Unmut in der CDU: Merz muss sie vor den Kopf stoßen
Die Unzufriedenheit gegenüber Friedrich Merz wächst, dabei ist er noch nicht mal Kanzler. Aber die Kritik haben sich er und Union selbst eingebrockt.

D er Unmut in der CDU ist groß: wegen des Glaubwürdigkeitsproblems, das sich die Partei mit ihrer Kehrtwende in der Schuldenfrage eingehandelt hat. Wegen des Eindrucks, dass die Union in den Koalitionsverhandlungen zu viele Zugeständnisse macht. Und wegen der Sorge, dass die SPD als Sieger vom Platz gehen könnte, obwohl diese doch der große Verlierer der Bundestagswahl war.
Nun finden die entscheidenden Verhandlungen erst in dieser Woche statt, es ist also noch gar nicht absehbar, wer am Ende wie viel durchgesetzt haben wird. Auch müssen in einer Koalition, wenn sie funktionieren soll, alle Seiten ihre Punkte machen können. Doch von alldem mal abgesehen: Einen Teil dieser Misere haben sich CDU und CSU selbst eingebrockt.
Migration, Wirtschaft, Finanzen – für viele dieser komplexen Probleme haben sie im Wahlkampf einfache Lösungen versprochen. Ganz so, als könne die Union nach der Wahl einen Schalter umlegen und dann würde vielleicht nicht alles gut, aber zumindest sofort vieles besser. Dass die so produzierten Erwartungen jetzt enttäuscht werden müssen, war absehbar. Auch haben viele Christdemokrat*innen durch ihr lustvolles Grünen-Bashing und den Ausschluss von Schwarz-Grün à la CSU genau das erreicht, was das Verhandeln für die Union nun erschwert: Sie ist auf die SPD als Koalitionspartner angewiesen.
Ein großer Teil des Unmuts wird sich vermutlich legen, wenn der Koalitionsvertrag verhandelt und Merz Kanzler ist. Problematisch aber für Merz bleibt, dass die schärfste Kritik ausgerechnet von jenen kommt, die über Jahre seine treuesten Unterstützer waren: die Junge Union, Wirtschaftsliberale und radikalisierte Konservative in der Partei.
Sie muss Merz nun vor den Kopf stoßen – und dabei geht es nicht um Details beim Bürgergeld oder bei der Migration. Manche von Merz’ einstigen engsten Verbündeten sind mit einer Politik der Mitte schlicht nicht mehr einverstanden. Die Alternative dazu aber wäre eine Öffnung in Richtung AfD. Merz muss sich entscheiden, welchen Weg er will.
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