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Kriegsdienstverweigerer aus RusslandMoralische Möchtegernexperten

Wer sich abschätzig über russische Männer äußert, die vor Putins Krieg fliehen, macht es sich zu einfach. Aber auch ukrainische Ängste zählen.

Autoschlange an der finnisch-russischen Grenze am 28. September

D ie letzten Tage lag ich mit Fieber im Bett und war dankbar dafür. Mal kurz konnte ich eine Pause machen von all den moralischen Möchtegernexperten, die sich seit einigen Tagen abschätzig über russische Militärdienstverweigerer äußern und – würde es nach ihnen gehen – den Männern die Möglichkeit auf Asyl verwehrt ließen und sie am liebsten gleich an die Wand stellen würden.

Mein Herz bricht gerade an zwei Stellen. Ich verstehe die Ängste vieler Ukrai­ne­r:in­nen, die Sorge haben, wenn sie deutschen Po­li­ti­ke­r:in­nen zuhören, die die Aufnahme dieser Kriegsdienstverweigerer fordern. Sorge, weil sie Angst vor Retraumatisierung haben. Weil ungewiss ist, wer diese Männer sind und welche Haltung sie zu diesem Krieg und der Ukraine mitbringen. Diese Angst ist nachvollziehbar angesichts des Leids, das Russen der ukrainischen Bevölkerung angetan haben.

Mein Herz bricht aber auch bei den Bildern mutiger Menschen, die gegen den russischen Krieg und die Mobilmachung auf die Straße gehen, die verhaftet und in Gefängnissen gefoltert werden; bei Nachrichten wie die über den jungen russischen Dichter Artjom Kamardin, der für ein Anti-Kriegs-Gedicht von Polizisten geschlagen und mit einer Hantel vergewaltigt wurde. Er wurde zu zwei Monaten Haft verurteilt. Ein Bild aus dem Gerichtssaal zeigt ihn mit Wunden im Gesicht. Mit seinen Händen formt er ein Herz.

An Menschen wie Artjom Kamardin sollte gedacht werden, wenn es von deutschen Moralaposteln wieder heißt, die Menschen in Russland würden ja nicht protestieren. In einer Gesellschaft, in der trotz wiederkehrender Proteste immer alles schlimmer geworden ist, geht das Gefühl, eine treibende Kraft politischer Veränderung sein zu können, irgendwann verloren. Die Proteste in Russland mögen überschaubar sein, aber auch deshalb, weil staatliche Repressionen so stark geworden sind, dass man es sich zweimal überlegt: riskiert man Verhaftung, Gewalt, Folter?

Wir brauchen uns nichts vormachen: Die russischen Kriegsdienstverweigerer werden nicht als Friedenstauben nach Europa geflogen kommen. Aber müssen sie das, um Schutz vor Verfolgung und Kriegsdienstzwang zu erhalten? Sich aktiv zu weigern an Menschenrechtsverletzungen und an einem völkerrechtswidrigen Krieg teilzunehmen, auch weil man das persönliche Leben schützen möchte, sollte in Europa Grund genug sein, Asyl bekommen zu können. Oder pragmatisch gesprochen: Jeder russische Soldat weniger im Krieg macht es für Putin schwerer, diesen weiterführen zu können – und schützt somit die Ukraine.

Humanitäre Frage

Warum schaffen es Länder wie Georgien, Armenien und Kasachstan, die bei Weitem keine einfache Geschichte mit Russland verbindet, russische Staats­bür­ge­r:in­nen aufzunehmen und ihre Notlage anzuerkennen, Europa aber nicht? Über die eingereisten Russen sagte Kasachstans Präsident Tokajew, sie seien in einer „ausweglosen Situation“. Man müsse für ihre Sicherheit sorgen, das sei auch eine „humanitäre Frage“. In den ersten sechs Tagen seit der Mobilmachung sind allein nach Kasachstan über 98.000 Russen eingereist. Spricht diese Zahl nicht für eine ablehnende Haltung gegenüber dem Krieg?

Etwas ist dran an dem Bild der passiven russischen Bevölkerung, die den Krieg schweigend hinnimmt. Natürlich schmerzt es da zu sehen, dass der Krieg erst mit der Mobilmachung so richtig bei den Russen angekommen ist. Viele haben den Krieg kaum gespürt, bis jetzt. Weil sie nun fürchten, ihre Väter, Brüder, Großväter nicht lebend wiederzusehen. Der Krieg ist in ihren Augen nichts Abstraktes mehr, auf das sie keinen Einfluss nehmen können. Einige spüren jetzt – zwar viel zu spät – wie sie mit dem Krieg verbunden sind. Vielleicht führt es sie aus ihrer Passivität.

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Erica Zingher
Autorin und Kolumnistin
Beschäftigt sich mit Antisemitismus, jüdischem Leben, postsowjetischer Migration sowie Osteuropa und Israel. Kolumnistin der "Grauzone" bei tazzwei. Beobachtet antidemokratische Bewegungen beim Verein democ. Axel-Springer-Preis für jungen Journalismus 2021, Kategorie Silber. Freie Podcasterin und Moderatorin.
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94 Kommentare

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  • luzi , Moderator*in

    Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • Vielen Dank für diesen Artikel! Manchmal glaubt man wirklich, die Welt ist verrückt geworden.



    Menschen, die in ihrem Land mit Schaden an Leib und Leben zu rechnen haben, haben Asyl verdient, Punkt! Sollen wir jetzt auch den Rest der Verfolgten und Gefolterten zurücktreiben und ihnen auftragen, gefälligst zur Not auch allein in ihrem Land für bessere Verhältnisse zu kämpfen? Dann haben wir ja die nächste Stufe der Unmenschlichkeit erreicht...

  • Gerade die Deutschen solltne verstehen, wieso einen der Krieg außerhalb der eigenen Lande so verdammt kalt lassen kann- die Ignoranz gegenüber dem Klimawandel und der Dürre in vielen Teilen der Welt entspringt dem gleichen Übel. Wer sich in einer nationalistischen Gesellschaft wie der russischen gegen den Kriegsdienst entscheidet, verdient höchsten Respekt.

  • .. es gibt den Artikel auch in deutsch voxeurop.eu/de/arc...he-virusinfektion/

  • Interesante Beobachtungen über Russen die nach Georgien fliehen schildert Davit Gabunia hier: voxeurop.eu/en/rus...c-viral-infection/

  • Ich teile die Schlussfolgerung im Beitrag nicht. Es ist vielmehr so:



    "Jeder demoralisierte und kampfunwillige russische Soldat mehr im Krieg macht es für Putin schwerer, diesen weiterführen zu können – und schützt somit die Ukraine."

  • Kein Mensch sollte zum Kriegsdienst gezwungen werden dürfen. Punkt.



    Ich persönlich würde mich jedwedem Krieg entziehen. Ich habe nur ein Leben und werde es nicht wegwerfen. Und wenn jeder so denken würde, gäbe es keine Kriege.

    • @Elvenpath:

      Exakt genau so!

  • Nichts gegen Flüchtlinge aller Länder! Jede/r hat seinen trifftigen Grund. Nicht allein wg sinkender Wirtschaftskraft, kaum ausreichender heimischer Energie und Nahrungsmittel, droht diese Insel der Menschenrechte leider übervoll zu laufen. Wohnungen, Arbeit, Energie usw. - Und dies ist k e i n rechter Kommentar. - Wenn es uns aber nicht gelingt, das Modell Menschenrechte vermehrt wieder zu "exportieren", saufen wir am Ende alle zusammen ab(??)

    • @Martin L.:

      Da kann man nur Arbeitskräftemangel, Überalterung, sinkende Bevölkerungszahlen antworten...



      Indirekt exportieren wir die Menschenrechte via Flüchtlinge von denen viele wieder heim wollen, obwohl wir so toll sind, komisch eigentlich oder ?

    • @Martin L.:

      Ein Teil der Welt säuft schon ab, auch wegen uns.

