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Stromnetzfinanzierung aus KTFSchwarz-Rot plündert die Zukunft

Nick Reimer
Kommentar von Nick Reimer

Statt damit die Zukunft zu gestalten, bedient sich die Bundesregierung am Klimafonds um Stromnetz und Klimastrafen zu finanzieren.

Schwarz statt grün is die Zukunft der Energiewende, Dank geht raus an die Gaslobby Foto: Thorsten Wagner/onemorepicture/imago

E r nennt sich „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF), die Bundesregierung beschreibt ihn selbst als „wichtiges Instrument zur Finanzierung der Energiewende und des Klimaschutzes“. Insofern ist absurd, was das Kabinett von Friedrich Merz derzeit praktiziert: Am Mittwoch beschloss die Regierung, die Betreiber des Stromnetzes mit 6,5 Milliarden Euro zu pampern.

Erklärtes Ziel ist, dass der Strompreis sinkt, die vier Monopolisten Transnet, Tennet, Amprion und 50Hertz sollen ihre Netzentgelte senken – um eben diesen Betrag. Obwohl das weder mit „Transformation“ noch mit dem Klimaschutz etwas zu tun hat, kommt das Geld dafür aus dem Klimafonds.

Zum Beispiel Gasumlage: Wer im Winter seinen Haushalt mit Erdgas beheizt, bezahlte bislang dafür, dass die Erdgasspeicher bevorratet werden. Nun kommt das Geld aus dem KTF: 3,4 Milliarden Euro jährlich. Bezahlen müssen damit auch die, die ihre Wohnung gar nicht mit fossilem Erdgas beheizen, sondern beispielsweise auf eine klimafreundliche Wärmepumpe umgestiegen sind.

Besonders absurd wird es bei den Strafzahlungen an die EU wegen unterlassenen Klimaschutzes: Im Bundeshaushalt ist vorgesehen, diese ausgerechnet aus dem Klima- und Transformationsfonds zu begleichen, Fachleute rechnen mit um die 20 Milliarden Euro.

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Da wirken die gut 20 Milliarden, die Deutschland 2024 hätte berappen müssen, um sich den Übertragungsnetzbetreiber Tennet zu kaufen, wie ein Witz: Die 10.000 Kilometer Hochspannungsleitungen besitzt derzeit der niederländische Staat, der im vergangenen Jahr rund 1,75 Milliarden Euro Gewinn einsackte.

Weil die Kapitalrendite bei knapp 7 Prozent liegt und die Netzbetreiber Gebietsmonopolisten sind, gibt es an ihnen weltweit großes Interesse: Der Einstieg der State Grid Corporation of China bei dem ostdeutschen Netzbetreiber 50Herz konnte 2018 nur verhindert werden, weil die Regierung selbst das Paket kaufte.

Es geht also, wenn der Wille da ist. Statt die Zukunft zu gestalten, plündert diese Regierung den Klima- und Transformationsfonds.

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Nick Reimer
Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.
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5 Kommentare

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  • Subventionen der Netzbetreiber im Tausch gegen Firmenanteile wäre für mich in Ordnung. Es ist ein Unding, dass der Betrieb wichtiger Infrastruktur in der Hand privater Monopole liegt. Langfristig sollten die Stromnetze in die öffentliche Hand gelangen - wie Straßen und Autobahnen.



    Elektrischer Strom ist die Basis jeglicher Klimaschutzbemühung im Energiesektor. In Zukunft soll elektrisch erzeugter Wasserstoff auch fossile Rohstoffe in der Industrie ersetzten. Was ist so falsch daran, Stromnetze aus dem KTF zu finanzieren?

  • "Wer im Winter seinen Haushalt mit Erdgas beheizt, bezahlte bislang dafür, dass die Erdgasspeicher bevorratet werden. Nun kommt das Geld aus dem KTF: 3,4 Milliarden Euro jährlich. Bezahlen müssen damit auch die, die ihre Wohnung gar nicht mit fossilem Erdgas beheizen, sondern beispielsweise auf eine klimafreundliche Wärmepumpe umgestiegen sind."

    Gas dient laut Trittin zum Erreichen der viel zitierten Klimaschutzziele

    "Die Europäische Kommission hat heute die von der Bundesregierung beantragte Gassteuerbefreiung für hocheffiziente Gas- und Dampfkraftwerke (GuD) genehmigt. Bundesumweltminister Jürgen Trittin begrüßte die Entscheidung und sprach von einem bedeutenden Schritt für die Energiewende. Trittin: "Hocheffiziente und umweltverträgliche GuD-Kraftwerke sind ein wesentlicher Baustein einer zukunftsfähigen Energieversorgung. Sie leisten auch einen wichtigen Beitrag, um unser Klimaschutzziel zu erreichen."

    www.bundesumweltmi...ente-gaskraftwerke

  • Das Ganze ist ein riesiger Betrug an den Bürger*innen. Es passt haargenau in die Denke dieser Regierung: Klimaschutz ist grüne Spinnerei. Erneuerbare Energie ist den Profiten der Fossilbranche abträglich - die entsprechende Lobby sitzt im Kabinett. Da ist die Zweckentfremdung der Finanzmittel in deren nur "legitim". Was hat die csdU für ein Theater gemacht, als es andersherum ging und die Ampel betroffen war?? Diese Heuchelei und Lüge ist nicht christlich, liebe "C" Parteien....

    • @Perkele:

      Ich verstehe, was mit "christlich" gemeint ist.



      Meiner Meinung nach sollte das Wort durch ein treffenderes Wort ersetzt werden. Ich glaube, dass alle monotheistische Religionen absolut intolerant sind, dass es nicht um Menschen und Gerechtigkeit geht, sondern nur um Macht.



      Das ganze Gehabe um Nächstenliebe, Barmherzigkeit usw. endet schlagartig, sobald es im Geringsten gegen die eigenen Interessen geht.



      Bestes aktuelles Beispiel: Das "C" in den Parteien.

  • Frage: Der KTF hat ne Zweckbindung. Ist die entsprechende Verwendung dann nicht einklagbar?

    Und: War das nicht auch absehbar? Die 100M Investitionen werden ja zumindest zum Teil auch für konsumtive Ausgaben ausgegeben.