Sexistische Werbung in Hannover: Busenschnecke ohne Herz für #MeToo
Das Logo eines hannoverschen Unternehmens zeigt eine Schnecke mit Brüsten. Sexistisch findet der Erfinder das nicht, sondern #MeToo paranoid.
„Für mich ist die Ausformung der Brustwarzen ein absolutes No-go“, sagt er. Werbung sei dann sexistisch, wenn es keine inhaltliche Verbindung zwischen dem Produkt und nackten Körpern gebe. Wenn ein Unterwäschehersteller mit Körperlichkeit werbe, sei das in Ordnung. Wenn ein Wohnungsunternehmen Frauen auf ihre Geschlechtsorgane reduziere und diese einem Tier anhänge, nicht, sagt Jagau. Er schrieb diese Einschätzung auch in einer Mail direkt an das Unternehmen – und bekam prompt eine uneinsichtige Antwort von Haese aus dem Gartenheim-Vorstand.
Dori sei ein Tier mit ausgeprägten Formen. Seine Frau habe ihn dazu inspiriert, schreibt Haese. „Ich kenne kein Kind, welches beim Anblick der Busenschnecke nicht spontan lacht und sich nicht hingezogen fühlt.“ In der #MeToo-Debatte lasse sich eine „fast schon paranoide Überschwingung beobachten“, so Haese, der die Debatte auch mit einem „Gehirnwäsche-Zustand“ vergleicht, „der mit einem gesunden Mann-Frau-Verhältnis nichts mehr zu tun hat“.
Seine Busenschnecke, die von 2013 bis Anfang März auch an vielen Bussen und auf Stadtbahnen in Hannover prangte, sei nicht sexistisch, weil sie „einen der größten Werbemittelpreise Europas, nämlich den Promotional Gift Award“ gewonnen habe. Haese sieht in der Schnecke „ein beliebtes Symbol für Heiterkeit“. Er bekomme dafür Danksagungen aus der ganzen Welt. Doch: „Humor ist in erster Linie auch Freiheit und genau die scheint Ihnen nicht ins Konzept zu passen“, schreibt Haese an Jagau.
Die Gleichstellungsbeauftragte der Region, Petra Mundt, regt diese Argumentation richtig auf. „Diese Ignoranz und chauvinistische Reaktion ärgert mich“, sagt sie. Die Werbung sei stark sexualisiert und herabwürdigend. Darüber müsse man reden, denn Gartenheim sei nur die Spitze des Eisbergs. Bei kleineren und mittleren Betrieben gebe es solche Fehlgriffe immer wieder, sagt Mundt. „Wir brauchen deshalb ein Bündnis gegen sexistische Werbung in der Region.“
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen
Das hat Erpresserpotenzial
Friedenspreis für Anne Applebaum
Für den Frieden, aber nicht bedingungslos
BSW in Sachsen und Thüringen
Wagenknecht grätscht Landesverbänden rein
Rückkehr zur Atomkraft
Italien will erstes AKW seit 40 Jahren bauen
Klimaschädliche Dienstwagen
Andersrum umverteilen
Tech-Investor Peter Thiel
Der Auszug der Milliardäre aus der Verantwortung