      Übrigens: die deutsche Demographie verlangt geradezu Einwanderung. Und die eingewanderten Menschen brauchen Wohnungen, Energie, und Nahrungsmittel. Echt.

      Und meiner Meinung nach sollte eine "Insel der Menschenrechte" offen sein, oder sich nicht als solche betiteln, wenn es mal ein wenig voller wird (bei den ganzen Reichen hierzulande ist übrigens noch ziemlich viel Platz in den Booten, falls es sich noch nicht herumgesprochen hat...)

  • Jeder Russe hat das Recht, nicht im Ukrainekrieg verheizt zu werden.

    Bitte gebt ihnen auch die Möglichkeit dazu.

    Es ist nicht richtig, dass z.B. Finnland die Grenzen geschlossen hat.

    Die Russen haben es verdient, vor der Einberufung in einen völkerrechts-widrigen Krieg geschützt zu werden.

    Dass auch Agenten darunter sein können, ändert das nicht.

    Bei mindestens 700.000 Flüchtlingen aus der Ukraine kannst Du Dir sicher sein, dass da auch russische Agenten drunter sein können, die keiner enttarnen kann.

    • @Axel Fachtan:

      Jo. Aber für ein Land, das von der Kreml-Clique explizit mit einem militärischen Überfall bedroht wird, wird - wie Finnland, Polen oder die baltischen Staaten -, stellt sich die Lage ja deutlich anders dar, als für Westeuropa.

      Hier ist also nicht Osteuropa in der Pflicht.

      Zumal dann auch den Natschalniki und ihren Kindern, die es sich von gestohlenem Geld in Spanien und Italien gutgehen lassen, in die Suppe gespuckt wird:



      "RussInnen in Barcelona", das ist bislang fast schon Synonym für den harten Kern der Regime-LoyalistInnen. Die, die Putin zuarbeiten, sind schon längst in Westeuropa, denn dort haben sie ihre Betongold gebunkert.

    • @Axel Fachtan:

      Länder mit einer Grenze zu Russland haben die berechtigte sorge, das Putin auf die Idee kommt, wenn da ja jetzt so viele Russen leben (Geflohene plus Minderheit), diese dann ähnlich der Ukraine befreien zu müssen, aus Putins Sicht gesehen!



      Auch wenn die gar nicht befreit werden wollen von Putin.

      • @udo123:

        Das klingt für mich nach einer völlig abstrakten, theoretischen Möglichkeit was Putin tun könnte, sofern... usw. Fakt ist, dass zehn- bis hunderttausende Russen auf der Flucht vor Krieg sind. Männer, die explizit nicht in den Krieg wollen. Ob da jetzt ein paar Spione unterwegs sind, ist dabei auch reine Spekulation. Ich halte es für Absurd, diese theoretische Spekulation als Grund zu nehmen, um Asyl zu verweigern. Zumal der Artikel auch ein gutes praktisches Argument bringt: jeder Mann in Asyl ist ein potenzieller Soldat weniger. Hinzu kommt, dass die Gewährung von Asyl in Europa auch das Bild der Russ*innen zu Hause erschüttern könnte, da die Propaganda dadurch Risse kriegen könnte. Wieso sollte man dem eigenen Vater, Bruder etc. dort Asyl gewähren, wenn man doch laut russischer Propaganda der böse Westen ist?

  • +++Wer sich abschätzig über russische Männer äußert, die vor Putins Krieg fliehen, macht es sich zu einfach+++

    In Russland ist Demonstrieren wenn, nicht gerade auf Regierungslinie sehr schwierig, hohe Drakonische Strafen drohen.

    Es gibt z.B. eine Spezialeinheit (OMON) welche (offiziell gegen den Terror) nur die Aufgabe hat, sehr hart gegen die eigene Bevölkerung vorzugehen und möglichst hart durchzugreifen.

    Dazu, wer als junger man heute gegen den Krieg Demonstriert, findet sich ein paar Tage später an der Front wieder, er wird nämlich sofort eingezogen!

    Respekt, vor jedem Russen, der nicht an der Front in diesem Völkerrechtswidrigem Angriffskrieg Krieg sterben will und flieht.

  • "Etwas ist dran an dem Bild der passiven russischen Bevölkerung, die den Krieg schweigenden hinnimmt."

    Vielleicht mal in die Denke autoritärer Charaktere geschaut liebe Autorin? Viele Russen sind einfach so geprägt, dass man sich nicht gegen eine gewalttätige Obrigkeit auflehnt. Bei Ihren worten kommt das deutsche ICH bezogene Denken durch. Jene die mit der Polizei als Freund und Helfer aufwuchsen. Und hinzu kommt, dass wer mit der Gewalttätigkeit der Behörden aufwächst sich erst recht nicht in deren Fänge begeben will. Demonstrieren in Russland heißt, dass man vielleicht auch mit einer Hantel vergewaltigt wird.

    • @Andreas Ernst:

      "Liebe Autorin" - dann folgt in der Regel wohl Mansplaining... ;-)

    • @Andreas Ernst:

      "Viele Russen sind einfach so geprägt, dass man sich nicht gegen eine gewalttätige Obrigkeit auflehnt"

      Woher kommt diese Mutmaßung? Auch in Russland gab es Bürgerkriege.

      "Bei Ihren worten kommt das deutsche ICH bezogene Denken durch."

      Ich finde, die Autorin stellt es so dar, dass man es als Individuum betrachten kann. Man stellt sich selber die Frage: Würde ich?

      "Jene die mit der Polizei als Freund und Helfer aufwuchsen."

      Bin ich ganz Ihrer Meinung. Das Bild des Polizisten ist hierzulande von der Masse stark verfälscht.

      "Und hinzu kommt, dass wer mit der Gewalttätigkeit der Behörden aufwächst sich erst recht nicht in deren Fänge begeben will."

      Auch hier bin ich ganz Ihrer Meinung.

      "Demonstrieren in Russland heißt, dass man vielleicht auch mit einer Hantel vergewaltigt wird."

      Ganz genau. Und für so etwas sind die wenigsten bereit. Denn bevor man das zulässt, würde man eher mit aller Gewalt den Polizisten stoppen, bevor er einen bekommen kann. Dazu sind die wenigsten Menschen bereit. "Nur" für das Recht, protestieren zu gehen.

  • Wenn geklärt ist dass männliche russische Flüchtlinge tatsächlich nur Flüchtlinge sind sehe ich keinen Unterschied zu männlichen ukrainischen Flüchtlingen. Denn sie alle haben eines gemeinsam sie wollen nicht in den Kampf ziehen die einen in einen Krieg für Freiheit die anderen in einen Krieg für Unterdrückung. Nur wir haben leicht sabbern wie würden wir es denn machen wenn wir in gleicher Lage wären????

    • @Udo Zimmermann:

      Danke für Ihren Kommentar! Jeder, der hier gleich ein Urteil fällt, bitte selber kurz in sich kehren und versuchen die individuelle Lage nachzuvollziehen. Da kommen die meisten doch zu einer nicht überraschenden Erkenntnis.

  • Der verlinkte Artikel beschreibt die Sachlage dazu in DE doch eindeutig: "Deutschland ist offen für die Aufnahme russischer Deserteure. In der Europäischen Union wird noch diskutiert." ( taz.de/Asyl-fuer-r...weigerer/!5880144/ ). Und weiter heißt es dort "Deutschland und Frankreich fordern am lautesten eine Aufnahme russischer Deserteure."

    Wurde der verlinkte taz-Artikel nicht gekesen? In welcher kleinen No-Name-Twitterblase wurden also die "deutschen Moralaposteln" gegen die Aufnahme russischer Kriegsdienstgegner aufgespürt, damit man diesen Artikel schreiben kann?

    Hier werden Behauptungen aufgestellt, die dann unkritisch weiter verbreitet werden (siehe auch andere Kommentare)

    • @Rudolf Fissner:

      z.B. bei Maischberger kamen diese Moralapostel zu Wort.

      • @nutzer:

        Ich finde im Netz nix dazu. Der muss wohl ebenfalls einer No-Name-Twitterblase entsprungen sen.

