Koalition plant einen Veteranentag: Bein ab, Orden dran
Wer einen Veteranentag fordert, sagt: Der nächste Kriegseinsatz steht bevor. Das mag realistisch sein – doch die Initiative macht es realistischer.
V eteranentag. Den soll es also tatsächlich auch in Deutschland bald geben. So wie in den USA oder Großbritannien, wo der aufopferungsvolle Dienst am Vaterland schon seit jeher zum nationalen Gedenkritual gehört. Darin sind sich die Ampelkoalitionäre offenbar schon einig. Und weil es ums Ganze geht, soll die Union auch noch ein Wörtchen mitzureden haben. Na danke.
Die Älteren werden sich daran erinnern, wie sich dereinst die noch Älteren gegenseitig bestärkten, weißt du noch, damals in den Ardennen oder vor Stalingrad, die letzte Schlacht verloren wir, aber hey, wir sind ja Veteranen. Eigentlich sollte man froh sein, dass diese Zeiten vorbei sind. Stattdessen geht es zackig im Gleichschritt zur Remilitarisierung der Republik.
In Berlin-Mitte gibt es eine Veteranenstraße. Sie führt 300 Meter steil bergab. Daran schließt sich die Invalidenstraße an. Sie ist fast zehn Mal so lang. Das ist wenigstens eine ehrliche Straßenführung.
Sie zeigt, wohin das Veteranenhochjubeln führt. Der Staat will die Körper der jungen Männer und – hey, Gleichberechtigung – mittlerweile auch der jungen Frauen an die Front schicken können. Aber er hat ihnen nichts zu bieten. Außer der zweifelhaften Ehre, den Arm, das Augenlicht oder gleich das Leben in der Schlacht für eine Sache gegeben zu haben. Wenn man Glück hat, war es eine gute Sache. Und wenn nicht, dann … Nein, Pech hat man so oder so. Ohne Trauma kommt kaum jemand von der Front.
Einmal im Jahr wird den geschundenen Soldaten künftig von Staats wegen auf die Schulter geklopft. Hier ein paar Blümchen an irgendeinem Mahnmal. Dort ein wenig Tschingderassabum. Bein ab, Orden dran. Alles wieder gut?
Im Gegenteil. Denn wer jetzt einen Veteranentag fordert, sagt nur verklausuliert, dass der nächste Kriegseinsatz vor der Tür steht. Man kann das angesichts der Weltlage für realistisch halten. Aber wer die Jugend des Landes schon vorab und quasi prophylaktisch mit Staatsbrimborium an angeblich Unausweichliches gewöhnt, macht es nur wahrscheinlicher. Nichts ist fataler als das.
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