würd das mal dummdreist nennen.

    Und das Selenskyj mit Leuten aus der Ära Schröder, Gabriel, Steinmeier grad kein Kaffekränzchen brauch, ist in jeder Hinsicht nachvollziehbar. Der macht grad einen Riesenjob in einer ganz schlimmen Situation und muss nicht jeden billigen Anbierungsversuch mit diplomatischen Herzchen beantworten.

  • Die Ukraine kämpft gegen die "Weltmacht" Russland, die SPD kämpft gegen den ukrainischen Botschafter.

  • "nicht mehr als ein Grüßaugust"



    Es will nicht pedantisch sein, aber der Bundespräsident ist kein "Grüßaugust", sondern das deutsche Staatsoberhaupt und damit der höchste Repräsentant, den Deutschland in die Ukraine schicken könnte.

    • @O.F.:

      Der BuPrä repräsentiert, aber er regiert nicht. Seine Worte bewirken also nichts, so salbungsvoll sie auch sein mögen.

    • @O.F.:

      Das ist so als wenn Grossbrittanien die Queen nach Kyiv schicken wuerde. Mag ja das hoechste Amt sein, aber ob der Praesident eines am Abgrund stehenden Landes damit seine Zeit vertroedeln sollte ist fraglich. Vor alle, weil Steinmeier diesen Besuch wohl auch nutzen wollte um seine Vergangenheit reinzuwaschen - "seht her, jetzt fahr in die Ukraine inmitten von Bomben - alles vergeben und vergessen". Den Gefallen hat ihm Selensky halt nicht getan.

  • "Kaum etwas hat die Gemüter diese Woche so sehr in Wallung gebracht, wie die Ausladung des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier."

    Echt?

    Also: ich konnte mich über andere Dinge deutlich mehr aufregen.

    • @tomás zerolo:

      Geht mir genauso: mein Gemüt hat es völlig entspannt überstanden, dass die Ukrainer keinen Bock auf Steinmeier und sein pastorales Gedöns hatten.

    • @tomás zerolo:

      Ich find es auch immer komisch wenn sich 20 Leute in Berlin quar Amt "aufregen", das die Medien das immer so aufblasen als ob sich das Volk für den Mist interessieren würde... oder es gar genau so empfindet.

      Mal abgesehen davon, ich glaube nicht das Steinmeier bei einer freien Wahl der Bürger gewählt worden wäre. Ich hoffe es zumindest nicht.

  • So sieht das aus, und zwar mindestens.

    Dass es irgendwann auch bei anderen Themen Nichtberücksichtigungen deutscher Politiker geben wird wegen fehlender Sichtweite deutschen Handelns gilt als sicher. Klimapolitik oder immer noch diese Wirtschafts-Chinabesoffenheit seien als zwei von vielen Themen genannt wo Enttäuschungen programmiert sind.