  • Das sind wir jetzt also schon...?

    Russen sind keine Menschen mehr, sondern theoretische Energiemasse in einem Life-Experiment - die man nicht aus dem Kessel lassen darf, weil man sich erhofft, dass der unter entsprechend Druck bald platzt.

    Man weiß jetzt zwar, gewöhnliche Menschen haben nur SEHR begrenzte Möglichkeiten ein Regime zu verändern/ stürzen, v.A. im digitalen Zeitalter - entspr. kann man sich ausrechnen, wieviele zerrieben werden, bevor die nötige Energie "freigesetzt" ist - aber ein Versuch. Besser als Ansprüche an's Gas vor der Krim abzutreten...

    Nicht mal die Landsleute der Nationalsozialisten hat man kollektiv in Verantwortung gezogen.



    Und in der jüngeren Vergangenheit (NATO usw.) können Europäer allgemein (!) auch ganz dankbar sein.

    Ihre "Werte" sollte sich die EU besser ganz offiziell abschminken. Scheinheiligkeit ist eins, aber irgendwann macht man sich wirklich lächerlich.

  • In der Ukraine gibt es auch Wehrpflicht. Was machen wir mit den Männern und Frauen, die aus diesem Grund in Deutschland Asyl beantragen??

    • @Matt Gekachelt:

      Bleiben Abschiebungsverbote nach §60 Abs, 5 und 7 AsylG, das käme z.B. zum tragen, wenn die Verhältnisse in Gefängnissen dort lebenswürdig sind (ich vereinfache) oder jemand glaubhaft machen kann, aus Gewissensgründen zu verweigern (schwierig, wenn er Reservist war, dann hat er ja schon mal an der Waffe gedient).

      Das Thema Kriegsdienst ist, asylrechtlich betrachtet, komplex. Das ist nur ein grober Überblick.

      Aber, weder der Ukrainer noch der Russe kann sich grundsätzlich darauf verlassen, dass sein Asylantrag bewilligt wird. Rein juristisch betrachtet.

    • @Matt Gekachelt:

      Prüfung bei einem Kriegsdienstverweigerer der Asyl beantragt ist in beiden Fällen identisch (ich ignoriere mal Art. 16a GG weil in der Praxis kaum Relevant):

      §3 AsylG: Droht jemanden ein schwerer Eingriff in seine Menschenrechte wegen seiner Rasse (bevor jemand meckert, steht so im Gesetz), Religion, politischen Überzeugung, Nationalität oder sozialer Gruppe durch einen Akteur (Person oder Personengruppen).

      Kriegsdienst ist juristisch kein solcher Eingriff, jeder Staat hat das Recht Wehrdienst einzuführen, auch Diktaturen, dann ist man Soldat, als Soldat hat man das Risiko im Krieg zu fallen.

      Bestrafung bei Verweigerung ist erst einmal nach §60 Abs, 6. AufenthG auch kein schwerer Eingriff, auch wenn er aus unserer Sicht hoch erscheint (wann die Schwelle überschritten ist, ist Auslegungssache, Gefängnis sollte aber idR nicht ausreichen). Ausnahme: Wegen einer der 5 genannten Gründe erhält ein Verweigerer eine deutlich höhere Strafe als alle anderen (Politmalus).

      Wenn eine hohe und konkrete Gefahr besteht, während des Dienstes Kriegsverbrechen begehen zu müssen, dann ergibt sich der Umkehrung des §3 Abs. 2 AsylG denklogisch ein Anspruch auf den Flüchtlingsschutz. Die Voraussetzungen sind hier aber hoch, bei syrischen Kriegsdienstverweigerern haben deutsche Gerichte es im Wesentlichen verneint. Ob die syrische Armee im Bürgerkrieg soviel höhere Standards angesetzt hat als die russische jetzt mag jeder selbst entscheiden... . §3 ist also möglich, aber sollte meistens nicht zur Anwendung kommen.

      §4 AsylG ist ähnlich dem §3, aber der Grund (Rasse etc.) fällt weg. Da wir aber ja schon beim §3 gesehen haben, das weder der Kriegsdienst an sich und oft auch die Bestrafung wegen Entziehung (wie gesagt, es gibt eine Schwelle, das wären z.B. Folter oder Todesstrafe) noch ein schwerer Eingriff in die Menschenrechte darstellt, gilt das auch hier.

    • @Matt Gekachelt:

      Ukrainer brauchen keinen Asyl zu beantragen, sie haben ihn schon auf der Grundlage ihrer Staatsangehörigkeit. Jeder, der Ukraine verlässt, aus welch auch immer Grund, bekommt Asyl in Deuschland. Man muss nur die ukrainische Grenzkontrolle irgendwie bewältigen, bzw. über Russland anreisen. Daher gibt es bereits einige Kriegsdinstverweigerer aus der Ukraine in Deutschland.

    • @Matt Gekachelt:

      ... ohne es genau zu wissen, würden die wohl kein Asyl bekommen, weil "deren" Krieg nicht völkerrechtswidrig ist.

      Persönlich finde ich aber, dass man diese Männern (es sind nur Männer, wil es wohl keine Wehrpflicht für Frauen in der Ukraine gibt) auch nicht zurückschicken darf: Auch wenn man es den Ukrainern grundsätzlich selbst überlassen muss, ob sie sich gegen den Überfall militätisch verteidigen möchten, sollte doch jeder Mensch selbst entscheiden können ob er selbst am Krieg teilnehmen möchte.

      Allerdings stellt sich die Frage wohl nicht, weil ich noch nnie gehört habe, dass jemand in die Ukraine abgeschoben wird.

    • @Matt Gekachelt:

      Das brauchen sie ja glücklicherweise nicht. Frauen sowieso nicht, die sind in der Ukraine nicht wehrpflichtig. Männer aus der Ukraine, die es in die EU schaffen und dabei nicht ertrinken oder aufgegriffen werden ( www.tagesschau.de/...en-grenze-101.html ), werden hier wie alle Ukrainer(innen) behandelt und können ohne Asylantrag in Sicherheit bleiben, sind also geschützt. Asyl müssten sie höchstens beantragen, wenn die dreijährige Schutzfrist für ukainische Flüchtlinge ausläuft und eine Rückkehr wegen der dortigen Strafandrohungen nicht möglich ist.

  • Wenn ich die konservativen Befürchtungen richtig verstehe, dann ist die hauptdächliche Sorge ein kriegerischer Sabotageakt durch russische Scheinflüchtlinge, die dann von innen heraus ähnlich wie beim trojanischen Pferd das Land angreifen könnten.

    Genausogut könnten sich aber auch russische Spioninnen für russischsprachige Ukrainerinnen ausgeben und den Unterschied nachzuweisen , das ist wohl in der aktuellen Situation ziemlich schwer.

    Natürlich müsste also im Zweifel eine genaue Prüfung der Identität stattfinden, denn naiv sollte man auch nicht sein. Putin war beim KGB und wird schon über die ein oder andere Strategie nachgedacht haben.

    Wer der dann aber zweifelsfrei Kriegsdienstverweigerer ist, der sollte eigentlich dafür belohnt und gebührend empfangen werden. Nicht nur aus moralischen, sondern ebenso aus strategischen Gründen.

    Wenn ein unsicherer Russe weiß, das in hier im Zweifel Dankbarkeit und ein gutes Leben erwarten, dann motiviert das nochmal deutlich mehr die Waffe liegen zu lassen und Fahnenflucht zu begehen

    • @Alfonso Albertus:

      Wobei zu klären wäre, wie gerechtfertigt diese Befürchtung vor einem kriegerischen Akt ist. Sollen die hier einen Umsturz anzetteln? Verfügen die Russen nicht schon längst über effektivere Mittel, (Cyber, Spenden an Arschparteien und rückgratlose Abgeordnete), und so weiter.

      Außerdem können derartige Russen eventuell von andere Russen identifiziert werden, siehe syrische Geflüchtete.

      Von daher lässt sich damit hierzulande wohl eher Angst schüren als eine reale Gefahr.

