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Einigung der EU-InnenministerGrüne fetzen sich über Asylpolitik

Die EU-Innenminister haben sich auf ein schärferes Asylrecht verständigt, die Bundesregierung stimmt zu. Die Grünen streiten wie lange nicht.

Grünen-Parteichefin Ricarda Lang lehnt die Asyl-Einigung ab Foto: Rolf Kremming/imago

Berlin taz | Nach der Einigung der EU-Innenminister*innen auf eine Verschärfung des Asylrechts ist bei den Grünen ein scharfer innerparteilicher Konflikt ausgebrochen. „Diese Asylverschärfung ist nicht tragbar“, meint die schleswig-holsteinische Sozialministerin Aminata Touré.

„Aus humanitären und geostrategischen Gründen darf diese Asylrechtsverschärfung nicht kommen“, sagt Toni Hofreiter, der Vorsitzende des Europa-Ausschuss im Bundestag. „Ich werde dafür kämpfen, dass diese Positionen in den Verhandlungen mit dem Europaparlament nicht Gesetz werden“, kündigt der Europaabgeordnete Erik Marquardt an. Timon Dzienus, Sprecher der Grünen Jugend, twittert: „Ich werde das so nicht akzeptieren.“

Und Svenja Borgschulte, Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Migration und Flucht meint: „Wir müssen Annalena anzählen.“ Gemeint ist Annalena Baerbock, die als Außenministerin den Kompromiss für die Bundesregierung mitverhandelt – und am Donnerstag ihre Zustimmung gegeben hat.

Es ist ein Konflikt in einer Schärfe, den es bei den Grünen lange nicht gab. Und: Es sind nicht nur, aber vor allem Grüne vom linken Flügel, die gegenüber den Medien und in den sozialen Netzwerken ihrem Unmut Luft machen. Man habe sich trotz diverser Zumutungen bislang loyal verhalten, sagt einer von ihnen. Der Asylkompromiss aber könne der eine Tropfen sein, der das Fass zum überlaufen bringe. Der alte Flügelstreit der Grünen, er scheint zurück zu sein.

Die grüne Einigkeit brökelt

Dazu passt: Auch die beiden Vertreterinnen des linken Flügels in der sechsköpfigen Grünen-Spitze lehnen die Einigung ab. Die Parteivorsitzende Ricarda Lang und Fraktionschefin Katharina Dröge sind der Ansicht, Deutschland hätte dem Kompromiss nicht zustimmen dürfen. Und sie haben dies auch öffentlich kundgetan. Das ist neu – und bemerkenswert. Bislang hatte sich die so genannte Sechser-Runde darauf verständigt, sich als verantwortungsbewusste und staatstragende Kraft zu positionieren – und in maximaler Übereinstimmung zu kommunizieren.

Jetzt aber sind zwei aus der Runde erstmals nicht bereit, eine Einigung in der Ampel, die sie kritisch sehen, öffentlich mitzutragen. Das mag auch taktische Gründe haben. Es dürfte aber auch daran liegen, dass für viele Grünen die Themen Flüchtlingspolitik und Menschenrechte Herzensangelegenheiten sind, die klar für die Werte der Partei stehen. Und für viele in der Partei ist die Entscheidung vom Donnerstag mit diesen Werten nicht vereinbar – und auch nicht mit dem Koalitionsvertrag.

Ricarda Lang veröffentlichte umgehend nach der Einigung auf Twitter eine abwägende Stellungsnahme, mit dem Ergebnis, „dass Deutschland bei dem Vorschlag zur GEAS-Reform im Rat heute nicht hätte zustimmen dürfen.“ Sie schrieb aber auch: „Das ist eine verdammt schwierige Entscheidung.“ Deshalb habe sie Respekt für alle, die zu einem anderen Entschluss gekommen seien.

Wie ihr Co-Vorsitzender Omid Nouripour. Der wägt etwa zeitgleich auf Twitter ab, zieht aber eine andere Schlussfolgerung: „In der Gesamtschau komme ich zu dem Schluss, dass die heutige Zustimmung ein notwendiger Schritt ist, um in Europa gemeinsam voranzugehen.“ Die Spitze der grünen Partei ist in dieser zentralen Frage also gespalten. Genauso sieht es bei den beiden Fraktionsvorsitzenden aus.