  • ... und was machst Du?



    Noch betrachten wir die Situation aus abschätzender Distanz.



    Bisher war es für Russland eine "Spezialoperation".



    Die Mobilmachung legt nahe, dass Putin in Zukunft "Krieg " führen wird.



    Die Annektion der besetzten Gebiete lässt vermuten, dass bei der "Verteidigung (neuerdings) russischer Gebiete" anders operiert wird.



    Inwieweit Putin dann die Unterstützung des Westens als Angriff auf Russland bewertet, bleibt abzuwarten.



    Auf der anderen Seite möchte Selensky schnell in die Nato eintreten.



    Fazit: wir müssen uns allmählich Gedanken machen, ob WIR für die Ukraine die Waffen in die Hand nehmen wollen.

    • @Philippo1000:

      Es geht doch hier nicht darum, für ein Land zu kämpfen, sondern für das Völkerrecht. Ohne das Leid der Ukrainer herabwürdigen zu wollen, ist dieser Konflikt doch "nur" die physische/ reale/ materielle Manifestation eines dichotomen Konfliktes zwischen gewahrtem und gebrochenem Völkerrecht. Es hätte genauso das Baltikum treffen können. Die Frage, die wir uns stellen müssen, lautet also eigentlich: Nach welchem Recht soll unsere Welt funktionieren (denn beides geht nicht): dem des Stärkeren oder dem Völkerrecht? Und wenn die Antwort Völkerrecht lautet: Sind wir bereit, dafür zu kämpfen?

      PS: Es lässt sich vielleicht auf folgende Zeile runterbrechen: "Frieden? Ja, bitte. Aber nicht auf Kosten des Völkerrechts.". Ein Weg dahin wäre z.B., völkerrechtsbrüchigen Mitgliedsstaaten des UN- Sicherheitsrates zumindest für die Zeit des Völkerrechtsbruches das Vetorecht zu entziehen.

      • @hel.genug:

        Den Russen für die Zeit der Annexion das UNO Mandat zu entziehen ist sicher eine gute Idee, aber da müssten alle anderen dafür stimmen ? Oder reicht eine 2/3 Mehrheit ?

      • @hel.genug:

        > "Es geht doch hier nicht darum, für ein Land zu kämpfen, sondern für das Völkerrecht"

        jo, das Völkerrecht in Händen der NATO... ob auch Murat Kurnaz darüber lachen kann?

        Von wg "keiner weiß was Putin will" ... hier ging's darum zu verhindern das die NATO einen Fuß in die _eigene_ Haustüre kriegt (d.h. u.A. der Schwarzmeerhafen) und Selinskijs wie geplant die Krim "re-integriert"; Hand in Hand mit einem US-Präsidenten, der schon mit lautstarkem Gebelle gg Russland ins Amt gestartet ist.

        Wissen Sie, dass es bisher nicht EINE - ernsthafte! - Chance für Diplomatie gegeben hat? (also ohne unrealistische Forderungen wie 'Aufgabe der Krim'. Und, nein - dt. Versprechen interessieren hinsichtlich NATO nicht, zuletzt die USA - v.A. wenn die USA gleichzeitig auf ggt. Standpunkt besteht).

        Stattdessen haben sich die EU-Führung & div. Politiker gleich zu Beginn alle Mühe gemacht, Putin jeden gesichtswahrenden Ausweg zu verbauen.

        Ein Wunder, dass die Lage eskaliert...

        • @KodakinFarbe:

          @KODKINFARBE



          dem Kriegsverbrecher seit Aleppo "jeden gesichtswahrenden Ausweg verbauen", obwohl der alle Diplomatie ablehnt und lieber konkret schiesst?

        • @KodakinFarbe:

          "Wissen Sie, dass es bisher nicht EINE - ernsthafte! - Chance für Diplomatie gegeben hat?"



          Stimmt. Putin hat alle diesbezüglichen Bemühungen hintertrieben und lächerlich gemacht.

    • @Philippo1000:

      > Gedanken machen, ob WIR für die Ukraine die Waffen in die Hand nehmen wollen.

      Ich habe mir diese Gedanken gemacht, und das Ergebnis ist eindeutig: Nee, ohne mich. (Bin dran ausgebildet, aber trotzdem nicht.)

      Die Überlegung war schnell abgeschlossen: Warum sollte ich im Dreck herumkriechen und Leute umbringen, die für den Schlamassel überhaupt nichts können -- um den finanziellen und geostrategischen Interessen skrupelloser Machthaber zu dienen, die selber schön und sicher im Warmen sitzen?

      Schlimm genug, dass genug andere Leute bei sowas mitmachen. Von denen will ich keiner mehr sein.

      • @Carcano:

        Ich wurde auch mal an der Waffe ausgebildet und ich wurde geschult, das ich völkerrecht zu beachten habe. Ich habe seitdem keine Lust eine Waffe mehr in die Hand zu nehmen. Falls Putin so weiter macht, könnte es nötig sein. Ich habe auch Furcht davor. Wir müssen unsere Werte verteidigen.

      • @Carcano:

        Da teile ich Ihre Ansicht.



        Ich habe mich in der Vergangenheit für den Zivildienst entschieden, befürchte aber jetzt weitreichende Konsequenzen für uns Alle, wenn der Krieg in der Ukraine zum "Bündnisfall" in der Ukraine wird .



        Ich lehne Putins Krieg klar ab.



        Wir sind jedoch weit entfernt von einer Situation Hitler.



        Der zweite Weltkrieg endete glücklicherweise durch den Eintritt der Alliierten und beendete das dritte Reich mit all seinen Schandtaten.



        Auch wenn Putin ein Autokrat ist, die Presse und Meinungsfreiheit unterdrückt ubd mißliebige ins Gefängnis steckt, das hat er leider mit vielen Anderen in anderen Ländern der Welt gemeinsam.



        Da könnte man gleich mit Anderen weitermachen.



        Das so ein Vorgehen allein gegen Russland wenig Aussicht auf Erfolg hat, sehen wir am erfolglosen Agieren in Afghanistan.



        Was hatten die Menschen davon? 20 Jahren Krieg.



        Das ist wohl nicht die Lösung.

        • @Philippo1000:

          In Afghanistan gab es keine 20 Jahre Krieg, sondern den erfolglosen Versuch einen Staat zu unterstützen, sich nach unseren Menschrechten zu entwickeln. Es ist tragisch aber das Völkerecht verhindert, dass wir unser System anderen Staaten überstülpen. Staaten wie Russland und China fehlen da völkerrechtliche Skrupel, die freuen sich, wenn es uns nicht gelingt die Menschenrechte in anderen Ländern zu verteidigen.

        • @Philippo1000:

          @ PHILIPPO1000 ("Auch wenn Putin ein Autokrat ist, die Presse und Meinungsfreiheit unterdrückt ubd mißliebige ins Gefängnis steckt, das hat er leider mit vielen Anderen in anderen Ländern der Welt gemeinsam.") und KODAKINFARBE ("ob auch Murat Kurnaz darüber lachen kann?"):



          Die Fehler anderer berichtigen niemanden (wirklich NIEMANDEN), sie zu wiederholen oder andere zu begehen. Denn sonst könnte niemals mehr irgendwas geahndet werden, weil es dann beim nächsten z.B. Völkerrechtsbruch hieße "Schlimm, schlimm, schlimm, aber Pech gehabt: Das Völkerrecht wurde zuvor auch schon gebrochen. Tja, da kann man nichts machen.". In der Erklärung von Mitgliedern des Ausschusses der International Law Association zum völkerrechtlichen Gewaltverbot vom 04.03.2022 (www.justsecurity.o...hen-gewaltverbot/) heißt es "[...] Wir rufen alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen auf, ihren Verpflichtungen im Hinblick auf die Verletzung des Aggressionsverbots durch die Russische Föderation nachzukommen, eines Verbots, das zwingenden Charakter (jus cogens) hat. Dieses Verbot bleibt auch bei Verstößen bestehen. [...]". Diesen letzten Satz würde ich gern unterstreichen.

          • @hel.genug:

            Gemeint ist hier nicht, das Vorgehen eines Autokraten zu rechtfertigen.



            Wer der Meinung ist, Autokratische Systeme mit Waffengewalt zerstören zu müssen, hat noch einige weitere Länder auf dem Zettel.



            Die USA haben einige Jahrzehnte so agiert und jahrzehntelang Krieg geführt.



            Wem hat das genutzt?



            Der einzig " gerechte Krieg" , wenn es sowas gibt, war der gegen Nazideutschland und wir können froh sein, dass die Alliierten gewonnen haben.



            Alle späteren Kriege haben keine signifikanten Änderungen der Verhältnisse gebracht, oder wurden schlicht nicht gewonnen.



            Mit Schimpf und Schande haben wir gerade im Ministaat Afghanistan verloren und da glaubt der Eine oder Andere tatsächlich "wir" könnten gegen eine Atommacht etwas ausrichten?



            Das ist gerade lächerlich, wenn es nur nicht so gefährlich wäre.

            • @Philippo1000:

              Die Ukraine lehrt uns gerade, dass man auch gegen eine Atommacht etwas bewirken kann. Die Ukraine erscheint mir auf einem guten Weg Völkerrecht und Menschenrechte zu verteidigen Man kann se täglich in der Kriegsführung beobachten, wenn man will-

      • @Carcano:

        Wären das auch Ihre Gründe gewesen nicht gegen Hitlerdeutschland zu kämpfen?

        • 6G
          650228 (Profil gelöscht)
          @Suchender:

          Ja. Und trotzdem würde es immer noch genug Leute geben, die sich fürs Kämpfen entscheiden würden. Nur ich halt nicht.

          Ist das unfair? Ich denke nicht. Jeder so, wie er kann und will. Wir haben ja auch Ärzte-/Pflegermangel und trotzdem werden viele lieber Autor, Künstler oder Banker.

          • @650228 (Profil gelöscht):

            Lange Jahre war Bundeswehr ein Beruf, wo Krieg gelernt wurde. Erst in den letzten Jahren wurde immer mehr erkennbar, dass da ncoh was anderes ist. Falls es darum geht unsere Vorstellungen von Menschenrechte und das Völkerrecht zu verteigen sind wir alle gefordert.

        • 6G
          650228 (Profil gelöscht)
          @Suchender:

          In letzter Konsequenz: Ja.

        • @Suchender:

          Sie sind also bereit für die Ukraine zu sterben?



          Und Sie glauben, dass "Problem" sei damit beendet?



          Sie sind der Meinung in Russland findet ein zweiter Holocaust statt?



          Wenn Sie auf der "Suche" sind, würde ich zuerst mal mit Antworten auf diese Fragen beginnen.

          • @Philippo1000:

            In letzter Konsequenz ja. Das Problem Hitler konnte auch durch Gewalt beendet werden obwohl Putin natürlich noch weit davon entfernt ist ein Hitler zu sein und sich jeder Holocaustvergleich auch verbietet.



            Ich könnte einfach nicht tatenlos dabei zusehen wie 2022 ein demokratisch legitimierter Staat in Europa von seinem großen Nachbarn mit präfaschistischen Zügen einfach so einkassiert wird.



            Und falls Rusland konkret mit einem Atomschlag droht wenn der Westen die Waffenlieferungen an die Ukraine nicht einstellt?



            Vor 40 Jahren hätte ich noch gesagt lieber rot als tot, aber Russland ist nicht mehr rot

      • @Carcano:

        Das ist eine sehr gesunde Einstellung. Wäre schön, wenn sich das einmal mehr Leute vorstellen, was Soldaten eigentlich sind und machen: die sind nicht die Herrschenden, sondern Kanonenfutter; und das weiß man schon sehr lange.

        • @resto:

          Darf ich Sie, CARCANO, RADIOLOGE und PHILIPPO1000 fragen, wohin Sie denn im Fall eines Falles zu fliehen gedenken? Ich meine, wenn sich Putin niemand Weg stellt (also z.B. auch alle ukrainischen Soldat_innen flüchteten), warum sollte er dann irgendwo aufhören? Denn wenn Sie sich diese Freiheit herausnehmen, müssen Sie die ebenso allen anderen zugestehen und davon ausgehen, dass sie u.U. von allen anderen in Anspruch genommen wird. Irgendwann steht Putin an der deutsch-polnischen Grenze und dann was? Fliehen wir alle (und die ganze osteuropäische Bevölkerung) nach Frankreich? An welcher Grenze wird Putin dann wohl als nächstes stehen?



          Ich verstehe und teile ja Ihre Ängste. Ich habe selber den Wehrdienst verweigert und Waffen widern mich auch heute noch an. Nur denke ich, dass Putin keine andere Sprache mehr versteht. Mit einem Pavian unterhält man sich auch nicht ernsthaft über Quantenphysik (Natürlich müssen die Gesprächskanäle trotzdem offenbleiben und genutzt werden.). Und wenn alle Welt sofort kuscht, sobald jemand mit Atomwaffen droht, dürfen wir uns über deren Beliebtheit nicht wirklich wundern.

          • 6G
            650228 (Profil gelöscht)
            @hel.genug:

            Ja, die Freiheit, nicht zu kämpfen, gestehe ich allen zu. Aber in der Realität wird es immer sehr viele geben, die sich fürs Kämpfen entscheiden. Und dann ist es die ureigene Aufgabe der gewählten Politiker, mit den freiwilligen Kämpfern und den erhaltenen Steuern (die ich dafür gerne bezahle), die optimale Verteidigung zu organisieren.

          • @hel.genug:

            Leider ist der Einsatz von Atomwaffen derzeit eine reale Gefahr geworden.



            Da nützt weglaufen nichts.



            Es nützt grundsätzlich nichts " der Logik des Krieges zu folgen".



            Sinnvoll ist nur, Frieden zu finden.

  • Kriegsdienstverweigerung (insbesondere bei einem laufenden Krieg) sollte immer ein Asylgrund sein. Kriegsteilnahme dagegen immer freiwillig. Das muss für russische Flüchtende gelten, genauso wie ukrainische. Derzeit werden ukrainische Familien auch auseinandergerissen, weil alle mit dem Vermerk "Mann" im Pass nicht ausreisen dürfen. Immerhin wurde jetzt die Mobilisierung der jungen Absolvent:innen erstmal ausgesetzt, man möchte davon absehen unvorbereitete Menschen in den Tod zu schicken. Schonmal ein starker Unterschied zu Russland wo selbst kranke Menschen zwangsweise mobilisiert werden, um mehr Masse aufs Schlachtfeld zu schleifen. Das zeigt schon eine gewisse andere Wertschätzung des Lebens der Staatsbürger:innen. Und trotzdem:



    Niemand darf zum Dienst an der Waffe gezwungen werden, ich hoffte eigtl. darüber bestehe hierzulande spätestens seit Einführung des Zivildiensts (und auch über die Abschaffung der unseeligen Wehrpflicht hinaus) weitgehend Konsens.

    Vielleicht könnte bei Sorge die Aufnahme/Einreise an eine öffentliche Verurteilung des Putinregimes und des russischen Überfalls/Antikriegserklärung und deren fortdauernde Aufrechterhaltung geknüpft werden. Damit diese Flucht vor der eigenen Verheizung als Kanonenfutter hoffentlich noch viele Nachahmer:innen findet... den russischen Kriegsapparat schwächt sie in jedem Fall enorm, und darauf kommt es aktuell an.

    • @Nora_X:

      Das kann man politisch so fordern (und diskutieren), entspricht aber nicht der aktuellen Rechtslage. Nach dieser ist Kriegsdienstverweigerung meistens kein Grund für eine Asylanerkennung (es müssen noch andere Umstände hinzutreten).