Bundesregierung konnte sich nicht durchsetzen

Die EU-Innenminister*innen hatten sich am Donnerstagabend auf eine Verschärfung des Asylrechts verständigt. Unter anderem sieht die Eingung Verfahren an der EU-Außengrenze vor, die dem eigentlichen Asylantrag vorgeschaltet werden. Die Bundesregierung hatte sich in den Verhandlungen dafür eingesetzt, dass zumindest Familien mit Kindern unter 18 Jahren davon ausgenommen werden, auch die Grünen hatten diese Forderung stark gemacht. Durchsetzen konnten sie dies nicht.

Bis spät in die Nacht haben die Grünen in Videoschalten die Einigung der EU-Innenminister*innen diskutiert, am Freitagmorgen ging es weiter. Dabei, so ist aus der Partei zu hören, sei es extrem kontrovers zugegangen. „Einen so harten inhaltlichen Konflikt habe ich noch nie erlebt“, sagt etwa Rasmus Andresen. Er ist seit 14 Jahren Abgeordneter, erst in Kiel, jetzt im EU-Parlament.

Außenministerin Baerbock, die gerne ihre wertegeleitete Außenpolitik betont, ist gerade in Lateinamerika unterwegs. In Kolumbien strich sie einen Teil ihres Programms, um an den Schalten teilzunehmen und für den Kompromiss zu werben. Auch verschickte sie einen fünfseitigen Brief an alle Mitglieder, der der taz vorliegt. Darin heißt es: „So schwierig der Kompromiss ist, ich bin überzeugt, dass er richtig ist: Um zu verhindern, dass Europa auseinanderdriftet und um sicherzustellen, dass wir gemeinsame geordnete Verfahren und humane Verfahren haben.“ Ähnlich hat sich auch Vizekanzler Robert Habeck geäußert.

Baerbock schreibt auch: „Am Ende kam es auf die deutschen Stimmen an. Ein Nein oder eine Enthaltung Deutschlands hätte bedeutet, dass GEAS gescheitert wäre.“ Manche Grüne macht auch genau das wütend: Dass Deutschland die aus ihrer Sicht eindeutigen Verschlechterungen beim europäischen Asylrecht hätte verhindern können – sie aber mit Unterstützung der Grünen ermöglicht haben.

„Ein historischer Fehler“

„Verfahren an den EU-Außengrenzen führen nicht zu einer Lösung, sondern folgen einer rechtspopulistischen Diskursverschiebung“, sagte etwa der Europaabgeordnete Andresen. „Es gab einen Durchmarsch rechter Positionen“, urteilt auch Marquardt. „Man verschärft Probleme, setzt auf Abschreckung und Abschottung und verstetigt Chaos und Leid.“

Julian Pahlke, der früher Seenotretter war und für die Grünen im Bundesatg sitzt, spricht von „einem historischen Fehler“ und schreibt: „Heute ist vielleicht der bitterste Tag in meinem politischen Leben.“ Ähnlich lesen sich auch Stellungnahmen von anderen, gerade jüngeren Abgeordneten.

Mehr als 700 Grüne hatten schon im Vorfeld in einem Brief von der grünen Spitze gefordert, solchen Kompromissen nicht zuzustimmen. Die Asylpolitik dürfte nun zum bestimmenden Thema auf dem Länderrat, einer Art kleiner Parteitag der Grünen werden, der in acht Tagen in Bad Vilbel bei Frankfurt zusammenkommt. Anders als ursprünglich geplant, wird neben Habeck auch Baerbock erwartet. Am Montag will der Bundesvorstand seinen Leitantrag zum Thema noch einmal überarbeiten. Bislang heißt es darin: „Die im Rahmen der GEAS-Reform geplante Verschärfung von Grenzverfahren an den Außengrenzen sehen wir kritisch.“

Der Länderrat war eigentlich auch als Unterstützung für die hessischen Grünen bei der Landtagswahl im Oktober gedacht war. Parteinterner Streit ist da nicht hilfreich. Vermeidbar wird er nicht sein.

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50 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion nun geschlossen.

  • Vielleicht erkennen jetzt aufrechte Basis-Grüne, wie sehr 'ihre' führenden Claqeure als Alibi von den sonst profillosen Altparteien eingespannt wurden und damit die Anliegen der aufrechten Klima- und Menschenrechts-Aktivisten verraten. Der Weg durch die Institutionen setzt voraus, dass dort Menschen mitmachen, deren oberstes Anliegen wäre, ohne Populismus (und FDP-Demagogen) Schaden vom Volk abwenden zu wollen. Es werden weder christlich-konservative Werte noch die Anliegen der breiten arbeitenden Bevölkereung durch entsprechende Politiker verfolgt und damit der Demokratie ein Bärendienst erwiesen.

  • Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Wir können doch immer noch unbegrenzt Menschen aufnehmen, auch direkt aus den Asylbewerbungsunterkünften an den Außengrenzen und ebenso die Menschen, die nicht unter die 20%-Regelung fallen.

    Schon länger vertrete ich die Position, dass die von deutschen NGOs an Land gebrachten Flüchtlinge Verpflegung von und ein Transit-Visum (o.ä.) nach Deutschland bekommen. Ich gehe davon aus, dass die Länder mit Außengrenzen sich darauf einlassen würden.

  • Für die Grünen stellt sich die Frage, wieviele Kröten können/wollen sie schlucken bevor sie kotzen

  • Im Rassismus der Abschottung ist Europa einig aber bekommt ansonsten keinen gemeinsamen Haushalt zustande.

  • Na Hola.

    Da werden einem Lukas Wallraff - der ja das Fell versoffen hat - noch eh der Bär erlegt - gar gehäutet!



    Werden ihm bei aller realpolitischen Coolness vllt ja doch - die Ohren klingeln & die schwerDurchblickerbrille beschlagen! Woll

    kurz - Gilt auch in around - Wer keine roten Linien in sich trägt - hat keine Orientierung & ist ein Blatt negligable im politischen Meinungskampf •

  • Entscheidend ist jetzt, dass die neue Regeln an den Außengrenzen humanitär umgesetzt werden.

  • "Opposition ist Scheiße", sagte Münte einst. "Nein", werden jetzt viele Grüne seufzen, "Opposition ist schön. Du bist immer bei den Guten, und Deine Finger bleiben immer sauber".

  • Jeder Politiker, der nach wie vor eine unkontrollierte Einreise nach Deutschland befürworten, sollten bitte 1/3 ihres Gehaltes für die Flüchtlinge spenden.



    Nur weil Faschos eine Verschärfung der Regelungen an den Grenzen begrüßen, sollte nicht einer dringend notwendigen Reform im Wege stehen.

    • @M. Stockl:

      Und jeder Politiker, der für Menschenrechte ist, sollte sich der Studie des Instituts für Menschenrechte anschließen!



      taz.de/Studie-zur-AfD/!5939276/

    • @M. Stockl:

      Sie sind witzig!



      Dirse Menschen brauchen ihr Geld um weit weg vom Alltag zu leben.



      Wieviele Flüchtlingsuntetkünfte gibt es in Potsdam?

  • Immer diese Scheingefechte.



    Noch ist nichts anders in der Asylpolitik.

  • Nach Abräumen des Themas "Asyl" darf man nun gespannt sein, ob die AfD an Zustimmung verliert.

    • @Pi-circle:

      Davon das das Thema abgeräumt ist, würde ich nicht ausgehen. Man vergrößert das Elend der Menschen und die Grausamkeiten die man ihnen anstelle der notwendigen Hilfe angedeihen lässt. Abschreckend wird aber auch das nicht wirken, denn dazu müsste man den Horror der Schlachtfelder und die Grausamkeit der Folterkeller vor denen sie fliehen noch übertreffen.

  • Grüne wieder mit richtig Bauchschmerzen.

  • Vielen Dank für diesen sehr detaillierten Bericht,



    der schönerweise ganz kommentarfrei auf dem Papier gelandet ist!!!



    Das ist wirklich ein Ding.



    So richtige inhaltliche parteiinterne Debatten gab es in den letzten drei Jahren ja nur noch in der SPD.



    Plötzlich zeigen sich unterschiedliche Meinungen bei den Grünen!



    Hey, doch noch nicht ganz Ersatzcdu?!



    Herzlichen Glückwunsch an die Grünen zur Wiederentdeckung der parteiinternen Demokratie!



    Inwiefern das jetzt nur heiße Luft ist, wird sich zeigen.



    Im Europaparlament hat die Gruppe der Grünen and Friends so gut 70 Stimmen, die Sozialdemokraten etwa 175, oder so . Da ist, bei mehr als 700 Abgeordneten nicht von waahnsinnigen Änderungen auszugehen.



    Tja, ist nicht überall Ampel in Europa, ist leider eher konservativ und Schlimmer.



    Aber vielleicht erkennt der Eine oder die Andere in dem Zusammenhang, dass es bei uns eigentlich ganz gut läuft.