      Als Beispiel erhalten syrische Kriegsdienstverweigerer in Deutschland keinen Flüchtlingsschutz, weil es an einem Anknüpfungsmerkmal nach §3b AsylG mangelt. Sie erhalten subsidiären Schutz nach §4 AsylG, weil eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie bei Verweigerung ins Gefängnis kommen (ds ist noch nicht der Grund, siehe auch § 60 Abs. 6 AufenthG) UND dort eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie z.B. gefoltert werden (§4 Abs. 1 Nr.2 AsylG). Juristisch ist das Thema sehr komplex, was auch damit zu tun hat, dass international anerkannt, ist, dass jeder Staat das Recht auf Wehrdienst hat und auch darauf Verweigerer zu bestrafen. Eine eventuelle VErweigerung aus Gewissengründen wäre in Deutschland nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.v.m. Art 3 EMRK zu prüfen.

    • @Nora_X:

      liebe Nora, Ihren Überlegungen stimme ich in allen Punkten zu.



      Nur eines: es gibt keine Soldatinnen in der Ukraine und die Männer werden zwangsverpflichtet, resp. an der Ausreise gehindert. Das Gendern darf nicht zu Falschaussagen führen sondern soll - im Gegenteil - darauf hinweisen, wer genau gemeint ist.



      UND:



      1. Die Aufnahme von Kriegsdientverweigerern sollte immer erfolgen.



      2. Die Unterstützung von freiwillig gegen Kriegsangriffe kämpfenden durch Waffenlieferungen sollte immer erfolgen - und zwar pronto und nicht, wenn schon so viele Menschen tot sind, unwiederbringlich.

    • @Nora_X:

      Kriegsteilnahme sollte immer freiwillig sein, lässt sich in Friedenszeiten leicht postulieren.

      Wenn der Krieg dann da ist, gehen die einen in den Keller oder den Bunker, während die anderen draußen für alle den Kopf hinhalten.

      Das finden die draußen irgendwann ungerecht.

      Lust haben die ja auch nicht, sich erschießen zu lassen.

      Und wenn wieder etwas Ruhe ist, kommen die von drinnen aus dem Keller kommen, halten sie sich noch für moralisch überlegen.

      Das wird nicht funktionieren.

      Kann man übrigens am lebenden Beispiel in Israel sehen.

      Dort sind die Orthodoxen vom Wehrdienst befreit gewesen, was mittlerweile zur Unzufriedenheit bei den Wehrdienstleistenden führt.

      • @rero:

        Es ist ein Menschenrecht, nicht gezwungen zu werden, mit Waffen an einem Krieg teilzunehmen. Hat mit "Friedenszeiten" nichts zu tun, sondern ist eine Lehre, die auf Bitten der katholischen Kirche als Konsequenz aus vergangenen Kriegszeiten von den Völkern gezogen und verbindlich ins Völkerrecht gegossen wurde.

        • @Günter Picart:

          Manche Menschrechte wurden in Friedenszeiten weiterentwickelt. Wir werden es hoffentlich nicht erleben, diese Frage unter Kriegrecht zu diskutieren.

  • Bei uns im Haus leben Russen, Franzosen und und vor dem Krieg geflohene Ukrainer friedlich beieinander. Als es noch wärmer war, haben wir auf dem Hof zusammen gegrillt und Würste und Salate gegessen.

    Die Kinder spielen miteinander, und die Leute betrachten sich als das, was sie sind: Nicht Angehörige irgendeiner Nation, sondern Nachbarn, die in einem Haus zusammenleben.

    Es geht anscheinend auch ohne "Retraumatisierung".

  • Auf die Frage, wer die Männer sind, die Russland in den letzten Tagen verlassen oder es weiter versuchen, gibt es eine relativ einfach Antwort: Die, es sich leisten können. Trifft man dieser Tage z.B. an der finnisch-russichen Grenze auf einen Russen im wehrfähigen Alter, stehen die Chancen gut, dass dieser gut Englisch spricht, studiert hat und viel gereist ist. Menschen, die intellektuell wie finanziell/ materiell in der Lage gewesen wären, sich auch innerhalb Russlands Zugang zu Informationen abseits der Kremlpropaganda verschaffen. Menschen, die sich eine Ausreise auch schon früher hätten leisten können, sich aber entschieden haben, vorerst weiter vom System Putin (Tausche politische Teilhabe gegen bescheidenen Wohlstand) zu profitieren. Was derzeit vonstattengeht, ist ein russischer Braindrain, an dessen Ende ein Land aus hirngewaschenen Lakaien und ihren sehr traurigen und geistig noch tiefer in den Zement des Putinschen Imperialismus gegossenen Töchtern, Ehefrauen, Schwestern und Müttern steht. Je mehr Russen das Land verlassen, desto weniger können in Russland auf die Straße gehen (was löblich wäre, aber gefährlich ist), aber desto weniger können auch ihre Verwandten und Bekannten wachrütteln. Jeder Russe, der geht, bedeutet mindestens eine_n Russ_in, dem/der die Chance genommen wird, aus Putins krankem Trip aufzuwachen.



    Muss mal bei Gelegenheit mal wieder The Incredibles 2 gucken...

  • Ich kenne absolut niemanden, der sich abschätzig über russische Kriegsdienstverweigerer äußert. Sorry, aber solche Leute gibt es nicht. Bei der Verweigerung des Asylrechts für russische Kriegsdienstverweigerer geht es um die Frage, ob sie mit Ihrer Verweigerung in Russland nicht mehr zum Ende Putins beitragen, als wenn sie in den Westen flüchten. Und an der Stelle lautet die Antwort schlicht: Ja, das ist so.

    • @Nachtsonne:

      Das gilt dann aber auch für viele Asylsuchende aus anderen Ländern auch.

    • @Nachtsonne:

      Sie meinen also, man sollte das Asylrecht nicht an der Schutzbedürftigkeit, sondern am politischen Nutzen ausrichten?

  • Ich finde es einfach unfassbar, das die Ukraine verhindern möchte, das europäische Länder, von denen sie Unterstützung und Solidarität fordert und erhält, daran hindern möchte, russische Deserteure aufzunehmen.

    Diese Menschen sind in Lebensgefahr weil sie genau das tun, was wir uns immer wünschen (und selbst im dritten Reich nicht geleistet haben): Sie leisten zivilen Widerstand gegen Putin und seinen Krieg.



    Die Ukrainische Führung hat mit dieser unglaublichen Entgleisung gezeigt, das sie rein nationalistisch denkt und dabei die Menschenrechte mißachtet.

    Menschenrechte, Kriegsrecht, Völkerecht – all dies wurde nicht allein für die Ukraine erfunden, sondern gilt universell. Auch für Russen.

    Die europäischen Länder und PolitikerInnen, die diese menschenverachtende Sichtweise teilen haben letztlich nur bewiesen, das es ihnen ebenfalls nicht wirklich um Menschenrechte geht.

    • @neu_mann:

      Sehe ich zu 100% anders. 1. Ukrainer:innen sind keine Engel. 2. Lebensgefahr in Russland, das auch dank der Bevölkerung und der hier beschriebenen in der Regel gebildeten jungen Männer (es ist nicht nur Putins Krieg) die Ukraine überfallen hat und sinnlos mordet mit der Lebensgefahr in der Ukraine zu vergleichen, das ist schon ungeheuerlich (völlig an der Realität vorbei, der Rest des Ukrainebashings auch) und klingt sehr nach subtiler Unterstützung von Putin. Die braucht niemand, Wobei die Nähe vieler Linker zu Putin (Wagenknecht, Ernst und Konsorten) offensichtlich hoffähig ist. 3. Die gut gebildeten jungen Männer sollen dafür sorgen, dass ihr Chef, der in seinem Wahn immer das Ausland verantwortlich macht, nicht weiter mordet, indem sie ihm als Russen, 200 000 und mehr - nicht auslandsverdächtig - die Hölle heiß machen.

    • @neu_mann:

      Das sehe ich genauso!

    • @neu_mann:

      "Diese Menschen sind in Lebensgefahr weil sie genau das tun, was wir uns immer wünschen (und selbst im dritten Reich nicht geleistet haben): Sie leisten zivilen Widerstand gegen Putin und seinen Krieg."

      --> Nein, gerade das tun sie nicht, sie fliehen. Was verständlich ist, aber eben kein ziviler Widerstand. Und ganz ehrlich: Bis zum 21.09.2022 hat ihnen Putins Suppe (deren Zutaten spätestens seit dem 24.02.2022 nun wirklich jeder kennen sollte) offenbar immer noch ganz gut geschmeckt. Spätestens seit dem 24.02.2022 kann man davon ausgehen, dass sie über Putins wahre Motive Bescheid wussten, und trotzdem haben sie sich erst jetzt, da es ihnen 'an den Kragen geht', zur Flucht entschieden. Mag sein, dass manche noch bis zuletzt versucht haben, Einfluss auf Verwandte und Bekannte zu nehmen; deren Anteil kenne ich tatsächlich nicht; dass er jedoch mehr als 50% beträgt, halte ich für unwahrscheinlich.

      • @hel.genug:

        Ich selbst habe bis zum Vorabend des Krieges nicht daran geglaubt, nein, sowas macht der Putin doch nicht, hat er doch gesagt "Niemand hat vor, eine Mauer zu bauen", äh "einen Krieg zu führen". Es kam in meinem kleinen Denkkosmos einfach nicht vor. Klar, Putin ist ein A., aber ein so grosses? Unvorstellbar.



        Und so ging es mir als einigermassen, halbwegs, soso informiertem Westler mit Zugang zu allen möglichen Quellen - ohne den Dauerbeschuss mit russischer Propaganda über Nazis und Drogensüchtigen, die das Nachbarland zugrunde richten und einen Angriff auf Russland planen.



        Die Hoffnung stirbt zuletzt. Bis eine Sekunde vor Kriegsbeginn wollte ich es nicht wahr haben - wie kann ich Russen vorwerfen, nicht daran zu glauben, bis die Leichen zurückströmten, bis die Annektion von Teilen des angeblich befreundeten Nachbarlands pompös öffentlich bekannt gemacht wurde.



        Wir sind doch die Guten - das, was alle glauben, die das Böse tun, bis sie eines Tages mit dem Kopf drauf gestossen werden, eilig ihre Sachen packen und verschwinden, bevor es sie selbst trifft. Natürlich viel zu spät, spät genug um die bekannten Vorwürfe laut werden zu lassen. Man hat etwas zu verlieren und ignoriert, solange es geht und man nicht persönlich betroffen ist.



        Schauen wir mal ein paar Jahre in die Zukunft, wenn die AfD hier regiert und Referenden in Elsass und Kaliningrad vorbereitet. Das wird auch keiner glauben. Und die Franzosen und Holländer werden die Grenzen dicht machen, nö, Deutsche, vielleicht seid ihr ja Feiglinge un/oder Kollaborateure, und warum wollt ihr erst jetzt raus? Warum habt ihr keinen Widerstand geleistet? Ihr wusstet doch seit Jahren ganz offiziell und gerichtlich attestiert, dass ein führender AfD Bonze ein Faschist ist? Und habt nichts unternommen? Feiglinge, Fliehende, jetzt seht zu, wie ihr damit klarkommt - aber ohne unsere Hilfe.

  • Ukrainer:innen fürchten eine Retraumatisierung, wenn sie Russen begegnen, die sich dem Krieg verweigern? Dafür wiederum sollte Verständnis vorhanden sein?

    Mir fehlt dies Verständnis und in Anbetracht des kompletten Mangels an repräsentativen Zahlen weiß ich nicht einmal, ob Ukrainer:innen tatsächlich die fürchten, die nicht gegen sie in den Krieg ziehen wollen.

    Es ist hirnrissig und unmenschlich, gegen die vorgehen zu wollen, die nicht Kanonenfutter für Putins Krieg sein wollen.

    Jeder, der gegen diese Deserteure argumentiert, muss sich zudem fragen lassen, was er oder sie wirklich von Menschenrechten hält und was für eine Gesellschaft er oder sie wollen. Eine gute Gesellschaft werden diejenigen weder wollen noch erschaffen, die Deserteure den Kriegsherren ausliefern wollen.

    Russland beginnt bereits, die Flucht von Deserteuren zu verhindern. Unterstützt wird Russland dabei von all denen, die jetzt die Grenzen dichtmachen oder dafür plädieren.

    Diese Herrschaften sind die wahren Putin-Versteher:innen, denen es um vieles geht, aber ganz sicher um eines nicht; die Menschenrechte – und auch dies haben sie mit Putin gemeinsam.

    • @PolitDiscussion:

      Hallo Herrr Gebauer von Gleichklang, das ich nur allzugut kenne. Kann Ihren Ausführungen nicht im Ansatz zustimmen. Wer bitte, soll den Multimörder - zigtausend Tote, Millionen Leidende - stoppen? Etwa die NATO, das wäre der dritte Weltkrieg. Sie sind weit weg von Deutschland tätig und haben die deutsche Einheit wahrscheinlich nicht hautnah mitbekommen. Da ging es zwar nicht um Krieg, aber den Widerstand der Bevölkerung gegen die DDR-Diktatur. Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass mit der Ausreise vieler DDR-Bürger die Wende so stattgefunden hätte, wie sie dann stattgefunden hat. Vielleicht lesen sie mal eine genaue Chronik der Ereignisse vor ziemlich genau 32 Jahren. Putin ist seinerzeit mit der Pistole in der Tasche in Deutschland unterwegs gewesen. Ihre "hirnrissig" und andere krude Argumentation hieße, logisch auf die seinerzeitige Revolution übertragen: Es hätte sie so nie gegeben.

  • "Jeder russische Soldat weniger im Krieg macht es für Putin schwerer, diesen weiterführen zu können – und schützt somit die Ukraine."

    Bin ich mir nicht sicher. Wenn Ausbildung, Equipment und Motivation fehlen, dürfte Quantität der Mannschaften kaum eine Rolle spielen. Man nennt es Kanonenfutter.

  • Ein Plädoyer für Menschenrechte ist immer auf der richtigen Seite, die kalte Schulter für Verweigerer ist damit nicht vereinbar.



    /



    www.fr.de/politik/...n-zr-91808151.html



    /



    Diplomatie erfordert richtige Worte zur richtigen Zeit, danke der taz für diese Klarstellung in der Grauzone.

  • 0G
    06455 (Profil gelöscht)

    Danke für diesen Beitrag.



    Wir sollten froh sein über Jeden, der diesen Irrsinn nicht mitmacht.

    Wir sollten auch die generelle Ausgrenzung eines Volkes nicht mimachen.

  • Ich komm mir vor wie in einer Drehtür: lauter offene Türen, die zu nichts führen. Es ist doch wohl vollkommen klar, dass russische Kriegsdienstvereigerer ein Recht auf Schutz haben. Niemand kann verlangen, dass diese Menschen ins Gefängnis gehen, wenn sie Glück haben. Es ist auch klar, dass ukrainische Flüchtlinge kein Recht auf Exklusivität haben. Wer Schutz bekommt, kann nicht ernsthaft Schutz verweigern, und auch wenn es wirklich mal zu "retraumatisierenden" Begegnungen kommen sollte, als generelles Argument ist solches Denken untauglich. Bislang durfte man übrigens auch den Eindruck haben, dass es keine offenen Konflikte zwischen hier lebenden Russen und hierhin geflohenen Ukrainern gibt. Aber das nur am Rande. "Wer diese Männer sind" und was sie denken, ist jedenfalls vollkommen nachrangig. Dass sie Männer sind, spielt hoffentlich auch keine Rolle und dass sie vielleicht nie wieder zurückkönnen, kann auch nichts ändern. Sie verdienen Schutz, alles andere zählt nicht.

  • Vielen Dank für diesen wichtigen Kommentar.

  • jeder russische kriegsdienstverweigerer ...

    ist ein patriot für freiheit und menschenrecht.

    • @adagiobarber:

      Und ukrainische Verweigerer auch?

    • @adagiobarber:

      Übertreiben brauchen sie es auch nicht gleich, diese Einschätzung kann wirklich nur individuell getroffen werden.