    Wer da zweifelt, der beobachte beim Bäcker doch mal die Bild, oder lese, was das kleine Meckermerzi mal wieder so verzapft hat. Dann wird nämlich offenbar, wie Sch..... es alternativ laufen könnte...

  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    Schon merkwürdig, das die FDP ihre kaputte Agenda mehr oder weniger unverändert umsetzen kann.

    Die Grünen haben sich dagegen inhaltlich mittlerweile völlig entkernt und neoliberalsiert und verkünden in Gestalt ihrer Vorsitzenden auch noch stolz, das enttäuschte Grünen-Wähler ja die Möglichkeit einer Abwahl bei der nächsten BTW haben.



    So einfach kann man/frau es sich machen ...



    Aber ja, wir kommen gerne auf das großzügige Angebot zurück.

    • @48798 (Profil gelöscht):

      Hoffentlich und bitte, bitte nehmt das Angebot an!

    • @48798 (Profil gelöscht):

      Was hat der EU-Kompromiss mit der FDP zu tun?



      95% der EU-Bevölkerung stehen hinter dem Kompromiss

    • @48798 (Profil gelöscht):

      Man darf nicht vergessen, dass es hier im europäische Lösungen geht.



      Jeder Europäer und Demokrat muss zu Kompromissen bereit sein, wenn es europäische Lösungen geben soll.



      Und die Asylpolitik wird in fast jedem Land viel restriktiver ausgelegt als in Deutschland.



      Insofern ist der Ausgang des Gipfels doch ein völlig akzeptables Ergebnis.



      Die Grünen sind nur ein Juniorpartner in der Koalition und, wie gesagt, es geht um europäische Lösungen. Mann kann nicht erwarten, dass sich die EU nach 15% der Wählern in Deutschland richtet.

      • @Nils Steding:

        Es gibt Dinge die auch mit demokratischen Mehrheiten nicht zu legitimieren sind. Internierungslager für Geflüchtete gehören dazu.

      • 3G
        32051 (Profil gelöscht)
        @Nils Steding:

        Das ist richtig. Man kann immer noch in ein paar Jahren nachbessern. Aber die Alternative wäre eben gar keine gemeinsame Aslpolitik gewesen.

  • Ich gebe es zu: ja, ich habe mal grün gewählt. Asche auf mein Haupt! Aber ich werde es ganz gewiß nie wieder tun!

    • @Spitzbube:

      Und was wählen Sie jetzt? Nur die Linkspartei bleibt da noch und das auch nicht vollständig, die Wagenknecht Riege spaltet sich da wieder ab…

    • @Spitzbube:

      Anschließe mich. 1998 war es das letzte Mal. Seitdem hat mich diese Partei durch und durch enttäuscht.

    • @Spitzbube:

      Jeder macht mal Fehler :-)



      Korrektur ist angesagt!

    • @Spitzbube:

      Das hilft nun auch keinem Geflüchteten weiter, zumal Sie ja gar nicht wissen, wie sich die Partei in Zukunft entwickelt.

  • Auseinanderdriften - das taten Staaten in Europa u.a. dadurch, dass Staaten wie Deutschland ihre Verantwortung für Asyl- und Grenpolitik an die Staaten der EU-Außengrenzen abschoben, antidemokratische Entwicklungen wie bspw. in Polen und Ungarn zuließen und keine gemeinsame EU-Sozialpolitik aufbauten. Es wird rechte Politik gemacht bzw. ihr gegenüber geschwiegen.



    Tja, was soll mensch zu den (verantwortlichen) Grünen an dieser Stelle sagen. Im mindesten Heuchelei und Opportunismus, schätze ich. In der Vergangenheit wurde sich hierzulande gerne über den Mauerbau der USA empört, Kritik an eigener Asyl- und Grenzpolitik bzw. stärkere Konsequenzen daraus fielen eher hintenrunter. Europa schottet sich seit Jahren ab und hat Deals mit Diktaturen gemacht, dass diese Flüchtlinge davon abhalten nach Europa gelangen. Zumal Europa, insbesondere Westeuropa, einen großen Anteil an Verantwortung an den Fluchtgründen hat, durch Ausbeutung, Kolonialpolitik und Industrialisierung und damit der Befeuerung der ökologischen Krisen.

    • @Uranus:

      Es steht zu befürchten, dass die Grünen als Wärmepumpen-Partei in die Geschichte eingehen werden.

      Mehr ist da ja nicht mehr.

  • 6G
    655170 (Profil gelöscht)

    Das deutsche Asylrecht, entstanden aus den Erfahrungen der Verfolgten des Nazi-Mörderregimes einerseits und ethischen Überzeugungen der "Väter" und "Mütter" des Grundgesetzes andererseits, ist praktisch auf dem Müllhaufen der "Realpolitik" entsorgt worden.



    Entsorgt worden ausgerechnet durch die SPD und die Grünen.



    Rote Linien der Humanität im Asylrecht? Gibt's praktisch nicht mehr.



    Wieder ein Stück im vermeintlich ehernen Profil der Grünen abgeräumt mit der machtpolitischen Spitzhacke.



    Allmählich ist das Profil ganz weg und die Grünen sind das, was SPD, CDU, CSU und FDP längst sind: Außerhalb von Wahlkampf- und Sonntagsreden politisch ununterscheidbar.



    Viel schlimmer als das sind allerdings die Folgen für die verzweifelten Asylsuchenden!

  • Wieso schwierige Debatte? Refugees welcome! Unbegrenzter und unbürokratischer Aufenthalt für alle Menschen!

    • @Troll Eulenspiegel:

      Absolut. Bauen wir weiter unbegrenzt Wohnungen und stellen weiterhin unbegrenzt Fördermittel und Ressourcen bereut.

      Äh... war da was mit Degrowth wegen Klimawandel? Ach egal.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Für alle Menschen? Was denkst du, ab wie vielen neuen Bürgern wird es unruhen geben in DE? Oder hältst du solche Ängste für neoliberale Propaganda? Würde mich echt interessieren.

  • Wir dürfen gespannt sein, ob sich die Krötenschlucker-Fraktion durchsetzen wird.

    Hier ein Statement von 60 Organisationen von Pro Asyl bis zur Diakonie Baden-Württemberg zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems:

    www.proasyl.de/wp-...EAS_05.06.2023.pdf

    Das Entsetzen darüber, dass wesentliche Elemente des Asylrechtes geschleift werden sollen, ist offensichtlich groß.

    • @Jim Hawkins:

      Die Verhandlungsergebnisse aus Brüssel kommen doch aber nicht überraschend. Die heutige Regelung hat sich seit vielen Monaten angekündigt. Nur die grüne Parteispitze hat es vorgezogen den eigenen Wählern hier Gegenteiliges vorzugaukeln und weiter von einem Verteilungsschlüssel schwadroniert, der sowieso nie kommen wird, weil er nur von Ländern gefordert wird, die sich selbst Entlastungen versprechen. Der gesamten Politik fällt es halt jetzt auf die Füße die Wähler jahrelang über die europäischen Realitäten belogen zu haben. Wenn den Wählern hier von Anfang an ehrlich gesagt worden wäre, dass außer uns da niemand mitmachen wird und es niemals eine "faire" Verteilung, was auch immer das sein soll, geben wird, wäre doch auch hier der aktuelle Stimmungsumschwung schon viel früher gekommen.

      • @Šarru-kīnu:

        Was soll ich sagen, ich hatte die Thematik auch nicht so richtig auf dem Schirm, geschweige denn dass mir die Dimension bewusst war.

        Und angesichts der ganzen Krisen und Kriege kann man mit diesem Thema nicht mehr viele Leute hinter dem Ofen hervorlocken. Zumal sich viele fragen, ob sie sich den Ofen in Zukunft noch werden leisten können.

        Europa macht dicht. Ist das erst einmal alles installiert, kräht kein Hahn mehr danach.

        Libysche Folterlager? Nie gehört.

    • 6G
      679115 (Profil gelöscht)
      @Jim Hawkins:

      Die Reform wird auf jeden Fall durchgesetzt. Die Grünen waren die einzige Partei bei der überhaupt Diskussionen entstanden und Kritik laut wurde. 60 Organisationen ohne Lobby und 700 Unterschriften von Grünen sind zwar beachtlich, jedoch nicht genug wenn ganz Europa die Abschottung befürwortet.



      Anstatt mit dem Finger auf die 'Krötenschlucker' zu zeigen könnte auch diskutiert werden warum das hauptsächlich christlich geprägte Europa kein Asyl mehr gewähren will.

      • @679115 (Profil gelöscht):

        Schon klar, dass die Guten in der Minderheit sind.

        Und dass das "Wir schaffen das" im Hinblick auf Migration und Asyl aus der Mode gekommen ist.

        Es ist ja auch nicht das einzige, das es zu schaffen gilt.