    • @adagiobarber:

      Pauschalisierungen helfen auch in dieser Richtung nicht weiter.

      Bei den Syrern war zu sehen, dass man nach Deutschland flüchten und trotzdem (ehemaliger) IS-Kämpfer sein kann.

      Man sollte schon hinsehen, wer kommt.

  • Die Aktivität würde allerdings in Russland gebraucht, nicht unbedingt dafür, vor eigener Verantwortung zu fliehen, hat diesem Land auch in der Vergangenheit kaum geholfen. Die, die sie zurücklassen bzw. weniger Glück oder Möglichkeiten haben, können sich am Wenigsten wehren, geschweige denn jetzt den Aufstand starten. Wessen Herz brechen sie? Das ist hier etwas blockhaft dargestellt und ich bin nicht sicher, ob es in allen Fällen an plumper Russophobie scheitert, zumal es nicht alles Russen sind und viele der ablehnenden Länder selbst große russ. Minderheiten haben. Für mich ist es auch keine Frage Kriegsdienstverweigerern Entkommen zu ermöglichen, alles andere mit das Perverseste überhaupt, aber man kann doch trotzdem ehrlich miteinander sein. Erst recht wenn jemand bald ne Tugend daraus macht, sich zu belügen, belügen zu lassen und ja auch vor diesen Lügen (spät) wegrennt. Und was ganz sicher nicht sein kann, ist es dann ukrainischen Flüchtlingen Vorwürfe wie Sozialtourismus zu machen, oder auch ihren Brüdern, Söhnen, Vätern, oder Schwestern kaum das Notwendigste zu liefern, um ihr Leben zu schützen und ihr Land. Und was heißt ukrainische Ängste? Nach meinem Eindruck haben in Europa grad alle anderen mehr Angst. Ukrainer müssen nicht beschwichtigt werden sondern untersützt und ausgerüstet. Und ausnahmsweise sollte die Aufmerksamkeit jetzt ihnen gelten, auch in Deutschland wenn's nach mir geht gern mal zu Lasten der Russen. Die haben all die Jahre davon wirklich genug gehabt, wie auch immer zu erklären oder zu rechtfertigen, aber was sie draus gemacht haben ist nicht toll.

    • @Tanz in den Mai:

      "Und ausnahmsweise sollte die Aufmerksamkeit jetzt ihnen gelten"



      Die Aufmerksamkeit hat doch schon dazu geführt, daß wir jetzt 1.Klasse und 2.Klasse von Geflüchteten haben!



      Aufmerksamkeit ist in jeder Hinsicht notwendig: wo soll uns dieser Krieg denn hinführen?

      • @paul meder:

        "Wo soll uns dieser Krieg denn hinführen?" Das können Sie wahlweise bei Alexander Dugin nachlesen oder diversen Äußerungen Putins entnehmen: Zur 'russkij mir' (zum Großrussischen Reich, wenn man so will) oder - noch besser (vielmehr: schlimmer) - zur Umsetzung der neo-eurasischen Vision einer Befreiung des von angelsächsischen Mächten okkupierten Europas und nachfolgenden Errichtung eines von Dublin und Lissabon bis Wladiwostok reichenden eurasischen Imperiums unter der Führung Russlands. Wie es sich in einer solchen Alptraumrealität leben lässt, kann man derzeit in Russland und den von Russland eroberten ukrainischen Gebieten beobachten. Es ist gruselig.

        Dass junge russische Männer - jedenfalls die, die es sich leisten können - sich nicht für die imperialen Obsessionen Putins verheizen lassen wollen und fliehen, ist verständlich, erfolgt aber nicht zwingend aus einer pazifistischen oder regimekritischen Grundhaltung heraus.

        • @O sancta simplicitas:

          Oder sie lesen die Literatur der Guten:



          Zbigniew Brzezinski- Die einzige Weltmacht.



          Sowohl Russland, als auch Usa und China sind Imperialisten. Für uns (Europa) stellt sich doch die Frage: ist es sinnvoll, die Ziele dieser Mächte zu unterstützen?

          • @paul meder:

            der Imperialismus ist eine giftige 'hinterlassenschaft des 19. und 20. jahrhunderts. heute geht es um das globale Überleben. Ich empfehle die Lektüre von jean gebeser der bereits 1948 schrieb; „Wenn man nur einen Teil der Wirklichkeit sieht? Es bedeutet, daß man nicht ganzheitlich sieht, sondern die Welt teilt. Wer aber nur einen Teil der Welt realisiert oder anerkennt, z.B. Den räumlichen, und dies zu einer Stunde , da auch der andere Teil, der zeitliche, bereits zu bewußter Wirkung und Wirklichkeit im Menschen erwacht ist, sollte sich nicht wundern , wenn er eines Tages selber geteilt wird, oder nur noch als Teil einer Masse erscheint. Das aber bedeutet, daß er , und mit ihm seine Welt, zerstückelt und zerstört wird, oder daß er sich selber zerstückelt und zerstört, wie es die 'Atomspaltung in Aussicht stellt. Ursprung und Gegenwart 2.Teil S 390

            • @kremidi:

              ...weiß ich jetzt auch nicht

            • @kremidi:

              Irrtum, der Imperialismus ist real existent. Die USA sind wirtschaftlich , seit ihrer Existenz, von militärischen Handlungen abhängig, auch wenn man diese als Hilfeleistungen deklariert. Ein wenig hinterfragen und kritisches denken sind in Zeiten wie diesen schon angebracht. Jean Gebeser hat für mich schon seit jeher etwas von Fiktion, sorry - dafür ist die Lage zu ernst.

              • @Alex_der_Wunderer:

                Es sollten auch keine Staaten in einen Krieg gezwungen werden. Sagt das Putin.



                In diesem Zusammenhang gibt es aber auch reale Probleme. Flucht erscheint hier immer stärker ein Vorrecht der oberen Schichten. Man spricht in Russland von 25 Mill wehrfähigen Männern. Es ist natürlich bei jedem der Wunsch zu verstehen, nicht zum Kanonenfutter zu werden. Vielleicht wäre dann doch Selinskies Wunsch sich der Einberufung nicht zu widersetzen, aber Sand in das militärische Getriebe zu streuen ein zweiter Lösungsansatz. Die Ukraine steht mit dem Rücken zur Wand, in diesem Fall sollte man manche Überreaktion verstehen. Man muss sich aber nicht zu eigen machen.

              • @Alex_der_Wunderer:

                Die Amerikaner sind keine Engel aber in diesem Zusammenhang ist es nur eine Verharmlosung von Putins Machtstreben.

  • Die Männer die aus Russland flüchten um nicht in den Krieg zu ziehen dürften für die Ukrainer*innen in Deutschland nicht nur das Risiko einer "Retraumatisierung" mit sich bringen.



    Die Autorin hat vergessen darauf hinzuweisen, dass Ukrainische Männer im "wehrfähigen Alter" ihr eigenes Land nicht verlassen dürfen, um schlimmstenfalls im Kampf zur Verteidigung ihrer Heimat zu sterben.







    Ist es eigentlich grundsätzlich richtig, dass Menschen zum Kämpfen im Krieg gezwungen werden?

    Kann Deutschland, wenn es die Ukraine in ihrem Verteidigungskrieg unterstützt, gleichzeitig Ukrainischen Männern die vorm Krieg flüchten Asyl gewähren?



    Hätten dann Russische Kriegsdienst-Flüchtlinge nicht das gleiche Recht?

    Das heißt die Russischen Kriegsdienstverweigerer stellen zu Recht das ganze System der Zwangsrekrutierung infrage.

    Ich persönlich hänge sehr am Leben und würde mich im Kriegsfall - egal von wem ausgelöst - in Sicherheit bringen und Flüchten. Ob mich dann jemand für einen Friedensengel oder für einen Feigling und Verräter halten würde ist da eher zweitrangig.







    Alles besser als im Leichensack auf einem "Heldenfriedhof" verscharrt zu werden.