        • @Jim Hawkins:

          Nun gilt es eben, den gefundenen Kompromiss zur Prüfung an den EU-Außengrenzen inhaltlich so weit auszustatten, dass er humanitär annehmbar ist.

    • @Jim Hawkins:

      Die 60 Organisationen treiben die unzufrieden Bürger zur AfD.



      Es ist dringend nötig wieder zu einer Politik zurück zu kehren, die nur die Alimentiert die wirklich politisch verfolgt werden.

      • @Stoffel:

        "Es ist dringend nötig wieder zu einer Politik zurück zu kehren, die nur die Alimentiert die wirklich politisch verfolgt werden."



        Asyl nach §16a GG erhielten im letzten Jahr weniger als 2000 Menschen. Angesichts des Zustands der Welt scheint es kaum glaubhaft, dass das wirklich alle politisch Verfolgten gewesen sein sollen die um Schutz gebeten haben sollen. Wie also wollen sie die Gruppe jener die bereits heute nur noch beschränkten Anspruch, etwa auf Subsidiären Schutz, haben noch weiter reduzieren? Aus der Genfer Flüchtlingskonvention aussteigen und die Menschen zurück auf die Schlachtfelder in der Ukraine, in Syrien und sonstwo zurückschicken von denen sie sich gerade eben noch gerettet hatten?

      • @Stoffel:

        Das alte Rezept, wie nach den Pogromen 1992. Wir müssen das tun, was die Nazis fordern, damit die Nazis kein Land gewinnen.

        Seitdem haben die allerdings mehr Land gewonnen als zu jedem anderen Zeitpunkt nach 1945.

  • Das ist ja Mal eine ganz neue Qualität von Wähler(ent)täuschung.

    FDP, CDU und SPD haben uns Wählerinnen natürlich auch laufend übers Ohr gehauen aber die Grünen bringen es echt fertig ihre Parteibasis nach Strich und Faden zu verraten und zu verkaufen.

  • Tja, was macht der flüchtlingsfreundliche Pro-Europäer, wenn sich Europa gegen Flüchtlinge stellt? Und macht dieser neue Kurs aus der AfD eine Pro-europäische Partei?

    Nationale Alleingänge werden immer dann gefordert, wenn einem Europa nicht passt und dann verdammt, wenn die europäische Position zufällig mit der eigenen übereinstimmt. Der Wunsch einen Weg gemeinsam zu gehen ist dem eigentlich durchgehend untergeordnet. Trotz dieser ernüchternden Erkenntnis sollte man nicht vergessen dass die EU an vielen kleinen Stellschrauben unglaubliches leistet. Wir waren vor nicht allzu langer Zeit von Feinden und Erbfeinden umgeben. Heute sind wir eher wie Nachbarn in einem Schrebergarten und regen uns darüber auf wenn Frankreich den Rasenmäher nicht zurück gibt oder Ungarn komisches Zeug redet. Und das ist - bei allem berechtigten Ärger über den Rasenmäher - ein Zustand der fast zu schön ist um wahr zu sein. Zumindest wenn man sich die Alternative vor Augen führt.

    • @Questor:

      +1



      Was allerdings nicht sagt, dass ich diese Ausgrenzungspolitik befürworte

    • @Questor:

      Danke für die sehr treffende Zusammenfassung dessen, was die EU wirklich bedeutet und was sie bislang erfolgreich geleistet hat.

      • @Berter:

        War als Antwort an Questors Beitrag gedacht.

      • @Berter:

        Vielen Dank für Ihre in der Gesamtschau eher positiven Bewertung des gemeinsamen Europa - trotz aller beschriebenen Widrigkeiten aus dem aktuellen Asylkompromiss der EU.

  • Kompromisse sind immer schmerzhaft



    Die AKW-Verlängerng wurde uns als Koalitionskompromiss verkauft, die Braunkohle und das Frackinggas auch. Jetzt verkauft uns die Brüsseler Entscheidung halt auch als solche, immerhin bin ich erstaunt, dass die Länder der EU überhaupt einen Kompromiss gefunden haben. Und ausnahmsweise hat Orban und Polen mal nicht quer geschossen, dann müssen es die Grünen jetzt auch nicht tun.

    • @Rudi Hamm:

      Was ist denn hier der Kompromiss?

      Abgesehen davon, dass man sehr wohl die Frage stellen sollte, inwiefern Menschenrechte eigentlich kompromissfähig sind.

      Aber wo genau haben Ungarn, Italien und die anderen hier nachgegeben?

      Kompromiss für mich gar nicht erkennbar.